“ Die Natur der Menschen ist immer die gleiche, was sie trennt, sind ihre Bräuche.“
( Konfuzius, 551 – 478 v. Chr.)
„Der Weise macht nicht viele Worte.“
(chinesisches Sprichwort)
In der Einleitung wurde bereits dargestellt, dass harmonische Geschäftsbeziehungen zwischen westlichen und chinesischen Unternehmen, aufgrund gravierender kultureller Differenzen schwierig aufzubauen sind und interkulturelle Managementprobleme zunehmend bei Verhandlungsgesprächen auftreten. So hat z.B. der bekannte Schweizer Logistikkonzern Kühne & Nagel sein Kooperationsverhältnis zu seinem chinesischen Partner Sembcorp Logisitcs aufgrund eben solcher kulturell bedingter Managementprobleme beendet (Grabitz 2004, S. 8).
Um in die chinesische Geschäftswelt, wie beispielsweise Hongkong, Eingang zu finden, muss man nicht nur die Sprache verstehen können, sondern sich auch intensiv mit den geschichtlichen und kulturellen Hintergründen der VR China beschäftigen (Peill-Schoeller, 1994, Lang, 1998; Zürl, 1999; Gebhart, 2000; Vermeer, 2002; Chen ,2004) Denn vielen deutschen Managern erscheinen die Verhandlungsweisen ihrer chinesischen Partner sonst unverständlich und nicht immer rational (Lang, 1998, S. 28).
Somit treten dann Fragen auf wie: Warum „Harmonie“, „hierarchische“ Denkweisen und das „Gesicht wahren“ für Chinesen eine so wichtige Rolle spielen und wieso erfolgreiche Geschäfte nur auf Basis schwer transparenter Beziehungen (Guanxi) durchzuführen sind (Weggel, 1987, S. 16ff.; Thomas, 1996, S. 125ff.; Dichtl & Li, 1998, S. 293ff.; Chen, 2004; Guan, 2004).
Wie aus Abschnitt 2.6 bereits ersichtlich ist, hat die Kultur eines Landes großen Einfluss auf die Wertvorstellungen und Verhaltensweisen von Individuen eines Volkes. So gibt es sprichwörtlich sog. typisch deutsche bzw. typisch chinesische Verhaltensweisen (Vogl, 2001, S. 55).[6]
Neben der Kulturwissenschaft ist die asiatische Denk- und Verhaltensweise besonders von philosophischen und religiösen Strömungen, wie dem Konfuzianismus, Taoismus und Buddhismus geprägt. (Chung, 1995, S. 51;Vermeer, 2002, S. 67ff.).
So erwähnt eine deutsche Managerin gegenüber der Financial Times Deutschland (FTD):
Ich habe viele [Manager] gesehen, die nie Zugang [in den chinesischen Markt] fanden und China nach zwei Jahren frustriert wieder verlassen haben. Damit das nicht passiert, sollte man auch im Wirtschaftsleben wissen, wer Konfuzius ist und was die Elemente seiner Lehre sind. Das macht es leichter, gesellschaftliche Prägungen zu verstehen, etwa das stark hierarchische Denken im Land (Kühl, 2004, S. 5)
Vor diesem Hintergrund ist es die Aufgabe dieses Kapitels sich auf die Aspekte des Interkulturellen Managements bezüglich der VR China zu konzentrieren und zu strukturieren. Dabei soll zunächst auf die chinesische Kultur und ihre philosophischen Wurzeln eingegangen und in weiteren Schritten die oben erwähnten Fragen, auch anhand von anschaulichen Beispielen, beantwortet werden.
China bedeutet „Reich der Mitte“, das allen Ländern überlegen und übergeordnet ist (Pfennig, Franz & Barthel, 1983, S. 118). Durch diesen Namen wurde die kulturelle Überlegenheit Chinas zum Ausdruck gebracht (Guan, 2004, S. 36).
Die chinesische Kultur ist geprägt von einer Jahrtausend alten bäuerlichen und ländlichen Tradition. Bis zum 19. Jahrhundert n. Chr. bestand dadurch ein starker Konservatismus, der bis dahin fast überhaupt nicht durch ausländische Einflüsse aufgebrochen wurde (Vogl, 2001, S. 55). Einen Austausch mit anderen Hochkulturen gab es nicht. Die Nachbarvölker und –staaten galten als „Barbaren“, die zwar gefährlich werden konnten, aber kulturell nicht ebenbürtig waren. Wichtig war nur, sich gegen ihre Angriffe zu schützen, z.B. durch den Bau der „chinesischen Mauer“. Trotzdem eroberten fremde Völker wie die Mongolen und Mandschuren das chinesische Reich. Doch brachten sie keine neue Kultur nach China, sondern übernahmen die chinesische (Pfennig, et al., 1983, S. 118, Zinzius, 1996, S. 33f.).
Somit bewahrte sich China jahrtausendelang seine Eigenständigkeit, sowie seine kulturelle und wirtschaftliche Isolierung gegenüber Fremden (Guan, 2004, S. 36). Unter Zwang wurde diese Isolation erst Mitte des 18. Jahrhunderts während des Opiumkrieges aufgehoben (Pfennig, et al., 1983, S. 118; H. Chen, 2002, S. 36).
Eine Vielzahl voneinander nicht streng zu trennender Philosophien und Religionen haben die Mentalität und Verhaltensweisen der Chinesen bis zum heutigen Tage geprägt.
Konfuzianismus, Taoismus und Buddhismus sind drei wichtige Glaubensrichtungen, von denen das Alltagsleben und die Denkweise der Chinesen stark bestimmt bzw. beeinflusst werden (Dichtl & Li, 1998, S. 297; Vogl, 2001, S. 55f.).
Auch in der heutigen Geschäftswelt, sind die modernen chinesischen Unternehmen in der traditionellen chinesischen Kultur und Philosophie verankert. Die Werke von Sunzi, Konfuzius, Laotse und anderen Denkern sind den Chinesen auch heute noch weit mehr als nur geschichtliche Bezugspunkte – sie sind Ausdruck einer gelebten ganzheitlichen Weltsicht. Dieses System gilt es zu verstehen, wenn man mit Chinesen erfolgreich ins Geschäft kommen und stabile Geschäftsbeziehungen aufbauen will (Chen, 2004, S. 10).
„ Confucianism is heavily determining the behavior of many Chinese managers and can be seen in features such as steep organizational structures, centralized decision-making or the search for a harmonious corporate life (…).” (Lang, 1998, S. 32).
Bei der Erörterung der philosophischen Werte Chinas darf man nicht übersehen, dass den großen Denkern der Vergangenheit - allen voran Konfuzius – im modernen China wachsende Aufmerksamkeit zugeteilt wird (Käser-Friedrich, 1995, S. 60; H. Chen, 2002, S. 12; Chen, 2004, S. 17). In zahlreichen Literaturquellen über die historische Entwicklung der chinesischen Unternehmen wird die konfuzianische Lehre immer wieder als einflussreichste Wertanschauung gesehen (Schuchardt, 1994, S. 71), mit starkem Einfluss auf chinesische Ideale (Zürl, 1999, S. 43). Er fordert z.B., bei jeder Handlung den menschlichen Aspekt zu berücksichtigen (ebd., S. 43).
Der Konfuzianismus entstand um 500 v. Chr. als eine Art Morallehre und Verhaltenskodex (Fischer, Gild & Lipinsky, 2001, S. 26). Sein Schöpfer Konfuzius (551-479 v. Chr.) entwickelte diese Gesellschaftsordnung als Reaktion auf die Erfahrung einer chaotischen, von Revolutionen geprägten Umbruchphase des damaligen Chinareiches (H. Chen, 2002, S. 13). Er versuchte durch die Regelung der menschlichen Beziehungen die gesellschaftliche Ordnung und Moral wiederherzustellen. Diese Ordnung glaubte er dadurch zu erreichen, dass jeder Einzelne, vom König bis zum letzten Untertan, seinen Platz und seine Pflicht kenne, sich dementsprechend verhalte, die Riten pflegte und durch maßvolles, ruhiges, kluges und friedfertiges Verhalten das gemeinsame Zusammenleben ermögliche (Huard & Durand, 1994, S. 73, zitiert nach Rothlauf, 1999, S. 168).
Das höchste Ziel des Konfuzianismus ist nicht die Einzelpersönlichkeit, sondern die Mitmenschlichkeit im Sinne einer harmonischen Gruppenbezogenheit (Rothlauf, 1999, S. 221). Der „ kategorische Imperativ“ [Hervorhebung v. Verf.] des Konfuzianismus könnte folgendermaßen formuliert werden:
Man hat so zu handeln, dass die Gemeinschaftsnormen nicht gestört, sondern vielmehr noch bestätigt werden. Der Mensch wird nicht als “In-dividuum“ im Sinne von unteilbar, sondern als “Dividuum“ mit situativ verschiedenen Verhaltensweisen begriffen. Glück [im Sinne des Konfuzianismus] ist nicht das Einzelglück, sondern das Glück, das der Einzelne mit der Gemeinschaft teilt (Peill-Schoeller, 1994, S. 138f.).
Im Unterschied zu den meisten westlichen Gesellschaften besteht der konfuzianische Staat also nicht aus „Individuen“, sondern definiert sich über die zwischen ihnen bestehenden Beziehungen und Abhängigkeiten (Chen, 2004, S. 34).
Der Konfuzianismus ist keine Religion, sondern stellt eine Reihe pragmatischer Regeln für das tägliche Leben dar, die aus dem abgeleitet sind, was Konfuzius als...