Therapie ohne Medikamente
Leichtes Ausdauertraining, moderate Gewichtsabnahme, weniger Alkohol und weniger Salz – von einer solchen Bluthochdrucktherapie können alle Patienten profitieren.
Wenn Sie Ihre Lebensweise verändern, können Sie eventuell so viel bewirken wie mit einem Medikament. Blutdrucksenkungen von über 20 mmHg werden beobachtet. Denn damit setzen Sie an den Ursachen des Bluthochdrucks an. Ist der Blutdruck nur mäßig erhöht, stehen Ihre Chancen gut, dass Sie sich die Einnahme von Medikamenten ersparen können. Und wenn Sie Medikamente einnehmen, dürfen Sie damit rechnen, dass Sie im Laufe der Zeit Anzahl und Dosis der Arzneimittel reduzieren können.
Voraussetzung für diese Effekte ist allerdings, dass Sie Ihren Vorsätzen treu bleiben. Dann ist es sehr wahrscheinlich, dass nicht nur der Blutdruck sinkt, sondern sich auch die Cholesterin- und Blutzuckerwerte verbessern. Sie schlagen also gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe und Ihr Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten sinkt nachhaltig.
Doch mit welchem Baustein sollen Sie anfangen? Wenn Sie ein ausgesprochener Bewegungsmuffel sind, liegt es nahe, zunächst zu versuchen, in kleinen Schritten etwas aktiver zu werden. Wenn Sie deutlich übergewichtig sind, ist eine Gewichtsreduktion unverzichtbar. Egal, für was Sie sich entscheiden: Hauptsache, Sie verändern überhaupt etwas. Oft reichen auch schon kleine Veränderungen – die fallen oft schon schwer genug.
Bei der Bluthochdrucktherapie geht es nicht um ein Entweder-oder: Entweder Medikamente einnehmen oder die Lebensweise umstellen. Wenn Sie selber aktiv werden, unterstützt das die Wirkung der Medikamente. Nicht nur der Blutdruck wird durch diese Doppelstrategie nachhaltig gesenkt, sondern auch die allgemeine (Gefäß-)Gesundheit gestärkt.
Laufen, ohne zu schnaufen
Bewegung trainiert die Blutgefäße und macht sie elastischer. Dadurch kann körperliche Aktivität den Blutdruck senken.
Checkliste
Den inneren Schweinehund überwinden
Folgende Strategien haben sich als hilfreich erwiesen, um alte Gewohnheiten zu verändern:
- Entscheiden Sie sich für ein konkretes Ziel: „Ich möchte mich mehr bewegen“ – das ist zu allgemein formuliert. Präzisieren Sie dieses Vorhaben. Was heißt das konkret? Wollen Sie jeden Tag mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren? Oder sich endlich bei dem Fitnesskurs anmelden, den Sie schon lange im Auge haben?
- Suchen Sie sich eine Veränderung aus, zu der Sie Lust haben oder die Ihnen naheliegt. Sonst müssten Sie sich zwingen, das hält keiner lange durch.
- Legen Sie einen Zeitplan fest: Klären Sie, an welchem Tag oder in welcher Woche Sie beginnen möchten. Weihen Sie andere in Ihren Plan ein.
- Durchbrechen Sie verführerische Rituale: Meiden Sie Routinen und Rituale, die mit Ihren alten Verhaltensmustern stark verknüpft sind, wie etwa die Raucherpause oder der Kneipenbesuch. Probieren Sie etwas Neues aus.
- Gehen Sie wohlwollend mit Rückfällen um: Es ist normal, dass man mehrere Anläufe braucht, um ein Ziel zu erreichen. Vorwürfe sind da wenig hilfreich. Haben Sie Geduld!
- Versuchen Sie, Auslöser für Rückfälle in den Griff zu bekommen: Trinken Sie immer Alkohol, wenn Sie angespannt sind? Oder sind Sie ein „Frustesser“? Trösten Sie sich mit Fernsehgucken? Immer, wenn es einem nicht so gut geht, besteht die Gefahr, in alte Muster zurückzufallen. Spazieren gehen, schlafen, Freunde anrufen oder Sport treiben könnten hilfreiche Alternativen sein.
Mäßig, aber regelmäßig – so lautet dabei die Devise. Der Effekt ist am größten, wenn Sie fünfmal die Woche – besser noch täglich – mindestens 30 Minuten aktiv sind.
Die gute Nachricht für Sportmuffel: Gehen genügt – vorausgesetzt, Sie schlagen ein flottes Tempo an. In Studien sank der systolische Blutdruck im Schnitt um 5 bis 8 mmHg, wenn die Teilnehmenden täglich 30 Minuten zusätzlich zu Fuß gehen. Die Deutsche Herzstiftung und die Deutsche Hochdruckliga empfehlen, jeden Tag 10 000 Schritte zu gehen. Ein Schrittzähler kann dabei helfen, einen Überblick über Ihr Pensum zu bekommen. Versuchen Sie, in Ihrem Alltag mehr Bewegung einzubauen: Lassen Sie zum Beispiel Rolltreppen und Fahrstühle links liegen und nehmen Sie die Treppe. Lassen Sie Ihr Auto öfters stehen oder parken einfach mal ein Stück weiter weg. Schicken Sie Ihrem Kollegen keine E-Mail, sondern besuchen Sie ihn an seinem Arbeitsplatz. Schon wenn Sie langes Sitzen nur für ein oder zwei Minuten unterbrechen, wirkt sich das schon positiv auf den Kreislauf aus.
Jede körperliche Beanspruchung lässt den Blutdruck zunächst einmal steigen. Wenn Sie bereits Bluthochdruck haben, fällt dieser Anstieg sogar heftiger aus. Deshalb sollten Menschen mit Bluthochdruck Aktivitäten bevorzugen, die den Blutdruck während der Belastung nur leicht und kalkulierbar ansteigen lassen. Das ist im Allgemeinen bei Ausdauersportarten der Fall wie Joggen, Wandern, Walken, Radfahren, Nordic Walking oder Schwimmen. Über die Zeit wird der Blutdruckanstieg immer geringer ausfallen und der Blutdruck dauerhaft sinken.
Die optimale Belastung können Sie an Ihrem Trainingspuls festmachen. Wenn Sie relativ fit sind, lautet die Faustregel für einen optimalen Trainingspuls:
Trainingspuls = 180 minus Lebensalter (in Jahren)
Lange war Krafttraining bei Bluthochdruck generell verboten. Inzwischen weiß man, dass das nur für intensive Krafteinsätze gilt, wie etwa beim Gewichtheben. Dosiertes Kräftigungstraining nach ärztlicher Rücksprache und mit geschulter Anleitung gilt heute auch für Bluthochdruckpatienten als wünschenswert, um die Muskulatur zu trainieren. Denn die Muskeln produzieren Stoffe, die gut für Kreislauf und Gefäße sind.
Anders ausgedrückt bedeutet diese Formel: „Laufen, ohne zu schnaufen“. Wenn Sie joggen, Rad fahren, wandern oder schwimmen, sollten Sie zwar ins Schwitzen geraten, aber immer noch so viel Puste haben, dass Sie sich dabei unterhalten können.
Diese allgemeinen Empfehlungen bieten nur eine grobe Richtschnur. Um Ihre individuelle Belastungsgrenze herauszufinden, sollten Sie einen Belastungstest bei Ihrem Hausarzt, beim Kardiologen oder in einer sportmedizinischen Praxis machen. Eine solche Überprüfung ist vor allem dann angezeigt, wenn bei Ihnen ein schwerer Bluthochdruck festgestellt wurde, wenn Sie Antihypertensiva einnehmen sollen, herzkrank sind oder an einer anderen chronischen Erkrankung leiden. Auch wenn Sie vorher völlig inaktiv waren und jetzt mit Sport starten wollen, sollten Sie vorher mit Ihrem behandelnden Arzt sprechen.
Abnehmen mit Maß(band)
Übergewicht und Bluthochdruck hängen eng zusammen. Wenn Sie übergewichtig sind und kein Medikament oder weniger Medikamente gegen Ihren Bluthochdruck nehmen wollen, heißt es Abspecken. Jedes Kilogramm, das Sie abnehmen, wirkt sich auf den Blutdruck aus.
Die Deutsche Hochdruckliga rechnet vor: Eine Reduzierung des Körpergewichts von einem Kilogramm führt bei einem übergewichtigen Hypertoniker zu einer Abnahme des systolischen (oberen) Drucks um 2 mmHg, des diastolischen Drucks um 1 mmHg. Und nicht nur das: Auch möglicherweise erhöhte Blutzucker- und Blutfettwerte (siehe Seite 18 ff.) werden voraussichtlich fallen.
- Bin ich übergewichtig? Um das Körpergewicht zu beurteilen, wird herkömmlicherweise der Body-Mass- Index (BMI) herangezogen. Der BMI beschreibt das Verhältnis des Körpergewichts zur Körpergröße und wird nach folgender Formel berechnet:
- Körpergewicht in Kilogramm dividiert durch das Quadrat der Körpergröße in Metern (BMI = kg/m2).
- Ein Wert ab 25 gilt als Übergewicht, ab 30 als starkes Übergewicht (Adipositas). Neben dem Gewicht spielt aber auch die Fettverteilung eine Rolle. Der klassische Bierbauch der Männer („Apfelform“) ist gefährlicher als das Fett um Po und Hüfte herum. Diese „Birnenform“ ist typisch für Frauen. Das im Bauchraum verteilte Fett belastet die Blutgefäße und stört den Stoffwechsel, indem es zum Beispiel bestimmte Botenstoffe freisetzt. Messen Sie Ihren Taillenumfang, indem Sie das Maßband in der Mitte zwischen Beckenknochen und unterster Rippe anlegen. Als Richtwerte, ab denen es gefährlich wird, gelten:
- Männer: ≥ 102 Frauen: ≥ 88
Um Gewicht zu verlieren, müssen Sie entweder durch körperliche Aktivität mehr Kalorien verbrauchen oder weniger Kalorien zu sich nehmen. Am erfolgreichsten werden Sie sein, wenn Sie beide Strategien miteinander kombinieren. Dabei ist es nicht sinnvoll, Kalorien mittels einer Crash- oder Blitzdiät einzusparen. Die Pfunde werden zwar schnell purzeln, doch der sogenannte Jojo-Effekt wird Sie bald einholen: Nach einiger Zeit zeigt die Waage wieder das Ausgangsgewicht oder sogar noch mehr. Dieses Auf und Ab lässt sich nur durchbrechen, wenn Sie langfristig Ihre Essgewohnheiten ändern. Dabei können Sie sich an der DASH-Diät (siehe unten) orientieren – einer ausgewogenen Ernährung, die erwiesenermaßen den Blutdruck senkt und hilft, sowohl Salz als auch Kalorien einzusparen.
Studien legen nahe, dass Menschen, die eine Kalorienreduktion mit mehr Sport verbinden, etwa 20 Prozent mehr an Gewicht verlieren und es auch besser halten können als Menschen, die nur eine Diät machen. Weiterer Aspekt: Bei jeder Gewichtsabnahme verlieren Sie nicht nur...