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Migration und Integration bei Jugendlichen. Wie die Offene Jugendarbeit Jugendliche mit Migrationshintergrund in die Gesellschaft integriert

AutorSandra Knierbein
VerlagStudylab
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl105 Seiten
ISBN9783960955825
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Deutschland hat als Einwanderungsland eine lange Geschichte. Migration und Integration sind deshalb Ereignisse, die in der Mitte unserer Gesellschaft stattfinden. Damit das Zusammenleben von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen funktioniert, müssen sie sich gegenseitig begegnen und respektieren. Vor allem für Jugendliche ist es wichtig, dass sie in unserer Gesellschaft ankommen und attraktive Zukunftschancen sehen. Sandra Knierbein zeigt, wie die Offene Jugendarbeit die Integration von Heranwachsenden unterstützen kann. Viele Kinder und Jugendliche kommen nach Deutschland, nachdem sie unvermittelt aus ihrer bisherigen Lebenswelt gerissen wurden. Sie haben es oft schwer, sich in der neuen Umgebung zurechtzufinden. Knierbein erklärt, unter welchen Bedingungen die Integration in die deutsche Gesellschaft gelingt. Aus dem Inhalt: - Migrationshintergrund; - Soziale Arbeit; - Chancengleichheit; - Kinder und Jugendliche; - Diskriminierung

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Leseprobe

3 Vorstellung der zugrunde liegenden Rahmenbedingungen


 

Für den weiteren Verlauf der Arbeit ist der Blick zunächst auf die Offene Jugendarbeit als ausgewählter Arbeitsbereich für die Integrationsprozesse der Jugendlichen mit Mi-grationshintergrund in die Gesellschaft zu richten. Dieser bildet den Ausgangspunkt für alle nachfolgenden Überlegungen und Prozesse im Bereich der Integration. Hierzu werden vorab die wesentlichen Merkmale der Kinder- und Jugendarbeit allgemein erläutert, anschließend wird die Offene Jugendarbeit spezifiziert. Nachfolgend wird auf die Jugendlichen mit Migrationshintergrund als fokussierte Adressat*innengruppe der Offenen Jugendarbeit eingegangen.

 

3.1 Offene Jugendarbeit


 

Die Kinder- und Jugendarbeit allgemein ist in das Feld der Kinder- und Jugendhilfe einzuordnen und gehört dem Oberbegriff der non-formalen Bildung an. Diese definiert sich in erster Linie durch Freizeit, Entschleunigung sowie Selbstbestimmung und grenzt sich dadurch vom formalen Bildungsbereich mit engführender Bildung ab (vgl. Thimmel 2015, S. 15). In Abgrenzung zu weiteren Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe ist das Besondere an der Kinder- und Jugendarbeit der Lebensweltbezug und die Orientierung der pädagogischen Konzepte sowie Praxen an den Bedürfnissen und Interessen der Adressat*innen. Darüber hinaus besteht das Ziel, diese und die Positionen der Jugendlichen in die Gesellschaft einzubringen. Zentral sind einerseits ihre Selbstbestimmung und Partizipation, andererseits und zugleich die Repräsentation der Erwachsenengesellschaft. Der gesetzliche und gesellschaftliche Auftrag der Kinder- und Jugendarbeit ist die in §11 des KJHG/SGB VIII verankerte Entwicklungsförderung der Adressat*innen durch die hierfür notwendigen Angebote zur Arbeit mit ihnen (s. Anhang 7). Hierzu existieren Ausführungsgesetze zum KJHG in den Bundesländern und kommunale Jugendförderpläne in den einzelnen Kommunen (vgl. Thimmel 2012, S. 366 ff.; Thimmel 2015, S. 14).

 

Unter Offener Kinder- und Jugendarbeit werden unterschiedliche, offene Handlungsfelder im Bereich der Jugendarbeit zusammengefasst, welche zugleich die Bedeutung von „offen“ definieren. Gestaltet werden diese sowohl von freien als auch öffentlichen Trägern. Diese Angebote sollen für möglichst viele Kinder und Jugendliche verschiedener Alters- und Zielgruppen zugänglich sein (vgl. Windisch 2015, S. 155).

 

Im Folgenden wird die Bezeichnung der (Offenen) Jugendarbeit – differenziert von der Kinder- und Jugendarbeit – verwendet. In erster Linie hängt dies mit der Alterseinteilung der entsprechenden Einrichtungen und der Jugendphase als eigenständige Lebensphase zusammen. Zudem ist die Jugendpolitik, welche in Verbindung zur Jugendphase und zur Jugendarbeit steht, ein leitendes Kriterium hierfür. „Jugendpolitik ist ein eigenständiges Politikfeld, das sich aus der Eigenständigkeit der Jugendphase ableitet.“ (Thimmel 2015, S. 15). Während die Interessen von Jugendlichen und Kindern sehr unterschiedlich sein können, ist dennoch davon auszugehen, dass viele grundsätzliche Aspekte und Rahmenbedingungen, um die es sich in dieser Arbeit handelt, gleichermaßen auch für die Arbeit mit Kindern gelten.

 

Speziell für die Offene Jugendarbeit sind niederschwellige Angebote im Bildungs- und Freizeitbereich prägend. Von besonderer Bedeutung sind diese bei der Entwicklung der Identität und von Teilhabechancen der Jugendlichen sowie für die Ermöglichung ihrer Bildungsprozesse. Ein weiteres Merkmal der Offenen Jugendarbeit ist die Freiwilligkeit der Teilnahme (vgl. Thimmel 2012, S. 374).

 

„Die offene Jugendarbeit ist einer der wenigen (halbstaatlichen) Orte, in denen sich benachteiligte, nicht privilegierte Jugendliche und junge Erwachsene freiwillig aufhalten. Sie verbringen ihre Freizeit miteinander und finden dort Hilfen zur Lebensbewältigung und Anerkennung als Person und als Gruppe.“ (Ebd.).

 

Konkrete Einrichtungen der Offenen Jugendarbeit nennen sich Jugendclubs, Jugendzentren, Jugendhäuser (vgl. ebd.), Jugendfreizeitstätten, Jugendtreffs oder Stadtteil-treffs (vgl. Windisch 2015, S. 155). Des Weiteren zählen Abenteuer-/Bauspielplätze sowie Treffs für ausgewählte Zielgruppen (zum Beispiel für Mädchen) hierzu (vgl. Täubig 2012, S. 155). In der vorliegenden Arbeit wird der Blick auf die Einrichtungen gerichtet. Besucher*innen dieser Einrichtungen sind besonders viele Jugendliche mit Migrationshintergrund (vgl. Thimmel 2012, S. 374). Zu diesem Ergebnis kamen zum Beispiel auch Stürzer et al. (2012) in ihrer Studie zur Bildungssituation von in Deutschland lebenden Jugendlichen mit Migrationshintergrund im schulischen und außerschulischen Kontext. Zu berücksichtigen sind in diesem Zusammenhang die benannten regionalen Streuungen (s. Kapitel 2.1.3, S. 13), insbesondere zwischen Landkreisen und Großstädten, in denen der Gesamtanteil der Menschen und konkret Jugendlichen mit Migrationshintergrund stark variiert (vgl. Täubig 2012, S. 156 f.). Anzunehmen ist aus diesem Grund, dass auch der Anteil der Besucher*innen der Jugendeinrichtungen mit Migrationshintergrund in Großstädten und vor allem bestimmten Ortsteilen, wie die Dortmunder Innenstadt-Nord, entsprechend hoch ist. In diesem Zusammenhang ist auf eine interkulturelle Öffnung der Einrichtungen zu verweisen. Diese wird in Kapitel 4.3 aufgegriffen.

 

Windisch weist darauf hin, dass es aufgrund gesellschaftlich und strukturell veränderten Rahmenbedingungen und immer neuen Herausforderungen notwendig ist, bestehende und gelingende Ansätze in der Offenen Jugendarbeit konzeptionell weiterzuentwickeln. Nur so könne diesen veränderten Ansprüchen professionell und adäquat begegnet werden. Kontinuität ist dabei insofern wichtig, als dass sich auch die Lebenswelten, Lebensbedingungen sowie Lebensrealitäten der Adressat*innen stetig wandeln (vgl. Windisch 2015, S. 157).

 

Für alle konzeptionellen Überlegungen gilt der Zusammenhang zwischen örtlichen Situationen und den Lebenssituationen der Jugendlichen zu beachten. Demnach können Konzepte oder Methoden nicht bedingungslos von bestimmten Einrichtungen auf jegliche andere übertragen werden (vgl. ebd.). An dieser Stelle ist zum einen die Heterogenität der Jugendlichen (mit Migrationshintergrund) zu beachten. Auf diese wird im Rahmen der Auseinandersetzung mit der Adressat*innengruppe in Kapitel 3.2 vertiefend eingegangen. Darüber hinaus ist die bereits benannte Unterscheidung zwischen beispielsweise Landkreisen und Großstädten zu erwähnen.

 

Weitergehend stellt die sozialräumliche Orientierung einen wesentlichen Bestandteil der Konzepte in der gegenwärtigen Offenen Jugendarbeit dar. Diese bezieht sich über die direkte Umgebung der jeweiligen Einrichtungen hinaus auch auf die Vermittlung weiterer Sozial- und Freiräume. Das Kriterium Freiräume zu ermöglichen im Rahmen einer funktionalen Umwelt und eines verdichteten Alltags vieler Jugendlicher ist Teil der Offenen Jugendarbeit. Damit in Verbindung steht die Bemühung um ein positives Umfeld hinsichtlich des Lebens, Lernens und der Erfahrungen von Jugendlichen (vgl. ebd.).

 

Insbesondere wird auch der Aspekt der Partizipation in diesen Merkmalen erkennbar.

 

Die hier zugrunde liegende Beschreibung der Offenen Jugendarbeit beinhaltet bereits substanzielle Kriterien und Konzepte, die für die Integration von Jugendlichen mit Mi-grationshintergrund in die Gesellschaft signifikant sind. In Kapitel 4 wird auf diese zurückgegriffen und vertiefend eingegangen.

 

3.2 Jugendliche mit Migrationshintergrund als Adressat*innen der Offenen Jugendarbeit


 

In diesem Abschnitt findet zunächst eine Beschreibung der fokussierten Adressat*innengruppe in dieser Arbeit statt. Allgemein geht es darum, wer integriert werden soll. Zudem werden kritische Sichtweisen über diese Beschreibungen und Zuschreibungen aufgegriffen und mit Blick auf die zugrunde liegende Arbeit Stellung hierzu bezogen.

 

Im Zentrum der Fragestellung der Arbeit stehen Jugendliche mit Migrationshintergrund in Deutschland. Die zwei Hauptkriterien dieser Adressat*innen der Offenen Jugendarbeit sind somit ihr Alter respektive die Jugendphase sowie der Migrationshintergrund. Hinsichtlich des Jugendalters kann für diese Arbeit mit Rückblick auf Kapitel 2.1.3 (S. 13) von Jugendlichen im Alter von " 15 Jahren ausgegangen werden. Die Jugend ist „eine Zeit des Infragestellens, der Suche nach dem eigenen Weg und der Identitätsbildung.“ (Seiler 2004, S. 203). Mit dieser Betrachtung geht weder das Unbewusstsein über die Jugendlichen ohne Migrationshintergrund in der Offenen Jugendarbeit einher noch darüber, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund auch Adressat*innen anderer Einrichtungen, Hilfen oder Arbeitsfelder sind. Für ersteres spielt auch an dieser Stelle das Kriterium der interkulturellen Öffnung eine Rolle.

 

Die Bezeichnung „mit Migrationshintergrund“ wird aufgrund dessen Bedeutung (s. Kapitel 2.1.2, S. 11) bewusst gewählt. Es ergibt sich ein weit gefasster Personenkreis, wodurch alle Jugendlichen mit Migrationshintergrund in die Fragestellung und damit in das Feld der Offenen Jugendarbeit einbezogen werden – unabhängig von...

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