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Mexiko - zehn Jahre in der NAFTA

Wirtschaftliche und politische Auswirkungen

AutorMichael Vogler
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2004
Seitenanzahl100 Seiten
ISBN9783638291880
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis31,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Politik - Internationale Politik - Region: Mittel- und Südamerika, Note: 1,7, Universität Passau, Sprache: Deutsch, Abstract: Nach 10 Jahren NAFTA-Mitgliedschaft Mexikos stellt sich die Frage, inwiefern der Beitritt zu diesem Bündnis das Land vorangebracht hat. Besonders interessant ist das NAFTA-Projekt aufgrund des einzigartigen Umstands, dass sich ein Schwellenland mit zwei Industrieländern in einem Integrationsbündnis zusammengeschlossen hat. In der vorliegenden Arbeit werden vor allem die wirtschaftlichen und politischen Auswirkungen des Bündnisses auf die Entwicklung Mexikos detailliert untersucht. Wenn auch nicht vertieft diskutiert, so wird doch deutlich, dass erst ein fiktiver Vergleich mit einem möglichen Verzicht auf den NAFTA-Beitritt dessen Vorteile evident werden lässt.

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Leseprobe

3. Der NAFTA-Vertrag


 

3.1. Der Verhandlungsverlauf


 

Die Vereinigten Staaten von Amerika nahmen den ihnen von der Regierung Salinas de Gortari unterbreiteten Vorschlag zur Etablierung einer Freihandelszone nicht nur bereitwillig, sondern eifrig an. Nachdem sich der mexikanische Präsident trotz aller antiamerikanischen Stimmungen zu diesem Schritt überwunden[55] hatte, wollte sich Washington diese Chance auf eine Intensivierung der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen mit Mexiko nicht entgehen lassen, zumal man nicht wusste, wann – und ob überhaupt – sich solche eine Gelegenheit wieder ergeben würde.[56] Ende August 1990 schlug Salinas den USA offiziell die Aufnahme von Verhandlungen vor, Präsident Bush informierte hierauf den amerikanischen Kongress.[57] Nachdem auch die kanadische Regierung über die mexikanisch-US-amerikanischen Absichten unterrichtet worden war, und sich schließlich entschloss, an Gesprächen über die Schaffung einer nordamerikanischen Freihandelszone teilzunehmen, konnten die offiziellen trilateralen Verhandlungen auf Ministerebene am 12. Juni 1991 in Toronto beginnen.[58] Der Verhandlungsablauf lässt sich in fünf Phasen unterteilen: Die Vorbereitungsphase, die zweite Phase mit ersten Vertragsvorschlägen, die dritte Phase der gegenseitigen Abstimmung der Vorschläge, die vierte Phase der Einigung in essentiellen Bereichen und schließlich die fünfte Phase der Schlussarbeiten und Ausräumung offengebliebener Fragen.[59] Die einzelnen Bereiche der NAFTA-Verhandlungen unterschieden sich hinsichtlich der Schwierigkeit, zu einer Lösung zu gelangen: So waren die Abschaffung von Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen, die Regelung von Schutzmaßnahmen und die Standardisierung des Landtransports relativ problemlos. Weder einfach noch besonders schwierig waren die Bereiche Handel mit Textilien und Kleidung aus Mexiko, Vereinheitlichung von Qualitätsbestimmungen, Dienstleistungshandel, Telekommunikation, Schutz des geistigen Eigentums und Streitschlichtung. Relativ problematisch waren dagegen die Verhandlungen über die Ursprungsregelungen, das öffentliche Bestellwesen, den Energiesektor und den Handel mit petrochemischen Produkten, Subventionen und Handelsbeschränkungen, Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, Landwirtschaft, Investitionen und Automobilhandel.[60] In den letztgenannten Bereichen bestehen viele Sonderbestimmungen, jeweils mit dem Hinweis auf später folgende Verhandlungen.[61]

 

Am 17. Dezember 1992 wurde der NAFTA-Vertrag von den drei Staats- und Regierungschefs unterzeichnet. Die Zustimmung der einzelnen Parlamente erfolgte während des Jahres 1993, wobei sich sowohl in den USA als auch in Kanada heftiger politischer Widerstand entgegenstellte und der Vertrag von den Abgeordneten nur jeweils relativ knapp angenommen wurde. Präsident Carlos Salinas de Gortari brachte die Vertragsvorlage erst danach vor das mexikanische Parlament, um ein nachträgliches Scheitern seiner Verhandlungen zu vermeiden.[62]

 

3.2. Die Verhandlungsergebnisse


 

Der NAFTA-Hauptvertrag besteht aus 22 Kapiteln, die zu folgenden acht Teilen zusammengefasst sind: Zielsetzung, Güterhandel, technische Handelshemmnisse, öffentliches Beschaffungswesen, Investitionen und Dienstleistungen, geistiges Eigentum, administrative und institutionelle Fragen sowie weitere Bestimmungen. Im Folgenden soll ein Einblick in die wichtigsten Bestimmungen des NAFTA-Vertrages gegeben werden, wobei die für die Fragestellung dieser Arbeit besonders relevanten Regelungsbereiche (Handel und Investitionen) etwas ausführlicher dargestellt werden.[63]

 

3.2.1. Zielsetzung

 

Bereits in der Präambel werden allgemeine Zielsetzungen formuliert: Zu nennen wären vor allem die Vertiefung der Kooperation, die Förderung des Wachstums und des Handels, die Schaffung eines rechtlich verbindlichen Rahmens und damit die Gewährleistung von Planungssicherheit, die Förderung des Wettbewerbs und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung soll dabei auch auf den Schutz der Umwelt und den Ausbau der Arbeitnehmerrechte geachtet werden.[64] Folgende konkretere Ziele wurden im Kapitel I des NAFTA-Vertrages festgelegt: Beseitigung von Handelshemmnissen und Förderung des grenzüberschreitenden Handels von Gütern und Dienstleistungen, Förderung fairer Wettbewerbsbedingungen, substanzielle Erweiterung der Investitionsmöglichkeiten, Schutz des intellektuellen Eigentums, Etablierung wirksamer Mechanismen zur Umsetzung und Erfüllung des Vertrages sowie Schaffung einer Basis für eine weitergehende Kooperation auf trilateraler, regionaler und multinationaler Ebene, mit dem Ziel, die Vorteile des Abkommens weiter auszubauen.[65] Der NAFTA-Vertrag steht im Einklang mit dem GATT und anderen internationalen Handelsabkommen, hat bei Inkongruenzen mit diesen jedoch Vorrang.[66]

 

3.2.2. Güterhandel 


 

Fragen des Güterhandels und Marktzugangs werden im zweiten Teil des NAFTA-Vertrags geregelt, der in folgende Kapitel unterteilt ist:

 

a) Inländergleichbehandlung und Marktzugang

 

Der NAFTA-Vertrag begründet eine Freihandelszone.[67] Entscheidender Unterschied zu einer Zollunion wie der EU oder dem Mercosur ist, dass die teilnehmenden Staaten ihre Außenzölle gegenüber Drittstaaten beibehalten. Dies impliziert auch, dass Produkte, die ihren Ursprung außerhalb der Freihandelszone haben, weiterhin den Grenzkontrollen im Freihandelsgebiet unterliegen.

 

Die drei Vertragsparteien gewähren einander Inländergleichbehandlung für Waren, d.h. dass Güter aus den Partnerstaaten handelsmäßig nicht ungünstiger behandelt werden dürfen als eigene Waren. Allerdings unterliegen einige Produkte, vor allem Holz und Gebrauchtwagen, nicht dem Prinzip der Inländergleichbehandlung.[68]

 

Eine essentielle Übereinkunft der NAFTA ist der gegenseitige Zollabbau: Die Zölle auf Handelsgüter werden entweder mit dem Inkrafttreten der NAFTA beseitigt, oder in Übergangszeiten von fünf, zehn oder 15 Jahren sukzessive in gleichmäßigen Raten abgebaut. Bis dahin zollfreie Handelsgüter bleiben auch zukünftig ohne Zollbelastung.

 

Es gibt also fünf Kategorien von Produkten. In Kategorie A (Beseitigung der Zölle seit dem 1. Januar 1994) fallen mehr als ein Drittel aller Produkte, darunter Gemüse, chemische Produkte, Holzerzeugnisse und Papiermasse, Schuhwaren, einzelne Maschinen und Haushaltsgeräte. Wertmäßig dürfte der Anteil dieser Produktgruppe aufgrund der geringen Handelsbedeutung vieler Produkte geringer sein. Zur Kategorie B, der Produktgruppe, deren Zölle bis zum 1. Januar 1998 abgebaut wurden zählen vor allem Düngemittel, Mineralien, Metalle, Gummiprodukte, Agrar- und Baumaschinen sowie einige Elektrogeräte. Diese Gruppe ist von der Anzahl der erfassten Positionen wie auch vom Handelswert bedeutend. Wichtige Güter der Kategorie C (Zollfreiheit ab dem 1. Januar 2003) sind Möbel, Spielwaren, Plastik, Lederkonfektion, optische Geräte und pharmazeutische Produkte. Die Kategorie C+ besteht aus Produkten, deren Zölle erst bis zum 1. Januar 2008 abgebaut werden. Ihr Anteil ist relativ bescheiden und bezieht sich hauptsächlich auf landwirtschaftliche Erzeugnisse. Sinn dieser Regelung ist es vor allem, durch die längere Übergangszeit die sozialen Folgen abzumildern, die sich für mexikanische Kleinbauern aus dem Wettbewerb mit landwirtschaftlichen Großbetrieben in den USA und Kanada ergeben. Die Kategorie D der bereits zollfreien Waren umfasst Produkte aus fast allen Bereichen außer der Textilwirtschaft.[69]

 

Tabelle 1. Struktur der Zollsenkungen: Einteilung des bilateralen Handels USA - Mexiko in die Zollsenkungskategorien (Angaben in Prozent):[70]

 

 

Tabelle 1 zeigt, dass die USA mexikanischen Produkten wesentlich schneller die Zollfreiheit gewähren als umgekehrt. Bereits mit Inkrafttreten der NAFTA entfielen auf 80 Prozent der mexikanischen Exporte in die USA keinerlei Zölle, besonders wettbewerbsfähige Produkte waren dabei aber oft ausgenommen. Importe aus den USA wurden 1991 in Mexiko durchschnittlich mit 11,0 bis 13,2 Prozent belegt, umgekehrt erhoben die USA schätzungsweise 3,4 bis 6,0 Prozent Zölle auf mexikanische Produkte.[71] Ingesamt kann festgehalten werden, dass auf diese Weise der weniger ausgeprägten Wettbewerbsfähigkeit der mexikanischen Wirtschaft im NAFTA-Vertrag Rechnung getragen wurde.

 

Zollkontingente, d.h. die Gewährung von niedrigeren Zöllen auf ein bestimmtes Produkt bis zu einer bestimmten maximalen Importmenge, mussten jährlich um fünf Prozent der anfänglichen Quote ausgeweitet werden und waren bis 2003 aufzuheben.[72]

 

Besondere Regelungen wurden im Automobil- und im Textilsektor getroffen. Beide gelten im nordamerikanischen Handel als besonders sensibel. Während die fünf großen Autohersteller in Mexiko (Chrysler, Ford, General Motors, Nissan und Volkswagen) bereits vor der NAFTA offenen...

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