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E-Book

Miriam Cahn

DAS ZORNIGE SCHREIBEN

AutorMiriam Cahn
VerlagHatje Cantz Verlag
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl296 Seiten
ISBN9783775745789
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis21,99 EUR
Die Schweizer Künstlerin Miriam Cahn (*1949, Basel) setzt sich in Ölmalereien, Kohle-, Kreide-, Farb- und Bleistiftzeichnungen, Fotografien, Filmen und Installationen mit politischen und gesellschaftlichen Themen auseinander. Charakteristisch für ihre Werke ist eine starke Farbigkeit, die mit den wiederkehrenden Motiven Gewalt, Zärtlichkeit, Krieg, Verwüstung und körperliche Versehrtheit starke Kontraste bildet. Ihr Schaffen selbst schreibend zu kommentieren, zieht sich dabei als roter Faden durch Cahns künstlerischen Werdegang. Sie durchleuchtet ihre eigenen Arbeiten, kommentiert dabei das Kunst- und Weltgeschehen und stellt die Texte auch in Ausstellungen und Publikationen den Werken gegenüber. DAS ZORNIGE SCHREIBEN  fasst diese Texte, Tagebuchnotizen und Briefwechsel mit Freunden, Gegnern, Familienangehörigen und Galeristen nun erstmalig in einem reinen Textband zusammen. Das Buch gibt sehr persönliche Einblicke in Miriam Cahns Leben, ihre Familie und den Kunstbetrieb und macht den Leser mit einem streitbaren, unabhängigen Geist bekannt. AUSSTELLUNGEN: Kunstmuseum Bern 22.2.- 6.6.2019 Kunsthaus Bregenz 13.4.-30.6.2019 Reina Sofia Madrid 4.6.-14.10.2019 Haus der Kunst München 4.7.-4.10.2019 Museum of Modern Art in Warschau 29.11.2019-23.2.2020   Die Schweizer Künstlerin MIRIAM CAHN (*1949, Basel) setzt sich in Ölmalereien, Kohle-, Kreide-, Farb- und Bleistiftzeichnungen, Fotografien, Filmen und Installationen mit politischen und gesellschaftlichen Themen auseinander. Charakteristisch für ihre Werke ist eine starke Farbigkeit, die mit den wiederkehrenden Motiven Gewalt, Zärtlichkeit, Krieg, Verwüstung und körperliche Versehrtheit starke Kontraste bildet. Ihr Schaffen selbst schreibend zu kommentieren, zieht sich dabei als roter Faden durch Cahns künstlerischen Werdegang. Sie durchleuchtet ihre eigenen Arbeiten, kommentiert dabei das Kunst- und Weltgeschehen und stellt die Texte auch in Ausstellungen und Publikationen den Werken gegenüber.

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Leseprobe

miriam cahn

strassburgerallee 68

CH-4055 basel

basel, 30. juli 89

liebe adrienne goehler,

vielen dank für Ihren brief – und herzlichen glückwunsch zu Ihrer «bestallung» (schreckliches wort).

sie haben recht damit, dass die männliche dominanz in der ästhetik verschwinden muss. das dumme ist nur, dass ich vorläufig wirklich nicht lehren will, auch nicht in einer gastprofessur. die gründe liegen in meiner arbeit: ich kann im moment unmöglich diese art «rhythmischer, zyklischer» arbeitsweise, mein verfahren, mit einer pädagogischen, lehrenden haltung vereinen – es geht einfach nicht.

ich bin in dieser frage ganz «altmodisch» und finde mich noch zu jung dazu – kann gut sein, dass ich später eine gute lehrerin werde. in meinem katalog, den ich Ihnen oder Ihrem büro gesendet habe, schrieb ich auf eine ähnliche anfrage in münchen eine antwort, die für mich, wenn ich sie heute wieder lese, nur bedingt stimmt: dort fand ich diese alten akademien ungefähr gleich hoffnungslos wie die schweizer armee, nämlich völlig überflüssig und nicht es wert, dass sich frauen überhaupt dazu bewerben. – heute finde ich die schweizer armee immer noch überflüssig, aber in akademien sollten soviele frauen als möglich lehren – nur nicht gerade ich im moment.

erfahrungsgemäss fallen auch den «offensten» männern im kunstbetrieb nur 2–3 frauen ein, ob für grossausstellungen oder als professorinnen. darum sende ich Ihnen hier noch eine liste, die «meine» künstlerinnen beinhaltet, d.h. ich finde jede dieser frauen qualitativ hochstehend und auf ihre art und weise interessant.

was ich hingegen interessant fände und auch sofort machen würde, sind beiträge an thematischen veranstaltungen oder symposien oder was weiss ich – auch interdisziplinär, was ja bei Ihrer akademie auf der hand liegt. es gibt ja mittlerweile architektinnen und grafikerinnen, feministische kunstwissenschaft, vielleicht ingenieurinnen, fotografinnen etc. etc. etc., die unter themen zusammenzufassen wären, die den begriff arbeit im zusammenhang mit frausein neu definieren. es ist nämlich schon so, dass es nicht reicht, mehr professorinnen zu haben, sondern es muss auch in die hirne von männern UND frauen, dass arbeiten als frau seit etwa 20 jahren etwas neues, vielleicht wer weiss: zukünftiges sei. wer weiss?

nach meinen erfahrungen mit akademien fehlen vor allem die impulse von aussen – und da wäre ich zu haben: für einen schnellen kopfsprung ins laue wasser der akademie, und dann bin ich wieder weg. (ich nehme an, dass die begeisterung der zuhörer/ innen bei meinen vorträgen genau aus diesem verfahren kommt.) nun, ich wünsche Ihnen nochmals alles gute zu Ihrem anfang und gute nerven und kraft – herzlich

Ihre m. cahn

HOCHSCHULE FÜR BILDENDE KÜNSTE HAMBURG der präsident (durchgestrichen) die präsidentin

4. April 89

Liebe Miriam Cahn,

Dank für Ihren Brief und Ihre Glück-Wünsche, die ich sicher gut brauchen werde.

Dem Katalog, den Sie freundlicherweise schickten, muss ich erst noch auf die Spur kommen, ich habe ihn leider nie gekriegt.

Wie sich denken lässt, bin ich enttäuscht, dass die wunderbaren Frauen sich immer an der Stelle so ernsthaft und nachdenklich benehmen, wo die Männer nicht die geringsten Schwierigkeiten haben, nämlich mit der Selbsteinschätzung.

Demnächst wird Sie sicher ein Brief von einer Literaturwissenschaftlerin erreichen, ich bin gespannt, wie Sie über die Idee denken.

Auf alle Fälle freue ich mich Sie irgendwann zu sehen, und vielleicht doch zu gewinnen.

Ich grüsse Sie sehr herzlich

Ihre

Adrienne Goehler

P.S. Vielen Dank für die grosse Frauenliste!

THE SUBTLE ABYSS: Sexuality/Body Image/Language in Contemporary Feminist Art

McLellan Galleries in Glasgow

basle, 7 August 89

dear Hilary Robinson,

thank you very much for your letter. but I am sorry, I can’t participate in your project. I think this sort of feminist exhibition is 5 to 8 years too late – the last one “kunst mit eigen-sinn” in vienna 198554 showed very clearly the end of this sort of feminist show. this doesn’t mean for me that feminism is out of art – on the contrary. but for me lucy lippard, hélène cixous, luce irigaray are the very important “grandmothers” of feminist aesthetics, but today is today. I am sorry: my english is too bad to explain it exactly: “today is today” means: after 20 years of very much working by feminist and women artists it is high time for museums to include women artists in their programme with the same normality as men artists – and not: “let’s do a feminist art exhibition” – and then over the years again nothing moves, because we had our minority exhibition. and it is high time for us women artists to be more demanding about shows and not to be glad about everything we can get – just because we are women and have to be grateful to show – just because we are still discriminated against – no, that is not my way. I hope you understand.

sincerely yours

miriam cahn

hochschule für bildende künste Braunschweig: einladung zur bewerbung einer professur für malerei

basel, 22. november 89

sehr geehrter h.p. zimmer,55

vielen dank für Ihre anfrage, mich für eine professur zu bewerben. ich finde es genauso eine schande wie Sie und die vertreterinnen der studierenden im berufungsausschuss, dass auch in braunschweig bloss 1 professorin unterrichtet. das dumme ist nur, dass ich selbst garnicht unterrichten will, auch von meiner arbeit her mir überhaupt nicht vorstellen kann, eine professur zu haben. die art, wie ich arbeite, ist nicht zu verbinden mit einer lehrenden haltung. das gilt nicht auf immer und ewig, aber im moment. was ich hingegen ganz gerne von zeit zu zeit tue, ist eine gastvorlesung über meine arbeit zu halten – und das am liebsten in einem zusammenhang, der eben die misere der fehlenden professorinnen und der doch recht wenigen internationalen künstlerinnen zum thema hat. ich weiss, dass es widersprüchlich tönt: einerseits ein gebrüll ablassen über die hinterwäldlerischen zustände an den akademien, und dann selbst immer ablehnen, wenn ich die möglichkeiten einer professur hätte: für mich aber ist politik wirklich das machen können, was ich will – und nicht irgendwelche falsch verstandenen solidaritäten.

ich sende Ihnen aber hier noch eine liste von künstlerinnen, die ich gut finde und die Sie genausogut anfragen könnten.

herzlichen dank und viel glück

miriam cahn

karte mit dem duomo Ancona

12. September 84

Miriam, Merci für die Fotos. DIE SEHEN UNHEIMLICH GUT AUS! Da hast Du, wenn ich das so sagen darf, den Nagel auf den Kopf getroffen. Sie liegen vor mir und da bleiben sie nun eine Weile. In Deinen Unwettern muss ich mich reinigen.

Ich umarm Dich

Dein Jeanchristophe56

karte mit Barbara Kruger:

‹Your every wish is our command›

5. Januar 86

Liebes Miriam,

Heute war ich in Baden-Baden und habe mir Deine SCHÖNE (!) Ausstellung57 angeschaut.

Das Erstaunliche ist, wie Du immer «malerischer» wirst und vielleicht geht es garnicht mehr solange, bis Du schwarze Bilder malst. Das ist nicht etwa eine Wunschvorstellung, überhaupt nicht! Gerade die kleinen Arbeiten erscheinen wie das Ein-und- Ausatmen einer bedrängten Brust.

Der Aufseher war sehr vif: er beobachtete mich streng, als ich Dias machte. An Deiner Vernissage war ich in Madrid. Eigentlich wollte ich heute mit E. Kaufmann37 gehen, aber es hat dann doch nicht geklappt. Gesundheit und Freude wünsch ich Dir im neuen Jahr und verbleibe mit einem feschten Chuss Dein

Jeanchristophe

(Sekretär des Fan-clubs M.C.)

3. Dezember 87

Liebe Miriam,

Hier die Dias retour. Hab vielen Dank. Konnte sie gut gebrauchen.

Wir sind einmal mehr bei Totaleinsatz an der Weihnachtsausstellung, diesmal sogar eine MUBA-Halle58 eingeschlossen …! (Im 1.Stock wird renoviert). Hoffe es geht Dir gut, Jetzt, wo Du schon solange in meiner Geburtsstadt lebst, wirst du bald sagen: «Icke bin eene Berlinerin»

Es Münschli vom Jeanchristophe

26. Januar 88

Liebe Miriam,

Ich glaube wir müssen uns richtig verstehen: Feminismus, wie er heute verstanden wird, ist eine Form der Ideologie aus den späten 60er und 70er Jahren. Ich glaube es ist wichtig, oder: es war mir wichtig, R.M. nicht mit der Ideologie in Verbindung zu bringen, die ihr als jüngere Generation auch fremd ist. Aber ich spreche mal darüber mit ihr. Merci für den Hinweis. Bin schon sehr froh, dass du das Programm gelesen hast … (wer tut das schon).

En Chuss vom Jeanchristophe

karte mit particolare della statua del Tevere

6. Juli 89

Liebe Miriam,

...
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