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Management von Leistungsausgaben. Der Risikostrukturausgleich und die Steuerung der Risikostruktur

Der Risikostrukturausgleich und die Steuerung der Risikostruktur

AutorA. Kopsch, A. Noculak, Andreas Niejahr
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2006
Seitenanzahl57 Seiten
ISBN9783638510172
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,99 EUR
Studienarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Gesundheit - Pflegewissenschaft - Pflegemanagement, Note: 2,3, Hochschule Wismar (University of Technology, Business and Design), Veranstaltung: Krankenversicherungsmanagement, 69 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Der Risikostrukturausgleich dient als finanzieller Ausgleichsmechanismus in sozialen Krankenversicherungssystemen zwischen den Krankenkassen. Um die Risikoselektion der Krankenkassen zu mindern, bezahlen die Kassen mit einer guten Risikostruktur ihrer Versicherten Ausgleichszahlungen an Versicherer mit schlechterer Risikostruktur. Diese Arbeit dient als Überblick für den Weg zum Risikostrukturausgleich sowie über die gesamten Inhalte des Risikostrukturausgleiches, wobei auch auf seine Reformierung ausführlich eingegangen wird. Dabei werden auch die Disease-Management-Programme und der Risikopool beschrieben.

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Leseprobe

3  Risikostrukturausgleich 1994


 

3.1  Bedeutung des Risikostrukturausgleichs


 

Der RSA wurde im Rahmen des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der GKV (Gesundheitsstrukturgesetz, GSG) vom 21. Dezember 1992 eingeführt. Aufgabe des GSG war es, die finanzielle Grundlage der GVK zu sichern und Beitragssatzstabilität zu erreichen.[16] Der RSA diente dem Erhalt der Solidarität bei der Einführung der Kassenwahlfreiheit der GKV.[17] Die Kassenwahlfreiheit für die Versicherten war ein entscheidender Schritt für mehr Wettbewerb im System der GKV und mehr Chancengleichheit der Versicherten. Vor Einführung des GSG existierte ein System von Zuweisungsklassen, zu denen alle Krankenkassen außer den Ersatzkassen gehörten. Viele Versicherte hatten nicht das Recht, von der für sie zuständigen Pflichtkasse in eine beitragsgünstigere Kasse zu wechseln.

 

Bei den Zuweisungskassen waren die Ortskrankenkassen für die Versicherungspflichtigen verantwortlich, für die keine andere Kasse zuständig war. Die Betriebs- und Innungskrankenkassen, die landwirtschaftlichen Krankenkassen, die Bundesknappschaft und die See-Krankenkasse waren für gesetzlich genau umschriebene Versichertenkreise zuständig, wobei insbesondere Versicherte der See-Krankenkassen, der Bundesknappschaft und der landwirtschaftlichen Krankenkassen kein Kassenwahlrecht hatten. Die Zuständigkeit der Ersatzkassen ergab sich aus ihren Satzungen und umfasste z. T. Arbeiter und z. T. Angestellte.[18]

 

Dem Gesetzgeber ging es unter anderem darum, die unverändert bestehenden Wirtschaftlichkeits- und Finanzierungsprobleme der GKV zu beheben und zwar nicht, wie in vorherigen Gesetzen, durch Kurieren der Symptome, sondern durch Bekämpfung der Ursachen.

 

Diese wurden vor allem im fehlenden Wettbewerb gesehen.[19] Mit der Schaffung einer neustrukturierten Wettbewerbsordnung sollten für alle Beteiligten, speziell für die Krankenkassen, Anreiz geschaffen werden, sich effizienter zu verhalten.

 

Durch das Instrument der Kassenwahlfreiheit wurden die Versicherten in ihren Entscheidungsmöglichkeiten deutlich besser gestellt.

 

Um jedoch die Beitragsdifferenz angesichts der historisch gewachsenen Strukturunterschiede zwischen den Krankenkassen in Grenzen zu halten, wurde die Einführung der Kassenwahlfreiheit durch den RSA ergänzt.[20]

 

Aufgrund des Nebeneinanders von gesetzlichen Zuweisungs- und nur für bestimmte Personenkreise wählbaren Ersatzkassen in der Vergangenheit hätten die historisch gewachsenen Risikostrukturen innerhalb der einzelnen Krankenkassen keine gleichen Startchancen garantiert.

 

Die Ziele, die der Gesetzgeber mit der Einführung des RSA verfolgte, waren eine gerechtere Beitragsbelastung der Versicherten und der Arbeitgeber im Sinne einer Umverteilung von Einnahmen auf Krankenkassen mit höheren Versicherungsrisiken und der Abbau von historisch bedingten Wettbewerbverzerrung zwischen den Krankenkassen.[21] Um im Wettbewerb als Folge der Kassenwahlfreiheit die Höhe des Beitragssatzes einer Krankenkasse auch als Ausdruck für ihre Effizienz bewerten zu können, sollte der RSA die durch das Leistungsfähigkeitsprinzip, die Familienmitversicherung und das Bedarfsprinzip in der GVK bestehende Situation der nicht individuellen Risikoäquivalenz in eine annährend risikoäquivalente Situation transferieren.[22]

 

Ein weiteres Ziel, das durch den RSA verfolgt werden sollte, war die Sicherung der Qualität der Versorgung.[23]

 

Grundsätzlich können von Anbietern im Wettbewerb zwei Strategien verfolgt werden. Der Anbieter profiliert sich entweder als Service- und Leistungsmaximierer, was in der Regel mit steigenden Kosten und Beiträgen verbunden ist. Oder der Anbieter konzentriert sich auf Kostendämpfung und Beitragssenkung mit der möglicherweise sinkenden Qualität des Versicherungsschutzes.

 

Freier Marktwettbewerb wird in der Regel zu Mischstrategien führen, was jedoch voraussetzt, dass den Anbietern und Nachfragern bei der Vertragsgestaltung ein größerer Handlungsspielraum zugebilligt wird.[24]

 

Genau dies war aber durch die unzureichende Wettbewerbsorientierung der GKV und die Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Reformen nicht der Fall.

 

Deswegen war auch kaum zu erwarten, dass der RSA und die Einführung des Kassenwettbewerbs bei der Qualität der Versorgung bzw. Kostenbegrenzung besonders erfolgreich sein würden.

 

Weiter sollte der RSA dafür sorgen, dass im Rahmen der sich neu eröffneten Wettbewerbsfelder bei den Krankenkassen die Risikoselektion verhindert wird.

 

 „Zunächst konnte nur ein zeitlich unbefristeter RSA den Kassen auf Dauer den Anreiz nehmen, eine Risikoselektion zu betreiben. Denn bei der Durchführung eines befristeten Risikostrukturausgleichs hätte die Versicherungsstruktur nach Ablauf der Frist den Beitragssatz der Kassen wieder beeinflusst.“[25] Eine politisch unerwünschte Form der Risikoselektion wäre die zu erwartende Folge. Dabei wird die tatsächlich betriebene Risikoselektion möglicherweise überschätzt und als negative Erscheinung des Wettbewerbs gesehen. Folgende Argumentation liegt dem zugrunde: Krankenkassen versuchen „gute Risiken“ zu selektieren. Bei einem reinen Grundlohnsummenausgleich seien gute Risiken überwiegend die Personen, die nicht an chronischen Krankheiten leiden und bei denen keine höheren Krankheitskosten im folgenden Jahr zu erwarten seien (z.B. junge Menschen). Risikoselektion werde dadurch erleichtert, dass Personen mit hohen Krankheitskosten (angeblich) eine geringere Wechselbereitschaft haben als Personen mit geringen Krankheitskosten. Krankenkassen, die nicht erfolgreich Risikoselektion betrieben, müssten ihre Beitragssätze erhöhen und schließlich, da sie unattraktiv wären und von immer mehr Versicherten verlassen würden, ausscheiden. Letztendlich bliebe nur noch eine einzige (Einheits-) Krankenkasse übrig, was dem Wettbewerbkonzept grundlegend widerspräche.

 

„Bei funktionsfähigem Wettbewerb versuchen die Unternehmen, über den gezielten Einsatz ihrer Instrumentenvariablen, vor allem über Preis, Produktqualität und Service, die Bedürfnisse der Konsumenten besser zu befriedigen als ihre Konkurrenten.

 

Ein funktionsfähiger Wettbewerb zwingt auf diese Weise zu einer effizienten Güterproduktion und ihrer Orientierung an den Präferenzen der Konsumenten.“[26]

 

Der Wettbewerb selbst ist ein Instrument, um Preise, Leistungen und Qualität zu egalisieren (Versicherte werden bei gleichwertigem Leistungs- und Serviceangebot zu Krankenkassen mit niedrigerem Beitrag wechseln bzw. bei gleichem Beitrag den Anbieter wählen, der die höchstwertige Gegenleistung bietet). Risikoselektion kann weitgehend durch Kontrahierungszwang unterbunden werden,

 

doch das betriebswirtschaftliche Risiko gehört als Wesenzug zu einer wettbewerblich orientierten Ordnung. Somit hätte auch erwartet werden können, dass der RSA ein temporäres Instrument im Übergang von der Pflichtversicherung mit einheitlichem Leistungskatalog zur Versicherungspflicht mit Wahlfreiheit der Anbieter und ihrer Leistungspakete wäre.

 

3.2  Die Ausgestaltung des Risikostrukturausgleichs


 

3.2.1  Inhalte


 

Vor Einführung des RSA waren die unterschiedlichen Beitragssätze überwiegend Ergebnis der unterschiedlichen Risikostrukturen, wobei der unmittelbar auftretende Bedarf aufgrund einer Erkrankung der entscheidende Auslöser für Leistungsausgaben war und entsprechend den Beitragssatz beeinflusst hat. Aber auch andere Determinanten waren für den Beitragssatz maßgebend, wie die folgende Abbildung verdeutlicht.

 

Beitragssatzdeterminanten der Kassen

 

 

Quelle: VdAK und AEV; 2005; Risikostrukturausgleich – Zahlen, Fakten, Hintergründe – 2003 /2004; Siegburg.

 

Das RSA - Konzept erfasste bei seiner Einführung 1994 die folgenden Ausgleichskomponenten: Einkommen, Alter, Geschlecht und Anzahl der mitversicherten Familienangehörigen.[27] Zusätzlich wurde die Gruppe der Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsrentner aufgrund ihrer durchschnittlich höheren Leistungsausgaben als weitere Komponente mit in den RSA einbezogen.[28]

 

Um Anreize zu Kostendämpfung für die Krankenkasse zu erhalten, berücksichtigt der RSA nicht die tatsächlichen Ausgaben, sondern durchschnittliche Leistungsausgaben, die mittels statistischer Verfahren aus Voll- oder Teilerhebung gewonnen werden und Erwartungskosten modellieren.[29] Die benötigten Daten für die Durchführung dieses RSA-Verfahrens sind die Summe der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder...

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