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Märchen und die Förderung der Resilienz. Wie wirken sich die Märchen der Gebrüder Grimm auf die Entwicklung von Kindern aus?

AutorRenate Keller
VerlagStudylab
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl89 Seiten
ISBN9783960956389
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Resilienz ist die innere Widerstandskraft eines Menschen. Sie hilft ihm, schwierige Aufgaben besser zu meistern. Kinder und Jugendliche gehen mit einer starken Resilienz selbstbewusst und selbstständig durchs Leben. Die Entwicklung von Resilienz ist jedoch von verschiedenen Faktoren abhängig. Einer dieser Faktoren ist das Verhalten von Lehrpersonen und Heilpädagoginnen. Renate Keller zeigt in ihrer Publikation, dass auch das Erzählen von Märchen die Resilienz fördert. Das mutige Handeln der Protagonisten inspiriert vor allem Kinder in ihrem eigenen Verhalten. Märchen lassen innere Bilder entstehen, die die Lernenden im Alltag stärken. Das gute Ende im Märchen unterstützt Kinder in ihrem Lebensmut und stärkt sowohl die Resilienz als auch soziale Schutzfaktoren. Keller überprüft vier Märchen der Gebrüder Grimm auf ihre resilienzfördernde Wirkung. Aus dem Inhalt: - Selbstwirksamkeit; - Pädagogik; - emotionale Kompetenz; - Schneewittchen; - Froschkönig; - Frau Holle; - Rotkäppchen

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Leseprobe

2 Der Begriff Resilienz


 

Im folgenden Kapitel wird nach der Klärung der Bedeutung des Begriffes der Resilienz auf die unterschiedlichen Modelle von Resilienz eingegangen und die Risikofaktoren, welche sich negativ auf die psychische Entwicklung des Kindes auswirken können, werden genauer erläutert. Danach werden die Schutzfaktoren, welche als Ressourcen wirken und Resilienz entstehen lassen, dargestellt. Der Begriff ‚Resilienz’ leitet sich vom englischen Wort ‚resilience’ (Spannkraft, Elastizität, Strapazierfähigkeit) und dem lateinischen Wort ‚resiliere’ (abprallen) ab (Bengel et al., 2009, 18). Damit wird die Fähigkeit zum erfolgreichen Umgang mit belastenden Lebensumständen und Folgen von negativem Stress bezeichnet. Der Begriff der Resilienz fasst inhaltlich die psychische Widerstandsfähigkeit gegenüber biologischen, psychologischen und psychosozialen Entwicklungsrisiken zusammen (Wustmann Seiler, 2016, 18).

 

In der heutigen Zeit sind die psychosozialen Anforderungen an Kinder und Jugendliche sehr hoch, was die grosse Bedeutung von Resilienz begründet (Haug-Schnabel, 2012, 9). Die zunehmende Kinderarmut und die steigende Anzahl alleinerziehender Eltern werden als Beispiele von Herausforderungen in unserer sich verändernden Gesellschaft beschrieben (Krause, 2012, 21). Kinder erleben in ihrem Alltag immer wieder schwierige Situationen. Damit sie diese gut meistern können, spielt die Unterstützung in der Entwicklung von resilienzfördernden Faktoren eine grosse Rolle (Grotberg, 2011, 54). Resilienz wirkt in belastenden Umständen hilfreich (Frick, 2011, 203). Jedoch ist Resilienz bei Menschen nicht unbegrenzt vorhanden. Es gibt weder Dauerresilienz, noch Resistenz. Das bedeutet, dass Resilienz weder angeboren ist noch durchs Älterwerden einfach entsteht (Haug-Schnabel, 2012, 9). Als Grund für mangelnde Entwicklung von resilientem Verhalten können nicht die widrigen Lebensumstände allein verantwortlich gemacht werden (Krause, 2012, 19). Die Aussage, dass sich Kinder auch trotz grosser sozialer und psychischer Belastung positiv entwickeln können, ist heute empirisch belegt (Fingerle, 2011, 208).

 

2.1 Resilienzmodelle


 

Aufbauend auf der Erkenntnis, dass sich Prozesse und Wirkungen gegenseitig beeinflussen, haben die Forscher verschiedene Resilienzmodelle erarbeitet. Dabei handelt es sich um statische Modelle, in welchen risikomindernde und risikoerhöhende Faktoren und das Entwicklungsergebnis von Resilienz als voneinander abhängige Grössen angesehen werden. Der Begriff des ‚Risikos’ bezieht sich hier auf das ‚Scheitern’ des Kindes in einer schwierigen Situation. Die beschriebenen Modelle haben für die Präventions- und Interventionsansätze, auch im heilpädagogischen Bereich, eine grosse Bedeutung. Es werden vier Modelle beschrieben: Das Modell der Kompensation (Kap. 2.1.1), das Modell der Herausforderung (Kap. 2.1.2), das Modell der Interaktion (Kap. 2.1.3) und das Modell der Kumulation (Kap. 2.1.4) (Wustmann Seiler, 2016, 56-57).

 

2.1.1 Modell der Kompensation


 

In diesem Modell sind die Auswirkungen der risikoerhöhenden Faktoren auf die Entwicklung der Resilienz dargestellt. Diese können jedoch durch den Einfluss der risikomindernden Faktoren kompensiert werden (Wustmann Seiler, 2016, 57-58). Sie wirken gegenseitig subtraktiv und die Risikofaktoren können durch so genannte ‚Schutzfaktoren’ (Kap. 2.4) neutralisiert werden (Fröhlich-Gildhoff & Rönnau-Böse, 2015, 37). Dadurch kann die Entwicklung von Resilienz in Risikosituationen verbessert werden. Je weniger risikomindernde Faktoren (Kap. 2.5) bei den Kindern und Jugendlichen vorhanden sind, umso grösser ist die Gefahr des Auftretens einer psychischen Beeinträchtigung. Im Modell der Kompensation wird noch einmal zwischen dem Haupteffekt- und dem Mediatorenmodell unterschieden (Fröhlich-Gildhoff & Rönnau-Böse, 2015, 37).

 

Das Haupteffekt-Modell: Bei diesem Modell wird davon ausgegangen, dass risikoerhöhende und risikomindernde Faktoren direkt auf das Entwicklungsergebnis der persönlichen Entwicklung der Kinder und der Jugendlichen einwirken. Präventionsmassnahmen sind dabei wichtig und zielen auf das Erhöhen der Schutzfaktoren und das Unterstützen der Ressourcen ab. Zu diesen Präventionsmassnahmen gehören die Förderung der Kompetenzen der Problemlösung, der Stressbewältigung und der allgemeinen sozialen Kompetenzen (Wustmann Seiler, 2016, 57-58).

 

Das Mediatoren-Modell: Bei diesem wird davon ausgegangen, dass die risikoerhöhenden und risikomindernden Faktoren indirekt, das heisst über Mediatoren, auf die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen einwirken. Dabei wird beispielsweise das Elternverhalten, auf welchen eingewirkt werden kann, als ein wichtiger Mediator beschrieben. Durch ein Elterntraining sollen z. Bsp. ungünstige Kindheitserlebnisse ausgeglichen werden, die sonst für die Kinder in der Erziehung Risikofaktoren darstellen können. Dadurch wird konkret auf den Mediator, hier das elterliche Erziehungsverhalten, eingewirkt. Auch die Risikofaktoren chronischer Armut oder elterlicher Arbeitslosigkeit können durch Unterstützung vermindert oder kompensiert werden. Beispielsweise kann das sozialen Netzwerk der Familie gestärkt werden. Durch diese Entlastung der Eltern wird die Möglichkeit erhöht, dass sie besser auf die Kinder eingehen können. Die Präventionsmassnahmen konzentrieren sich beim Mediatoren-Modell auf Beratung oder Familienbildungsangebote und dadurch auf die Stärkung der elterlichen Erziehungskompetenzen (Wustmann Seiler, 2016, 57-58).

 

2.1.2 Modell der Herausforderung


 

Bei diesem Resilienzmodell wird die Beziehung zwischen risikoerhöhenden Bedingungen und kindlicher Anpassung als eine Wechselwirkung dargestellt. Negativer Stress, wie zum Beispiel die Geburt eines Geschwisters oder eine belastete Beziehung der Eltern, sind grosse Herausforderungen für ein Kind (Wustmann Seiler, 2016, 59). Dieses Modell zeigt, wie das Kind durch die Entwicklung neuer Strategien seine Kompetenz im Umgang mit schwierigen Situationen erhöhen, um dann bei erneut auftretenden Risiken darauf zurückzugreifen kann. (Fröhlich-Gildhoff & Rönnau-Böse, 2015, 38). Kinder werden darin unterstützt, Stress- und Risikosituationen als Herausforderungen zu betrachten. Durch die Förderung im Rahmen der so genannten Präventionsarbeit sollen die Kinder schon früh im Leben ein Repertoire an Copingstrategien vermittelt bekommen und diese üben können (Wustmann Seiler, 2016, 59).

 

2.1.3 Modell der Interaktion


 

Dieses Modell geht von einer interaktiven Beziehung zwischen risikoerhöhenden und risikomindernden Faktoren aus (Wustmann, 2016, 60). Den risikomindernden Faktoren wird dabei nur eine indirekte Wirkung zugesprochen (Fröhlich-Gildhoff & Rönnau-Böse, 2015, 38). Das bedeutet, dass mindernde Faktoren nur dann wirken können, wenn eine Gefährdung vorhanden ist. Damit wirken risikomindernde Faktoren nur indirekt auf die Entwicklung des Kindes ein. Die soziale Unterstützung der Lehrperson wird als signifikant positiv wirkende Massnahme auf die soziale Kompetenz der Kinder dargestellt. In diesem Modell machen Interventionen nur bei Risikogruppen Sinn (Wustmann Seiler, 2016, 60).

 

2.1.4 Modell der Kumulation


 

Dieses Modell ist eine Erweiterung des Interaktions-Modells. Die Anzahl der schützenden Faktoren ist dabei entscheidend (Fröhlich-Gildhoff & Rönnau-Böse, 2015, 38). Je mehr schützende Faktoren vorhanden sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit einer gelingenden Entwicklung von resilientem Verhalten. Zudem können sich risikoerhöhende und risikomindernde Faktoren addieren. Das bedeutet, dass wenn beispielsweise bei Kindern der berufstätige Elternteil verstirbt, nicht nur der Umgang mit Tod und Trauer, sondern auch die finanziellen Auswirkungen und Folgen auf den sozioökonomischen Status Belastungen darstellen können (Wustmann Seiler, 2016, 61).

 

2.2 Rahmenmodell von Resilienz


 

Im Rahmenmodell von Kumpfer aus dem Jahr 1999 werden die beschriebenen Modelle (Kap. 2.1.1 bis Kap. 2.1.4) um zusätzliche entwicklungspsychologische Aspekte ergänzt, und die bisher diskutierten Forschungsergebnisse zum Thema Resilienz zusammengefasst. Dies geschieht unter besonderer Berücksichtigung der komplexen Mechanismen und dynamischen Zusammenhänge zwischen den Merkmalen eines Kindes, seiner familiären und sozialen Umwelt und dem Ergebnis bezüglich der Entwicklung der Resilienz (Wustmann Seiler, 2016, 62).

 

Das Rahmenmodell besteht aus vier Prädiktoren (Faktoren, welche auf die Entwicklung von Resilienz einwirken) und zwei Transaktionsprozessen (wirken zwischen Umwelt und Person). Die Ziffern im Text beziehen sich auf die Darstellung im Modell auf Seite 14.

 

Der akute Stressor (1) löst den Prozess der Resilienz aus und stört das kindliche innere Gleichgewicht. Das erlebte Stressniveau wird durch das Kind mit seiner subjektiven Bewertung bestimmt. Das Kind erlebt den Stress als Herausforderung oder als Bedrohung (Wustmann Seiler, 2016, 62).

 

Die Umweltbedingungen (2) beziehen sich auf die Interaktion risikoerhöhender und risikomindernder Bedingungen in der Lebensumwelt der Kinder....

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