Doktorarbeit / Dissertation aus dem Jahr 1996 im Fachbereich Politik - Politische Theorie und Ideengeschichte, Note: drei, Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover (Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften), Sprache: Deutsch, Abstract: In Marsilius von Padua begegnet uns einer der provokativsten politischen Denker des Mittelalters. Sein Hauptwerk 'Defensor Pacis' beendete er am 24. Juni 1324. In diesem Traktat entwickelt er vor dem Hintergrund einer arbeitsteiligen Gesellschaft eine politische Ordnung, die auf der Partizipationsbereitschaft und -fähigkeit der Bürger beruht und bis heute noch nichts von ihrer Aktualität eingebüßt hat. Die Bürger diskutieren und beschliessen über die richtige Ordnung des Gemeinwesens: Sie entscheiden über die Gesetze nach denen sie leben wollen und wählen die Amtsträger, welche die Einhaltung der Gesetze überwachen sollen. In der Volksversammlung haben die Bürger die Möglichkeit ihre Vielfältigen Meinungen auszutauschen und über die verschiedenen Vorschläge zu entscheiden. Ist der Konsens über ein Gesetz nicht mehr gewährleistet, so muss es von ihnen erneut diskutiert werden. Dadurch sind sie aufgefordert, ihre Entscheidungen oder die ihrer Vorfahren ständig zu überprüfen und gegebenenfalls zu ändern. Indem Marsilius die Meinungsvielfalt und den Meinungsaustausch der Bürger voraussetzt, wird das Gemeinwesen als Raum des Politischen etabliert. Die ethische Rechtfertigung dieser Konzeption leitet Marsilius aus den Schriften des Aristoteles ab. In der Auseiandersetzung mit ihm kommt Marsilius zu dem Schluss, dass in einem Gemeinwesen immer ausreichend Bürger über jene Tugenden verfügen, die sie zu einer Entscheidung im Sinne des Allgemeinwohls kommen lassen. Im richtigen Handeln des Bürgers verwirklichen sich seine Tugenden. Diese entspringen den individuellen Erfahrungen des einzelnen. Die Diskussion der Bürger über die Generationen hinweg dient der Potenzierung der Erfahrungen. Erst hierdurch kann die Vielfalt menschlichen Handelns in die Gesetzgebung einfließen. Da kleinere Gruppen nicht über diesen Erfahrungsschatz verfügen und ihn auch nicht wie abstraktes Wissen erlernen können, spricht Marsilius ihnen die Fähigkeit ab, im Sinne des Gemeinwesens handeln zu können. Daher müssen sich alle Bürger an den politischen Entscheidungen beteiligen. Diese Verpflichtung zur Partizipation leitet Marsilius aus dem Gedankengut der Römischen Republik ab. Im Folgenden wird der Einfluss verschiedener Tugendkonzeptionen von der Antike bis zum Hochmittelalter auf das politische Denken des Marsilius von Padua untersucht.
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