In der Literatur finden sich mehrere Definitionen von Mobile Tagging.
Alby beschreibt Mobile Tagging als „Auslesen von Barcodes mit den Digitalkameras der mobilen Endgeräte (...), denen danach die Informationen des Barcodes zur weiteren Verwendung zur Verfügung stehen“.[49]
Riber definiert wie folgt: „Die Markierung eines psychischen Objektes mit einem (mehrdimensionalen) Strichcode, eng. Barcode, sowie der Prozess des Scannens, Decodierens und Auslesens eines solchen Tags mit Hilfe eines mobilen Endgeräts (PDA, Mobiltelefon, Smartphone) wird als Mobile Tagging oder auch Mobile Card Reading bezeichnet.“[50]
Eine weitere Definition von Surhone, Timpledon und Marseken lautet „Mobile Tagging is the process of providing data on mobile devices, commonly through the use of data (such as a URL) encoded in a two-dimensional barcode, meant to be read and inputted using a camera phone“.[51]
Es finden sich in allen Definitionen zwei zentrale Eigenschaften wieder, welche Mobile Tagging ausmachen: Die in Barcodes verschlüsselten Informationen und die Entschlüsselung derer durch ein mobiles Endgerät.
Das Verb „to tag“ bedeutet in seiner Grundbedeutung „to fix a small piece of paper or other material to something to give information about it“. Der Begriff Tag oder Mobile Tag wird jedoch abstrahiert verwendet und steht im Mobile Tagging-Zusammenhang für ein Anhängsel in Form eines Barcodes, welches weiterführende Informationen bzw. Metadaten enthält, beispielsweise Antworten auf „was bin ich?“, „wie viel koste ich?“ oder „wie kann man mit mir kommunizieren?“.[52]
In Abbildung 7 wird die Funktionsweise des Mobile Taggings aufgezeigt.
Abbildung 7: Funktionsweise des Mobile Taggings[53]
Im dargestellten Beispiel befindet sich der Mobile Tag bzw. der Barcode in einer Zeitung. Der Anwender hält sein Mobiltelefon mit der eingebauten Digitalkamera auf den Code gerichtet und fotografiert ihn. Eine Software, die auf dem Telefon des Nutzers installiert ist, decodiert die im Code verschlüsselten Informationen, hier eine Internetadresse, und öffnet die Adresse im Webbrowser.
Wie hier deutlich wird, sind diese Mobile Tags vergleichbar mit Hyperlinks, wie sie im Internet verwendet werden. Der Unterschied ist, dass im Falle des Mobile Taggings auch physische und statische Gegenstände mit Verknüpfungen zu beliebigen Informationen und Inhalten versehen werden können, die sich im Internet befinden.[54]
Neben der Hinterlegung von Internetadressen (URL) in den Codes ist es auch möglich, Telefonnummern, Text oder Kontaktinformationen in Form von vCards zu verschlüsseln.[55]
Wie aus der Funktionsbeschreibung in Kapitel 3.2 hervorgeht, sind auf Seiten des Mobile Tagging-Nutzers folgende technische Voraussetzungen notwendig[56]:
- Ein mobiles Endgerät mit Digitalkamera
- Ein vorinstallierter Reader
- Ein konfigurierter mobiler Internetzugang, im optimalen Fall mit Datenflatrate
Bereits im Jahr 2007 wurden weltweit 589 Millionen Mobiltelefone, die mit einer Kamera ausgestattet sind, verkauft. Die Prognosen für das Jahr 2010 beliefen sich auf mehr als eine Milliarde. Laut dem Analysten Michael Cai von der Firma Parks Associates werden Mobiltelefone ohne Kamera „schon fast gar nicht mehr angeboten“.[57] Für eine optimale Leistung bei der Decodierung von Mobile Tags sollte die Kamera mindestens über 1,3 Megapixel verfügen.[58]
Zur Decodierung der abfotografierten Mobile Tags ist eine vorinstallierte Reader-Software auf dem mobilen Endgerät notwendig.
Derzeit sind Reader nur auf Mobiltelefonen des Herstellers Nokia vorinstalliert.[59] Das bedeutet, dass der Nutzer erst einmal entsprechende Software herunterladen und auf dem Gerät installieren muss, bevor er Mobile Tagging nutzen kann.[60] Außerdem ist zu unterscheiden, welche Codeart entschlüsselt werden soll. Es existieren nämlich neben Codes mit offenen Standards, die dann mit Readern verschiederner Anbieter gelesen werden können, auch proprietäre Formate, die einen ganz bestimmten Reader voraussetzen. Auf die verschiedenen Codearten wird im folgenden Kapitel 3.4 eingegangen. Kostenfreie Reader sind von mehreren Anbietern und für alle gängigen mobilen Betriebssysteme und auch plattformübergreifend als Java-Anwendungen verfügbar.[61]
In den meisten Anwendungsfällen von Mobile Tagging wird der Nutzer nach dem Decodieren des Mobile Tags auf eine mobile Website weitergeleitet. Daher ist es Voraussetzung, dass das Endgerät für den mobilen Internetzugang konfiguriert ist. Um hohe Kosten bei der Datenübertragung zu vermeiden, ist ein Mobilfunktarif mit günstigen Preisen für die Datenübertreibung oder eine Datenflatrate empfehlenswert. Die in den letzten Jahren stark zugenommene Bedeutung des mobilen Internets wurde in Kapitel 2.2 diskutiert.
Laut einer Untersuchung von Tagnition, einem deutschen Unternehmen, welches sich auf Mobile Tagging-Lösungen für Unternehmen spezialisiert hat, waren 2008 65 Prozent aller sich im Umlauf befindlichen Mobiltelefone für Mobile Tagging geeignet. Diese Zahl sollte mittlerweile weiter angestiegen sein, da Altgeräte zunehmend durch neuere Geräte ersetzt werden und man davon ausgehen kann, dass jedes neue Gerät die beschriebenen Voraussetzungen erfüllt.[62]
Eindimensionale Strichcodes als einfachste Form eines Mobile Tags (siehe Abbildung 8), wie sie seit den 1970er Jahren auf Lebensmittel- und andere Produktverpackungen gedruckt werden[63] und mittlerweile allgegenwärtig sind, besitzen nur eine geringe Datendichte.[64] Mit ihnen kann meist nur eine Produktnummer codiert werden.[65] Aufgrund dieser Einschränkung sind diese eindimensionalen Strichcodes nicht für den Einsatz in Mobile Tagging-Kampagnen geeignet und in dieser Arbeit auch nicht weiter betrachtet.
Abbildung 8: 1D-Strichcode[66]
Für den Einsatz im Mobile Tagging geeignet sind zwei- oder dreidimensionale Barcodes. Eine Übersicht bietet Abbildung 9.
Abbildung 9: Arten von zweidimensionalen Barcodes[67]
Im Bereich der zweidimensionalen Barcodes gibt es aktuell eine Vielzahl von verschiedenen Codearten, die untereinander nicht kompatibel sind. Im Folgenden wird kurz auf die jeweiligen Arten eingegangen.
Der QR-Code, wobei „QR“ für „Quick Response“ steht, wurde im Jahr 1994 von DENSO WAVE, einem japanischen Unternehmen, das auf automatische Identifikation und Datenerfassung (Auto-ID) spezialisiert ist[68], entwickelt. Das maximale Speichervolumen des QR- Codes beträgt 4.296 alphanumerische bzw. 7.089 numerische Zeichen.[69] Je mehr Daten in einem QR-Code verschlüsselt werden, desto filigraner wird die Matrix. Dadurch ergeben sich höhere Anforderungen an die Digitalkameras der Mobiltelefone, die scharfe Fotos der Codes abbilden müssen. In Abbildung 10 sind QR-Codes mit vier verschieden lang codierten Texten abgebildet.
Abbildung 10: QR-Codes mit 20, 40, 60 und 80 Zeichen codiertem Text, eigene Darstellung, erstellt mit dem QR-Code-Generator unter http://qrcode.kaywa.com
QR-Codes werden häufig im Bereich der Auszeichnung und Identifikation von Industriegütern genutzt, aber auch im Umfeld des Mobile Taggings, worin er die am häufigsten verwendete Codeart darstellt.[70]
Im Internet finden sich mehrere Generatoren, mit denen es jedem möglich ist, kostenfrei selbst QR-Codes mit eigenen Inhalten zu erstellen.[71]
Abbildung 11: Aufbau eines QR-Codes[72]
In Abbildung 11 ist der Aufbau eines QR-Codes beschrieben. Die drei Quadrate oben links und rechts sowie unten links dienen als Orientierungsvorgabe („Positions-Erkennungs- Muster“) für die Entschlüsselungssoftware.[73]
DataMatrix, ein weiterer sehr populärer Matrixcode, wurde 1989 in den USA von der Firma International Data Matrix eingeführt und ist wird tendenziell eher für die Auszeichnung von Industriegütern oder auch für elektronische Briefmarken, zum Beispiel bei der Deutschen Post bei der Freimachung von Unternehmenspost, am Schalter frankierten Briefen oder bei selbst ausgedruckten Briefmarken benutzt.[74]
DataMatrix-Codes benötigen für die gleiche Speicherkapazität etwas weniger an bedruckter Fläche als die QR-Codes, insgesamt ist das Speichervolumen aber mit 2.335 alphanumerischen bzw. 3.116 numerischen Zeichen etwas geringer.
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