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Mobbing in der Schule. Phänomen, Bedingungen und Folgen

AutorSelin Völlers
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl89 Seiten
ISBN9783656885481
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2014 im Fachbereich Pädagogik - Sonstiges, Note: 1,3, Justus-Liebig-Universität Gießen (Universität), Sprache: Deutsch, Abstract: 'Mobbing hat viele Formen, aber eines ist allen gemein: Betroffene tun sich schwer, sich selbst aus ihrer Lage zu befreien. Aber es gibt ein paar Dinge, mit denen Mobbingopfer sich helfen können.' Es kann ganz harmlos aussehen. Etwa, als Einzige aus der Klasse nicht zu einer Geburtstagsparty eingeladen zu werden. Es kann aber auch ganz brutal geschehen. Mit dem Gesicht in den Dreck gedrückt zu werden oder Tritte und Schläge abzubekommen. Mobbing kann vielfältige Formen annehmen. Einen richtigen Grund dafür gibt es oft nicht. Doch allen Ausprägungen ist eines gemein: Wer einmal in die Opferrolle geraten ist, tut sich meist schwer, sie wieder abzulegen. Aus eigener Kraft sei das auch nur schwer zu schaffen, sagen Experten. Jugendliche müsse sich deshalb Unterstützung bei Eltern, Freunden oder Lehrern suchen.[...]' Im Auftrag meiner Wissenschaftlichen Hausarbeit möchte ich mich mit dem Thema 'Mobbing in der Schule' befassen, weil das Thema in der Öffentlichkeit immer aktueller wird und zunehmen an Bedeutung gewinnt. In vielen Medien, wie in Filmen, Dokumentationen, Nachrichtensendungen und in Zeitungsartikeln wird immer öfters von dieser besonderen Form der Gewalt gesprochen. Auch wenn es lange Zeit keine Studien und Interventionsprogramme gegeben hat, wird Mobbing in der Schule zurzeit als ein ernsthaftes Problem wahrgenommen. Nun werden auch immer mehr Forschungen im psychologischen und pädagogischen Bereich zum Thema Mobbing durchgeführt. Weiterhin möchte ich herausfinden, welche Ursachen bei Schulmobbing eine Rolle spielen. Als angehende Lehrerin ist es wichtig für mich zu wissen, wie man mit Mobbingsituationen richtig umgeht und welche Interventionsmaßnahmen man ergreifen kann. Zu klären sind hier unter anderem auch die Fragen: Was unterscheidet Mobbing von anderen Gewaltformen? Welche Mobbingphänomene sind oft zu beobachten? Welche Folgen hat Mobbing sowohl für die Opfer als auch für die Täter? Und: Wie kann man als Lehrkraft mit pädagogischen Handlungsmitteln gegen Mobbing vorgehen? [...]

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Leseprobe

4. Unterschiede in der Ausprägung von Mobbing in der Schule


 

4.1. Geschlechtsspezifische Unterschiede


 

Im Punkt 3.2. war das dargestellte Schema das Ergebnis von Durchschnittswerten, die besondere Aspekte bestimmter Schülergruppen oder Schulformen nicht berücksichtigt haben. In so gut wie allen Studien haben sich Differenzen nach Geschlecht, Alter und Schulform gezeigt. Die Geschlechtszugehörigkeit ist allerdings das deutlichste und zentrale Merkmal für die Ausübung von Mobbing in der Schule. Zum überwiegenden Teil ist Mobbing ein männliches Phänomen. Vor allem bei körperlichen Gewalthandlungen sind Jungen häufiger beteiligt als Mädchen – sowohl als Täter als auch als Opfer. Die Ergebnisse der Studien, die in zahlreicher Literatur genannt wurden, haben sich jedoch oft nicht überschnitten. Der Grund dafür könnte das Jahr der Untersuchung sein, das in den meisten Fällen unterschiedlich war. Die wichtigsten Ergebnisse waren Folgende: „80 Prozent der gemobbten Jungen werden von Jungen gemobbt“ und „bei den Mädchen sind 60 Prozent Opfer von anderen Mädchen“.[22]

 

Ein weiterer Unterschied zwischen Jungen und Mädchen ist, dass die Jungen eher physische und die Mädchen eher verbale Gewaltangriffe bevorzugen. Sie treten, schubsen und schlagen in einzelnen Fällen zwar auch einmal zu, dies ist aber nicht mit den Attacken von Jungen zu vergleichen. Als typisch weiblich gelten Gewaltformen wie Ausgrenzen, Tratschen und Gerüchte verbreiten. In einer Studie von Lösel/Bliesener wurde erfasst, dass 7,9 % der befragten Jungen angaben, einmal in der Woche oder häufiger andere geschlagen oder getreten zu haben, während es bei den Mädchen nur 1,6 % waren. Opfer davon waren 4,2 % der Jungen und 1,5 % der Mädchen.[23] Trotz dieser extremen Geschlechterunterschiede gibt es auch eine kleine Minderheit von Mädchen, die häufig in physische Gewalthandlungen verwickelt sind. Auch die psychische Gewalt wird größtenteils von Jungen ausgeübt, die Differenzen verringern sich jedoch immer mehr. „Dies spricht für die Alltäglichkeit dieser Gewaltform.“[24] „Die unterschiedlichen Bevorzugungen von Gewaltformen von Jungen und Mädchen stehen mit den unterschiedlichen Verarbeitungsformen und Bewältigungsregulationen von Jungen und Mädchen in Zusammenhang.“[25] Indem Mädchen eher zu interiorisierenden Bewältigungsformen neigen, wenn die eigene Person Opfer der Schädigung ist, neigen Jungen zu exteriorisierenden Bewältigungsformen, bei denen eher eine andere Person geschädigt wird. Oft kommt es aber auch vor, dass Jungen sich selbst schädigen, indem sie Alkohol und Drogen konsumieren, um ihre Wut zu unterdrücken. Mädchen verarbeiten ihre Aggressionen dagegen sehr stark in ihrem Inneren und leiden deshalb oft unter psychosomatischen Beschwerden und Depressionen. Jungen dagegen tragen ihre Aggressionen und ihren Ärger im Durchschnitt mehr nach außen, also in ihre Umwelt. Popps (2002) Untersuchungen zu geschlechtsspezifischen Gewalthandlungen stellten die unterschiedlichen emotionalen Reaktionen auf Gewalt einerseits und die Interventionsbereitschaft andererseits heraus.[26] Demnach reagierten Mädchen sehr viel häufiger als Jungen bei der Vorstellung, Opfer einer Mobbingattacke zu sein, mit Ärger und Angst. Sie haben auch mehr Angst davor, körperlich angegriffen zu werden. Beide Geschlechter machten die Aussage, sich bei einem beobachteten Gewaltangriff nicht einzumischen. Sexuell gefärbte Beleidigungen und Beleidigungen in Bezug auf Familienangehörige ziehen bei Jungen spontane körperliche Gegenangriffe nach sich. Daher liegt auch die Schwelle zu spontanen und zornigen körperlichen Gegenangriffen bei Jungen niedriger als bei Mädchen.[27] Welche Rolle Mädchen bei körperlichen Auseinandersetzungen zwischen Jungen spielen und welche verstärkenden oder abschwächenden Impulse von ihnen ausgehen, wurde bisher noch nicht ausreichend untersucht. Anhand dieser Ergebnisse kommt man zu einigen Erklärungsansätzen, die abgeleitet werden können. Schaut man sich unsere Gesellschaft an, ist nicht auszuschließen, dass körperliche Gewaltausübung als Nachweis von Männlichkeit zum größten Teil akzeptiert wird und Jungen dadurch ihre Männlichkeit demonstrieren möchten. Es ist ein so genanntes Mittel der Selbstbehauptung. Im Gegensatz zu den Jungen können das Mädchen nicht so leicht, denn es wird in unsrer Gesellschaft als „unnormales Verhalten“ gesehen. Typische weibliche Aggressionsverhalten sind Lästern, Hänseln, Beschimpfungen und Demütigungen. Mädchen neigen aber auch eher dazu, ihre aggressiven Gefühle innerlich zu verarbeiten, und geraten daher in Depressionen oder zum Medikamentenkonsum. Sie können ihre Aggressionen nicht frei ausüben und wissen auch deshalb nicht, richtig mit ihnen umzugehen. Mädchen erfahren immer, dass es ihre Aufgabe ist, in Konfliktsituationen zu harmonisieren und auszugleichen.[28] Dadurch lernen sie, im Gegensatz zu den Jungen, dass sie Gewalt auszuhalten haben. Weitere geschlechtertypische Erwartungen sind, dass Mädchen Konflikte eher subtil und auf der Beziehungsebene austragen und Jungen Konflikte eher offen, aggressiv und vor Publikum austragen.[29] Auch wenn eine Minderheit der Mädchen Mitglied in gewaltauffälligen Gruppen ist, sind sie fast immer darauf ausgerichtet, Konflikte friedlich und verbal zu lösen.

 

4.2. Altersspezifische Unterschiede


 

 

Abb. 3: Zahl der Mobbingopfer in den unterschiedlichen Klassenstufen[30]

 

Eine weitere wischtige Frage ist, wie häufig Schulmobbing in den verschiedenen Altersstufen vorkommt. Anhand Abbildung 4 erkennt man, dass Mobbing aus der Sicht der Opfer mit zunehmendem Alter abnimmt. In keiner Klasse wurde so oft Mobbing ausgeübt wie in der zweiten Grundschulklasse, was doch sehr überraschend ist. Daraus kann man schließen, dass der größte Handlungsbedarf in der Grundschule liegt. In der Gesamtschule, also in den Klassen fünf bis neun, ist Mobbing am häufigsten in der fünften Klasse vorhanden. Dies ist höchstwahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass im fünften Jahrgang die Klassen neu zusammengesetzt werden. Die gruppendynamischen Prozesse, die in neu zusammengesetzten Gruppen erscheinen, führen dazu, dass Freundschaften, Sympathien und Antipathien gebildet werden. Nach der fünften Klasse ist jedoch ein deutlicher Rückgang zu erkennen. Weiterhin auffällig ist, dass Jungen deutlich häufiger Mobbing-Opfer sind als Mädchen. Mit zunehmendem Alter nimmt dieses Ungleichgewicht zu. Ab der siebten Klasse sind Jungen mehr als doppelt so oft Mobbing-Opfer wie Mädchen. Daraus folgt nun, dass es deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede bei Mobbing gibt und diese bei den Maßnahmen gegen Mobbing immer berücksichtigt werden sollten. Wenn man nun die körperliche Gewalt in Betracht zieht, ist anhand zahlreicher Studien eine Altersspitze bei 15 Jahren zu finden. „Dies kann zwei Gründe haben: Zum einen befinden sich Jugendliche in diesem Alter am Höhepunkt der Pubertät, reagieren also häufiger unkontrolliert emotional. Zum anderen hat physische Gewalt bei kleinen Kindern aufgrund der weniger ausgeprägten Muskulatur und Motorik nicht dieselbe Wirkung wie bei Älteren.“[31] Deswegen sind die körperlichen Angriffe bei jungen Kindern meistens nicht auf den ersten Blick sichtbar. „In Bezug auf Schulen nicht bestätigt hat sich die häufig zu hörende Einschätzung, in städtischen Schulen gebe es mehr Gewalt als in ländlichen, in großen mehr als in kleinen.“[32] Mobbing kann also in städtischen Schulen genauso häufig auftreten wie in ländlichen, weiterhin kann es in überfüllten Klassen, aber auch in kleinen Klassen auftreten. Diese Aspekte haben demnach keinen Einfluss auf die Entstehung von Mobbing.

 

4.3. Unterschiede in Abhängigkeit von der Schulform


 

Die Frage, in welcher Schulform das größte Ausmaß an Gewalt und Mobbing zu beobachten ist, wird in der Öffentlichkeit nach wie vor intensiv diskutiert. Nach einer Langzeitstudie von der Psychologin Mechthild Schäfer werden in Deutschland wöchentlich 500.000 Kinder und Jugendliche gemobbt.[33] Nach anderen Autoren ist sogar jeder siebte Schüler Opfer von Mobbing.[34] Deshalb ist es wichtig, diese Gewaltform nicht zu unterschätzen oder zu vernachlässigen. Sie ist die häufigste Gewaltform an deutschen Schulen, was schon in der Grundschule seinen Lauf annimmt.

 

 

Abb. 4: Ein- bis mehrmalige Mobbingopfer pro Woche[35]

 

Durch die Schülerbefragungen stellte sich heraus, dass Mobbing in der Grundschule mehr als doppelt so häufig wie an Gymnasien vorkommt. Die Grundschule hat mit 13,30 % den größten Mobbinganteil aller Schulformen. „In Grundschulen, in denen die Schülerpopulation sehr heterogen ist, gibt es auf geringerem Niveau vor allem psychische Gewaltformen.“[36] Abbildung 4 zeigt ebenfalls, dass an Hauptschulen und Gesamtschulen fast genauso häufig gemobbt wird wie an Gesamtschulen. Die Ursachen und die Formen von Aggressionen unterscheiden sich in diesen beiden Schulformen kaum. Der am häufigsten genannte Grund für Mobbing ist die Langeweile. Die Schülerinnen und Schüler aus der Haupt- und der Gesamtschule...

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