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Mediale Diskurse zur deutschen Prostitutionsgesetzgebung

AutorSebastian Steidle
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl70 Seiten
ISBN9783956876226
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis26,99 EUR
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2014 im Fachbereich Soziologie - Familie, Frauen, Männer, Sexualität, Geschlechter, Note: 1,0, Universität Augsburg (Soziologie), Sprache: Deutsch, Abstract: Die Arbeit beleuchtet die Diskurse zum Thema Prostitution und der deutschen Prostitutionsgesetzgebung. Sowohl 2001 wie auch 2014 fanden in den deutschen Medien intensive Debatte darüber statt, wie der Gesetzgeber und die Gesellschaft Prositution behandeln sollte. Diese Debatten analysiert die Arbeit und zeigt auf, durch welche Ideologien, Rollenerwartungen und Sexualitätsnormen die Wahrnehmung und Bewertung gegenüber Prostitution als deviantes Sexualverhalten konstruieren. Die Arbeit umfasst 60 Seiten. Sie folgt dem Forschungsprogramm der wissensoziologischen Diskursanalyse nach Reiner Keller und wurde von eben diesem mit der Note 1,0 bewertet. Dies macht die Arbeit nicht nur für Interessierte des Themas Prositution spannend, sondern auch für all jene, die sich für die wissensoziologische Diskursanalyse Interessieren.

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Leseprobe

3 Lagebild Prostitution


 

3.1 Situation Global


 

Heute ist Prostitution, von einigen indigenen Völkern abgesehen, in allen Gesellschaften der Welt zu finden. Die Gesetzgebung variiert indes von Land zu Land. Im Großteil Afrikas und Asiens, aber auch in fast allen US-Bundesstaaten ist Prostitution illegal. Die Umsetzung des Verbots kann in diesen Ländern von einer faktische Duldung bis hin zu einer aktiven Verfolgung unter restriktiven Strafen für Prostituierte reichen. In einer weiteren Reihe von Ländern ist Prostitution legal, da sie überhaupt nicht gesetzlich geregelt ist oder nur Bordelle und Kuppelei explizit verboten sind. Dahingegen herrscht in Mitteleuropa und Teilen Südamerikas ein Regulierungsmodell vor, in dem Prostitution unter bestimmten Auflagen legal ist. Teil der Regulierung kann es beispielsweise sein, dass Prostituierte dem Arbeitsrecht unterliegen, dazu verpflichtet sind sich registrieren zu lassen, sich regelmäßig Gesundheitsuntersuchungen unterziehen müssen oder dass Bordelle bestimmte gesetzliche Auflagen erfüllen müssen (vgl. Di Nicola et al. 2005: 15ff.). Währende Länder in den Ländern, in denen Prostitution illegal ist die nur Prostituierte oder beide Parteien zur Rechenschaft gezogen werden, wird in Schweden seit 1999 ein Modell erprobt, was mittlerweile auch in Norwegen und Island übernommen wurde, dass, während Prostituierte nicht belangt werden, den Kauf von sexuellen Dienstleistungen unter Strafe stellt und. Das 1998 in Kraft getretene Gesetz definiert Prostitution generell als entwürdigend. Der Kauf von sexuellen Dienstleistungen wird als gewalttätiger Akt angesehen, der mit bis zu 6 Monaten Haft bestraft werden kann (ebd.: 99ff.).

 

Es wird davon ausgegangen, dass sich in weiten Teilen Ozeaniens, Amerikas, Süd-Ostasiens und Schwarzafrikas Prostitution bis vor wenigen Jahrhunderten noch unbekannt war und sich erst in der Neuzeit, unter arabischen, chinesischen und vor allem europäischen Einfluss zu verbreiteten begann (Ringdal 2006: 231ff.). Als Begründung für das Abhandensein von Prostitution können verschiedene Erklärungen angeführt werden. Die Erdteile in denen käuflicher Sex unbekannt gewesen ist, waren von Naturvölkern geprägt, die sich durch ein geringes Maß an sozialer Differenzierung und weitgehendes Fehlen eines Städte- und Geldwesens auszeichneten. Aber auch der Umstand das es sich bei dieser viele Stammesgesellschaften, im Gegensatz zu den patriarchalischen Hochkulturen Europas und Asiens, um Völker mit einem hohen Maß an Gleichberechtigung oder gar um matriarchalische Gesellschaften handelt, könnte als Ursache für das Fehlen von Prostitution betrachtet werden. Wahrscheinlich ist auch, dass ein promiskeres Sexualverhalten zum Ausbleiben von Prostitution beiträgt. Die Argumentation dahinter ist simpel, wo ein Angebot an unverbindlichem kostenlosem Sex existiert, sinkt die Nachfrage nach zahlungspflichtigem Sex. In den Jahren zwischen 1870 und 1930 erreichte die Prostitution global gesehen seinen historischen Höchststand, bis deren Ausmaße anschließend wieder zu schwinden begannen (Ringdal 2006: 351). Laut einer Erhebung des Department of Justice Prostituierte sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den USA jede 50. Frau im Alter von 20 bis 30 Jahre. Die zunehmende sexuelle Emanzipation der Frauen, die liberaler werdende Sexualmoral, die Enttabuisierung von vorehelichem Geschlechtsverkehr, aber auch das Erscheinen billiger und allgemein zugänglicher Verhütungsmittel führten zu einem steigenden Angebot an unentgeltlichtem Sex und dadurch zu einem Rückgang in der Nachfrage nach käuflichem Sex. Da das Angebot im Gewerbe der Prostitution nicht im gleichen Maße fiel wie die Nachfrage, trat ein Preisverfall ein. Während eine Straßenprostituierte in Chicago Anfang des 20. Jahrhunderts pro Jahr einen Geldwert erwirtschaftete, der heute 76.000 US-Dollar entspricht, verdient sie heute durchschnittlich weniger als 20.000 US-Dollar (Dubner, Levitt 2009: 25ff.; vgl. Levitt, Venkatesh 2007: 3ff.). Des Weiteren sind die Ausmaße Prostitution von den existierenden ökonomischen Ungleichgewichten einer Gesellschaft abhängig. Da die Hemmschwelle sich zu Prostituieren in der Regel sehr hoch ist, braucht es in aussichtstehende Einnahmen durch das Anbieten von Sex, die den Verdienst aus alternativen Erwerbsmöglichkeiten deutlich übersteigen. Das Gefälle zwischen dem, für eine einzelne Frau möglichen Verdienst in der Prostitution und dem aus anderen ihr offenstehenden Verdienstmöglichkeiten, ist umso größer, je größer das Einkommensgefälle in der Gesellschaft ist, da der mögliche Verdienst als Prostituierte vom gesellschaftlichen Reichtum und der sich daraus ergebenden Zahlungsbereitschaft der potenziellen Prostitutionskunden abhängig ist. (vgl. Grenz 2006: 322f.; Frohnert 1991: 101f.)

 

3.2 Die Deutsche Prostituionsgesetzgebung


 

Bis 2002 galt Prostitution in Deutschland als „Sittenwidrig“[2]. Folge daraus war, dass Prostitution zwar nicht verboten, als Rechtsgeschäft jedoch als nichtig angesehen wurde. (§138 Abs.1 BGB). Dadurch hatten Freier weder einen rechtlichen Anspruch auf sexuellen Dienste, noch hatte die Prostituierte Anspruch auf Zahlung der versprochenen Gegenleistung. Mit dem, zum 1. Januar 2002 in Kraft getretene, aus drei Paragraphen bestehende Prostitutionsgesetz (ProstG), wurde das Vornehmen sexueller Handlungen gegen ein vereinbartes Entgelt zu einer rechtswirksame Forderung deklariert. Dadurch wird sichergestellt, dass der Einwand der Sittenwidrigkeit ausgeschlossen ist. Auf eine explizite Aufhebung der Sittenwidrigkeit wird allerdings verzichtet, da, gölte die Prostitution als normaler Geschäftsvertrag, dies auch Leistungsanspruch des Kunden und gegebenenfalls eine Beweislast seitens der Prostituierten über die Qualität der erbrachten Dienste zur Folge hätte, was der Gesetzgeber vermeiden wollte. Ob die Sittenwidrigkeit mit dem Prostitutionsgesetz aufgehoben wurde, ist daher in der juristischen Fachliteratur wie auch in der Praxis der Rechtsprechung umstritten (vgl. Friedrich 2012: 5ff.). Schon vor der Novellierung der Prostitutionsgesetzgebung wurde die Sittenwidrigkeit durch ein Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts in Frage gestellt.[3] Die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes vertritt die Auffassung, dass mit dem Erlass des Prostitutionsgesetzes ein Prostitutionsvertrag nicht von vorneherein als sittenwidrig zu beurteilen sei.[4]

 

Des Weiteren wurde mit dem Prostitutionsgesetz die Möglichkeit für Prostituierte und Bordellbetreiber geschaffen Arbeitsverträge als Arbeitnehmer oder Scheinselbständige abzuschließen, in der Intention, die Abhängigkeit der Prostituierten von Zuhältern zu reduzieren und die gesundheitlichen und hygienischen Arbeitsbedingungen der Prostituierten zu verbessern (vgl. BT-Drucks.16/4146: 4). Hierfür wurden auch die Paragraphen §180a (Ausbeutung von Prostituierten) und §181a (Zuhälterei) im Strafgesetzbuch (StGB) dahingehend geändert, dass das Schaffen eines angemessenen Arbeitsumfeldes nicht mehr strafbar ist, solange darin keine Ausbeutung der Prostituierten stattfindet. Wie der Vertrag zwischen Kunde und Prostituierter stellt das auch Vertrag zwischen Prostituierter und Arbeitgeber, in der Absicht die Prostituierte zu schützen, ein einseitig bindender Vertrag dar und sieht nur ein eingeschränktes Weisungsrecht vor, da andernfalls der Prostituierten Vorschriften über den genauen Inhalt und Umfang der Tätigkeit gemacht werden könnten, also auch darüber Kunden nicht ablehnen zu dürfen oder bestimmte Sexualpraktiken durchführen zu müssen und sie bei Dienstaufgabe eine Kündigungsfrist einzuhalten hätte (vgl. BT-Drucks.16/4146: 8). Das Weisungsrecht des Arbeitgebers ermöglicht ihm lediglich Ort und Arbeitszeiten festzulegen. Daher kann auch nach wie vor, rechtlich gesehen, nicht von einem 'Job wie jeder andere' gesprochen werden.

 

Als selbstständige Gewerbetreibende oder im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses, erhalten Prostituierte mit dem Prostitutionsgesetz nunmehr Anspruch auf Pflichtversicherung in der gesetzlichen Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung, was das Kernanliegen der Reform gewesen war. Eine Evaluierung des Gesetzes durch die Bundesregierung 2007 stellte fest, dass nur ein äußerst geringer Prozentsatz der Prostituierten einen Arbeitsvertrag habe und sozialversichert sei. Bordellbetreiber geben an, dass Unklarheiten darüber, wie weit das eingeschränkte Weisungsrecht gehe, sie vom Ausstellen von Arbeitsverträgen abhalte, während Prostituierte die Sorge um den Verlust ihrer Anonymität und ihrer sexuellen Autonomie sie am Abschließen eines Arbeitsvertrags hindert. Unter Bordellbetreibern herrscht deswegen die Praxis vor, Mietverträge mit Prostituierten abzuschließen (ebd.: 8ff). Ob, wie von Kritikern angeführt, das Prostitutionsgesetz Zuhälterei begünstigt und die Bekämpfung von Menschenhandel und Zwangsprostitution erschwert, ist nicht nachweisbar. Laut selbiger Studie geben zwei Drittel der Befragten Kriminalbeamten an, dass das Prostitutionsgesetz auf ihren Kampf gegen Zuhälterei, Zwangsprostitution und Menschenhandel keinen Einfluss habe, während ein Drittel darin einen Erschwernisgrund für ihre Arbeit im Bereich der Strafverfolgung sieht (ebd.: 64f).

 

Im Koalitionsvertrag 2013 kamen die Regierungsparteien dahingehend überein, dass das Prostitutionsgesetz...

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