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E-Book

Meine Sonne. Mein Mond. Meine Sterne.

Das Leben nach der großen Liebe

AutorAlexa von Heyden
VerlagEden Books - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl224 Seiten
ISBN9783944296883
Altersgruppe18 – 
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis10,99 EUR
Endlich: Die Fortsetzung des SPIEGEL-Bestsellers 'Hinter dem Blau'! Sunny und Magnus sind seit zwölf Jahren ein Paar - geduldig hat Magnus Sunny zur Seite gestanden, während sie den Verlust ihres Vaters überwinden musste. Jetzt, wo beide Mitte dreißig sind, die gemeinsamen Freunde heiraten und Kinder bekommen, kriselt es zwischen ihnen. Nach einem heftigen Streit kommt es zum Eklat: Sunny soll aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen. Während sie Kisten packt und die Überbleibsel der letzten zwölf Jahre sichtet, rekapituliert sie die Beziehung und fragt sich, wie es so weit kommen konnte. Und vor allem: Wie soll es weitergehen? Wie kann es sein, dass alle Freundinnen ganz am Anfang ihres Familienlebens stehen und Sunny bereits vor den Trümmern ihrer Beziehung? Ein packendes Buch über die Liebe und den Mut, ehrlich zu sich selbst zu sein. Hohes Identifikationspotenzial!

Alexa von Heyden wurde 1978 in Bonn geboren und arbeitet als Modejournalistin und Autorin für diverse Medien wie Journelles, Gala und Stern. 2007 gründete sie ihr Schmuck und Accessoires-Label vonhey, 2013 erschien ihr Bestseller »Hinter dem Blau«. Sie lebt in Berlin.

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Leseprobe

Das Geheimnis


Wie jeden Morgen hole ich mir im Café nebenan einen Cappuccino zum Mitnehmen mit extra heißer Milch und fahre dann einhändig mit dem Fahrrad zur Arbeit. Die verheulten Augen verstecke ich hinter einer Sonnenbrille, obwohl der Himmel inzwischen bewölkt ist. Wie Magnus würde ich am liebsten einfach abhauen oder sogar ganz vom Erdboden und von dieser Welt verschwinden, aber ich kann ja nicht. Ich muss arbeiten und fahre wie immer die Straße entlang, die den Berg runter ins Stadtzentrum führt. Über Nacht hat sie sich in einen Kirschblütenmeer verwandelt und sieht aus, als würden große rosa Zuckerwatteballen sie säumen. Der Wind fegt durch die Kronen und nimmt ein paar Blütenblätter mit, die wie Konfetti über meinen Kopf hinwegsegeln. Der Frühling macht mich fertig. Alles um mich herum fängt neu an, die Natur blüht und gedeiht und ich? Ich will nicht neu anfangen. Ich stelle mir die Aufgabe, während der restlichen Fahrt einen klaren Kopf zu bekommen, aber ich bin trotzdem voll neben der Spur. Als alle Autos anfahren, rollt mein Fahrrad über eine rote Ampel. Ich versuche zu bremsen, da liegt mein Kaffeebecher schon auf der Straße und ich beinahe auch. Die Milch fließt über den Asphalt. Besser ich schiebe, denke ich, auch wenn ich längst zu spät zur Arbeit und damit auch zu meiner eigenen Präsentation komme. Werde ich allein in dieser Stadt klarkommen?, überlege ich und schaue mich um. Der Verkehr ist ohrenbetäubend, nur ein paar Bäume stehen hier und da und jeder davon ist von Hundekacke umzingelt. Nie sieht man ältere Menschen auf der Straße, dafür sitzt vor jedem Supermarkt ein Bettler oder jemand, der die Straßenzeitung verkauft und einem ein schlechtes Gewissen macht, wenn man mit einer prall gefüllten Tüte rauskommt. Es hat lange gedauert, bis ich mich hier einigermaßen heimisch gefühlt habe und ich hätte mich nicht mit dieser Stadt angefreundet, wenn ich nicht angefangen hätte, mit dem Rad zu fahren und all die versteckten Parks und Uferstellen zu finden. Es ist ein schwarzes Damenrad mit drei Gängen und einem verbeulten Drahtkorb am Lenker, in dem Rotkohl-Fitzel hängen, weil irgendein Assi das Papier von einem Döner in meinen Korb geworfen hat, als ich es vor dem Büro stehen gelassen hatte. An diesem Abend bin ich ausnahmsweise mit dem Taxi nach Hause gefahren, weil ich zu kaputt war, um auch nur einmal in die Pedale zu treten. Früher bin ich mit der U-Bahn zur Arbeit gefahren, aber ich kann die Enge nicht mehr ertragen. Ich stelle mir immer vor, dass der Waggon, in dem ich sitze, entgleist, die Bahn auf die Seite kippt und ich mit all diesen Menschen, ihren Franzbrötchen und Kaffeebechern auf einem Haufen liege und dazwischen ersticke. Allein wegen dieser Vorstellung bleibt mir beim Betreten der Bahn die Luft weg. Außerdem gibt es immer Leute, die einen nerven oder die sogar zu richtigen Hassattacken anstacheln. Zum Beispiel dieser Typ, der jeden Morgen zur selben Zeit fuhr wie ich: Entweder hatte er eine Isotasse dabei, aus der er schlürfend Tee trank, oder er packte ein großes Glas Joghurt aus seiner Tasche, aß ganz genüsslich und kratzte zum Schluss mit einem langen Löffel den letzten Rest aus dem Glas. Dabei schien es ihn überhaupt nicht zu stören, dass die anderen Fahrgäste, also ich, von seinem Löffel-im-Glas-Geklimper Mordgelüste bekamen. Genauso geht es mir mit den Straßenmusikern, wenn sie morgens um acht mit dem Schlachtruf »Musica, Musica, Musica« die Bahn entern und Hit The Road Jack fiedeln. Und immer wieder, an fast jeder Station, steigt ein Bettler ein. Mir ist das morgens zu viel, ich ertrage weder die Gute-Laune-Musik noch die Armut. Also fahre ich Rad. Manchmal sind das die einzigen zwanzig Minuten am Tag, in denen ich das Tageslicht zu Gesicht bekomme. Und das sagt Sunny Schulz, das Mädchen, das in einem Dorf am Waldrand aufgewachsen ist. Bis wir Teenager waren, haben Caro und ich stundenlang im Wald gespielt. Es war, als wollten wir uns vor dem Erwachsenwerden hinter Brombeerbüschen verstecken. Wir haben Buden gebaut, an einer seichten Stelle im Bach Froschleich-Farmen angelegt, uns mit Tonerde die Gesichter bemalt und Indianer gespielt. In unserer Fantasie gehörten wir zum Stamm der Lakota, weil Caro damals Fan von dem Film Der mit dem Wolf tanzt mit Kevin Costner war. Sie hat den Film elf Mal im Kino gesehen, schon beim zweiten Mal kniete sie während der Vorstellung unten auf dem Boden und schlug in einem Buch die Begriffe in Lakota nach, sodass sie bald selbst ein paar Brocken sprechen konnte. Etwa »Was ist los?« oder »Hol mein Pferd!«. Das Problem war nur, dass sie kein Pferd hatte. Also baute Caro sich eins zu Haus. Dazu legte sie eine dünne Schaumstoffmatratze um den Schreibtisch in ihrem Kinderzimmer, zurrte sie mit drei ineinandergeschnallten Gürteln fest, drapierte Mamis alten Fuchspelzmantel – ein Erbstück von ihrer Großmutter – und eine Trense darüber. Fertig war das Pferd. Einen Kopf hatte es nicht. Wenn wir nach Hause kamen, mussten wir uns im Gäste-WC die Füße waschen, dann gab es Fischstäbchen und Kakao. Den Rest des Abends galoppierte Caro auf ihrem »Pferd« gegen die Wand. Wenn Wochenende oder Ferien waren, starteten wir immer schon am Morgen einen Ausflug in den Wald, damit wir genug Zeit für unsere Entdeckungstouren und Spiele hatten. Dieser Wald ist nach wie vor der schönste Ort, den ich auf der Welt kenne. Ein verwunschener Forst mit hohen Tannen und großen Lichtungen, auf denen man, wenn man ganz still ist, nicht nur die Spechte hämmern, sondern auch die Bienen summen hört. Es ist ein Wald mit steilen Hängen und plätschernden Bächen, deren Wasser süß und erfrischend schmeckt. Wir sind bergauf, bergab, durch den Matsch und über Stock und Stein gerannt und ich werde mich immer an den Tag erinnern, an dem uns plötzlich ein Hirsch gegenüberstand. Wir waren schon auf dem Weg nach Hause, die Taschen voll mit Bucheckern, auf den Nasen angeklebte Ahornsamen, als dieses Vieh mit einem riesigen Geweih auf dem Kopf durch schulterhohe Brennnesseln aus dem Unterholz auf den Weg trat, nur zwanzig Meter von uns entfernt stehen blieb und uns mit seinen großen dunklen Augen anschaute. Wie ein Fabelwesen, das uns durch seine Zauberkraft innehalten ließ. Caro und ich hielten uns an den Händen und wagten kaum zu atmen. So hatten wir das letzte Mal zusammen im Flur in Lingen gestanden, an dem Tag, als unser Vater starb. In diesem Moment waren wir wieder vier und fünf Jahre alt. Meine Schwester und ich sprachen es niemals aus, aber wir waren uns beide sicher: dieser Hirsch, das war er. Ich glaube, Caro geht heute immer noch so viel joggen, weil sie hofft, ihn wiederzutreffen. Und wenn es auch niemals geschieht, so weiß sie doch die Stelle, an der wir ihn gesehen haben. Eines Tages liefen wir tiefer als je zuvor in den Wald hinein und fanden zwar nicht den Hirsch, dafür aber einen Weiher mit einer Insel in der Mitte, nicht mehr als ein Fleckchen Erde mit drei Büschen. Am Ufer stand ein alter Baum – eine Buche oder eine Eiche –, dessen Krone wie ein Dach über das Wasser ragte. Irgendjemand hatte es geschafft, ein Seil um den dicksten Ast des Baums zu werfen, und das Ende auf unserer Kinnhöhe um den Stamm gewickelt. Wir suchten ein Stück Holz und knoteten aus dem Seil und dem Holz eine Schaukel, die zwischen dem Ufer und der Insel hin- und herpendelte. Den Rest des Sommers spielten wir nichts anderes als »Schwingen«. Die Schaukel wurde zu einer Attraktion, die auch die älteren Kinder, die schon Zigaretten rauchten und Moped fuhren, aus dem Dorf zu unserem Weiher lockte. Wir setzten uns paarweise auf den Ast, das Seil in der Mitte, und schwangen kreischend hin und her. Der größte Spaß war es, wenn das Holz brach und ein Paar ins Wasser krachte. Natürlich nicht man selbst, sondern die anderen. Denn so ein Tauchgang im Weiher war unheimlich, weil das Wasser vom Laub dunkel und der Grund moderig war, sodass man darin versackte und mit schlammverschmierten Füßen aus dem Wasser stieg, zwischen den Zehen die Gerippe verrotteter Blätter. Unsere Füße wurden in diesem Sommer gar nicht mehr sauber, unsere Haare rochen nach Tümpel und Kinderschweiß. Auf der Insel im Weiher habe ich meine erste Kippe gepafft, heimlich hinter einem Busch. »Nur wer schwingt, darf rauchen«, bestimmten die Großen. Wir ließen die Zigaretten im Kreis rumgehen, denn wir waren Indianer. Ich mochte den Geschmack nicht, aber es gefiel mir, den warmen Rauch einzuatmen und wieder auszupusten. Diese Sommer, dieser Weiher und die tausendundeins Möglichkeiten, einen Tag zu gestalten – ich wünschte, ich könnte jetzt dorthin zurückkehren.

Die Tür des Aufzugs öffnet sich und reißt mich aus meinen Tagträumen. Ich habe es tatsächlich geschafft, unverletzt ins Büro zukommen, wenn auch ohne Kaffee, und trete in die Kabine, die von oben bis unten verspiegelt ist. Die Beleuchtung ist gnadenlos. Wenn ich allein bin, quetsche ich mir hier heimlich die Mitesser auf der Nase oder dem Kinn aus, weil man sie in dem Licht überhaupt erst sehen kann. An der Wand steht ein Schild, wann der Aufzug gebaut wurde und wie viele Leute er hoch- und runterfahren kann. Er ist so alt wie ich. Oder ich bin so alt wie der Aufzug: 35, beziehungsweise bald 36. Ich drücke auf den runden Knopf mit der Zahl 5. In dieser Etage befindet sich die Agentur, in der ich arbeite. Oben wartet ein langer Flur, ganz am Ende ist der Eingang – eine große lilafarbene Tür mit dem Namen der Agentur in Schnörkelschrift: Purple Consulting by Beatrice M. Ich zweifle jeden Tag daran, dass es korrektes Englisch ist, für mich klingt es eher nach einer Firma für Oma-Pullover mit Tigerdruck und Glitzersteinchen, die über den Teleshopping-Kanal vertrieben werden, aber Lila ist die Lieblingsfarbe von Frau Möser. Sie trägt jeden Tag etwas in der Farbe, sei es...

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