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Marketing an öffentlichen Bühnen.

Untersuchungen zur Situation im Rhein-Main-Gebiet

AutorChristian Decker
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2006
Seitenanzahl138 Seiten
ISBN9783638490290
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis17,99 EUR
Magisterarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Theaterwissenschaft, Tanz, Note: 2,0, Johannes Gutenberg-Universität Mainz (Fachbereich 07 Musikwissenschaft), 74 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Gekürzte Subventionen, schwindende Besucherzahlen - und gleichzeitig steigende Betriebskosten. Vor diesem Szenario ringen derzeit viele öffentliche Bühnen in Deutschland um ihre Existenz. Die Situation allerdings ist nicht neu. Bereits 1930 urteilte Karl Holl in der Frankfurter Zeitung: 'Die Not der Oper ist der besonders schwer wiegende, besonders komplizierte Fall der allgemeinen Not des Theaters. Not im Zeichen der Kulturkrise, der Sozialkrise, der Wirtschaftskrise'. Seitdem wurden zahlreiche Lösungswege diskutiert und ausprobiert. Seit Ende der 80er Jahre wurde in diese Diskussion der Bereich des Marketings als ein möglicher Ausweg aufgenommen. In einer Hinwendung zum Marketing sehen mittlerweile viele Theaterverantwortliche eine Möglichkeit, der andauernden Krise ihrer Institution zu begegnen und schließlich zu entkommen. Dabei ist Marketing als wirtschaftliche Disziplin gerade im Kunst- und Kulturbereich umstritten. Kritiker fürchten den Ausverkauf der Kunst bzw. die Degradierung der Kunst zur Ware. Dieser Vorwurf ist durchaus gerechtfertigt, beschränkt man Marketing auf die reine Verkaufsförderung. Verkaufen ist jedoch nur eine von vielen Aufgaben des Marketings und häufig nicht einmal die wichtigste. Welcher Art die unternehmerischen Ziele dabei sind, bleibt dem jeweiligen Unternehmer selbst überlassen. Beim öffentlichen Theater hätten z.B. Ziele wie gesellschaftliche Akzeptanz oder Bekanntheitsgrad Vorrang vor reinem Gewinnstreben. In einem planvollen Marketingkonzept besteht eine Chance für die Theater, die Öffentlichkeit optimal anzusprechen und dabei sowohl die Besucher als auch die öffentlichen Geldgeber nachhaltig für ihre Institution einzunehmen. Welche konkreten Marketingmaßnahmen für das öffentliche Theater werden nun vorgeschlagen? Und welche dieser Maßnahmen werden tatsächlich auch in der Realität angewandt? Mit der vorliegenden Arbeit sollen eine Antwort auf diese Fragen gefunden werden.

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Leseprobe

Kulturauftrag


In der Führung der Theater als öffentliche Einrichtungen drückt sich neben der finanziellen auch eine ideelle Kontrolle aus. Besonders Regiebetriebe sind sehr eng mit ihrem Träger verbunden. Dies ist zunächst einmal positiv zu sehen. Staat, Länder und Kommunen tragen für bestimmte Bereiche eine Daseinsfürsorge. 90 Feuerwehr, Krankenhäuser, Städtische

Abwasserbetriebe, Straßenreinigung usw. werden den Bürgern zur Verfügung gestellt. Durch die Einbindung des Betriebes in die öffentliche Verwaltung wird die maximale Verwirklichung eines Handelns im Sinne einer öffentlichen Aufgabe erst möglich. Auch die im Kapitel 2.2.3 Rechtsformen als Eigenbetrieb und privatwirtschaftliche Alternative besprochenen Einrichtungen der Öffentlichkeit sind keineswegs gegenüber der öffentlichen Kontrolle autonom. Zwar führen Eigenbetriebe so genannte Werksausschüsse. Letztendlich setzen sich diese aber aus Vertretern der Kommunal- bzw. Landespolitik zusammen. Ähnliches gilt für die als GmbH geführten Betrieben. Trotz einer eigenständigen Leitung, die personell unabhängig von den Gesellschaftern sein kann, muss diese sich den Entscheidungen der Gesellschafter beugen. Gesellschafter solcher öffentlicher Unternehmen sind hier auch die Länder und Kommunen.

Als öffentliche Aufgabe wird im Bereich der Stadt- und Staatstheater der Begriff des Bildungs- bzw. Kulturauftrages angeführt. Die öffentliche Hand verpflichtet sich - im Sinne der oben erwähnten Daseinsfürsorge - zur „Pflege und Weiterentwicklung der Darstellenden Kunst zum Nutzen der Zuschauer aber auch der Gesellschaft insgesamt“ 91 . Oder umgekehrt: „Die Legitimation zur Verwendung öffentlicher Mittel erhält das Theater kraft seines Kultur-und Bildungsauftrages, den es für die Allgemeinheit zu erfüllen hat“. 92 Es sei hier darauf hingewiesen, dass es sich bei jenem Bildungs- und Kulturauftrag nicht nur um die Subvention des Kunstbetriebes handelt. Dadurch wird zunächst einmal sichergestellt, dass es diese Einrichtung überhaupt gibt. Neben der Entscheidung - ob? wird aber auch Bezug auf das wie? - also das Angebot des Theaters genommen. Es soll nämlich nur das gefördert werden, was wirklich im Sinne einer Hochkultur förderungswert erscheint. 93 Reine Musicalspielstätten werden selten alleinig aus dem Stadt- bzw. Landeshaushalt finanziert. Dazu kommt noch die Forderung nach der allgemeinen Zugänglichkeit der Kultur. Denn auch sozial, bzw. finanziell benachteiligte Gruppen sollen die Möglichkeit zur Teilnahme an Bildung/Kunst und Kultur haben.

Der öffentliche Bildungs- und Kulturauftrag des Theaters geistert durch beinahe alle zu dieser Arbeit recherchierten Veröffentlichungen, ohne jedoch mit entsprechenden Gesetzestexten

Neubestimmung des Verhältnisses von Wirtschaft und Politik. In: Zeitschrift für öffentliche und gemeinnützige Unternehmen: ZögU (Band 24 Heft 4) 2001, S.426

belegt zu werden. 94 Zwei Gründe sind denkbar. Entweder der Begriff ist längst hinreichend hergeleitet worden, so dass er in den neueren Veröffentlichungen 95 als etablierter Term ohne weitere Erklärung auftaucht. Oder aber, der öffentliche Kulturauftrag besteht nur als interpretatorischer Ausdruck, der mit gesetzlichen Regelungen gar nicht eindeutig belegt werden kann.

Allein Widmayer wird hinsichtlich des Kulturauftrages ein wenig konkreter. Demnach enthält Art. 5 Absatz 3 des Grundgesetzes eine „grundsätzliche Positionsbestimmung des Staates gegenüber der Kunst“ 96 , der da lautet: „Kunst und Wissenschaft, Lehre und Forschung sind frei“. 97 Hiermit, so Widmayer, sei für diejenigen, welche Kunst herstellen ein subjektives Freiheitsrecht begründet, das, anders als die im Abs. 1 verbürgte Meinungs- und Pressefreiheit, nicht unter die Beschränkung des Abs. 2 (Vorschriften allg. Gesetze, Jugendschutz, Schutz der persönlichen Ehre), sondern lediglich durch die in Art. 1 Abs. 1 garantierte Unantastbarkeit der Menschenwürde beschränkt wird. 98 Gerade im Bezug auf das öffentlich subventionierte Theater ist dies ein interessanter Aspekt, steht doch der gesetzlich garantierten künstlerischen Unabhängigkeit eine „ausgeprägte finanzielle und verwaltungstechnische Verflechtung“ 99 gegenüber. Positiv gedeutet liegt in diesem Gegensatz von Freiheit und Kontrolle die „besondere Fürsorgepflicht des Staates für die freie Entfaltung von Kunst und Kultur“ 100 verborgen. Mehr scheint auf der Basis des Grundgesetzes zu diesem Thema nicht geregelt zu sein.

Bezüglich der Länderregelungen zum Kulturauftrag gibt Widmayer lediglich den Hinweis: „Auf Landesebene enthalten die meisten Verfassungen eine Verpflichtung der Länder und Gemeinden zur Förderung von Kultur“. 101 Diesem Hinweis soll im Folgenden nachgegangen werden. Da das Thema der vorliegenden Arbeit den Fokus auf das Rhein-Main Gebiet richtet, sind zwei Gesetzestexte von Bedeutung: Zum einen die Landesverfassung Rheinland-Pfalz 102 vom 18.05.1947, zum anderen die Verfassung des Landes Hessen 103 vom 1.12.1946. Beide sind bis heute gültig. In der hessischen Verfassung genießen die „Denkmäler der Kunst, der

Geschichte und der Kultur“ den „Schutz und die Pflege des Staates und der Gemeinden“. 104 Die rheinland-pfälzische Verfassung hat neben dieser Sorgfaltspflicht auch den freien Zugang zur Kultur gesetzlich verankert. Hier heißt es zusätzlich: „Die Teilnahme an den Kulturgütern des Lebens ist dem gesamten Volke zu ermöglichen“. 105 Es sei dahin gestellt, ob es sich bei dem immateriellen Produktangebot eines Dreispartenhauses auch um Denkmäler der Kultur (bzw. Kulturgüter des Lebens) handelt oder ob hier tatsächlich nur gegenständliche Werte, wie historische Bauten, Landschaften oder Kunstwerke der öffentlichen Fürsorge bedürfen. 106 Die Rheinland-Pfälzische Verfassung spricht neben den „Denkmälern der Kultur“ 107 , noch von „Erzeugnissen der geistigen Arbeit“ bzw. „die Rechte der Künstler“, die ebenso „den Schutz und die Fürsorge des Staates“ genießen. 108 Mit Art. 40 Abs.1 gibt es ein klares Statement zur Kunst- und Kulturförderung im Sinne des Theaters: „Das künstlerische und kulturelle Schaffen ist durch das Land, die Gemeinden und Gemeindeverbände zu pflegen und zu fördern“ 109 . Dem Drei-Sparten Theater wird die Bezeichnung „künstlerisch-kulturelles Schaffen“ jedenfalls mehr gerecht als der Ausdruck „Denkmal der Kunst und Kultur“. Es findet sich hingegen keine zu Art. 40 Abs.1 vergleichbare Stelle in der hessischen Landesverfassung. Interessanterweise gibt es auch in der Kategorie Wirtschaftsordnung in der rheinland-pfälzischen Verfassung einen Zusatz bezüglich der Kultur, den die Hessen-Verfassung nicht enthält. Heißt es im hessischen Gesetzeskatalog: „Das Arbeitsentgelt muß der Leistung entsprechen und zum Lebensbedarf für den Arbeitenden und seiner Unterhaltsberechtigten ausreichen“ 110 , so findet sich dazu im rheinland-pfälzischen Pendant der Zusatz „[…] und ihnen [den Arbeitenden] die Teilnahme an den allgemeinen Kulturgütern ermöglichen“ 111 . Nimmt man an, dass hier Theater unter den allgemeinen Kulturgütern zu fassen sind, so kann man die Aussage des Landes Rheinland-Pfalz als einen Auftrag an die freie Wirtschaft verstehen. Nicht das Land allein trägt die Verantwortung, dass alle Leute das Theaterangebot wahrnehmen können (z.B. durch eine Subventionierung der Theaterplätze und damit dem verbilligten Eintritt), sondern die Wirtschaft erhält den Auftrag, die Löhne so anzusetzen, dass sich alle Arbeitnehmer potentiell eine Theaterkarte leisten können. Der Kunst- und Kulturauftrag ist auch in den Landesverfassungen ein bis zur Unkenntlichkeit verallgemeinerter Begriff. Ableitbare kulturpolitische Ziele für ein subventioniertes Theater

lassen sich hier jedenfalls nicht treffen. Es lässt sich allein festhalten, dass es wohl von Seiten des Gesetzgebers einen Auftrag zur Förderung der Kultur gibt. Wie dieser allerdings im Einzelnen auszusehen hat hängt im Wesentlichen von dem „Selbstverständnis der Gebietskörperschaften“ bzw. dem „Gestaltungswillen und der Gestaltungskraft der politischen Verantwortlichen“ ab. 112

Ein solcher Fall soll an dieser Stelle kurz besprochen werden. Am 15. Juni 1989 überführte man das Theater Mainz in die Staatstheater Mainz GmbH. Stadt und Land beteiligten sich in einem Theatervertrag je zur Hälfte und fungierten als Gesellschafter. Es wurde festgelegt, dass das Staatstheater als Mehrspartentheater mit Musiktheater, Ballett und Schauspiel inklusive Kinder- und Jugendtheater geführt wird. Auch ein Orchester wurde vereinbart, welches zusätzlich im Konzertwesen eingesetzt werden sollte. 113 Trotz dieses Theatervertrages scheinen sich keine aus der öffentlichen Trägerschaft ableitbaren Ziele zu ergeben. Wie viele Vorstellungen, welches Programm, welche Qualität, welche...

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