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E-Book

Mehr als Geld und Gier

Kostolanys Notizbuch

AutorAndré Kostolany
VerlagFinanzBuch Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl192 Seiten
ISBN9783862489343
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR
2016 hätte er seinen 110. Geburtstag gefeiert - André Kostolany, Anlegerlegende, Börsenguru, Intellektueller und witziger Kolumnist. Mit »Mehr als Geld und Gier« erscheint Kostolanys persönliches Notizbuch zum ersten Mal als Taschenbuch. Die Entstehungsgeschichte der Sammlung von Weisheiten, Gedanken und Regeln des Altmeisters ist so bunt wie spannend. Wann immer Kostolany Zeit zum Nachdenken hatte, machte er sich Notizen auf Zetteln, Rechnungen, Fahrkarten oder was ihm sonst gerade zur Verfügung stand. Hier hat er seine Notizen gesammelt und thematisch geordnet, sodass ein einzigartiger Erfahrungsschatz zugänglich geworden ist. Ein Muss für alle Anleger, die sich ernsthaft mit dem Börsenhandel auseinandersetzen wollen. Der Name André Kostolany ist jedem Börsianer ein Begriff, steht dieser doch wie kein zweiter für nachhaltige Aktienkultur und eine Anlagepolitik der ruhigen Hand. 2016 wäre der große alte Mann der Börse 110 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass (und weil seine zeitlosen Regeln nach wie vor gültig sind) erscheint nun Mehr als Geld und Gier mit seinen wichtigsten Gedanken, Regeln und Weisheiten. Kostolany in der reinsten Form.

André Kostolany, 1906 in Ungarn geboren, war der unbestrittene Meister der Börsenspekulation. Er studierte Philosophie und Kunstgeschichte und wäre eigentlich lieber Pianist geworden. Ende der 1920er machte er seinen ersten Börsendeal, und die Welt der Finanzen ließ ihn nie wieder los. Der »geistreiche Buchautor, humorvolle Kolumnist und amüsante Plauderer« (DER SPIEGEL) hatte weltweit ein Millionenpublikum, seine Bücher wurden in viele Sprachen übersetzt. Bis kurz vor seinem Tod nahm er regen Anteil am Welt- und Börsengeschehen. Am 14. September 1999 ist André Kostolany 93-jährig in Paris gestorben.

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Leseprobe

Das Bildnis des Dorian Gray


»Aber seien wir sehr sparsam damit«


Oft stellen mir Kollegen lächelnd die Frage, was ich mit dem »vielen« Geld tue, wenn sie meine Honorare für verschiedene Aktivitäten erfahren. Komischerweise fragt mich niemand, was ich mit dem Geld einer glücklichen Spekulation mache, wo ich eventuell doch das Zehnfache gewinne (aber nicht verdiene). Durch Arbeit verdientes Geld kommt ihnen nicht ganz geheuer vor.

Dazu fällt mir eine authentische Bemerkung eines alten Bekannten ein. Er war ein wohlhabender Mann, eine Art alter Playboy. Als leidenschaftlicher Fechter lernte er bei einem Sportmeeting einen jungen Mann kennen, dessen Fechtkünste ihm auffielen. Er fragte ihn, ob er nicht zu ihm nach Hause zu einem kleinen Fechttraining kommen wolle.

»Montags zum Beispiel?« – »Nein.«

»Dienstag, Mittwoch oder Donnerstag?«

»Nein, auch nicht.«

»Wieso denn?«, war die erstaunte Frage.

»Ich arbeite, Herr Hauptmann.«

»Arbeiten? Das kann nicht sehr gut sein«, gab mein Freund zur Antwort.

Der Hauptmann war ein gescheiter, aber komischer Kauz. Als er eines Tages einem jungen Fechter aus Sportlichkeit das »Du« angeboten hatte, war die Antwort des jungen Mannes: »Ich danke dir, Herr Hauptmann.«

Worauf der Alte gleich bemerkte: »Aber seien wir sehr sparsam damit.«

Cogito, ergo sum …


»Cogito, ergo sum homo speculator.«

Ich bin Spekulant. Ist das ein Beruf? Nein, es ist ein Schicksal. Ich bin durch Zufall mit einem Fallschirm auf einer großen Börse, der Pariser BOURSE, gelandet. Zufall oder Schicksal?

Mein Börsenpate: Monsieur Alexander K.


Mein Vater begegnete Anfang der 20er-Jahre in Paris einem ehemaligen Schulkollegen aus Budapest, Monsieur Alexander K., der nicht nur Multimillionär, sondern auch ein ganz großer Macher auf dem Pariser Finanzmarkt war. Bei ihren Gesprächen über alte Zeiten erzählte mein Vater von seiner Familie und berichtete, dass sein Jüngster, der kleine André, noch in Budapest an der Universität Philosophie studiere. »Welcher Unsinn«, war die Reaktion von Alexander, »will er vielleicht ein Poet werden? Schick ihn zu mir nach Paris, das wird für ihn eine bessere Schule sein.«

Und damit gab Alexander meinem Vater den zweiten großen Tipp. Der erste war nämlich von einer ganz anderen Natur: Spekulation auf den Sturz des französischen Franc. Eine todsichere Sache nach Ansicht sämtlicher gut informierten Finanzkreise. Heute kann ich mit größter Sicherheit behaupten, dass der zweite Tipp der gute war. Die Folgen sind dieses Notizbuch.

Aber auch der erste Tipp ist einer näheren Erläuterung würdig; denn die Ereignisse um diese gigantische Franc-Spekulation der 20er-Jahre konnten 55 Jahre später für mich, meine Schüler und meine Leser das lebendige Beispiel dafür sein, wie sich die Spekulanten den Ablauf der Dinge vorstellen und wie sie dann tatsächlich eintreffen: Schwarze Wolken zogen damals über ganz Mitteleuropa, dem Deutschen Reich und allen Nachbarstaaten der K.-u.-k.-Monarchie auf, die nach dem verlorenen Weltkrieg zerrüttet in Chaos verfiel. Inflation ohne Produktion, Armut, Arbeitslosigkeit, Schlangen vor den Lebensmittelgeschäften …, die Notenpresse lief Tag und Nacht, die Währungen waren im Keller, die Preise stiegen von Stunde zu Stunde: Eine Hose, die am Morgen noch 50 000 Mark gekostet hatte, war nachmittags schon für 100 000 ausgezeichnet. Ich befand mich auf einer Studienreise in Deutschland, bereiste zahlreiche Städte und lebte mit einem Dollar pro Tag, denn der Dollar war König. Alles drehte sich um die amerikanische Währung und in Budapest gab es nur ein Tagesgespräch: den Kurs des Dollar.

Einige Inflationsspekulanten machten Millionen, Milliarden sogar (in Papiergeld natürlich!), da sie alles kauften, egal ob Häuserreihen oder zehn Wagons Zahnbürsten, solange man sie auf Kredit erwerben konnte. Schulden machen, lautete das Kommando für jeden, der nur ein wenig unternehmungslustig war. Was danach kam, ist einer pragmatischen Studie der Geschichte würdig. Man könnte über die Gründe und die Verantwortlichkeit stundenlang diskutieren, die Folgen führten zu der größten Katastrophe der Weltgeschichte: Hitler.

Das Tandem Castiglioni–Mannheimer


Aber bleiben wir noch in den 20er-Jahren. Nach dem Untergang der Währungen der Zentralmächte rochen die Spekulanten bereits einen neuen Braten: den Zusammenbruch des französischen Franc. Wie schon gesagt, eine todsichere Sache. Frankreich hatte zwar den Krieg gewonnen, verblutete aber dabei: Millionen Tote, zahlreiche verwüstete Städte, die Staatsfinanzen in totalem Chaos. Ein waghalsiger deutscher Spekulant, der Stuttgarter Dr. Fritz Mannheimer, war damals der größte Bankier in Europa, Chef des Hauses Mendelsohn und Co. in Amsterdam und Partner der alten Berliner Patrizierfirma Mendelsohn und Co.

Er war zu einem großen Fest in Wien von dem König der Inflationsspekulanten, Camillo Castiglioni, dem »österreichischen Stinnes«, wie er genannt wurde, eingeladen. Castiglioni (Sohn des Triester Oberrabbiners und ehemaliger Verkäufer bei der Reifenfirma Semperit) hatte nach Milliardengewinnen bei der österreichischen Inflation nun die fixe Idee, der französische Franc müsse, wie schon vorher die Mark und die Währungen der K.-u.-k.-Monarchie, auch in den Keller stürzen. Es gelang ihm, Fritz Mannheimer von der Richtigkeit seiner Ansicht zu überzeugen und mit ihm und einigen anderen Bankiers und Spekulanten aus Wien und Amsterdam ein Syndikat zu bilden, um den französischen Franc auf allen Finanzplätzen mithilfe der Fachpresse zu diskreditieren und anzugreifen.

Der Kurs des Franc fiel immer tiefer …


Was bedeutet das, eine Währung anzugreifen? Sich Riesenkredite in der betreffenden Währung zu verschaffen und diese Beträge dann auf allen Finanzplätzen, wie London, Zürich, Amsterdam usw., anzubieten – wenn möglich mit viel Tamtam, Zeitungsartikeln, Mundpropaganda usw. …?

Die Währung gleitet zunächst (erst) langsam in die Tiefe, der Rückgang verbreitet Pessimismus unter dem Publikum. Und durch eine Kettenreaktion wird es von Angst ergriffen und wirft – wie in diesem Fall – seine Franc-Guthaben über Bord. Die Schuldner können dann mithilfe der hervorgerufenen Panik die geschuldeten Francs bei tiefem Kurs einkaufen. Genau das gleiche Vorgehen, oder man könnte auch sagen dieselbe Taktik, wie Ende der 70er-, Anfang der 80er-Jahre unter der schwachen Carter-Regierung hinsichtlich des Dollar.

Das Tandem Castiglioni–Mannheimer war äußerst erfolgreich. Der Kurs des Franc fiel immer tiefer, begleitet von den Franc-Verkäufen aller Spekulanten Europas, und Castiglioni wurde immer reicher. Um auch etwas Gutes über den ehemaligen Semperit-Verkäufer zu sagen, möchte ich bemerken, dass er viel für das kulturelle Leben getan hat. Er finanzierte zum Beispiel Max Reinhardt, den größten Theatermann jener Zeit und Gründer der Salzburger Festspiele. (Die damaligen Inflationswunden sind heute gut verheilt, aber die Festspiele florieren immer noch.)

Nun, der Franc rutschte immer tiefer, denn auch die französische Regierung tat das ihrige dazu, dass das Vertrauen in ihre eigene Währung völlig verloren ging. Eine Regierung stürzte nach der anderen, mit ihnen auch der Franc. Ich erinnere mich noch an die Atmosphäre in Frankreich, als sei es gestern gewesen.

Es kam 1926 zum Wahlsieg der Linkskoalition unter Eduard Herriot, dem deutschfreundlichen Politiker, Bürgermeister und Lyon-, Musik- und Beethoven-Forscher. Sein Finanzminister Anatole de Monzie, ein ganz brillanter Intellektueller (den ich später persönlich gut kannte), fing seine Rede im Parlament mit folgenden Worten an: »Meine Herren, die Kassen sind leer …!«

Große Erschütterung im Parlament und im ganzen Lande. Der Franc stürzte auf einen neuen Tiefpunkt und mit ihm die Regierung. Demonstrationen gegen die Volksvertretung, großer Hass auf Ausländer (wie oft in der französischen Geschichte): »Da kommen die Fremden und essen unser Brot auf«, das ist ein altes Lied. Man bewarf die Touristenbusse mit Steinen und zertrümmerte die Scheiben der Kinos, die ausländische Filme zeigten. Die Panik war da und der Franc lag im Sterben.

Poincaré, der Retter


Und plötzlich geschah etwas, das sich alle Devisenhändler, die ich so gern »Devisenfritzen« nenne und in diesem Buch auch so nennen werde, immer vor Augen halten sollten. Die Nachricht kam aus dem Élysée-Palast: Raymond Poincaré akzeptiere, Ministerpräsident und gleichzeitig Finanzminister zu werden. Die Tendenz auf dem Devisenmarkt schlug von einer Minute auf die andere um, denn Poincaré war zum Symbol des französischen Patriotismus und aller Tugenden geworden. Bestimmt war er kein übermäßig gescheiter Mann, ein trockener Jurist, aber integer, puritanisch und ein glühender Patriot, übrigens stur wie jeder Lothringer. Er war der Präsident der Republik während des Weltkrieges, ein leidenschaftlicher Deutschland-Feind (das gehörte damals zu den französischen Tugenden), und was noch viel wichtiger war, er bekam von dem New Yorker Bankhaus John P. Mor­gan sofort die Zustimmung für eine Anleihe von 100 Millionen Dollar.

Wie unter einem Zauberstab verwandelte sich im Handumdrehen alles. Diesmal gerieten die Baisse-Spekulanten in Panik, wollten schnell die schuldigen Francs zurückkaufen, denn jeder hatte ja so viel Franc-Schulden, wie er nur konnte. (Einer meiner Freunde war Millionen auf eine Porzellanfabrik schuldig. Warum? Weil gerade diese Fabrik auf Kredit zu haben war.) Der Franc kletterte immer höher und an der Börse konnte man die...

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