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'Minotaurus im Spiegel': Die Facetten des Spiegellabyrinth-Motivs in Dürrenmattes 'Minotaurus'

AutorStela Avram
VerlagDiplomica Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl73 Seiten
ISBN9783842832114
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Dieses Buch liefert eine komplexe interdisziplinäre Untersuchung der Umdeutung des Labyrinth-Mythos in Dürrenmatts 'Minotaurus'. Die Analyse bezieht Perspektiven der Literaturwissenschaft, der Mythologie und der Philosophie mit ein. Sie behandelt die vielfältigen Facetten des Spiegellabyrinth-Motivs, die den wesentlichen Umrissen einer postmodernen conditio humana entsprechen: Die Reflexivität als Erkenntnismittel, die Identitätskonstruktion, die Rolle der Rebellion in der Entwicklung des Individuums und die Frage nach der Fluchtmöglichkeit aus einer selbst erschaffenen Welt. In der Gestalt des in seinem Spiegellabyrinth eingeschlossen Minotaurus verkörpert sich die paradoxe Lage des Menschen in der Welt als Schöpfer und zugleich Opfer seiner Welt, grotesk und erhaben zugleich. Das Bild des Spiegellabyrinths, das sich in dem Unendlichen widerspiegelt, wiederholt die unendliche Komplexität der Welt, deren völlige Enträtselung immer scheitern wird. Denn der Mensch ist -wie Minotaurus- ein vereinzeltes Wesen, das dazu verdammt ist, nur sein eigenes Ich zu kennen und niemals dem Anderen zu begegnen.

Stela Avram wurde 1975 in Sächsischen-Regen, Rumänien, geboren. Sie studierte Klassische Philologie, Germanistik und Anglistik an der Universität Bucharest und an der Babes-Bolyai-Universität Klausenburg. Seit ihrem Abschluss lehrt die Autorin Latein und Englisch in Klausenburg. Ihre Forschungsinteresse ist den Zusammenhängen zwischen Mythologie, Literatur und Philosophie gewidmet.

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel I.2, Die Welt als Labyrinth: Dürrenmatts ästhetisches Credo: In einem Gespräch mit Fritz J. Raddatz aus dem Jahr 1985 definierte sich Friedrich Dürrenmatt als 'ein[en] Schriftsteller in Rebellion gegen Ideologen und Gläubige aller Art'. Selbst durch diese Aussage lässt sich nachweisen, dass Dürrenmatt keine ästhetische Theorie entwickelte, die im Schreiben seiner Werke als System wirkt. Jedoch kann man in Dürrenmatts Werk einige Fäden entdecken, die eine Art ästhetisches Credo konturieren lassen. Dieses Credo kommt in den Theaterstücken oder Prosatexten verschlüsselt vor, es wird aber in Essays klarer ausgedrückt, oder gar in seinem autobiografischen Werk Stoffe I-IX und in den Gesprächen unmittelbar erklärt. Das vorliegende Kapitel beabsichtigt nicht, Dürrenmatts ästhetisches Credo ausführlich zu erschließen, sondern nur diejenigen Aspekte darzustellen, die für eine adäquate Analyse der Ballade Minotaurus nötig sind. Weil die Ballade einer Neubearbeitung des Labyrinth-Mythos entspricht, konzentriert sich die Untersuchung in diesem Kapitel auf die Bedeutung des Labyrinth-Mythos in Dürrenmatts Werk, auf den Sinn des Labyrinths für Dürrenmatt und auf die Beziehungen zwischen der literarischen Umschreibung dieses Mythos und den außerliterarischen Bereichen, wie Philosophie, Kunst und Wissenschaft. Diese Korrelationen sind für die Erfassung von Dürrenmatts Texten eine conditio sine qua non, indem Dürrenmatt nach seiner eigenen Aussage 'ein verkleideter Philosoph' war, ein Schriftsteller, der Philosophie studierte und Maler werden wollte. Seine 'Schriftstellerei' liegt 'zwischen Denken und Malen' und befindet sich im engen Zusammenhang mit der Wissenschaft: 'Die Welt dramaturgisch in den Griff zu bekommen, das geht heute ohne Beschäftigung mit der Wissenschaft überhaupt nicht. Was nämlich die Welt verändert hat, ist nicht irgendeine Ideologie, sondern eben die Wissenschaft'. Philosophie, Kunst und Wissenschaft sind also für Dürrenmatts ästhetisches Credo nicht marginale oder tangentiale Bereiche zur Literatur, sondern sie prägen dem Schriftsteller einen bestimmten Denkstil ein. Zudem üben auch die literarischen Modelle wichtige Einflüsse auf Dürrenmatts Denken aus. Unter den Schriftstellern, die seine Welt modellierten, erwähnt Dürrenmatt vorrangig Aristophanes, den berühmtesten Komödiendichter des griechischen Altertums. Darum besteht das letzte Teil dieses Kapitels in einer kurzen Untersuchung der aristophanischen Elemente in Dürrenmatts Werk. Das ästhetische Credo Dürrenmatts wurde in Bezug auf die wichtigsten Begriffe dargestellt, die der Autor selbst in seinen Werken als erklärende Termini für sein Schreiben benutzt und die in den weiteren Teilen der vorliegenden Studie eine stützende Funktion für die Untersuchung der Ballade haben: Welt-Gegenwelt, vorhandene und erfundene Stoffe, Das künstlerische und das wissenschaftliche Denken, das Aristophanische. 3.1, Welt-Gegenwelt: Der leitende Faden in Dürrenmatts Werk, der als Konstante gilt, ist seine Rolle als Erkenntniskritiker. Die Grenzen des menschlichen Denkens bestehen für den Schweizer Schriftsteller darin, dass der Mensch keine Übersicht über die Welt gewinnen kann. Auf jede Frage über die Wirklichkeit kann man nur eine persönliche, subjektive Antwort geben. Das heißt, es gibt keine allgemeingültige Wahrheit, sondern nur subjektive Wahrheiten; der Mensch verlor die metaphysische Grundlage seiner Existenz und irrt in einer vielfältigen, rätselhaften, von sich selbst erschaffenen Welt. Aus dieser Weltsicht entwickelt sich für Dürrenmatt ein dialektisches Gedankenspiel, das der Wirklichkeit die unzählbaren Möglichkeiten einer von der Einbildungskraft erdachten Welt gegenüberstellt. In diesem schöpferischen Akt sieht Dürrenmatt die wichtigste Rolle des Schriftstellers: aus der erlebten Welt Weltgleichnisse zu finden, die den Leser zum Weiterdenken anregen sollen. Indem die Existenz nicht unmittelbar mitgeteilt werden kann, denn 'über sie lassen sich nur Gleichnisse sagen, in Bildern und Zeichen', versucht der Künstler sich durch die Gleichnisse eine Gegenwelt zu erdenken. Das Gleichnis, das Dürrenmatt sowohl literarisch als auch zeichnerisch ständig verarbeitete, ist das Labyrinth, 'ein Urbild dessen, dass [der Mensch] in einer Welt lebt, die er sich selber schafft und in der er sich nicht zurechtfindet'. Das Labyrinth als Inbegriff der undurchschaubaren Welt und der Minotaurus als Sinnbild des isolierten, existenziellen Daseins des Menschen bleiben für Dürrenmatt bildhafte Urmotive, zu denen der Schriftsteller immer wieder zurückkehrt, und sie neu zu gestalten versucht. Von den früheren Erzählungen und Novellen wie Die Stadt oder Aus den Papieren eines Wärters bis zu den berühmten Theaterstücken, z.B. Die Physiker, Achterloo und den späteren Prosa-Texten - Winterkrieg in Tibet, Der Rebell, Das Hirn, und bis zu der Ballade Minotaurus wird das Labyrinth zum ständigen Stoff der Dürrenmattschen Werken. Außerdem wurde das autobiographische Buch Stoffe I-III, wo Dürrenmatt seinen schriftstellerischen Arbeitsprozess darstellt, unter dem Titel Labyrinth veröffentlicht. In diesem Buch stellt Dürrenmatt seine andauernde Beschäftigung mit dem Labyrinth vor: die ersten Eindrücke als Kind, die philosophischen Gedanken und die literarischen Variationen zu diesem Thema. Die Bearbeitung des Stoffes 'Labyrinth', die Denkmethode, die Gestalten des Labyrinths, die verschiedenen Möglichkeiten den Mythos anders zu denken (z.B. Minotaurus als Vegetarier), der Gleichnischarakter des Labyrinths und seine mehrdeutigen Erklärungen bauen die 'Dramaturgie des Labyrinths' auf, ein wichtiger Begriff von Dürrenmatt, der in Labyrinth. Stoffe I-III, in einer essayistischen Form erläutert wird.
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
INHALTVERZEICHNIS3
VORWORT5
I. Theoretische Grundlagen9
I.1. Der Labyrinth-Mythos10
I.2. Die Welt als Labyrinth: Dürrenmatts ästhetisches Credo19
3.1. Welt-Gegenwelt20
3.2. Vorhandene Stoffe – Erfundene Stoffe21
3.3 Das künstlerische und das wissenschaftliche Denken23
3.4. Das Aristophanische25
II. Die Umdeutung des Mythos bei Dürrenmatt:Das Spiegelalbyrinth29
II.1. Widerspiegelungen30
II.2. IDENTITÄTSPROBLEMATIK38
II.3. DIE REBELLION45
II.4. DIE FLUCHT AUS DEM LABYRINTH51
III. ZUSAMMENFASSUNG / AUSBLICK59
ANHANG 167
ANHANG 268
LITERATURVERZEICHNIS70
I. PRIMÄRLITERATUR70
II. SEKUNDÄRLITERATUR71

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