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E-Book

Medienkultur und soziales Handeln

AutorTanja Thomas
VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl315 Seiten
ISBN9783531908984
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
In dem Band werden Verschränkungen von Medien- und Alltagserfahrungen auf unterschiedliche Weise konzeptualisiert und theoretisiert. Verknüpft werden diese Zugänge mit Untersuchungen der sozialen Bedeutung von Medien wie von medialen Deutungsangeboten im Gebrauch. Die Mediatisierung zentraler kultureller Praktiken - etwa der Liebe, Freundschaft, des Glaubens, des Spiels, des Sports, des Umgangs mit dem Körper etc. - wird somit gesellschaftstheoretisch wie empirisch diskutiert.

Dr. Tanja Thomas ist Juniorprofessorin für Kommunikationswissenschaft und Medienkultur an der Universität Lüneburg.

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Leseprobe
Medienkultur und Soziales Handeln: Begriffsarbeiten zur Theorieentwicklung (S. 17)

Tanja Thomas &, Friedrich Krotz

„Wen sollte das eigentlich mehr fordern als die Kommunikationswissenschaft selbst?", fragen Imhof et al. (2004: 11) angesichts eines „Imperialismus" der Medien- und Informationsbegrifflichkeiten in allen Makrotheorien. Ist der Begriff „Medienkultur" dann lediglich ein paradigmatischer Ausdruck jener hier diagnostizierten Vorherrschaft, deren Legitimität oder Illegitimität zu prüfen wäre?

Ist die häufig konstatierte „Mediengesellschaft" als konkurrierende oder vielleicht doch auch einander wechselseitig konturierende Begriffsalternative ein produktiver Referenzpunkt einer Auseinandersetzung mit „Medienkultur"? Welche Dimensionen erfassen vorliegende Konzepte des Begriffs „Medienkultur"? Und schließlich: Welche wissenschaftstheoretischen und gesellschaftsdiagnostischen Erwartungen können wir formulieren, welche Potenziale birgt „Medienkultur" als Reflexionsbegriff?

Der vorliegende Text kann keine abschließenden Antworten auf all diese vielschichtigen Fragen liefern, zur begrifflichen Schärfung jedoch wird er einen Beitrag leisten. Derzeit lässt sich den Begriffen „Medienkultur" und „Mediengesellschaft" eher der Wert von Zeitdiagnosen zuschreiben als der grundlegender theoretisch fundierter Konzepte, auf die wissenschaftliche Diskurse aufbauen können. Unseren Ausgangspunkt bildet deshalb die Reflexion der beiden Begriffe, die aus ganz unterschiedlichen wissenschaftlichen Traditionen stammen.

Erhellend ist in diesem Zusammenhang auch die prinzipielle Betrachtung der Konjunkturen gesellschaftlicher Makroperspektiven. Vor diesem Hintergrund rekonstruieren wir Verwendungsweisen dieser beiden Begriffe, die damit übrigens auch selbst als (Kampf-)Feld wissenschaftlicher Auseinandersetzung und Positionierung erkennbar werden.

Dies erlaubt es, den Begriff der „Medienkultur" neben „Mediengesellschaft" zu konturieren und zu begründen, weshalb wir dieses bisher in der Kommunikationswissenschaft kaum ausreichend reflektierte Konzept in den Vordergrund unserer weiterführenden Überlegungen stellen. In diesem Zusammenhang entstehen dann zwei weiterführende Fragen:

Erstens ist zu diskutieren, wie man den statischen Begriff der Medienkultur prozessual fassen kann, um den im Kontext des Wandels der Medien gerade heute nicht ignorierbaren Prozesscharakter kenntlich, fruchtbar und zugänglich zu machen.

In diesem Sinne führen wir den Begriff der Mediatisierung ein. Mediatisierung thematisiert insbesondere den Wandel gesamtgesellschaftlicher, zugleich aber auch individueller medialer Potenziale und darauf bezogener Kommunikationspraktiken auf unterschiedlichen Ebenen.

Die damit zusammenhängenden Folgen für Alltag und Lebensbereiche, Wissensbestände, Identität und Beziehungen der Menschen sowie für Kultur und Gesellschaft werden auch in dem vorliegenden Band sichtbar gemacht: Einige Texte beleuchten exemplarisch Bereiche des Alltagslebens, in denen Medien- und Alltagserfahrungen zu jenen Weisen verknüpft sind, in denen Konsum, Körper und Schönheit, Paar- und Geschlechterbeziehungen, Freundschaften, Spiel, politische Partizipation oder Religion/Glaube erlebt und gestaltet werden.

Zweitens wirft der Versuch eines Zusammendenkens von Mediengesellschaft und Medienkultur die Frage nach ihren gemeinsamen Grundlagen auf – dies verlangt eine Auseinandersetzung mit dem Begriff des sozialen bzw. kommunikativen Handelns, weil alle soziale und kulturelle Wirklichkeit letztlich durch die Menschen produziert wird.

Das Verhältnis von Medienkultur und sozialem Handeln ist schon deshalb komplex, weil auch diese beiden Begriffe vor unterschiedlichen Hintergründen entstanden sind und auch unterschiedlich genau kodifiziert sind: Während „Medienkultur" als vergleichsweise neuer Begriff kulturwissenschaftlich fundiert ist, ist „soziales Handeln" in der Soziologie beheimatet.

Da Mediengebrauch u.E. zutreffend als „kulturelles Handeln im Alltag und für den Alltag" (Weiß 2003: 25) beschrieben werden kann, präzisieren wir schließlich unser Verständnis von „Alltag" im Zusammenhang mit dem entwickelten Verständnis von Medienkultur. Als Modus sozialen Handelns kann „Alltag" als Bezugsrahmen beschrieben werden, in dem die Menschen unter ihren Lebensbedingungen Wandlungsprozesse bewältigen.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt6
Vorwort8
Medienkultur und Soziales Handeln: Begriffsarbeiten zur Theorieentwicklung18
1 „Mediengesellschaft“ und „Medienkultur“: Konturen und Potenziale ( kommunikations-) wissenschaftlicher Begrifflichkeiten19
2 Soziale Praktiken in Mediatisierungsprozessen28
3 Alltagshandeln in der Medienkultur33
4 Ausblick36
Literatur37
Kultureller und gesellschaftlicher Wandel im Kontext des Wandels von Medien und Kommunikation44
1 Kommunikation als soziales Handeln45
2 Medien48
3 Typen mediatisierter Kommunikation und ihre Rolle in der Gesellschaft50
4 Sozialer und kultureller Wandel: Die Konstruktion gesellschaftlicher Metaprozesse52
5 Der Metaprozess „Mediatisierung“53
6 Die Entstehung eines medialen, insbesondere computervermittelten, allgegenwärtigen und jederzeit erreichbaren Kommunikationsnetzes56
7 Wohin gehen wir? – Einige Folgerungen und Überlegungen59
Literatur62
Netzwerke der Medien – Netzwerke des Alltags: Medienalltag in der Netzwerkgesellschaft64
1 Einleitung64
2 Netzwerkgesellschaft: Informationsgesellschaft und der Wandel von Medienkommunikation65
3 Netzwerke der Medien: Konnektivität, Netzwerk und Fluss70
4 Netzwerke des Alltags: Alltag, Alltagsleben und Alltagswelt77
5 Fazit: Medienalltag in der Netzwerkgesellschaft84
Literatur85
Alltag mit Internet und Fernsehen: Fallstudien zum Medienhandeln junger Paare92
1 Mediennutzung und häuslicher Alltag92
2 Zuhause im Zeichen der Digitalisierung und Mediatisierung94
3 Medienalltag junger Paare: Ethnographisch orientierte Fallstudien96
4 Das Internet im Alltag und in der Paarinteraktion98
5 Fernsehen im Alltag und in der Paarinteraktion100
6 Fazit101
Literatur102
„Wir telefonieren jeden Abend – das ist uns ganz wichtig.“ Rituale bei der mediatisierten Kommunikation in Paarbeziehungen106
1 Einleitung106
2 Ritualtheoretische Grundlagen106
3 Rituale und deren Bedeutung in Paarbeziehungen109
4 Mediatisierte Rituale in Paarbeziehungen111
5 Scheitern und Transformation von Ritualen115
6 Schlussbemerkungen117
Literatur118
„Det is doch wie Kino.“ Marlon Brandos „ Der Wilde“ als Vor- und Abbild jugendlicher Subkultur120
1 Einleitung120
2 „Wogegen rebellierst Du, Johnny?“: Kino für die Wilden122
3 „Wilde“ auf Deutschlands Straßen: die konsumierte Revolte128
4 „Das konsumierte Imaginäre: harmlos oder subversiv?135
Quellen139
Literatur139
Aspekte der Alltagsdramatisierung in der Medienkultur: Produzierte Wirklichkeiten in mediensoziologischer Perspektive144
1 Einleitung144
2 Alltag- und Alltagsdramatisierung als Herausforderung der Mediensoziologie145
3 Kult-Marketing als Strategie der Unterhaltungsproduktion in den neunziger Jahren148
4 Zur Veränderung der Mediennutzung: Leben in Szenen153
5 Einschätzung zur Alltagsdramatisierung als Metaprozess154
Literatur155
Fernsehreifer Alltag: Reality TV als neue, gesellschaftsgebundene Angebotsform des Fernsehens158
1 „Here to stay“: Reality TV als neues, dauerhaftes Fernsehangebot159
2 „Der große Grenzverkehr“: Zwischen Künstlichkeit und Wirklichkeit, Inszenierung und Leben162
3 Das Alltagsleben als Inszenierung: Gesellschaftliche Grenzsetzungen166
4 Fazit171
Literatur172
Symbiotische Religiosität: Die jugend- und medienkulturelle Rahmung religiöser Erfahrung auf dem XX. Weltjugendtag 2005 in Köln176
1 Signaturen der Jugendreligiosität in der Gegenwart176
2 Die Katholischen Weltjugendtage – Prototypen spätmoderner Eventreligion und ‚gefühlter Katholizität‚181
3 Katholische Religion im Zeichen universaler Jugendkultur: „ Religiöse Coolhunters“ auf dem Weltjugendtag in Köln184
4 Fazit: Doing religious cool culture189
Literatur191
Visual kei: Vom Wandel einer ‚japanischen Jugendkultur‚ zu einer translokalen Medienkultur194
1 Visual kei, Cosplay, Otaku – ein verwirrend fremdartiger Wandel in der Welt der Jugendmedienkulturen wirft seine Schatten voraus194
2 Translokale Medienkulturen195
3 Jugendkulturen und -szenen196
4 Die Jugendszene200
5 Formen szenespezifischer Produktion, Repräsentation und Netzwerkbildung im Internet202
6 Cosplay – ein szenespezifisches Aneignungsphänomen204
7 Fazit und Ausblick: Visual kei als Prototyp eines Wandels?205
Literatur206
BilderWelten – KörperFormen: Körperpraktiken in Mediengesellschaften210
1 Einleitung210
2 Die Medialität des Körpers211
3 Die Theatralität des Körpers214
4 Körperhandeln als Praxis der Verkörperung216
Literatur217
Körperpraktiken und Selbsttechnologien in einer Medienkultur: Zur gesellschaftstheoretischen Fundierung aktueller Fernsehanalyse220
1 ‚Selbstverantwortung‚ und ‚ Selbstzurechnung‚: Leitparadigmen in Zeiten der Arbeitslosigkeit222
2 „Du musst es wollen, Baby“: Zur Verkörperung des schönen Selbst224
3 Die Arbeit am Körper-Ich: „ Vom hässlichen Entlein zum schönen Schwan“228
4 „Burnen musst Du!“ – Castingshows als Werkstatt des neoliberalen Subjekts231
5 Lifestyle-TV und Lebensführung233
Literatur234
„...daß dieses Alles nicht alles sei.“ Über den Zusammenhang von Werbung, Konsum und Zufriedenheit240
1 „...ein Lob der Torheit.“ Warum Werbung?240
2 „...Träumen vom Überflüssigen.“ Warum Konsum?244
3 „...daß dieses Alles nicht alles sei.“ Wann sind wir zufrieden?250
Literatur254
„Das ganze Leben ist ein Quiz.“ Spiele im Fernsehen im alltagskulturellen Kontext260
1 Einleitung260
2 Quizgeschichte und Alltagskulturgeschichte: Ein Überblick261
3 Medien – Spiel – Gesellschaft270
4 Statt eines Fazits: Nachfragen zur Spielleitung274
Literatur276
„Ein Kreuz für Deutschland.“ Chancen und Grenzen unterhaltender Politikvermittlung278
1 Jugend, Politik, Medien – eine schwierige Konstellation?278
2 Umfragen können – müssen aber nicht stimmen280
3 Die Berichterstattung zur Bundestagswahl 2005281
4 Politische Einstellungen und (Wahl-)Verhalten von Jugendlichen282
5 Das Ergebnis der Bundestagswahl 2005285
6 Westerwelles Auftritte in Unterhaltungssendungen 2002287
7 Politik und Medien in der Wahlsondersendung von „ TV total“288
8 Fazit292
Literatur294
Widerständige Sozialität im postmodernen Alltagsleben: Das Projekt der Cultural Studies und die poststrukturalistische Diskussion300
1 Einleitung300
2 Widerstand in der Tradition des Poststrukturalismus302
3 Widerständige Sozialität und die Tradition der Cultural Studies306
4 Widerstand und das Reale bei Michel de Certeau311
5 Schlussbetrachtung313
Literatur314
Verzeichnis der Autorinnen und Autoren318

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