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Max Emanuel

Der 'Blaue König'

AutorMarcus Junkelmann
VerlagVerlag Friedrich Pustet
Erscheinungsjahr2018
Reihekleine bayerische biografien 
Seitenanzahl192 Seiten
ISBN9783791761442
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
Von 1680 bis 1726 spielte Max Emanuel, der 'Blaue König', wie ihn seine türkischen Kriegsgegner respektvoll nannten, auf der europäischen Bühne eine bedeutsame und ehrgeizige Rolle. Bayern sollte Großmacht werden, doch militärische Niederlagen, Katastrophen und Verbannung zerstörten diesen Traum. Gleichwohl gilt Max Emanuel als der Barockherrscher schlechthin: als Genussmensch voll dynamischer Kreativität, mit Leidenschaft für Theater, Musik und Selbstverwirklichung. Geblieben sind die Sammlungen, die Werke der Künstler und die Schlossanlagen von Nymphenburg und Schleißheim. Marcus Junkelmann schildert packend und spannungsreich Licht und Schatten dieser Herrscherfigur.

Marcus Junkelmann, Dr. phil., geb. 1949, ist Militärhistoriker, freischaffender Experimentalarchäologe und (Landes-)Historiker.

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Leseprobe

1   Einleitung


Diese kleine Biographie bezeichnet Kurfürst Maximilian II. Emanuel oder, wie er in klangvoller und eindrucksvoller Abkürzung volkstümlich hieß und heißt und sich auch selbst zu nennen pflegte, »Max Emanuel« als den »Blauen König«. Denn die pedantische Korrektur zu einem »Blauen Kurfürsten«, die entgegen der Tradition seit wenigen Jahrzehnten üblich geworden ist, verfehlt das Träumerisch-Irreale, den unerfüllten Ehrgeiz und damit das Wesentliche an diesem Beinamen.

Nach seinem Großvater Maximilian I. war er unter Bayerns Kurfürsten und Königen der Herrscher mit der längsten Regierungszeit, 1679/1680 bis 1726, fast ein halbes Jahrhundert. Mehr als die Hälfte davon verbrachte Max Emanuel aber in fremden Ländern. In 22 Feldzügen stand er als aktiver Feldherr alljährlich mehrere Monate auf Kriegsschauplätzen in Österreich, Ungarn, Serbien, Italien, im Rheinland, in den Spanischen Niederlanden (dem heutigen Belgien) und – sehr kurz– auch in Bayern im Einsatz. 20 Jahre lang lebte er als Statthalter und als geächteter Flüchtling in den Spanischen Niederlanden und in Frankreich.

Überhaupt darf Max Emanuel als die internationalste Erscheinung unter allen Herrscherpersönlichkeiten der bayerischen Geschichte gelten. Er war dies nicht nur aufgrund seiner wittelsbachisch-savoyisch-habsburgisch-lothringisch-bourbonischen Abstammung, nicht nur aufgrund der um die Dominanz buhlenden kulturellen Strömungen aus Italien, Frankreich und den Niederlanden, in deren Schnittpunkt der Münchner Hof stand, nicht nur aufgrund des ganz Europa und auch schon weite Teile der außereuropäischen Welt umspannenden politischen und militärischen Kräftespiels im Zeitalter Ludwigs XIV., das den Handlungsrahmen des Kurfürsten bestimmte, sondern vor allem aufgrund seines eigenen Willens zur Größe. Der Zug zum Extremen, ja zum Gigantischen eignete dem ganzen Zeitalter; bei Max Emanuel nahm er geradezu manische Ausmaße an. Es ist nicht verwunderlich, daß ihm das ererbte Bayernland bald zu klein und zu eng erschien, daß er nach Vergrößerung, Aufwertung, Aufstieg um jeden Preis strebte. Er glaubte, dies sich und seinem Ruhm, vor allem aber der Zukunft seiner Dynastie schuldig zu sein.

Wenn auch Max Emanuel und sein Sohn Karl Albrecht, dem er in seinem politischen Testament das Streben nach Großmachtstellung als schicksalsschweres Erbe hinterließ, letztlich gescheitert sind, als Dirigent seines Nachruhms hat der »Blaue König« bemerkenswerten Erfolg: Im populären Geschichtsbild lebt er fort als Sieger von Belgrad und als Erbauer von Schleißheim und Nymphenburg, als kraftstrotzender und kunstsinniger Barockmensch und Vater des bayerischen Rokoko, nicht aber als der Verlierer von Höchstädt, als der tragisch scheiternde und sein Land ruinierende Abenteurer. Sein Bild in der Geschichtsschreibung ist naturgemäß ein sehr ambivalentes, viel Licht und auch viel Schatten – welches von beiden überwiegt, hängt von den Vorlieben und Abneigungen des jeweiligen Historikers ab.

Angesichts der ungeheuren Dramatik dieser langen Regierungszeit und des reichen kulturellen Erbes, das der Kurfürst hinterlassen hat, erscheint es kaum faßlich, daß ein umfassendes biographisches Standardwerk über Max Emanuel bis auf den heutigen Tag fehlt, ja, daß »der Versuch zu einer wissenschaftlichen Biographie im Grunde noch nicht einmal gemacht ist« (Hans Schmidt). Ich arbeite seit vielen Jahren an einer großen Biographie des Kurfürsten, die vor allem auch das imposante bildliche Vermächtnis der Epoche präsentieren soll. Ich hoffe, das Werk in den nächsten beiden Jahren abschließen zu können.

Am nächsten kommen der Erfüllung dieses Desiderats vorerst noch immer die Bände 7 und 8 von Sigmund von Riezlers »Geschichte Bayerns« aus den Jahren 1913 und 1914, die auf zusammen 1332 Seiten die gründlichste Darstellung der Regierungszeiten Ferdinand Marias und Max Emanuels leisten (siehe Literaturverzeichnis). Der relativ aktuellste Überblick über diese Epoche findet sich in den einschlägigen Beiträgen des 2. Bandes des von Andreas Kraus 1988 überarbeiteten »Handbuchs der Bayerischen Geschichte« von Max Spindler, vor allem Kraus‘ eigener Beitrag »Bayern im Zeitalter des Absolutismus«.

Das schönste und facettenreichste Werk ist zweifellos der monumentale von Hubert Glaser in zwei Bänden herausgegebene Katalog der Schleißheimer Ausstellung von 1976. Der Aufsatzband enthält zahlreiche Beiträge über die verschiedenen historischen und kunsthistorischen Aspekte der Herrschaft, im Katalogteil findet sich die bildliche Überlieferung opulent ausgebreitet.

Im selben Jahr – dem 250. Todesjahr Max Emanuels – erschien das umfangreiche Buch Ludwig Hüttls, das schon im Untertitel eine drastische Einschränkung des Themas auf eine »politische Biographie« ankündigte, was darauf hinauslief, daß der Autor sowohl die kunsthistorische als auch die militärgeschichtliche Perspektive so gut wie völlig unbeachtet ließ, obwohl diese ja keineswegs der politischen Dimension entbehren. Nimmt man noch die moralisierende Einseitigkeit der Darstellung hinzu, dann bleibt trotz der Fülle des herangezogenen Materials ein recht unbefriedigender Eindruck zurück. Wohl als bewußter Kontrapunkt zu Hüttl ist der kleine Band zu sehen, den Hans Rall und Gerhard Hojer 1979 herausgebracht haben und in dem penetrant apologetische Tendenzen überwiegen. Die Finanz- und Subsidienpolitik Max Emanuels und sein Verhältnis zu Frankreich hat ab 1967 Peter Claus Hartman in zahlreichen grundlegenden Untersuchungen dargestellt. Eine kritische Übersicht über die bis 1978 erschienene Max Emanuel-Literatur leistet der Aufsatz von Hans Schmidt aus diesem Jahr der – in wesentlich gekürzter Form – auch schon in dem Katalogwerk von 1976 erschienen war.

Unter den jüngsten Arbeiten mit breiterem, wenn auch nicht umfassendem Ansatz, ragen die Werke von Reginald de Schryver (1996) und Max Tillmann (2009) hervor, zur kriegerischen Seite der Persönlichkeit sei auf meine Arbeiten von 1979 und 2000 verwiesen. Wie allgemein in der Bearbeitung der Epoche von Barock und Absolutismus dominieren in den letzten beiden Jahrzehnten Studien zu bisher als vordergründig abgetanen Aspekten wie Funktion des fürstlichen Hofes, des Zeremoniells, der Repräsentation, der Festkultur, der Architektur, der Sammelpolitik, von Musik und Theater und der sich hierin ausdrückenden Herrschaftsideologie. In all diesen Teilbereichen hat die Forschung große Fortschritte erzielt.

Anders als in meinen vorangegangenen Bänden in der Reihe der »kleinen bayerischen biographien« lege ich bei Max Emanuel den Schwerpunkt auf den narrativen Teil und nicht auf die systematischen Abhandlungen. Dies entspricht dem dramatischen Ablauf der Biographie des »Blauen Königs«, die sich in durchlaufenem Ductus einem großen Thema, einem Leitstern seines Lebens zuordnen läßt: dem Streben nach Ruhm und Größe für sich und vor allem für seine Dynastie. Der Glaube Max Emanuels an die Zukunft seines Hauses war trotz Enttäuschungen und Katastrophen unerschütterlich, sein Handeln bei allem Variantenreichtum der Ideen und Mittel beharrlich.

Daraus erwuchs eines der großen Dramen der bayerischen Geschichte, das der Herrschaft dieses Kurfürsten ihren ganz eigenen Charakter verleiht, der Politik, Kriegführung und Repräsentation miteinander vereint.

Trotz der Dominanz dieses Leitmotivs soll wieder ein möglichst facettenreiches Bild geboten werden, das den Protagonisten als Akteur im Welttheater seiner Zeit vorführt, im Zusammen- und Widerspiel mit seinen Zeitgenossen, die in Nebenbiographien vorgestellt werden, wo sich die zentrale Biographie auf vielfältige Weise spiegelt. Max Emanuel erscheint so nicht einfach als der einseitig Handelnde und Leidende, sondern als ein Spieler, der auf den verschiedensten Ebenen agiert und reagiert. Hauptakteur und Nebenakteure spielen sich auf diese Weise gewissermaßen die Bälle zu.

Ähnliches gilt für die Bebilderung, die nicht illustrierendes hübsches Beiwerk sein soll, die vielmehr gerade für diese sinnenfreudige Zeit eine unverzichtbare Hauptquelle darstellt. In den eingestreuten Zitaten sprechen die Zeitzeugen ganz unmittelbar zu uns. Freilich braucht es für das Verständnis interpretatorische Hilfestellung, was ganz besonders für die im Barockzeitalter allgegenwärtigen Allegorien gilt, die eine sehr spezifische Allgemeinbildung voraussetzen, die weitgehend verschwunden ist. Daher die oft recht ausführlichen Bildlegenden, die aus den Stichen und Gemälden eigenständige »Mitspieler« machen.

 

»Blauer König« oder »Blauer Kurfürst«?


»…ist der Trompeten-Schall so vieler ausgerufener Victorien weit über das türkische Istanbul nach Asien hineingedrungen und hat die Furcht vor dem Blauen Christlichen König, regierenden Herrn in Bayern, ihrer [der Türken] viele über das Schwarze Meer zurückgejagt und ihnen den Mut zum Streit benommen, als daß auch Asien von dieses Königs Landen informiert sein wollte, von dem Land den König und von dem König das Land schätzen zu können…« So heißt es in der Einleitung, welche die Landschaft Oberland 1701 dem ersten Band von Michael Wenings Historisch-Topographischer Beschreibung des »Churfürsten- und Hertzogthumbs« Bayern vorangestellt hat. Daß sich die Ständevertreter der Tatsache bewußt waren, daß ihr Herrscher kein König, sondern ein Kurfürst war, bedarf keiner Betonung und wird ja auch im Titel des Werks deutlich. Die Diskrepanz zwischen Beinamen und tatsächlichem Rang wird also bewußt gewählt, entspricht offensichtlich allgemein geübter und als bekannt vorausgesetzter Praxis und macht zum Gutteil den Reiz und den Sinn des Ehrennamens aus. Man sah...

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