Sie sind hier
E-Book

Mathematik für Chemiker

AutorAnsgar Jüngel, Hans Gerhard Zachmann
VerlagWiley-VCH
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl700 Seiten
ISBN9783527675524
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis52,99 EUR
Ein unentbehrlicher Begleiter für die Grundvorlesung in Mathematik, der auch während des gesamten Chemiestudiums gute Dienste bei allen mathematischen Fragen und Problemen leistet. Jetzt ergänzt um ein neues Kapitel zu numerischen Verfahren.

Ansgar Jüngel ist Professor für partielle Differentialgleichungen und dynamische Systeme am Institut für Analysis und wissenschaftliches Rechnen der Technischen Universität Wien. In seiner Lehrtätigkeit widmet er sich vor allem der Anwendung von Differentialgleichungen in den Natur- und Wirtschaftswissenschaften. Er ist seit 2007 federführend für das Buch 'Mathematik für Chemiker', welches von H. G. Zachmann begründet wurde.

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe

1


Mathematische Grundlagen


1.1 Die Sprache der Mathematik


Die Aussagen der Umgangssprache sind häufig nicht eindeutig. So wird beispielsweise das Wort „oder“ in sehr unterschiedlichem Sinne gebraucht. Im Satz „Schwimm, oder Du ertrinkst“ verbindet es zwei alternative Möglichkeiten, von denen nur eine zutreffen kann. Wenn dagegen auf einem Schild in einem Büro zu lesen ist: „Wer stiehlt oder betrügt, wird entlassen“, so wird hier das Wort „oder“ nicht im Sinne des Ausschließens gebraucht; wenn jemand stiehlt und betrügt, so wird er natürlich auch entlassen.

Für die Mathematik sind derartige Unsicherheiten untragbar und müssen daher vermieden werden. Am konsequentesten lässt sich das mithilfe der Aussagenlogik erreichen. In dieser werden den grundlegenden Verknüpfungen bestimmte Symbole zugeordnet. Beispielsweise steht das Symbol „∧“ für die Verknüpfung „und“ im Sinne von „sowohl als auch“ und das Zeichen „∨“ für die Verknüpfung „oder“ im oben als zweites genannten Sinne. Auf diese Art erhält man eine sehr kompakte, völlig eindeutige Zeichensprache. Da aber diese Sprache nur mit erheblicher Mühe gelesen werden kann und sich nicht allgemein eingebürgert hat, soll sie im vorliegenden Buch nicht verwendet werden. Wir wollen uns vielmehr bemühen, die gewöhnliche Sprache in möglichst eindeutiger Weise zu benutzen.

Um das zu erreichen, müssen wir vor allem auf die Formulierung mathematischer Sätze eingehen. Sie wird gewöhnlich nach dem folgenden Schema vorgenommen: Man legt zunächst die Voraussetzungen dar, unter denen der Satz gilt, und gibt dann den Satz in Form einer Behauptung an. Natürlich muss die Richtigkeit der Behauptung mit einem Beweis sichergestellt werden, doch in diesem Buch verzichten wir weitestgehend auf Beweise und verweisen hierfür auf die mathematische Literatur.

Beispiel 1.1
Betrachten wir als Beispiel den Satz: Wenn a und b ungerade Zahlen sind, so ist die Summe a + b immer eine gerade Zahl. Im angegebenen Schema lautet dieser Satz wie folgt:

Von besonderem Interesse ist die Frage, ob die Umkehrung eines gegebenen Satzes, die man durch eine Vertauschung der Behauptung und Voraussetzung erhält, richtig ist. Damit dies der Fall ist, muss im ursprünglichen Satz aus dem Zutreffen der Behauptung das Zutreffen der Voraussetzung folgen. Mathematische Sätze, für die das gilt, nennt man umkehrbar. Nicht alle mathematischen Aussagen sind umkehrbar.

Beispiel 1.2
Betrachten wir als Beispiel den eben angeführten Satz:
„Wenn a und b ungerade Zahlen sind, dann ist a + b eine gerade Zahl.“
Wir sagen auch: Die Aussage „a und b sind ungerade Zahlen“ impliziert die Aussage „a + b ist eine ungerade Zahl“. Die Umkehrung würde lauten:
„Wenn a + b eine gerade Zahl ist, dann sind a und b ungerade Zahlen.“
Diese Aussage gilt nicht, da beispielsweise die Summe aus 2 und 4, nämlich 6, eine gerade Zahl ist, obwohl 2 und 4 keine ungeraden Zahlen sind. Anders liegen die Verhältnisse beim folgenden Satz:
„Wenn in einem Dreieck die Winkel gleich sind, so sind auch die Seiten gleich.“
Die Umkehrung lautet hier:
„Wenn in einem Dreieck die Seiten gleich sind, so sind auch die Winkel gleich.“
Diese Aussage ist ebenfalls richtig, sodass der Satz über die Winkel und Seiten im Dreieck umkehrbar ist.

Wenn auch die Umkehrung eines Satzes richtig ist, so nennt man dessen Voraussetzung eine hinreichende und notwendige Bedingung für die Behauptung. Man sagt z. B.: „Die Bedingung, dass die Winkel in einem Dreieck gleich sind, ist hinreichend und notwendig dafür, dass auch die Seiten gleich sind.“ Kürzer kann man das auch in folgender Weise formulieren: „Die Seiten eines Dreiecks sind genau dann gleich, wenn die Winkel gleich sind.“ Ist ein Satz nicht umkehrbar, so nennt man die Voraussetzung nur eine hinreichende Bedingung. Man sagt z. B.: „Die Bedingung, dass a und b ungerade sind, ist hinreichend dafür, dass a + b gerade ist.“ (Sie ist nicht notwendig, denn auch bei geraden Zahlen a und b ist die Summe geradzahlig.) Schließlich gibt es auch Bedingungen, die nur notwendig sind.

Man sieht daraus: Aus dem zu Beginn dieses Abschnitts angegebenen Schema „Voraussetzung und Behauptung“ kann man jeweils nur entnehmen, dass die Voraussetzung hinreichend ist. Will man angeben, ob die Voraussetzung auch eine notwendige Bedingung ist, muss man den Satz ausführlicher formulieren, so wie das eben angedeutet wurde.

Beispiel 1.3
Anschließend wollen wir noch einige weitere Beispiele für die verschiedenen Arten von Bedingungen angeben. Im Satz „Wenn Eis unter Atmosphärendruck über 0 °C erhitzt wird, so schmilzt es“ ist die Bedingung „erhitzen“ notwendig und hinreichend für das Schmelzen. In der Aussage „Wenn die Sonne scheint, so ist es hell“ ist die angeführte Bedingung nur hinreichend, aber nicht notwendig, denn es kann auch hell aufgrund von künstlichem Licht sein. Im Satz „Wenn es kalt ist, schneit es“ handelt es sich demgegenüber nur um eine notwendige Bedingung; Kälte allein reicht noch nicht für den Schneefall aus, es muss auch noch zu einem Niederschlag kommen.

1.2 Mengenlehre


Was ist eine Menge? Eine Menge erhält man durch die Zusammenfassung von irgendwelchen Objekten unserer Anschauung. Die entsprechenden Objekte nennt man Elemente der Menge. Die Objekte „Haus, Katze und Schornstein“ z. B. bilden eine Menge von drei Elementen. Ebenso bilden die ganzen Zahlen oder die Gesamtheit aller chemischen Reaktionen, bei denen Sauerstoff frei wird, jeweils eine Menge. Die Elemente einer bestimmten Menge kann man entweder durch Aufzählung angeben, wie das im ersten Beispiel getan wurde, oder durch Angabe irgendwelcher Merkmale, an denen man die Zugehörigkeit eines Elementes zur Menge erkennen kann, wie beim zweiten und dritten Beispiel. Bei der Aufzählung pflegt man die Elemente zwischen geschweifte Klammern zu setzen. Wenn zum Beispiel die Menge M aus den Elementen a und b besteht, so schreibt man:

Enthält die Menge kein einziges Element, so spricht man von einer leeren Menge und bezeichnet diese mit dem Symbol ∅. Elemente einer Menge werden nur einmal aufgelistet, d. h., es gibt keine Mengen der Form {a, a, b}. Außerdem spielt die Reihenfolge der Elemente keine Rolle, d. h., die Menge {a, b} kann auch als {b, a} geschrieben werden.

Mengen von Zahlen, die bestimmten Eigenschaften genügen, schreibt man in der Form {x : x …}, wobei die Punkte die Eigenschaften angeben. So lautet beispielsweise die Menge aller Zahlen 1, 2, 3, …, die gerade sind, {x : x ist eine gerade Zahl}; diese Menge kann natürlich auch als {2, 4, 6, …} geschrieben werden.

Wir betrachten nun zwei Mengen M1 und M2. Unter der Vereinigung von M1 und M2 versteht man diejenige Menge, die durch Vereinigung aller Elemente aus M1 und M2 entsteht. Man bezeichnet die Vereinigung mit M1 ∪ M2. Die Elemente aus M1 ∪ M2 sind also Elemente aus M1 oder aus M2:

Der Durchschnitt von M1 und M2 wird durch diejenigen Elemente gebildet, die beiden Mengen gemeinsam angehören. Man bezeichnet ihn mit M1 ∩ M2. Es gilt also:

Die Restmenge M1\M2 (gelesen: „M1 ohne M2“) enthält alle Elemente aus der Menge M1, die nicht Element aus M2 sind:

Das kartesische Produkt der beiden Mengen wird durch alle Elemente gebildet, die man durch Zusammenfassung je eines Elementes aus M1 mit einem Element aus M2 erhält. Man bezeichnet es mit M1 × M2:

Beispiel 1.4
Betrachte beispielsweise die Mengen M1 = {1, 2, 3} und M2 = {3, 4}. Dann ist der Durchschnitt M1 ∩ M2 = {3}, die Vereinigung M1 ∪ M2 = {1, 2, 3, 4} (beachte, dass die Elemente einer Menge nicht mehrfach aufgelistet werden), die Restmenge M1\M2 = {1, 2} und das kartesische Produkt
Die Elemente der letzten Menge sind geordnete Paare, und es kommt hier auf die Reihenfolge an: Die Elemente (1, 2) und (2, 1) sind...
Blick ins Buch

Weitere E-Books zum Thema: Chemie - Biochemie

Heißkanal-Technik

E-Book Heißkanal-Technik
Format: PDF

Der Heißkanal ist das für Qualität und Wirtschaftlichkeit entscheidende Werkzeugteil beim Spritzgießen. Die verschiedenen technischen Varianten und Konstruktionsprinzipien…

Heißkanal-Technik

E-Book Heißkanal-Technik
Format: PDF

Der Heißkanal ist das für Qualität und Wirtschaftlichkeit entscheidende Werkzeugteil beim Spritzgießen. Die verschiedenen technischen Varianten und Konstruktionsprinzipien…

Bauchemie

E-Book Bauchemie
Format: PDF

Mehr denn je ist der Entscheidungsträger in Wirtschaft und Behörde, ob als Ingenieur, Architekt oder Praktiker gefordert, breitgefächerte technische und ökologische Fragen zu…

Bauchemie

E-Book Bauchemie
Format: PDF

Mehr denn je ist der Entscheidungsträger in Wirtschaft und Behörde, ob als Ingenieur, Architekt oder Praktiker gefordert, breitgefächerte technische und ökologische Fragen zu…

Der wissenschaftliche Vortrag

E-Book Der wissenschaftliche Vortrag
Format: PDF

Der wissenschaftliche Vortrag gilt als ausgezeichnetes Instrument, um die Aufmerksamkeit auf die eigene Arbeit zu lenken. Das Handwerkszeug dazu wird kaum gelehrt, sodass öffentliche Auftritte oft…

Der wissenschaftliche Vortrag

E-Book Der wissenschaftliche Vortrag
Format: PDF

Der wissenschaftliche Vortrag gilt als ausgezeichnetes Instrument, um die Aufmerksamkeit auf die eigene Arbeit zu lenken. Das Handwerkszeug dazu wird kaum gelehrt, sodass öffentliche Auftritte oft…

Der wissenschaftliche Vortrag

E-Book Der wissenschaftliche Vortrag
Format: PDF

Der wissenschaftliche Vortrag gilt als ausgezeichnetes Instrument, um die Aufmerksamkeit auf die eigene Arbeit zu lenken. Das Handwerkszeug dazu wird kaum gelehrt, sodass öffentliche Auftritte oft…

Der wissenschaftliche Vortrag

E-Book Der wissenschaftliche Vortrag
Format: PDF

Der wissenschaftliche Vortrag gilt als ausgezeichnetes Instrument, um die Aufmerksamkeit auf die eigene Arbeit zu lenken. Das Handwerkszeug dazu wird kaum gelehrt, sodass öffentliche Auftritte oft…

Der wissenschaftliche Vortrag

E-Book Der wissenschaftliche Vortrag
Format: PDF

Der wissenschaftliche Vortrag gilt als ausgezeichnetes Instrument, um die Aufmerksamkeit auf die eigene Arbeit zu lenken. Das Handwerkszeug dazu wird kaum gelehrt, sodass öffentliche Auftritte oft…

Weitere Zeitschriften

FESTIVAL Christmas

FESTIVAL Christmas

Fachzeitschriften für Weihnachtsartikel, Geschenke, Floristik, Papeterie und vieles mehr! FESTIVAL Christmas: Die erste und einzige internationale Weihnachts-Fachzeitschrift seit 1994 auf dem ...

Burgen und Schlösser

Burgen und Schlösser

aktuelle Berichte zum Thema Burgen, Schlösser, Wehrbauten, Forschungsergebnisse zur Bau- und Kunstgeschichte, Denkmalpflege und Denkmalschutz Seit ihrer Gründung 1899 gibt die Deutsche ...

Card-Forum

Card-Forum

Card-Forum ist das marktführende Magazin im Themenbereich der kartengestützten Systeme für Zahlung und Identifikation, Telekommunikation und Kundenbindung sowie der damit verwandten und ...

Correo

Correo

 La Revista de Bayer CropScience para la Agricultura ModernaPflanzenschutzmagazin für den Landwirt, landwirtschaftlichen Berater, Händler und am Thema Interessierten mit umfassender ...

küche + raum

küche + raum

Internationale Fachzeitschrift für Küchenforschung und Küchenplanung. Mit Fachinformationen für Küchenfachhändler, -spezialisten und -planer in Küchenstudios, Möbelfachgeschäften und den ...

DER PRAKTIKER

DER PRAKTIKER

Technische Fachzeitschrift aus der Praxis für die Praxis in allen Bereichen des Handwerks und der Industrie. “der praktiker“ ist die Fachzeitschrift für alle Bereiche der fügetechnischen ...

elektrobörse handel

elektrobörse handel

elektrobörse handel gibt einen facettenreichen Überblick über den Elektrogerätemarkt: Produktneuheiten und -trends, Branchennachrichten, Interviews, Messeberichte uvm.. In den monatlichen ...

Euphorion

Euphorion

EUPHORION wurde 1894 gegründet und widmet sich als „Zeitschrift für Literaturgeschichte“ dem gesamten Fachgebiet der deutschen Philologie. Mindestens ein Heft pro Jahrgang ist für die ...

FileMaker Magazin

FileMaker Magazin

Das unabhängige Magazin für Anwender und Entwickler, die mit dem Datenbankprogramm Claris FileMaker Pro arbeiten. In jeder Ausgabe finden Sie von kompletten Lösungsschritten bis zu ...