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Mobbing unter Jugendlichen an deutschen Schulen. Ursachen, Folgen und Präventionsmöglichkeiten

AutorLaura Cenicola
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl119 Seiten
ISBN9783640907397
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Pädagogik - Pädagogische Soziologie, Note: 1,3, Universität Bielefeld (Erziehungswissenschaften), Sprache: Deutsch, Abstract: Mobbing hat es schon immer gegeben und die Schule ist der Ort, an dem am meisten Mobbing stattfindet (vgl. Olweus 2006, S.32). Seit etwa zwei Jahrzehnten aber steht Mobbing aktiv in der öffentlichen Diskussion, da die Problematik in der Schule scheinbar immer mehr zunimmt (vgl. ebd., S.28), denn Lehrer1 und Eltern berichten immer häufiger von ernsten Vorfällen, welche starke psychische und zum Teil auch physische Probleme nach sich ziehen. Mittlerweile wird Mobbing als eine radikale und 'besonders problematische Gewaltform an Schulen wahrgenommen' (Schubarth 2010, S.57). Erst in den 1990er Jahren wurde der Gewaltbegriff erweitert und man fasste nicht mehr nur Aggressionen darunter (vgl. ebd., S.55). Seit den 2000er Jahren zählt insbesondere Mobbing zu den Gewaltformen, die an Schulen erforscht werden (vgl. ebd.). Diese Arbeit soll dazu beitragen, das facettenreiche Phänomen genau zu analysieren und ein geeignetes, bereits vorerprobtes Instrument für Schulen zu entwickeln, mit welchem aufgezeigt werden kann, inwiefern die Lehrkräfte an einer Schule die möglichen Präventionsmaßnahmen kennen und bewerten. Mobbing ist eine moderne Form von Gewalt an Schulen, welche besonders zugenommen hat (vgl. Schubarth 2010, S.58). Deshalb sollten Schulen auch zunehmend bemüht sein, gegen Mobbingprozesse anzukämpfen. Mein Ziel ist also erreicht, wenn Schulen durch dieses Instrument die Schwächen bezüglich der Prävention von Mobbing erkennen können und im nächsten Schritt verbesserte Maßnahmen an der Schule ergreifen können, um aktiv gegen Mobbing vorzubeugen. Daher bin ich letztlich zu der folgenden Fragestellung der vorliegenden Arbeit gekommen: 'Mobbing unter Jugendlichen an deutschen Schulen: Ursachen, Folgen und Präventionsmöglichkeiten'.

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Leseprobe

2 Ursachen von Mobbing


 

Wichtig ist mir, vorab festzuhalten, dass es nicht die eine Erklärung für Mobbing gibt, sondern dass es „eine Reihe von Theorien bzw. Erklärungsmodellen für Aggression und Gewalt“ (Schubarth 2010, S.51) gibt, da dieses Phänomen ein interdisziplinäres Feld darstellt. Neben einer Vielzahl von soziologischen und psychologischen Erklärungsmodellen gibt es auch sogenannte integrative Ansätze, welche die soziologischen und die psychologischen Modelle miteinander verknüpfen. In meiner folgenden Darstellung werde ich mich auf einen der integrativen Erklärungsansätze stützen, und zwar auf den sozialisationstheoretischen, da dieser meines Erachtens den breitesten Blickwinkel hat, sich nicht auf einzelne Ursachenbereiche beschränkt, Multiperspektivität innehat und somit auch in einem weiteren Schritt viele Möglichkeiten der Prävention bietet.

 

2.1 Wodurch ist Mobbing begründet?


 

Mobbing kann eine Reihe verschiedenster Ursachen haben, denn Kinder „werden schließlich nicht gewalttätig geboren“ (Jannan 2010b, S.10). Immer wieder wird betont, dass jeder Schüler zum Opfer werden kann (vgl. ebd., S.13). Opfer sind allerdings oftmals unbeliebt in der Klassengemeinschaft (vgl. Schäfer 2003b, S.2). „Wer also ein uncooles Handy hat, die 'falsche' Kleidermarke trägt, zu schlau, zu langsam oder sonst irgendwie auffällig ist, fällt rasch aus der Klassengemeinschaft heraus“ (Jannan 2010b, S.13) und könnte somit schnell zum potentiellen Mobbingopfer werden.

 

Insbesondere die Sozialisationsinstanzen, die ein Kind oder ein Jugendlicher durchläuft (u. a. Familie und Schule), sind bei der Ursachenfindung von großer Relevanz. Auch die Persönlichkeit der betroffenen Personen selbst und der Einfluss der Gleichaltrigengruppe spielen eine bedeutende Rolle. Auch die gesellschaftlichen Strukturen und die Beeinflussung durch die Medien sind zu berücksichtigen. Schubarth (2010) fasst die komplexe Ergründung von Gewalt und Mobbing wie folgt zusammen: „Ob und wann Gewalt auftritt, hängt sowohl von längerfristigen Sozialisationseinflüssen (z. B. Familie, Schule, Peergroup, Medieneinflüsse u. a.) als auch von situativen Faktoren und gesellschaftlichen Bedingungen ab.“ (S.47) Im Folgenden werden diese verschiedenartigen Determinanten hinsichtlich der möglichen Ursachen für Mobbing aufgezeigt.

 

2.1.1 Schule als Lernort und als Sozialisationsinstanz


 

Die Schule fungiert in erster Linie zwar als Lernort für Schüler, in zweiter Linie übernimmt sie aber eine zentrale Rolle im Sozialisationsprozess der Kinder und Jugendlichen - neben der anderen großen Sozialisationsinstanz, der Familie. „Schule kann Fehlentwicklungen in der Familie nicht kompensieren - schulische Bedingungen haben aber Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung“ (Schubarth 2010, S.47). Unter anderem durch das an der Schule herrschende Klima und die Lernkultur können Schulen Mobbing vorbeugen[6], denn auch ein schlechtes Klima in der Schule kann laut Hinduja & Patchin (2009) die Mobbing-Gefahr begünstigen (vgl. S.139). „In Schulen mit einer guten Lernkultur und einem guten Sozialklima gibt es auch weniger Gewalt“ (Schubarth 2010, S.75). Schubarth (2010) proklamiert außerdem, dass ein erhöhtes Risiko für das Begehen von Gewalt- und Mobbingtaten „bei der Kombination von Leistungsversagen des Kindes, überhöhten Erwartungen der Eltern, sozialer Stigmatisierung und Anschluss an deviante Peergroups“ (S.47) bestehe.

 

Auch unprofessionelles Lehrerhandeln kann Aggressionen und Mobbing begünstigen (vgl. Schubarth 2010, S.75). Verhaltensweisen wie etwa „überwiegend strafendes Verhalten in der Klassenführung, keine ausreichende Würdigung prosozialen Verhaltens der Schüler, [...] unklare Regeln [... oder] aggressives und entwürdigende[s] Verhalten von Lehrkräften“ (ebd.) können das Auftreten von Mobbing begünstigen. Auch Ungerechtigkeit, vor allem bei der Notengebung, seitens der Lehrkräfte kann Aggressionen und Mobbing fördern (vgl. Küchemann 2006, S.37). Im Bezug auf den Unterricht sollte keine Langeweile aufkommen (vgl. Jannan 2010a, S.29) und die Notengebung darf nicht willkürlich erscheinen, sondern die „Bewertungskriterien müssen offengelegt und den Schülern erklärt werden“ (Schubarth 2010, S.103). Küchemann (2006) sagt außerdem, dass Lehrer durch die Etikettierung von Schülern (z. B. als Außenseiter/Einzelgänger) die Wahrnehmung der anderen Schüler verstärkt und Mobbing somit begünstigt (vgl. S.65). Es ist allerdings schwierig für einen Lehrer, die unbewusste Wahrnehmung eines solchen Schülers nicht nach außen zu tragen (vgl. ebd.). Jannan (2010a) sagt außerdem, dass Mobbing begünstigt werden kann, weil „Schul- und Klassenregeln [...] zu wenig verbindlich oder sogar beliebig [sind]“ (S.28).

 

Kinder und Jugendliche verbringen viele Jahre in der gleichen Schulklasse und sind lange Zeit von den gleichen Mitschülern umgeben. Die Schulklasse stellt somit einen weiteren Sozialisationszusammenhang dar, welcher an dieser Stelle auch berücksichtigt werden sollte. Die in einer Schulklasse vorherrschenden Machtstrukturen können Schüler dazu verleiten, zu Mobbingtätern oder -opfern zu werden (vgl. Schäfer et al. 2004, S.3). Die Autoren sprechen von einer „strong social hierarchy“ (ebd.), in welcher es Schüler mit niedrigem und mit hohem sozialen Status gibt. Oftmals wollen Schüler, die in der Klasse einen hohen sozialen Status haben, diesen auch beibehalten. Um dieses Ziel zu erreichen, werden häufig Schüler mit niedrigem sozialen Status gemobbt, um sie in der sozialen Leiter nicht weiter aufrutschen zu lassen (vgl. ebd.). Der soziale Status, der einer Person in einer Umgebung wie etwa einer Schulklasse zugeschrieben wird, sagt also viel über die Wahrscheinlichkeit aus, ein Mobbingtäter bzw. -opfer zu werden. Hinzu kommt, nach Schäfer et al. (2006), dass „die Verbindung zwischen geringem sozialem Status in der Kindheit und aktuellen wie zukünftigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten, z. B. Depression, Einsamkeit oder Delinquenz, [...] vielfach beschrieben [ist]“ (S.9) - wenn eine Person mit geringem sozialen Status auch zum Mobbingopfer wird, dann ist es noch wahrscheinlicher, dass diese Symptomatiken eintreten.[7]

 

2.1.2 Aussehen und Verhalten der Schüler


 

Auch die Persönlichkeitsmerkmale, die „individuelle[n] Verhaltensdispositionen“ (Schubarth 2010, S.55) und das Aussehen der Schüler spielen eine Rolle bei der Ursachenfindung von Mobbing. In der Entwicklung eines Kindes/Jugendlichen werden Persönlichkeitsmerkmale durch den Sozialisationsprozess geprägt und diese können das Hineingeraten in einen Mobbingvorfall entweder begünstigen oder unwahrscheinlicher werden lassen.

 

Risikoerhöhende Bedingungen dafür, zum Mobbingopfer zu werden, legen Scheithauer et al. (2003) dar. Vor allem „körperlich schwache Kinder, übergewichtige Kinder oder Kinder mit anderen äußerlichen Beeinträchtigungen (z. B. Seh-, Sprechbeeinträchtigungen)“ (S.72) scheinen häufiger zu Opfern von Mobbing zu werden. Auch Kinder und Jugendliche mit Lernauffälligkeiten und außergewöhnlichen Merkmalen (z. B. rote Haare zu haben, besonders klein zu sein oder mit eigentümlichem Dialekt zu sprechen) scheinen besonders gefährdet zu sein, ein Mobbingopfer zu werden (vgl. Wachs 2009, S.50). Olweus (2006) sagt hingegen, dass äußerliche Auffälligkeiten im Hinblick auf das Mobbingrisiko eine geringere Rolle spielen, als allgemein angenommen wird (vgl. S.40).

 

Die Persönlichkeit und das Verhalten betreffend, stellt Jannan (2010b) des Weiteren fest, dass mobbinggefährdete Kinder und Jugendliche „eher ängstlich und unsicher sowie tendenziell sensibel und vorsichtig [sind]“ (S.12). Sie verhalten sich außerdem oft still, ignorieren die für sie gefährlichen Schüler, haben keine oder wenige Freunde, reagieren auf Angriffe oftmals mit Weinen und Rückzug und haben ein schwaches Selbstwertgefühl (vgl. ebd.).

 

Hinzu kommt auch, dass Kinder und Jugendliche, welche über keine gut ausgeprägten Bewältigungsfertigkeiten verfügen, durch dieses Kompetenzdefizit besonders in die Opfer- bzw. Täterrolle hineingeraten (vgl. ebd., S.73), weil ihnen keine geeigneten Strategien einfallen, mit Konflikten auf eine andere Art und Weise umzugehen. „Auch scheint die Hemmschwelle, bei Provokationen mit Gewalt [und Mobbing] zu reagieren, geringer geworden zu sein“ (Schubarth 2010, S.58). Neben mangelnder sozialer Kompetenzen sind auch mangelndes Empathievermögen, Impulsivität und Egozentrismus Merkmale, welche bei Mobbingtätern häufig auftreten (vgl. ebd., S.75).

 

2.1.3 Familie und Herkunft


 

Wie oben bereits betont, werden Kinder und Jugendliche auch in ihrer Familie und durch ihre Herkunft geprägt. Schubarth (2010) betont, dass [a]ggressive und gewalttätige Kinder und Jugendliche [...] nicht als solche geboren [werden], sondern im Sozialisationsverlauf dazu gemacht [werden]“ (S.47). Wenn Gewalt schon frühzeitig in der Familie eines Kindes/Jugendlichen als alltäglich erlebt wird, dann empfinden die Heranwachsenden solche Umgangsformen als normal und die Wahrscheinlichkeit steigt, dass auch sie einmal zu dem Ausführen von Gewalttaten oder Mobbingattacken neigen. Schubarth (2010) legt weiterhin dar, dass gewalttätige oder mobbende Kinder und Jugendliche überdurchschnittlich häufig aus Familien mit...

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