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E-Book

Mahatma Gandhi. Gewaltlose Revolution zur Unabhängigkeit Indiens 1947

AutorAnonym
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl69 Seiten
ISBN9783656880462
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2014 im Fachbereich Geschichte - Asien, Note: 1,5, Universität Rostock (Historisches Institut), Sprache: Deutsch, Abstract: 'Künftige Generationen werden es kaum glauben, dass einer wie er jemals in Fleisch und Blut auf dieser Erde gewandelt ist', huldigte Albert Einstein Mohandas Karamchand Gandhi. Vom indischen Volk wurde er als Mahatma verehrt. Er war zweifelsohne eine der führenden Figuren des indischen Unabhängigkeitskampfes und wird häufig als Erlöser des indischen Volkes gesehen. Doch es waren nicht seine politischen Fähigkeiten oder Errungenschaften, die ihn zu dieser großen Persönlichkeiten machten. Er gab selbst zu, dass er auf diesem Gebiet nie über große Kenntnisse verfügte und musste dadurch immer wieder auch große Niederlagen einstecken. Vielmehr waren es seine reformerischen Methoden und seine große moralische Stärke, die ihn zu einer der bekanntesten Personen des 20. Jahrhunderts machten. Seine Methoden beruhten auf Gewaltlosigkeit, die für ihn kein politisches Mittel, sondern eine Lebenshaltung waren, durch die er aber trotzdem großen politischen Einfluss gewann. In der folgenden Betrachtung soll zunächst ein kurzer biographischer Einstieg zur Person Gandhi mit anschließender Definition einiger Grundsätze seines Denkens und Handelns erfolgen, die er während seiner Zeit in Südafrika erprobte und die als Grundlage für den späteren Aufschwung der Unabhängigkeitsbewegung Indiens dienten. Diese soll ab dem Zeitpunkt von Gandhis Rückkehr nach Indien im Jahre 1915 bis zur Erlangung der Unabhängigkeit 1947 betrachtet werden. Als Orientierungspunkte dieser Darlegung sollen die verschiedenen Kampagnen Gandhis im Zuge der Freiheitsbewegung dienen, durch die er immer wieder Ratlosigkeit bei der britischen Besatzungsmacht auslöste und in denen er die erstaunliche Wirkung seiner Methoden zum Vorschein brachte. Doch neben der Fremdherrschaft, gab es für Gandhi noch weitaus mehr Missstände in Indien, die es zu beseitigen gab. Er setzte sich für die Einheit der verfeindet gegenüberstehenden Hindus und Muslime ein, für die Rechte der Unberührbaren und für die sozialen Nöte seines Volkes. Dabei soll die Frage geklärt werden, wie groß letztendlich der Anteil Gandhis für die Loslösung der langjährigen Kolonialherrschaft der Briten wirklich war und wie viel von dem, was Gandhi persönlich im Zuge dessen erreichen wollte, sich schließlich realisieren ließ. Über Allem stand für Gandhi die Idee der Gewaltlosigkeit, die eine Grundlage für sein sämtliches Denken und Handeln darstellte. Demzufolge versuchte er diese auch auf den Unabhängigkeitskampf zu übertragen. [...]

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Leseprobe

5 Aufbruch zum Widerstand (1919 – 1922)


 

Ende des Jahres 1918 hatte Gandhi sich immer noch nicht vollständig von seiner Krankheit erholt und konnte dementsprechend auch nicht an der jährlichen Sitzung des Nationalkongresses teilnehmen. Der neue Indienminister Edwin Samuel Montagu hatte eine Verfassungsform mit Zugeständnissen angekündigt, die den Kongress jedoch zu teilen drohte. Auf der einen Seite standen die Gemäßigten, die den Vorschlägen Montagus zustimmten und auf der anderen Seite befanden sich Tilak und seine Anhänger, denen die Reform nicht weit genug ging. Die Seite der Extremisten um Tilak konnte in diesem Fall den Kongress für sich gewinnen und die Gemäßigten verdrängen.[64] Gandhi interessierte sich jedoch eher weniger für derartige Verfassungsfragen, vielmehr beschäftigte ihn, die Ankündigung einer britischen Gesetzesvorlage, die Gandhi zutiefst enttäuschte und seinen vorherigen Rekrutierungseinsatz für die britisch-indische Armee als pure Naivität erschienen ließ.[65]

 

5.1 Ziviler Ungehorsam als Reaktion auf die Rowlett Acts


 

Nach Kriegsende entfiel das Gesetz zur Verteidigung Indiens (Defence Of India Act 1915), das bis dato politische Tätigkeiten verhinderte. Aus Angst vor aufkommenden Unruhen im Land, entwarfen die Briten unter der Leitung des Richters Sidney Rowlatt einen Gesetzesentwurf, der dem entgegen wirken sollte. Obwohl bei der Berichterstattung durch Rowlatts Kommission über revolutionäre Unruhen während der Kriegszeit wenig zu sammeln war, und auch Gandhis Ansicht gegen einen solchen Gesetzesentwurf sprach, wurden Anfang 1919 die Notstandsgesetze unter dem Namen Rowlatt Acts veröffentlicht. Von allen Seiten der Nationalisten waren Proteste zu entnehmen. Gandhi war geradezu außer sich, besonders in Anbetracht der Loyalität, die er und das gesamte Indien den Briten während des Krieges entgegenbrachten. Auch wenn es sich nur um ein Ermächtigungsgesetz handelte, sah Gandhi die Rowlatt Acts als klares Zeichen des Misstrauens der Briten an.[66] Er betonte sogar, dass diese Gesetzesentwürfe eine offene Herausforderung an die Inder seien und sah akuten Handlungsbedarf. Die immense Bedeutung in dieser Sache wird in einem Brief Gandhis an Pragji Desai, einen Satyagrahi aus seiner Südafrikazeit, aus dem Februar 1919 deutlich, in dem er schrieb: „Es scheint, dass mir der größte Kampf meines Lebens bevorsteht.“[67]

 

 Trotz vieler Proteste und einer Bitte Gandhis, in Form eines Briefes an Vizekönig Lorde Chelmsford, das Gesetz nicht zu verabschieden, wurden die Rowlatt Acts am 13. März 1919 bestätigt. Gandhi war überzeugt, den Protesten durch eine Satyagraha-Kampagne südafrikanischen Vorbildes Ausdruck verleihen zu können. Dies sollte seine erste landesweite öffentliche Satyagraha in Indien werden. Zur Organisation und Durchführung seiner Kampagne gründete er die Satyagraha sabha (Versammlung).[68] Diese zog, zum Unmut von Tilak und Besant, auch viele Home Rule League Mitglieder an. Besant selbst leistete zwar schließlich auch den Satyagraha-Schwur, stand dem ganzen jedoch, wie auch viele andere Politiker, sehr skeptisch gegenüber. Sie wiesen darauf hin, dass sich dieses Vorgehen in Südafrika, aufgrund der damaligen eindeutig diskriminierenden Gesetze, die gezielt übertreten werden konnten, weitaus einfacher umsetzen ließ, als es in Indien der Fall sein wird. Die hier erlassenen Ermächtigungsgesetze, die letztendlich zu keinem Zeitpunkt ihre Anwendung fanden, boten keine Möglichkeit der Übertretung. Dieses Problems war sich allerdings auch Gandhi bewusst. Er überlegte lange, wie er eine solche Übertretung, als Einleitung seiner Kampagne, umgehen konnte. Sein geplanter ziviler Ungehorsam, konnte keine Anwendung eines Widerstandes finden, wenn die Regierung nicht eine klare Gelegenheit dazu bot. Da kam ihm eines Morgens, aus einem Traum entsprungen, die Idee eines allgemeinen Hartals. In dieser altbekannten indischen Form des Protestes, wurde der Unmut gegen die Obrigkeit ausgedrückt, indem alle Menschen für ein bis drei Tage ihre Geschäfte ruhen ließen und die Zeit zum Beten und Fasten nutzten.[69] Gandhi sah für dieses Hartal, auch unter Berücksichtigung der Dauer des Fastens für die Moslems, einen Zeitraum von 24 Stunden vor. Für große Ankündigungen blieb wenig Zeit, weshalb es zunächst am 30. März 1919 stattfinden sollte, dann jedoch nochmal auf den 6. April verschoben wurde. Aufgrund einer zu spät in Delhi eingetroffenen Ankündigung, fand das Hartal in diesem Gebiet bereits am 30. März statt und in Mumbai dann am 6. April. Gandhi konnte sich großer Beteiligung erfreuen und nannte es in seiner Biographie „ein wunderbares Schauspiel.“[70] Die Demonstrationen in Mumbai, bei denen Gandhi selbst zugegen war, verliefen weitestgehend friedlich und waren ein voller Erfolg. Hier konnte er weitere Schritte des zivilen Ungehorsams einleiten. Neben der Verweise auf eigene Salzgewinnung aus Seewasser, aufgrund der hohen Salzsteuer, ließ er seine verbotenen Schriften Hind Swaraj und Sarvodaja, die Gujarati Fassung von Ruskins Unto this Last, neu drucken und in der Menge verkaufen. Diese Aktion fand reges Interesse, obwohl die Leute in Kenntnis gesetzt wurden, dass sie sich mit dem Kauf strafbar machen würden. Die Regierung reagierte jedoch geschickt und legte den Nachdruck der Werke als Neuauflage der verbotenen Literatur aus, der somit auch nicht gegen das Gesetz verstoße. kam es jedoch in Delhi und weiteren Städten dieses Gebietes zu Ausschreitungen.[71] Dies sorgte für Enttäuschung. Ebenfalls schmälernd wirkten die Benachrichtigungen, dass es in Delhi und umliegenden Gebieten vereinzelt zu Ausschreitungen gekommen war. Hier musste Gandhi dafür Büße tragen, dass er im Vorfeld zu wenig Satyagrahis schulte, welche die Aktion überall direkt lenken konnten. Zwar baute er darauf, dass ein Hartlal allen Indern allgemein bekannt war, trat dem ganzen jedoch letztendlich etwas zu unbedacht gegenüber. Unmittelbar nach dem Hartal in Mumbai sollte Gandhi sich auf den Weg Richtung Delhi machen, um die Lage dort zu beschwichtigen. Dieses Vorhaben sollte jedoch weitreichende Konsequenzen in entgegengesetzte Richtung mit sich ziehen. Die Regierung des Bezirkes Panjab (Punjab) verhielt sich taktisch weniger klug. Gandhi wurde auf dem Weg in Gewahrsam genommen, weil sie befürchteten, sein Erscheinen könne für Unruhen sorgen. Nachdem er sich den Anordnungen der Polizei widersetzte und betonte, dass er die Situation doch lediglich beruhigen wolle, wurde er nach Mumbai zurückgeschickt. Dies sorgte für Gerüchte, Gandhi sei verhaftet worden, wodurch es weitere Ausschreitungen gab. Zusätzlich wurden zuvor in Panjab bereits zwei indische Politiker festgenommen, was die Lage dort weiter verschärfte. Der britische General Reginald E. H. Dyer wollte sich die Proteste der teilweise gewalttätigen Demonstranten nicht weiter gefallen lassen und verhängte ein Versammlungsverbot. Als am 13. April eine Versammlung tausender Inder auf dem Jallianwala Bagh in Amritsar, einem großen von Mauern umgebenen Platz, stattfand, ließ Dyer seine Soldaten ohne Vorankündigung wahllos auf die unbewaffnete Menschenmasse feuern. Fast 400 Menschen kamen dabei innerhalb von zehn Minuten ums Leben. Der Gouverneur des Panjab, Sir Michael O’Dwyer, ahndete die Tat nicht, sondern verhängte sogar noch das Kriegsrecht in dem Gebiet. Folglich kam es zu willkürlichen Verhaftungen. Indische Bürger wurden öffentlich gedemütigt. Neben Auspeitschungen ließ General Dyer, auf einer Straße in Amritsar, in der eine britische Frau dem Mob zum Opfer gefallen war, jeden indischen Passanten auf allen Vieren kriechen. Diese Erniedrigung empfand Gandhi fast noch grässlicher als das Massaker.[72] Über die Gewalt und Brutalität der britischen Regierung hinaus, hat Gandhis Kampagne zu seinem Bedauern jedoch auch gewalttätige Übergriffe der indischen Bevölkerung hervorgerufen. Es kam zu Plünderungen, Zerstörungen, Brandstiftungen sowie zu Beleidigungen, Angriffen und sogar Ermordungen britischer Polizisten. Selbst Ahmedabad, wo Gandhi noch kurz zuvor erfolgreich im Textilarbeiterstreik vermitteln konnte, blieb nicht frei von Unruhen. wo Gandhi noch kurz zuvor erfolgreich im Textilarbeiterstreik vermitteln konnte. Zur Buße setzte Gandhi für sich ein dreitägiges Fasten auf und ermahnte seine Gefolgsleute, ihm dies für 24 Stunden gleichzutun. Als es weiterhin zu Ausschreitungen in kleineren Städten kam, sah Gandhi sich gezwungen, die Saryagraha-Kampagne am 18. April 1919 abzubrechen. Der selbstkritische Gandhi nahm die Schuld auf sich und zögerte nicht, seine Fehler zuzugeben.[73] Rückblickend sprach er sogar davon, einen „Fehler von der Größe des Himalaya“[74] begannen zu haben. Er sah ein, dass er es versäumt hatte, genügend Saryagrahis auszubilden, um eine durchgehend gewaltfreie Aktion zu gewährleisten und dass er mit seinem kurzfristigen Aufruf spontane Ausschreitungen begünstigt habe. Weiterhin hatte Gandhi nicht bedacht, dass das Volk durch die wirtschaftliche Lage Indiens ohnehin schon angespannt und unzufrieden war. Daher hätte sein Hartal zu keinem ungünstigeren Zeitpunkt stattfinden können. In solchen ökonomischen Analysen war Gandhi sehr ungeschickt. Er hatte zwar Talent für moralische Fragen, interessierte sich jedoch nicht für wirtschaftliche Zusammenhänge.[75]

 

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