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E-Book

Moebius Syndrom

Betroffene und Fachleute informieren

VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl436 Seiten
ISBN9783735726872
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis39,99 EUR
Aus einer kleinen aktiven Selbsthilfegruppe heraus gründete sich im Jahr 1999 der Moebius Syndrom Deutschland e. V. Dieser Verein ist mittlerweile über die Grenzen der Bundesrepublik hinweg beratend zum Thema Moebius-Syndrom tätig. Über viele Jahre wurde zum Teil exklusives Wissen zusammengetragen und weitergegeben. Der Wissensstand ist weit fortgeschritten und steht einem ebensolchen Informationsbedarf gegenüber. Das vorliegende Buch liefert einen Überblick zum aktuellen Erkenntnisstand und richtet sich an Fachleute, interessierte Laien und Betroffene gleichermaßen. Inhaltlich werden neben den relevanten wissenschaftlichen und medizinischen Themenfeldern auch konkrete Handreichungen für die Praxis präsentiert. Entwicklungs- und Erfahrungsberichte von Betroffenen runden neben vielen Fotos und emotionalen Anekdoten das Informationsangebot ab.

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Leseprobe

EINE KURZE FALLDARSTELLUNG – BIS ZUR DIAGNOSE
MOEBIUS-SYNDROM


„HAUPTSACHE GESUND!“


Falco Schleier (2009)

Es war ein ganz normaler Winter in einem medizinisch modern aufgestellten Deutschland der 90er Jahre. Bald schon sollten wir Eltern werden.

Wenn man es im Nachhinein als medizinischer Laie betrachtet und dabei berücksichtigt, dass wir der Geburt unseres ersten Kindes entgegenfieberten, war es doch sicherlich eine normale Schwangerschaft. Meine Frau hatte ganz normale physische sowie psychische Hoch- und Tiefpunkte und während der ersten Wochen einen kleineren Infekt mit Husten. Nicht zuletzt durch eine erste Fehlgeburt waren wir natürlich bemüht, alles „richtig zu machen“, allerdings ohne dabei übervorsichtig zu sein. Klar, dass weder geraucht noch Alkohol getrunken wurde.

Im Verlauf einer Urlaubsreise im Sommer zuvor, also schon während der Schwangerschaft, hatte meine Frau einen derartig heftigen Anfall von Kopfschmerzen und Übelkeit, dass sie zu diesem Zeitpunkt sogar einen Hitzschlag vermutete. Nach einem Tag Bettruhe ging es ihr wieder besser. Weitere medizinische Besonderheiten fielen uns nicht auf. Insgesamt waren wir über gemeinsam besuchte Geburtsvorbereitungskurse bis hin zu einem ordentlich eingerichteten Kinderzimmer und einer passenden Auswahl an infrage kommenden Vornamen gut vorbereitet.

„Egal, ob Mädchen oder Junge, Hauptsache gesund!“ Das war ein oft gebrauchter und gehörter Satz in den letzten Wochen vor der Geburt.

Die Bedeutung dieses Satzes würde uns bald allzu deutlich ins Bewusstsein gerufen werden und sich anschließend in die Formulierung „es hätte schlimmer kommen können!“ wandeln. Doch dazu später. Die Voruntersuchungen – insgesamt drei Ultraschalluntersuchungen – waren unauffällig und brachten mit normalen Werten stets Beruhigung für uns werdende Eltern. Meine Frau war zum Ende der Schwangerschaft mit einem sehr stattlichen Bauch ausgestattet und hatte enorm an Gewicht zugenommen. Sie hatte Wasser im Körper und konnte die Geburt kaum erwarten. Die letzten zwei bis drei Monate der Schwangerschaft waren für sie sehr beschwerlich.

Unser Kind nahm sich allerdings noch ein wenig Zeit und ließ den errechneten Termin verstreichen. Damit waren wir „über dem Termin“. Nach Meinung der Frauenärztin kein Problem. Es gab zudem ein paar nützliche Tipps und Tricks, um den Wehen „auf die Sprünge zu helfen“. Es wurde immer spannender. Lange konnte es nicht mehr dauern. Zudem beschrieb meine Frau später, dass sie zu diesem Zeitpunkt instinktiv wahrgenommen hatte, dass unser Kind heraus musste. Ich glaube an diesen mütterlichen Instinkt. Nach einem ausgiebigen heißen Bad und einem sogenannten „Wehen-Cocktail“ hatte meine Frau dann irgendwann das Gefühl, es müsse bald losgehen, und wir fuhren in Ruhe in das von uns ausgewählte Krankenhaus. Zwei bis drei Tage über Termin.

Normale Wehen hatte meine Frau bis zu diesem Zeitpunkt noch immer nicht, sie beschrieb es als regelmäßige Kontraktionen. Auf der Geburtsstation verlief es, der abendlichen Stunde angemessen, ruhig. Die Hebamme vermittelte den Eindruck unglaublicher Gelassenheit, es war eben alles völlig normal. In der folgenden Zeit wurde insgesamt dreimal ein Wehenschreiber angeschlossen. Meine Frau hatte nach wie vor keine Wehen. Die Herztöne des Kindes waren unregelmäßig.

Auf Anraten der Hebamme unternahmen wir zwischendurch lange Spaziergänge und angesichts einer kalten Winternacht lernten wir sämtliche entlegene Winkel des Krankenhauses kennen. Nach ein paar Stunden entschloss sich die Hebamme dann, zur besseren Kontrolle der Herztöne des Kindes eine Kopfsonde anzulegen. Zur Vorbereitung dieser Maßnahme wurde im Kreißsaal die Fruchtblase meiner Frau geöffnet. Genau ab diesem Zeitpunkt beschleunigten sich die Ereignisse geradezu rasant im Vergleich zur vorangegangenen Gelassenheit.

Das Fruchtwasser trat in einem dunkelgrünen Farbton aus und meine Frau hatte eine einzige heftige Wehe. Umgehend wurde ihr ein Wehenhemmer gespritzt. Anschließend wurde sie für einen Notkaiserschnitt vorbereitet. Ja, so schnell ging das. Ich wurde in eine Entscheidungsfindung über etwaige Maßnahmen auch nicht mehr miteinbezogen.

Fast hatte ich den Eindruck zu stören. Der Operationssaal befand sich direkt gegenüber dem Kreißsaal und plötzlich setzte in den frühen Morgenstunden ein reges Treiben herbeialarmierter Ärzte und Schwestern ein. Die an sich schon eher hilflose Beobachterrolle des werdenden Vaters reduzierte sich nun umgehend auf die eines nur noch Wartenden, wobei es sich bei meinem persönlichen „Warteraum“ tatsächlich noch immer um den Kreißsaal handelte. Meine Frau war verschwunden.

Ich hockte dort im Kreißsaal und beschloss, mir das erste Schreien zu merken, um es später mit der eingetragenen Uhrzeit im Mutterpass vergleichen zu können. Man(n) kommt in derartigen Situationen schon auf komische Gedanken. Die Uhrzeit ist doch völlig egal, Hauptsache gesund! Wie viel Zeit dann tatsächlich verging, vermag ich aus der Erinnerung heraus nicht mehr zu sagen. Es ging wohl relativ schnell und plötzlich hörte ich das erste Schreien.

Kurz darauf brachte mir eine Schwester meinen Sohn mit der Empfehlung, mir mein T-Shirt auszuziehen, das Baby sollte meine Haut und meinen Herzschlag spüren.

Sehr unbeholfen hielt ich ihn daraufhin in meinem Arm. Die Nabelschnur hing herab, am Ende befand sich noch eine Art Schere, die wohl als Klemme fungierte. Oder war es eine Klemme, die wie eine Schere aussah? Zunächst fiel mir nichts Besonderes auf, ich hatte zuvor noch niemals ein Neugeborenes im Arm gehalten, und ich war sehr gerührt in diesem Augenblick. Ich war bestimmt eine halbe Stunde allein mit meinem Sohn, habe ihn intensiv betrachtet und ihm irgendetwas erzählt, damit er meine Stimme hört. In dieser Zeit bemerkte ich, dass die Haut auf der linken Brustseite beim Atmen wie eine Art Hautsegel nach innen klappte. Das sah nicht normal aus. Als er weinte, sah das Gesicht plötzlich sehr schief aus. In diese nachdenklichen Beobachtungen platzte dann die diensthabende Stationsärztin, gratulierte mir und erkundigte sich, ob sie denn noch mal „einen Blick“ auf meinen Sohn werfen solle. War das eine rhetorische Frage? Oder gar ein „Zusatzservice“ am frühen Morgen, weil eben gerade nichts anderes zu tun war? Der erste Test für Neugeborene (Apgar-Test genannt) lag mit den sehr guten Werten von 9 -10 -10 doch schon vor! Einige Zeit später, aus der Distanz eines analytischen Beobachters betrachtet, ist mir allerdings klar geworden, dass mit Erscheinen dieser engagierten Ärztin lediglich der Zeitpunkt gekommen war, mich behutsam über das zu informieren, was dem Fachteam der Geburtsabteilung schon im Moment der Entbindung klar gewesen sein musste. Mit dem Baby stimmte etwas nicht. Der Gesundheitszustand war nicht normal.

Man kann darüber trefflich diskutieren, ob die Art und Weise der folgenden Informationsvermittlung nun als originell oder hilflos zu bezeichnen war. Die Ärztin betrachtete nämlich, wie ich kurz zuvor, den Brustkorb meines Babys und fragte mich unvermittelt, was dies denn wäre. Da ich diese rhetorische Frage natürlich auch nicht beantworten konnte und umgehend zurückgab, stellte sie daraufhin lapidar fest, dass mein Sohn nun auf die Kinderintensivstation eines anderen Krankenhauses verlegt werden müsse. Zur Sicherheit! So, das war es. Die Nachricht war überbracht, der Vater weiß jetzt Bescheid.

Sicherlich werde ich niemals erfahren, was sich damals tatsächlich hinter den Kulissen bzw. während und unmittelbar nach der Entbindung abgespielt hat, möchte es mir an dieser Stelle allerdings nicht nehmen lassen, hier meine eigene Version zur Vervollständigung der Geschichte aufzuschreiben. Unser Baby erblickte das Licht der Welt und bekam den unvermeidlichen Klapps auf den Po. Mit dem einsetzenden Schreien sah man dem kleinen Gesicht sofort an, dass es komplett schief war. Beim Atmen flatterte die Babyhaut auf der einen Seite der Brust wie ein Segel oder eine Membrane hin und her. Das Spezialistenteam erkannte sofort, dass mit dem Baby etwas nicht in Ordnung war. Allerdings bestand auch keine Lebensgefahr. Man entschied also, dass das Baby erst einmal zu seinem Papa durfte. Erste Bindungen herstellen, Körperkontakt herstellen und erst einmal zur Ruhe kommen. Das war jetzt wichtig! Noch während bei meiner Frau die Wunde des Kaiserschnitts vernäht wurde, brachte die Ärztin mir mein Baby, ging erst einmal einen Kaffee trinken und überlegte dabei, wie sie mir die ganze Angelegenheit wohl am besten beibringen konnte. Doch jetzt zurück zu den tatsächlichen Ereignissen dieses Morgens. Aus heutiger Sicht denke ich, dass in dieser Situation nur eine sehr stark ausgeprägte Müdigkeit eine noch stärkere Verzweiflung vernebelte. Die Stationsärztin gab mir meinen Sohn wieder in meine Arme und verließ den Kreißsaal. Ungefähr zu dieser Zeit wurde meine noch stark sediert wirkende Frau in einem Bett liegend aus dem OP in die Mitte des Flures geschoben. Dort stellte man mir einen orangefarbenen Plastikstuhl neben das Bett, bot mir diesen...

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