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Mathias Corvinus

Der bunte Lebensweg des vorletzten Ritters

AutorAdrian Kovács Dr.
VerlagMorawa Lesezirkel
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl364 Seiten
ISBN9783990709221
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis2,99 EUR
In der abenteuerlichen Lebensgeschichte von Mathias Corvinus laufen praktisch alle Fäden des Spätmittelalters und der anbrechenden Neuzeit zusammen. Während der Herrschaft des letzten ungarischen Königs entwickelte sich sein Land, bedingt durch Kriegserfolge und Förderung der Kultur, zur europäischen Großmacht. Doch sollten seine Erfolge nicht von Bestand sein. Dieses Buch erzählt die Geschichte seines Aufstiegs, seiner legendären Großtaten und wie ihm das Schicksal die Gründung einer Dynastie letztlich verwehrte. Seine Vision einer großen Donaumonarchie sollte schließlich von jemand anderem verwirklicht werden.

geboren 1947, seit 1956 in Österreich, Studium in Wien (Geschichte, Englisch, Psychologie, Anthropologie, Soziologie), Dr. phil. 1973, beruflich in den Bereichen Forschung, EDV, Unterricht und Erwachsenenbildung tätig, seit 2013 in Pension.

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Leseprobe

Mathias’ Kindheit

Die Straße war fast durchgehend verschneit, Steigungen gab es kaum. Die drei Schlitten kamen auf den schlechten Straßen im dichten Schneefall nicht so schnell voran, wie es geplant war. Es gab keine Spur von herumstreifenden Türken, hin und wieder war nur das Geheul eines Wolfrudels zu vernehmen, der den Zug in einigem Abstand verfolgte und mit der zunehmenden Dämmerung langsam näherrückte. Ansonsten verlief die Reise ruhig.

Im vorderen Gefährt fuhr die Gräfin mit ihrem zehnjährigen Sohn László, ihrem Bruder Michael Szilágyi, dessen überdimensionierter steifer Schnurrbart an die Fühler eines Zimmermannsbocks erinnerte, und dem Bischof von Várad (Großwardein), Johannes Vitéz. In den Schlitten dahinter saßen der Arzt, die Hebamme, die beiden Zofen, die Köchin, einige Freunde der Familie, und auf den hinteren Sitzen das Personal. In einem vierten Fuhrwerk, das mit einigen Minuten Abstand dem Tross folgte, wurde der Hausrat befördert. Der Zug wurde von zwanzig berittenen Söldnern eskortiert.

Gräfin Hunyadi wollte ihr Kind in Klausenburg zur Welt bringen, denn die Renovierungsarbeiten im Schloss Vajdahunyad (Hunedoara) waren noch nicht abgeschlossen. Nebst den Ausbesserungsarbeiten wurden im Herbst auch einige Zubauten errichtet, und es sollten sämtliche Räume frisch gekalkt werden.

Vajdahunyad war im Zentrum einer gefährlichen Gegend. Nur wenige Meilen im Süden musste ständig mit Überfällen türkischer Plünderer gerechnet werden. Die Türken raubten nicht nur das Vieh und die Wertgegenstände, sie nahmen auch Gefangene, die sie auf ihren Sklavenmärkten verwerteten. Die geraubten Kinder wurden zu Türken umerzogen und militärisch gedrillt, sie bildeten später die gefürchtete Eliteeinheit der türkischen Infanterie, die Janitscharen. Graf Hunyadi wollte seine Familie in Sicherheit wissen, daher mietete er von einem Freund ein Haus am Hauptplatz von Klausenburg, wo die Familie die nächsten Monate zubringen sollte. Er selbst war zu jener Zeit mit den Vorbereitungen einer großen Balkan-Offensive gegen das Osmanische Reich voll ausgelastet.

Es war am frühen Abend des 23. Februar, als die Kolonne in der Stadt eintraf. Die Wägen wurden blitzartig entladen, und das Haus wurde in Windeseile eingerichtet. Das Personal hatte alle Hände voll zu tun: Kisten und Truhen schleppen, Auspacken, Einheizen, Küchenarbeit, Kochen, Auftischen, Schlafgelegenheiten einrichten. Die Zimmer wurden schon vor der Abreise den Gästen zugeteilt, der Begleitschutz hat es sich in der Vorhalle bequem gemacht. Im größten Raum des Hauses wurde noch ein gemeinsames Nachtmahl eingenommen, dann zogen sich die Leute zur Nachtruhe zurück.

Mitten in der Nacht setzten die Wehen ein. Bei der Geburt durften nur die Hebamme und die Zofen anwesend sein, letztere hielten sich für allfällige Assistenzdienste bereit. Der Arzt wartete im Nebenzimmer, bis er hineingerufen wurde. Es gab so gut wie nichts tun, es war eine unkomplizierte Geburt.

„Ein Knabe“, stellte der Arzt fest. „Wie wird er heißen?“

„Er hat seinen Namen selbst gewählt“, erwiderte die Gräfin, „heute ist der Tag des Mathias.“

Es war der 24. Februar 1443.

Noch vor Anbruch der Morgendämmerung war das ganze Haus wach. Alle wollten den Knaben sehen, und sie feierten ihn in der üblichen abgedroschenen Form:

„Ganz der Vater“, „So ein süßer Bengel“, „Ist er nicht goldig, der Kleine?“ Der Bruder des Neugeborenen wunderte sich. Das Kind war nur hässlich und hilflos, weder süß noch goldig. Na ja, der Flaum an seinem Schädel war immerhin blond. Aber Ähnlichkeit hatte es mit niemandem, außer, dass es auch einen Mund, eine Nase, zwei Augen und zwei Ohren hatte. László zwang sich in Anpassung an die Gratulanten zu einem verkrampften Lächeln, aber er würde mit diesem Wurm nichts anfangen können, dachte er sich.

Die Gräfin, glücklich, dass die Sache vorbei war, wollte sogleich veranlassen, dass sich ein Bote mit der frohen Botschaft auf den Weg nach Vajdahunyad machte. Der Graf sollte sich keine Sorgen machen.

„Ich treffe Johannes noch heute Abend“, sagte Michael Szilágyi zu seiner Schwester. “Ich werde mit ihm nach Bulgarien ziehen. Die Reiter kommen mit mir.“

In der Kirche am Ende des Hauptplatzes zelebrierte der Bischof eine Danksagungsmesse, bei der auch die Taufe des Neugeborenen vorgenommen wurde. Die Gräfin wurde in einer Sänfte in die Kirche gebracht, um bei der Taufe auch dabei zu sein.

Nach dem Hochamt bat die Gräfin den Bischof, der auch in der Kunst der Sterndeutung bewandert war, er solle einiges über die Zukunft des Neugeborenen erzählen. Vitéz war gerne dazu bereit, und zeichnete am Nachmittag überschlagsweise den Stand des Himmels zum Zeitpunkt der Geburt des kleinen Mathias auf. Es war eine Vollmondnacht, die Sonne stand schon im Zeichen der Fische und der Schütze war das aufgehende Sternzeichen. Besonders bemerkenswert erschien die Stellung des Jupiters, der einen Winkel von 120 Grad zum kulminierenden Mond bildete und auch zur Sonne günstig stand.

„Dein Sohn ist sehr vielseitig talentiert“, erzählte er der Gräfin, „er kann es auf jedem Gebiet weit bringen, sei es als Wissenschaftler, als Rechtsgelehrter, oder als Feldherr. Seine Lebensgeschichte wird von großen Erfolgen begleitet, denn er ist mit außergewöhnlichen Geistesgaben gesegnet, und sein Schicksal ist eng mit dem Schicksal des Landes verknüpft.“

„Siehst du auch etwas, das Anlass zur Sorge geben könnte?“ wollte Frau Hunyadi wissen.

„Ich sehe eine gewisse Neigung zur Verschwendung, auch sein Vertrauen könnte einige Male schwer enttäuscht werden, aber darüber wird sein starker Charakter leicht hinwegkommen.“

„Wie sieht es mit seiner Gesundheit aus?“

„Das Horoskop zeigt einen kräftigen und gesunden Knaben, der keine Angst kennt und voraussichtlich von Seuchen verschont bleiben wird.“

„Kannst du auch etwas über seine Ehe und Familie herauslesen?“

Der Bischof zögerte kurz und lächelte. „Endlich eine Frage, die der weiblichen Neugier entspringt. Nun, er wird möglicherweise mehr als einmal heiraten, sein Eheleben erscheint mir recht wechselvoll.“

„Lieber Johannes, ich wünsche, dass du dich auch um seine Erziehung kümmerst. Er soll die denkbar beste Grundausbildung bekommen.“

„Ich danke dir für dein Vertrauen und verspreche, mein Bestes für deinen Mathias zu tun.“

Elisabeth Hunyadi widmete die folgenden Monate gänzlich ihrem Neugeborenen, und der kleine Mathias bereitete ihr sehr viel Freude. Er erwies sich schon als kleines Kind sehr aufgeweckt. Ein unruhiges Kind, ständig in Bewegung und von unbändiger Neugier. Alles, was er hörte und sah, sog er gierig in sich auf, und seine liebevolle Umgebung begünstigte seine rasche Entwicklung. Er lernte sehr früh sprechen, und das gleich in mehreren Sprachen. Die Familie konnte auf keinen illustren Stammbaum verweisen, sie war neu im engen Kreis des ungarischen Hochadels. Er sollte eine hervorragende Erziehung erhalten, wie sie auch seinem um rund zehn Jahre älteren Bruder László zuteil wurde, denn die beiden Söhne sollten eines Tages hohe Stellungen in der politischen Hierarchie des Landes bekleiden.

Ihren Vater bekamen die Kinder nur selten zu sehen, denn als oberster Feldherr der königlichen Armee und Wojwode von Siebenbürgen war er immer sehr beschäftigt und kaum auf seinem Stammsitz.

Burgschloss Vajdahunyad,
Nachbau im Stadtpark von Budapest

Der kleine Mathias hörte sehr gerne Geschichten, seine Mutter erzählte ihm oft abenteuerliche Märchen, an denen Siebenbürgen sehr reich war. Von Feen, Riesen und Zwergen, von Zauberei, von kleinen Prinzen, die zu großen Königen wurden, von schönen Prinzessinnen, deren Gunst zu gewinnen nur dem Tapfersten unter den Freiern möglich war, nachdem er seinen Mut in drei lebensgefährlichen Abenteuern bewiesen hatte.

Am liebsten hörte er Geschichten von Drachentötern, vom Ritter Roland, von den Rittern der Tafelrunde um den König Arthus, von den Helden der alten Griechen und Römer, wie auch Berichte aus der Bibel und aus den ungarischen Chroniken. Was er besonders spannend fand, waren Schlachten, denn sein Vater war einer der führenden Generäle des Landes, und vielfacher Sieger in den Kämpfen gegen die Türken. Sein Bruder László wurde vom Vater schon in jungen Jahren oft ins Kriegslager mitgenommen, er war auch schon bei einigen Schlachten gegen die Türken als Zuschauer dabei, und der kleine Mathias erlebte die Erzählungen als unmittelbare Gegenwart. Wenn er Kampfszenen geschildert bekam, vollführte er Bewegungen, als wäre er mitten im Geschehen.

Die Elementarschule...

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