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E-Book

Modernes Geld verstehen

Der Schlu?ssel zu Vollbeschäftigung und Preisstabilität

AutorL. Randall Wray
VerlagLola Books
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl312 Seiten
ISBN9783944203362
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis18,99 EUR
Können wir uns eine wirklich ?neue Wirtschaft? vorstellen, in der alle, die bereit, gewillt und fähig sind zu arbeiten, eine echte Chance bekommen, einen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten? Mit der Erkenntnis, dass echte Vollbeschäftigung ohne Inflation möglich ist, legt L. Randall Wray in diesem Klassiker der Modern Monetary Theory den Grundstein fu?r eine Revolution der Wirtschaftspolitik.

L. Randall Wray ist ein US-amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler, Professor an der University of Missouri-Kansas City und Research Director am Center for Full Employment and Price Stability (CFEPS). Wray gilt als einer der wichtigsten Vertreter der Modern Monetary Theory.

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VORWORT


Die konservative Überzeugung, es gäbe ein Gesetz der Natur, welches verhindere, dass Menschen eingestellt werden, dass es ›unvorsichtig‹ sei, Menschen anzustellen, und dass es finanziell ›vernünftig‹ sei, ein Zehntel der Bevölkerung auf unbestimmte Zeit untätig zu halten, ist auf wahnwitzige Weise abwegig – eben die Art von Dingen, die niemand für möglich halten würde, dessen Kopf nicht Jahr für Jahr mit Unsinn vernebelt worden ist… Unsere Hauptaufgabe wird es also sein, den Leser in seinem Instinkt zu bestätigen, dass das, was sinnvoll erscheint auch sinnvoll ist, und dass das, was wie Unsinn scheint auch Unsinn ist. Wir wollen versuchen, ihm zu zeigen, dass die Schlussfolgerung, dass mehr Menschen Arbeit bekommen werden, wenn neue Formen der Arbeit angeboten werden, so offensichtlich ist wie sie klingt und keine versteckten Fallen enthält; dass die Beschäftigung arbeitsloser Menschen zur Verrichtung nützlicher Aufgaben das bewirkt, was sie zu bewirken scheint, nämlich, den nationalen Reichtum zu steigern; und dass die Vorstellung, wir würden uns aus komplizierten Gründen in den finanziellen Ruin treiben, wenn wir dieses Mittel zur Steigerung unseres Wohlstand nutzen, genau das ist, wonach sie aussieht – nämlich ein Schreckgespenst. (Keynes 1972, S. 90–92)

In einem Brief an George Bernard Shaw schrieb Keynes am 1. Januar 1935: »Ich glaube, ich schreibe gerade ein Buch über Wirtschaftstheorie, das die Art, wie wir über wirtschaftliche Fragestellungen denken, weitgehend revolutionieren wird – nicht umgehend, denke ich, aber doch im Verlauf der nächsten zehn Jahre.« Keynes’ Behauptung bewahrheitete sich; sein Buch revolutionierte die Wirtschaftstheorie in der Tat, und zwar viel schneller als in einem Jahrzehnt. Ende der Siebziger Jahre jedoch hatte sich das keynesianische Paradigma in ›keynesianische‹, ›monetaristische‹ und ›angebotsseitige‹ Lager aufgespaltet, und Ende der 1990er Jahre war von der keynesianischen Revolution nur mehr sehr wenig übriggeblieben. In gewisser Hinsicht kehrt die hier vorgestellte Theorie zur Analyse von Keynes zurück, jedoch habe ich bewusst auf doktrinelle Erörterungen verzichtet, in der Hoffnung, dass dieses Buch nichts enthält, das Keynesianer, Monetaristen oder Verfechter der Angebotsseite nicht annehmen könnten.

Wie ich am Ende dieses Abschnitts anmerke, gibt es eine Anzahl anderer Ökonomen, die ähnliche Thesen entwickeln, vorwiegend zur Veröffentlichung in akademischen Fachzeitschriften. Mein Anliegen hier ist es, diese Ideen so vorzustellen, dass sie einem Leser mit soliden, wenn auch nicht unbedingt akademischen wirtschaftswissenschaftlichen Kenntnissen klar werden. Und was vielleicht noch wichtiger ist: Dieses Buch ist ein Versuch, diverse theoretische und politikorientierte Untersuchungen zu modernem Geld, Staatsausgaben und Defiziten, Inflation und Beschäftigung kohärent und einheitlich darzustellen. Die vorliegende Analyse ist hoffentlich lediglich die ›Eröffnungssalve‹ für etwas, das vielleicht die Art und Weise, wie wir über Wirtschaft und insbesondere über Wirtschaftspolitik denken, revolutionieren wird.

Die primäre politische Schlussfolgerung, die sich aus dieser Analyse ergibt, mag schockieren, lässt sich jedoch einfach darstellen: Echte Vollbeschäftigung ist möglich, ohne eine Inflation auszulösen. Das wird wie ein wünschenswertes Ziel, aber auch wie eine anmaßende Behauptung erscheinen; kein anständiger Keynesianer, Monetarist oder Verfechter der Angebotsseite würde es sich erlauben, derartige Hoffnungen zu hegen. Doch wenn die Analyse hier richtig ist – und selbstverständlich bin ich mir sicher, dass sie das ist –, dann ergibt sich daraus logischerweise, dass wir unverzüglich zu Vollbeschäftigung mit größerer Preisstabilität übergehen können. Tatsächlich sind die beiden Ziele, wie ich ausführen werde, untrennbar miteinander verbunden: die zur Erreichung von Vollbeschäftigung empfohlene Politik wird auch die Preisstabilität erhöhen.

Diese Politik besteht in der Rolle der Regierung als ›Arbeitgeber der letzten Instanz‹; sie ist von anderen auch als ›staatliche Arbeitssicherung‹ und ›staatliche Pufferlager-Beschäftigung‹ bezeichnet worden. Die Regierung würde ganz einfach ankündigen, dass sie jeden, der bereit, gewillt und fähig ist zu arbeiten, zu einem genannten festen Geldlohn beschäftigen wird. Diese Idee ist nicht neu; sie lässt sich mindestens bis zur Großen Depression zurückverfolgen. Das Neuartige daran liegt in der wirtschaftlichen Analyse, die zeigt, dass diese Beschäftigungspolitik gleichzeitig die Preisstabilität verbessern muss. Arbeiter des ›Arbeitgebers der letzten Instanz‹ wirken als ein ›Pufferlager‹ aus beschäftigungsfähigen Arbeitskräften, die dem privaten Sektor zu einem Aufschlag auf einen bekannten, festgelegten Lohn (den von der Regierung genannten Lohn) zur Beschäftigung zur Verfügung stehen. Dies dient der Verankerung von Löhnen und somit von Preisen. Der Leser wird an dieser Stelle nicht überzeugt sein; natürlich ist eine genaue Analyse nötig, um die Leser von der Stichhaltigkeit solcher Behauptungen zu überzeugen. Das ist mein Bestreben.

Selbst wenn man das Argument akzeptiert, dass echte Vollbeschäftigung (nicht zu verwechseln, wie in Kapitel 1 besprochen, mit ›NAIRU‹ – der inflationsstabilen Arbeitslosenquote) erreicht werden kann, ohne eine Inflation auszulösen, lassen sich noch viele Einwände erheben. Was sind die Kosten? Wird das Haushaltsdefizit nicht explodieren? Wenn ja, wie wird die Regierung ihre Defizite finanzieren? Werden staatliche Ausgaben und Kreditaufnahme für dieses Programm nicht private Ausgaben und Kreditaufnahme ›verdrängen‹? Welche Auswirkungen wird das Programm auf den Wettbewerb mit ausländischen Firmen in der neuen globalen Wirtschaft haben? Ich will mich in den folgenden Kapiteln mit diesen Einwänden auseinandersetzen. Tatsächlich verschwinden die meisten Bedenken – insbesondere die zu den Kosten des Programms, den Staatsfinanzen und dem ›Verdrängen‹ –, sobald man die Natur des ›modernen Geldes‹ versteht.

In allen modernen Wirtschaften definiert die Regierung das Geld, indem sie wählt, was sie zur Zahlung von Steuern annimmt. Sobald sie verlangt, dass die Bürger Steuern in Form von Geld (sagen wir, Dollars) zahlen müssen, müssen die Bürger an Geld kommen, um Steuern zu zahlen. Um das zu erlangen, ›was zur Zahlung von Steuern nötig ist‹, oder Geld, bieten sie der Regierung (sowie den Märkten) Dienstleistungen oder produzierte Güter an. Das bedeutet, dass die Regierung alles erwerben kann, was für Dollars zum Verkauf steht, indem sie einfach Dollars herausgibt. Die Regierung ›braucht‹ ›das Geld der Öffentlichkeit‹ nicht, um Ausgaben zu tätigen; stattdessen braucht die Öffentlichkeit ›das Geld der Regierung‹ zur Zahlung von Steuern. Hat man dies einmal verstanden, wird klar, dass weder Steuern noch Staatsanleihen Staatsausgaben ›finanzieren‹. Stattdessen sind Steuern nötig, um dem Geld Wert zu verleihen, während der Verkauf von Staatsanleihen zur Geld- oder Zinspolitik gehört (und eine verzinsliche Alternative zu einer nicht verzinslichen Währung als Wertanlage darstellt).

Wenn die Leser zuerst auf dieses Argument stoßen, glauben sie normalerweise, dass ich zu einem hemmungslosen Einsatz der ›Druckerpressen‹ aufrufe, um die ganzen Staatsausgaben durch ›Gelddrucken‹ zu finanzieren, was als todsicherer Weg in die Hyperinflation gilt. Und das wäre es tatsächlich auch. Mein Argument ist, dass alle Staatsausgaben in Wirklichkeit durch ›Geldschöpfung‹ ›finanziert‹ werden, doch wird dieses Geld angenommen, weil eine auferlegte Steuerpflicht besteht, die absichtlich belastend ist. Ohne diese beschwerliche Steuerpflicht könnte die Regierung die Druckerpressen bis in alle Ewigkeit laufen lassen, würde jedoch nichts finden, was für Dollar zum Verkauf stünde! Daher können Staatsausgaben zu hoch (aber auch zu niedrig) sein; es besteht eine echte Gefahr, dass die staatliche Aktivität die private Aktivität verdrängt; und es besteht die Gefahr, dass Staatsausgaben bei zu großer Höhe zu einer Inflation oder bei zu niedriger Höhe zu einer Deflation führen.

Der Schlüssel liegt also darin, die Staatsausgaben auf genau der richtigen Höhe zu halten, sodass weder inflationäre noch deflationäre Kräfte wirken können. Wie ich zeigen werde, sorgt die Gestaltung des Programms des Arbeitsgebers der letzen Instanz dafür, die Staatsausgaben auf der richtigen Höhe zu halten. Weiters ermöglicht es die preisstabilisierende Eigenschaft des Programms der Regierung, den Märkten den Lohn ›vorzuschreiben‹, zu dem sie diejenigen anstellen wird, die bereit, gewillt und fähig sind, zu arbeiten. In scharfem Kontrast dazu verlangt die Politik heutzutage, dass die Regierung für die meisten Dinge, die sie...

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