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Maßnahmen zur Förderung des Wirtschaftswachstums in Singapur

Eine Analyse unter besonderer Berücksichtigung soziologischer Aspekte

AutorChristoph Schemel
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl111 Seiten
ISBN9783640659746
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis27,99 EUR
Magisterarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Asienkunde, Asienwissenschaften, Note: 1,3, Georg-August-Universität Göttingen (Sozialwissenschaftliche Fakultät), Sprache: Deutsch, Abstract: Singapur ist ein Beispiel für ein politisches Gemeinwesen, in dem eine Politik praktiziert wird, bei der sich das Ziel eines möglichst wettbewerbsfähigen Standorts in nahezu allen von der Politik geregelten Bereichen nachweisen lässt. Diese Praxis ist in anderen kapitalistischen Staaten z.T. in gleicher Weise, z.T. nur in Ansätzen, selten aber stärker ausgeprägt als im Singapur von heute. Der Gedanke der internationalen Wettbewerbsfähigkeit als Ausprägung des allgemeinen Ziels der wirtschaftlichen Verwertbarkeit beeinflusst dabei nicht nur die gemeinhin als Wirtschaftspolitik definierten Bereiche staatlichen Handelns, sondern lässt sich noch in davon inhaltlich scheinbar so weit entfernten Gebieten wie der ethischen Jugendbildung, der Planung eines interkulturellen Zusammenlebens oder der Familienpolitik wiederfinden. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität Singapurs als Wirtschaftsstandort zu untersuchen, die die politischen Akteure in Singapur angewendet haben bzw. anwenden sowie die Auswirkungen dieser Maßnahmen auf das Leben der Bewohner darzustellen. Dabei würde eine allumfassende Untersuchung den gegebenen Rahmen sprengen, was eine Auswahl der behandelten Themen nötig macht. Für die Zeit bis zur Eigenständigkeit Singapurs wird noch ein Ansatz gewählt, bei dem thematisch möglichst viele Aspekte der wirtschaftlichen Entwicklung Singapurs dargestellt werden. Dadurch wird dem Rezipienten ermöglicht, sich ein möglichst komplettes Bild der Vorbedingungen der späteren Entwicklungen zu machen und diese Entwicklungen in einen historischen Kontext zu setzen. Zudem findet eine Ausrichtung auf die wirtschaftliche Verwertbarkeit nicht erst seit der Unabhängigkeit Singapurs statt, sondern kann seit der Gründung als prägendes Element eigenständig untersucht werden. Für die Zeit nach der Eigenständigkeit Singapurs stehen zunächst die für die ökonomische Situation Singapurs bedeutendsten (im engeren Sinne) wirtschaftspolitischen Maßnahmen im Zentrum der Untersuchung. Ein Schwerpunkt der Untersuchung der Zeit nach der Unabhängigkeit soll jedoch auf Bereichen liegen, die nicht klassischerweise als Wirtschaftspolitik angesehen werden: Der Bildungs-, Werte-, Identitäts- und Demographiepolitik. Denn vor allem in diesen Bereichen wird deutlich, wie weit die singapurer Regierung in alle Bereiche des Lebens eingreift, um die Attraktivität des Stadtstaats als Wirtschaftsstandort zu erhöhen.

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Leseprobe

Teil II: Singapur bis zur Eigenständigkeit 1819 bis 1965


 

Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität Singapurs als Wirtschaftsstandort werden nicht erst seit der Eigenständigkeit Singapurs durchgeführt, sondern bestimmen auch schon das Handeln der politischen Akteure Singapurs seit der Gründung des Stadtstaats.

 

1 Die Gründungsphase


 

Schon für die Gründung Singapurs im Jahr 1819 war die wirtschaftliche Verwertbarkeit das entscheidende Kriterium. Die British East India Company (Britische Ost-Indien Gesellschaft) suchte einen Hafenstandort für den Handel zwischen Indien und China. In ihrem Auftrag gründete Stamford Raffles Singapur als einen Handelsstützpunkt.[18]

 

Bald nach der Gründung stellte sich Singapur als vorläufig erfolgreiches Projekt im Sinne seiner Gründer heraus. Ein neuer, militärisch gesicherter Anlaufhafen für den Handel vor allem mit China war entstanden, der sich zum Zentrum für den gesamten Handel in der südostasiatischen Region entwickelte.

 

Neben den oben erläuterten geostrategischen Vorteilen, die Singapur bot, war es die angeordnete Freihafenpolitik, die entscheidend zu dem unmittelbar einsetzenden wirtschaftlichen Bedeutungsgewinn der Insel im Seehandel beitrug.[19] Die Freihafenpolitik besagte, dass keine Zölle oder sonstige Abgaben für die Benutzung des Hafens anfallen sollten. Dies galt ausdrücklich für „Schiffe aller Nationen“.[20]

 

Im ersten Jahr nach der Gründung der Siedlung belief sich der geschätzte Wert der Waren, die im Hafen von Singapur abgefertigt wurden, bereits auf 8 Millionen Pfund. Fünf Jahre später lag dieser Wert schon bei 13 Millionen, um nach zehn Jahren 29 Millionen erreicht zu haben.[21]

 

Viele der zuvor nicht sesshaften europäischen Händler der Region ließen sich in Singapur nieder und eröffneten Handelsniederlassungen, sogenannte Agency Houses (Filialhäuser).[22] Diese Händler übernahmen auf eigenständiger Basis die Handelsgeschäfte von Singapur aus, was durch den Umstand ermöglicht wurde, dass das Handelsmonopol der British East India Company in Singapur keine Anwendung fand. Der eigenständige Charakter des Handels verstärkte sich weiter, als die Company auch das Monopol auf den Handel mit China im Jahr 1833 aufgab und in Singapur nur noch die Regierungsaufgaben übernahm.[23]

 

Aus Sicht der British East India Company sollte der Seehafen Singapur zunächst drei Funktionen erfüllen. Zum einen sollte er als Port of Call (Anlaufhafen oder Zwischenhafen) für die Handelsschiffe der Kompanie auf ihrem Weg nach China dienen. Darüber hinaus sollte der Hafen von Singapur die Funktion eines Entrepôt-Hafens (Umschlaghafens) für den Handel mit der malaiischen Region erfüllen und zum dritten sollte er eine Entrepôt-Funktion für den Handel mit China innehaben.

 

Während Singapur schnell planmäßig zu einem Port of Call für den inter- und innerkontinentalen Handel wurde und auch als Entrepôthafen für den Handel mit der Region diente, sollten sich die Pläne hinsichtlich des Entrepôthandels mit China zumindest für die Company und die anderen europäischen Händler nicht erfüllen.[24] Der Handelsumfang zwischen Singapur und China stieg zwar weiter an, verlagerte sich aber zusehends zu chinesischen Händlern.[25]

 

Während der Gründungsphase waren drei Bereiche von besonderer Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung Singapurs und damit für die Situation der dortigen Arbeitskräfte: der Opiumhandel, die Pfeffer- und Gambirproduktion sowie die Piraterie.

 

1.1 Der Handel mit Opium


 

Der Opiumhandel der British East India Company spielte eine entscheidende Rolle für die wirtschaftliche Entwicklung Singapurs im ersten Jahrhundert nach dessen Gründung. Auch wenn Singapur für den Opiumhandel nicht viel mehr als eine Randerscheinung war, so war andersherum der Opiumhandel für Singapur prägend.

 

In den Anfangsjahren der Existenz Singapurs als Handelsstützpunkt machte Opium einen bedeutenden Teil des Handelsvolumens aus, so dass dessen rasanter Anstieg zu einem großen Teil auf den Opiumhandel zurückzuführen war.[26] Im Bilanzjahr 1823/24 verschifften die Briten insgesamt Opium im Wert von mehr als 8,5 Millionen Dollar von Indien nach Osten, von dem ungefähr ein Viertel in Singapur zwischengelandet wurde oder Singapur zum Ziel hatte.[27]

 

Im weiteren Verlauf der Geschichte Singapurs blieb Opium ein prägendes Element, der Handel wuchs in ähnlichem Tempo wie die Gesamtwirtschaft. Allerdings erfüllten sich die hohen Erwartungen hinsichtlich der Bedeutung Singapurs für den Opiumhandel mit China nicht, vielmehr konzentrierte sich der über Singapur abgewickelte Handel vor allem auf Südostasien.[28]

 

Singapur fungierte nicht nur als Zwischenhandelsstation für Opium, sondern diente den Händlern zugleich als einer der wichtigsten Absatzmärkte für Verkäufe an die Endverbraucher. Unter den vielen Kulis, den ungelernten Arbeitern, aber auch in anderen Schichten der chinesischstämmigen Singapurer war Opiumkonsum weit verbreitet. Es wird geschätzt, dass 60-70 Prozent der Arbeiter regelmäßig Opium konsumierten.[29]

 

Gekauft und konsumiert wurde Opium in sogenannten Opium Dens, die von chinesischstämmigen Besitzern betrieben wurden. Die Opium Dens waren Bars, in denen die Möglichkeit bestand, vor Ort Opium mithilfe röhrenförmiger Pfeifen von ungefähr einem halben Meter Länge seitlich auf einer Couch liegend zu rauchen. Die Dens fungierten als wichtige kommunikative Zentren im Alltagsleben Singapurs.

 

Die koloniale Verwaltung Singapurs machte sich die entstehende Verkaufsstruktur zunutze und machte Geschäfte mit Opium zu ihrer Haupteinnahmequelle. Da Singapurs politische Führung eine Freihafenpolitik verfolgte, entfielen viele klassische Einnahmequellen wie Zölle oder Hafengebühren als staatliche Finanzierungsmöglichkeit. Die Singapurer Verwaltung etablierte ein System, das es erlaubte, eine Art Verbrauchssteuer auf Opium zu erheben. Als Opiumfarms bezeichnete Opiumpachten wurden eingerichtet, mit denen das Recht, Opium an die Konsumenten zu verkaufen, verpachtet wurde. Die Pächter waren meist mächtige chinesische Geschäftsmänner.[30] Die Pachterlöse, die manchmal durch Versteigerungen und manchmal durch Einzelverträge zustande kamen, machten meist ungefähr 50 Prozent der staatlichen Gesamteinkünfte in Singapur aus. Dies gilt, mit Unterbrechungen, für die gesamten ersten einhundert Jahre des Bestehens Singapurs, auch wenn die Erträge nicht immer auf die gleiche Art erwirtschaftet wurden.[31] Andere Einnahmequellen für die singapurer Verwaltung bestanden z.B. in entsprechenden Glücksspielpachten u.ä.

 

Das System der Opiumpachten, das Singapur die Freihandelspolitik ermöglichte und mit dessen Hilfe die Hälfte der Verwaltungskosten gedeckt werden konnte, war eng an die arbeitsintensive Produktion von Pfeffer und Gambir gekoppelt. Dies lag daran, dass ein Großteil der arbeitenden Bevölkerung Singapurs in der Produktion dieser Waren beschäftigt war und die Pächter nicht selten in der Pfeffer- und Gambirproduktion involviert waren. Die Arbeiter stellten zugleich den größten Anteil an Opium-Konsumenten. Einbrüche in der Pfeffer- und Gambirproduktion wirkten sich daher direkt auf den Opiumkonsum aus.

 

1.2 Die Pfeffer- und Gambirproduktion


 

Die wirtschaftlichen Aktivitäten in den ersten Jahrzehnten des Bestehens Singapurs erschöpften sich nicht im Handel. Vielmehr kam als weiterer bedeutender Wirtschaftszweig die Pfeffer- und Gambir[32]- Produktion hinzu.

 

Pfeffer und Gambir waren bereits in den Jahrzehnten vor Gründung Singapurs auf den umliegenden Inseln angebaut worden. Nach der Gründung verlagerten einige Produzenten ihre Anbauflächen nach Singapur. Für die weiterhin bestehenden umliegenden Produktionsstandorte entwickelte sich Singapur zum Zentrum für die Abwicklung des Handels mit der produzierten Ware.

 

Die Produktion auf der Insel Singapur erreichte in den 1840er und 50er Jahren ihren Höhepunkt, um bis zum Jahr 1890 sukzessive fast vollständig von dort zu verschwinden.[33]

 

1.3 Piraterie


 

Eine Gefahr für die wirtschaftliche Verwertbarkeit, wie sie die kolonialen Führer Singapurs anstrebten, bedeutete die in der Region traditionsreiche Praxis der gewaltsamen Ladungs-, Schiffs- und Personalübernahmen durch lokale Fürsten und andere, die als Piraterie bezeichnet wurden.

 

Schon Stamford Raffles hatte daher in die Verträge, die bei der Besiedelung mit den malaiischen Herrschern abgeschlossen wurden, Klauseln aufgenommen, die die Herrscher zur Verhinderung dieser Überfälle verpflichteten.[34]

 

Den vertraglichen Verpflichtungen kam jedoch zum Beispiel...

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