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E-Book

Mayday aus der Chefetage

Warum Manager in Krisen scheitern

AutorPaula Brandt
VerlagAriston
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl224 Seiten
ISBN9783641159214
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
Absturz aus der Macht - wenn es für Manager in der Krise ums Ganze geht
Eine Krise im Unternehmen ist der Super-GAU für Manager: ca. 80 Prozent der Führungskräfte werden in Krisenzeiten ausgetauscht. Paula Brandt berichtet aus eigenem Erleben als Spitzen-Consultant, wie Topmanager unter Druck geraten und scheitern - mit dramatischen Folgen.

Paula Brandt, die über 18 Jahre lang Vorstände und Geschäftsführer beobachtet und beraten hat, zeigt anhand realer Fallbeispiele, warum die »Menschenfresser« unter den Managern nur kurzfristig Erfolge verzeichnen - Krisen zu bewältigen und dabei menschlich zu bleiben ist die größte Herausforderung für Spitzenmanager.

Paula Brandt hat über 18 Jahre lang als Unternehmensberaterin Vorstände und Geschäftsführer beraten. Zu ihren Kunden zählen Großkunden im In- und Ausland aus Dax-Unternehmen, dem Gesundheits-, dem Automobil- und dem Öffentlichen Sektor sowie Banken und Versicherungen. Sie forscht seit 2010 berufsbegleitend zu Topmanagern in Unternehmens- und persönlichen Krisen, gibt Trainings und hält Vorträge zu diesem Thema. Seit 2013 ist sie Geschäftsführerin einer IT-Firma. Sie lebt und arbeitet in Hamburg.

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Leseprobe

»Ene mene muh und raus bist du«

Eine Unternehmenskrise ist nicht weniger als der Super-GAU für einen Manager. »Ene mene muh und raus bist du«: Was dieser alte Kinderreim besagt, hat in Krisenzeiten Konjunktur. Wenn es brenzlig wird, heißt es oft genug »Ciao Baby«. Die Fakten: 80 Prozent aller Manager an der Spitze eines Unternehmens werden beim Auftreten einer Krise ausgetauscht.1 Mit Krise sind hier die existenzbedrohenden Krisen eines Unternehmens gemeint. Der Ausgang dieser Krisen ist offen, das Unternehmen kann in der Pleite enden. Es sind Ausnahmesituationen, die alles vom Topmanager fordern und keinen Stein seines Selbstverständnisses auf dem anderen lassen. Ein typisches Beispiel: Ein Unternehmensbereich eines Konzerns hat über einen längeren Zeitraum Verluste eingefahren. Der Vorstandsvorsitzende beschließt, ihn dichtzumachen, um das gesamte Unternehmen zu erhalten. In der Konsequenz kostet das um die 1000 Arbeitsplätze, leider in einer strukturschwachen Region. Den betroffenen Mitarbeitern kann der Vorstandsvorsitzende das nur schwer vermitteln, Beleg- und Gewerkschaften laufen Sturm. Die Presse berichtet in fetter Aufmachung mit der Negativschlagzeile »Arbeitsplatzvernichtung in großem Stil«. Nicht nur das Unternehmen, auch der Vorstandsvorsitzende selbst gerät in den Fokus. Tenor: »Er kennt kein Pardon. Der eiskalte Hund greift durch.« Er erhält anonyme Briefe und wird auf einer Anhörung öffentlich beschimpft.

Die Eckpunkte aus diesem Beispiel finden sich in der bekanntesten Definition einer Unternehmenskrise wieder. Sie stammt von Ulrich Krystek, Honorarprofessor an der Technischen Universität Berlin, und wurde schon 1987 formuliert. Ihr zufolge ist in einer Unternehmenskrise das Fortbestehen der gesamten Firma gefährdet, weil Ziele wie die Erreichung einer Mindestrendite beziehungsweise eines Mindestgewinns zur Disposition stehen. Sie läuft ungeplant und ungewollt ab, ist von begrenzter Dauer und nur beschränkt beeinflussbar. Ihr Ausgang insgesamt ist ungewiss.2

Ist es möglich, erfolgreich durch solch eine Krise zu schippern? Schön wär’s. Mehr als die Hälfte aller Manager an der Spitze eines Unternehmens schafft das nicht3 – mit teilweise dramatischen Konsequenzen. Bei der Krisenbewältigung patzen heißt oft auch persönlich scheitern. Das wirkt sich auf den Menschen aus, aber auch auf den Geldbeutel.

Existenzbedrohende Krisen zu stemmen lässt Manager auch menschlich nicht kalt, selbst wenn es ihnen von außen nicht unbedingt anzumerken ist. Ein Vorstand musste Entlassungen im größeren Stil vornehmen. Er kam damit persönlich nicht klar, weil er die für den einzelnen Mitarbeiter schwerwiegenden Konsequenzen seiner Entscheidung sah. Was es für ihn bedeutete, schilderte er bei einem Abendessen in London: »Jeden Morgen, wenn ich um sechs Uhr aufstehe, muss ich erst einmal kotzen, bevor ich zur Arbeit gehe, weil ich das eigentlich gar nicht machen will.« Kaum zu glauben? Sicherlich extrem.4 Aber daran zeigt sich der ungeheure Druck, der auf einem Vorstand lastet. Dass es sich dabei um keinen Einzelfall handelt, belegen zwei prominente Beispiele aus der Schweiz, die Ende 2013 durch die Presse gingen. Die Freitode der Topmanager Carsten Schloter, damals Swisscom-Chef, und Pierre Wauthier, Finanzvorstand der Zurich-Versicherungen, sind bis heute nicht vollends aufgeklärt, aber sie legen nahe, dass diese Manager in einer tiefen Krise gesteckt haben müssen.

Krisen können sich auch in monetärer Hinsicht als fatal für Manager erweisen. Gerade in kleineren Firmen, wo Unternehmensleiter mit ihrem eigenen Vermögen haften, ist das nicht ungewöhnlich: »Wenn du in Deutschland gehen musst, ist das oft das Aus. Du hast nicht nur den finanziellen Ruin. Auch Ansehen, gesellschaftliche Kontakte, Karriere, alles beendet.« Harte Worte. Sie stammen vom Vorstand einer mittelständischen IT-Firma und beschreiben die Zeit nach dem Konkurs seiner Firma. Über Jahre hinweg war alles gut gegangen. Dann hatte der wichtigste Kunde ohne Angabe von Gründen von heute auf morgen nicht mehr gezahlt. Dumm gelaufen: Der Vorstand hatte versäumt, neben dem Großkunden einen Kundenstamm aufzubauen. Das war das Ende für die aufstrebende Firma. Der Vorstand musste nicht nur Firmen-, sondern auch Privatinsolvenz anmelden. Beim nächsten Geldabheben am Bankautomaten wurde die EC-Karte eingezogen. »Können Sie sich vorstellen, was das für ein Gefühl ist?«, wollte er von mir wissen. Später wurde seine Ehefrau in einer Boutique von der befreundeten Besitzerin mit den Worten begrüßt: »Na, liebe Stefanie – was ich von Ihrem Mann gelesen habe, ist ja auch unerfreulich.« Äußerst unangenehm, aber für diesen Vorstand eine Lektion fürs Leben. Scheitern in der Topetage geschieht eben gerne schon mal öffentlich. »Echte« Krisen in den Griff bekommen und dabei nicht als Mensch zum Krisenfall werden, darum geht es in diesem Buch. Es muss nicht dazu kommen, dass Ihnen als Manager irgendwann das Wasser bis zum Hals steht und Sie nur noch alles hinter sich lassen wollen, um als Schafzüchter in Neuseeland neu anzufangen. Krisen beherrschen heißt also nicht nur, die Krise im Unternehmen zu steuern, sondern auch, die oft damit einhergehende persönliche Krise in den Griff zu bekommen.

Sie können natürlich sagen, dass es sich bei Krisen in Unternehmen um Einzelfälle handelt und nicht um ein verbreitetes Phänomen. Schließlich läuft unsere deutsche Wirtschaft derzeit gut. Und natürlich gibt es gute und zufriedene Vorstände – und jene, die ein Unternehmen souverän und sicher durch das unruhige Fahrwasser von Krisen steuern. Aber: Wirtschaftliche Umwälzungen geschehen immer schneller. Nicht nur im eigenen unternehmerischen Alltag geht vieles schief, denn klar ist auch: Die nächste große globale Krise wird kommen – die Pleite der US-amerikanischen Großbank Lehman Brothers im September 2008 war ein Weckruf. Journalisten prägten das Wort einer »permanenten Krise«, die das Denken über unser Wirtschaftssystem verändert hat.5 Und die Größen der Wirtschaftswissenschaften fordern schon lange Konsequenzen. »Die Zukunft gehört einer neuen Form des Wirtschaftens«, fordert die renommierte Wissenschaftlerin Rosabeth Moss Kanter, Professorin für Business Administration an der Harvard Business School.6 Sie nimmt Worte in den Mund wie »emotionales Management« und spricht vom »Vorleben wertebasierter Führung«. Diese Begriffe sind in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion nicht neu, aber vor dem Hintergrund einer Zukunft permanenter Krise gewinnen sie an Bedeutung und Aktualität. Manager tun also angesichts solcher Aussichten gut daran, sich zu wappnen und »krisenfest« zu werden. Dazu gehört, das Handwerkszeug zu beherrschen und sich auch in persönlicher Hinsicht gut aufzustellen. Eine Krisenbewältigung scheitert oft genug an den gleichen Schwächen, die ich – mal in stärkerer, mal in milderer Ausprägung – bei fast all meinen Mandaten während meiner Beratertätigkeit festgestellt habe. Das nachfolgende Fallbeispiel zeigt, welche es sind.

FALLBEISPIEL

Haben Sie Erfahrung mit existenzbedrohenden Krisen?

Der klassische Fall einer Produkterpressung. Es ist ein schlichtes Fax, das in der Verwaltung eines inhabergeführten Lebensmittelunternehmens eingeht und die Warnung enthält, dass – sollte sich das Unternehmen weigern, fünf Millionen Euro zu zahlen – dessen Produkte im Supermarkt vergiftet würden. Zwei Wochen später verleiht der unbekannte Erpresser seiner Forderung Nachdruck: Eine lebensgefährliche Wurfsendung trifft in der Poststelle der Firma ein. Sie wird zum Glück rechtzeitig erkannt.

Eine Produkterpressung ist für das betroffene Unternehmen der GAU, sozusagen die Mega-Krise. Auf dem Spiel steht nicht nur eine Rufschädigung, sondern die Erpressung kann für das mittelständische Unternehmen den Ruin bedeuten, sollte der Vorfall bekannt werden. Entsprechend nervös ist der Firmenchef. Er schaltet nicht nur die Polizei ein, sondern auch eine deutschlandweit bekannte Unternehmensberatung, spezialisiert auf »Erste-Hilfe-Leistung« in Krisensituationen. Alles »hinter den Kulissen«, unbemerkt von der Öffentlichkeit. Zwei Krisenberater treffen ein, beide alte Hasen und langjährig erfahren mit dem oberen Management. Seit einigen Jahren sind sie als Seniorpartner in der Unternehmensberatung tätig und helfen Firmen in besonders kritischen Situationen – so wie in dieser.

Was die beiden Berater vorfinden, ist der absolute Ausnahmezustand. Die oberen zehn Führungskräfte – neun Bereichs- sowie der Werksleiter – sitzen in großer Runde versammelt. Die Stimmung ist angespannt, aus den Gesichtern ist Verängstigung zu lesen. Der Firmenchef ist so betroffen, dass er entweder weint oder einzelne Anwesende anschreit. Es folgt eine erste Bestandsaufnahme der Lage unter der Leitung der beiden Krisenberater. Sie merken schnell, dass sie nicht weiterkommen. Denn die Führungskräfte geben sich verstockt, Informationen fließen nur häppchenweise. Der Firmenchef ist fahrig, bringt sich mal autoritär in den Dialog ein, mal sitzt er fast apathisch da.

Es kommt der Punkt, wo die Krisenberater zu einer drastischen Maßnahme greifen und sich an den Firmenchef wenden: »Sie gehen jetzt für die nächsten Stunden nach Hause. Sie halten sich bitte erst einmal aus allem heraus und nehmen auch keinen Kontakt auf. Sie sind emotional zu betroffen.« Die Berater haben nicht nur erkannt, dass der Firmenchef in diesem Zustand keine Hilfe ist. Aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung ist ihnen darüber...

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