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Marcus Tullius Cicero: Über die Kunst ein Freund zu sein

Alte Weisheiten für wahre Freundschaft

AutorMarcus Tullius Cicero, Philip Freeman
VerlagFinanzBuch Verlag
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl208 Seiten
ISBN9783960923435
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
In Zeiten von Social Media, Online-Dating und sozialer Vereinzelung gerät die Idee wahrer, dauerhafter Freundschaft immer mehr in den Hintergrund. Gleichzeitig ist die Suche nach einem echten Freund wichtiger denn je. Dieses Büchlein ist der Klassiker zu dem Thema, es enthält grundlegende Ratschläge des berühmten römischen Politikers und Philosophen Cicero. Er zeigt mit Witz, Weisheit und Eloquenz, wie man Freunde findet, behält und wertschätzt. Ohne sie, so Cicero, ist das Leben nichts wert. Geschrieben 44 v. Chr., hat sein Werk mit dem ursprünglichen Titel De Amicitia seit mehr als zweitausend Jahren inspiriert. Die neue englische Übersetzung von Philip Freeman wird hier erstmalig auf Deutsch veröffentlicht, wobei der lateinische Text ebenfalls im Buch enthalten ist. Zudem macht die Einführung Freemans Lust auf die Lektüre.

Marcus Tullius Cicero, 106 - 43 v. Chr., war ein römischer Politiker, Anwalt, Schriftsteller und Philosoph, der berühmteste Redner Roms und Konsul im Jahr 63 v. Chr. Er gilt besonders wegen seiner Reden, aber auch wegen seiner philosophischen und rhetorischen Schriften als der wahre Schöpfer der klassischen lateinischen Kunstprosa. Seine Briefe sind wertvolle historische Dokumente und autobiographische Zeugnisse der Antike. Philip Freeman ist Autor zahlreicher Bücher wie 'Julius Caesar', 'Searching for Sappho' und 'Oh My Gods: A Modern Retelling of Greek and Roman Myths'. Er ist Inhaber des Fletcher-Jones-Lehrstuhls für Western Culture an der Pepperdine University in Malibu, Kalifornien.

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Leseprobe

EINLEITUNG


Der beste Freund des Marcus Tullius Cicero wurde Atticus genannt.

Sein tatsächlicher Name lautete Titus Pomponius, aber er nahm den Namen Atticus wegen seiner Liebe zu Griechenland und insbesondere zur Stadt Athen in der Region Attika an, wo er viele Jahre seines Erwachsenenlebens verbracht hatte. Er und Cicero wurden schon als junge Männer zu engen Freunden, eine Freundschaft, die während ihres langen Lebens Bestand hatte. Cicero ging ganz in der römischen Politik auf und verbrachte einen Großteil seiner Lebenszeit während des ersten Jahrhunderts vor Christus in dieser turbulenten Stadt, die eine Zeit ungeheurer Umbrüche und den Bürgerkrieg erlebte. Atticus hingegen beobachtete die römische Politik aus sicherer Entfernung. Aber obwohl er in Athen lebte, hielt er engen Kontakt mit den führenden Köpfen beider Seiten in Rom. Obwohl sie häufig getrennt waren, hatten Cicero und Atticus im Laufe der Jahre einen regen Briefverkehr, aus dem hervorgeht, wie sehr die Freunde einander zugetan waren.

Im Jahre 44 vor Christus war Cicero in den Sechzigern – nach römischen Maßstäben ein alter Mann – und lebte auf seinem Gut außerhalb von Rom. Durch die Diktatur Julius Caesars war ihm jegliche politische Macht genommen worden. Um den Schmerz des Exils und des kurz zuvor erfolgten Verlusts seiner geliebten Tochter zu lindern, wandte er sich der Schriftstellerei zu. Innerhalb weniger Monate brachte er einige der lesenswertesten und einflussreichsten Essays hervor, die jemals verfasst wurden. Die Themen umfassten eine ungeheure Bandbreite, angefangen von Aufsätzen über die Natur der Götter und über die angemessene Rolle der Regierung bis hin zu den Freuden des Alters und dem Geheimnis, wie man das Glück im Leben findet. Zu diesen Arbeiten gehörte auch ein kurzer Essay über die Freundschaft, den er Atticus widmete.

Über die Freundschaft – oder auf Lateinisch De Amicitia – ist zweifellos das beste Buch, das jemals zu diesem Thema geschrieben wurde. Der von Herzen kommende Rat ist ehrlich und auf eine Weise bewegend, wie wenige antike Werke es sind. Einige Römer betrachteten damals die Freundschaft vornehmlich auf praktischer Ebene, und zwar als eine Beziehung zwischen Menschen, die zum gegenseitigen Vorteil gereicht. Cicero bestreitet nicht, dass solche Freundschaften wichtig sind, aber seine Definition geht weit über das Nützliche hinaus. Er lobt eine tiefere Art von Freundschaft, in der zwei Menschen ineinander ein weiteres Selbst finden, das weder Profit noch Vorteil aus dem anderen ziehen will.

Griechische Philosophen wie Platon und Aristoteles hatten schon Hunderte von Jahren zuvor über die Freundschaft geschrieben. Tatsächlich wurde Cicero von ihren Schriften stark beeinflusst. Aber Cicero geht noch über seine Vorgänger hinaus und schafft in seinem kurzen Werk einen fesselnden Ratgeber, wie wir jene Menschen in unserem Leben finden, halten und wertschätzen, die wir nicht wegen dem an uns binden, was sie uns geben können, sondern weil wir mit ihnen seelenverwandt sind.

Der fiktionale Rahmen des Buches ist eine Diskussion, die viele Jahre zuvor, im Jahre 129 vor Christus stattfand, und zwar zwischen einem betagten römischen Feldherrn und Redner namens Gaius Laelius und seinen beiden jüngeren Schwiegersöhnen, Gaius Fannius und Quintus Mucius Scaevola. Laelius ist in Trauer, da er seinen besten Freund Scipio Africanus vor wenigen Tagen verloren hat. Die beiden jüngeren Männer bitten Laelius, ihnen zu berichten, was er und Scipio in ihrer gemeinsamen Lebenszeit über wahre Freundschaft gelernt haben – eine Bitte, der der ältere Mann nach anfänglichen Protesten nachkommt. Cicero sagt, dass Scaevola ihm selbst wiederum Jahrzehnte später enthüllte, was er an jenem Tag erfuhr. Cicero war der junge Mann, der in jener Zeit zu Füßen des Scaevola saß und von ihm lernte. Damals war Letzterer ein älterer Politiker und angesehener Anwalt. Cicero hält also für seinen Freund Atticus und all seine Leser im Laufe der Jahrhunderte die Worte des Laelius – die in Wahrheit Ciceros eigene Worte sind – über die Natur der Freundschaft fest.

Über die Freundschaft ist voller zeitloser Ratschläge über die Freundschaft. Sie lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

  1. Es gibt verschiedene Arten von Freundschaften: Cicero erkennt an, dass es viele gute Menschen gibt, mit denen wir im Leben in Kontakt kommen, und die wir als Freunde bezeichnen, ob es sich nun um Geschäftspartner, Nachbarn oder andere Bekanntschaften handelt. Aber er unterscheidet deutlich zwischen diesen verbreiteten und durchaus nützlichen Freundschaften und jenen seltenen Freunden, an die wir uns auf erheblich tieferer Ebene binden. Diese speziellen Freundschaften müssen selten sein, denn sie erfordern viel Zeit und Engagement unsererseits. Aber dies sind die Freunde, die unser Leben von Grund auf verändern, genau wie wir das ihre verändern.
  2. Nur tugendhafte Menschen können wahre Freunde sein: Menschen mit einem schlechten Charakter können nur Zweckfreundschaften führen, und zwar aus dem einfachen Grund, dass wahre Freundschaft Vertrauen, Weisheit und eine grundlegende Güte erfordert. Tyrannen und Schurken können einander benutzen, genau wie sie gute Menschen benutzen, aber schlechte Menschen können im Leben niemals eine wahre Freundschaft finden.
  3. Wir sollten unsere Freunde sorgfältig auswählen: Freundschaften sollten wohlüberlegt geschlossen werden, und wenn nur aus dem Grund, dass es sehr unerfreulich und schmerzhaft sein kann, wenn wir herausfinden, dass der Freund nicht der Mensch war, für den wir ihn hielten und wir die Freundschaft beenden müssen. Wir sollten uns Zeit lassen, uns langsam voranbewegen und entdecken, was tief im Herzen eines Menschen verborgen ist, bevor wir unser ganzes Selbst in die Freundschaft einbringen, wie wahre Freundschaft es erfordert.
  4. Freunde machen uns zu besseren Menschen: Niemand kann in Isolation gedeihen. Uns selbst überlassen stagnieren wir und können uns nicht als der Mensch sehen, der wir sind. Ein wahrer Freund wird uns herausfordern, damit wir ein besserer Mensch werden, weil er unser inneres Potenzial zu würdigen weiß.
  5. Man sollte neue Freundschaften schließen, sich die alten aber trotzdem erhalten: Niemand ist ein besserer Freund als jemand, der von Kindheit an an unserer Seite war. Aber dennoch sollten wir uns nicht ausschließlich auf unsere Jungendfreunde beschränken. Die Freundschaft zu ihnen fußt womöglich auf Interessen, die sie nicht länger teilen. Es gilt also, stets offen zu sein für neue Freundschaften, auch für solche mit jüngeren Menschen. Das ist oft eine Bereicherung für alle Beteiligten.
  6. Freunde sind ehrlich zueinander: Freunde sagen uns stets, was wir hören sollten und nicht, was wir hören wollen. Es gibt viele Menschen auf der Welt, die uns aus Eigennutz schmeicheln, aber nur ein wahrer Freund – oder ein Feind – riskiert unseren Zorn, indem er uns die Wahrheit sagt. Als tugendhafter Mensch sollten wir auf unsere Freunde hören und das, was sie uns zu sagen haben, willkommen heißen.
  7. Die Belohnung der Freundschaft ist die Freundschaft selbst: Cicero erkennt an, dass Freundschaften durchaus auch praktische Aspekte haben – Ratschlag, Kameradschaft, Unterstützung in schwierigen Zeiten – aber im Grunde ist wahre Freundschaft keine Geschäftsbeziehung. Sie strebt nicht nach Rückzahlung und rechnet Leistungen nicht gegeneinander auf.
  8. Ein Freund bittet einen anderen niemals darum, etwas Falsches zu tun: Ein Freund riskiert viel für den anderen, aber niemals die Ehre. Wenn ein Freund uns bittet zu lügen, zu betrügen oder etwas Unehrenhaftes zu tun, sollten wir intensiv darüber nachdenken, ob dieser Mensch tatsächlich derjenige ist, für den wir ihn gehalten haben. Da Freundschaft auf Güte basiert, kann sie nicht gedeihen, wenn etwas Verwerfliches von uns erwartet wird.
  9. Freundschaften können sich im Laufe der Zeit verändern: Freundschaften, die in der Jugend geschlossen wurden, sind im Alter nicht mehr die gleichen – und sollten es auch gar nicht sein. Das Leben verändert uns mit der Zeit alle, aber die Grundwerte und Eigenschaften, die uns vor vielen Jahren zu Freunden machten, können die Zeiten überdauern. Und wie ein guter Wein, so können sich auch die besten Freundschaften mit dem Alter verbessern.
  10. Ohne Freunde ist das Leben nicht lebenswert: Oder wie Cicero es formuliert: »Stellt Euch vor, ein Gott trüge Euch weit fort an einen Ort, an dem Ihr jegliche Fülle eines jeglichen Stoffes finden könntet, die den Naturbedürfnissen entsprechen, versagte Euch aber die Möglichkeit, jemals ein menschliches Wesen zu finden. Müsstet Ihr nicht hart wie Eisen sein, um ein solches Leben zu ertragen? Würde Euch in dieser Einsamkeit nicht jede Lebensfreude und jeder Genuss verloren gehen?«

Ciceros kleines Büchlein über die Freundschaft hatte in den darauffolgenden Jahrhunderten großen Einfluss...

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