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Möglichkeiten und Grenzen der Bestimmung angemessener steuerlicher Verrechnungspreise bei fehlenden Fremdvergleichsdaten mittels der Wertschöpfungsbeitragsanalyse

AutorAnna Lena Slowikowski
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl110 Seiten
ISBN9783656291435
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich BWL - Rechnungswesen, Bilanzierung, Steuern, Note: 1,3, Universität Hamburg (Betriebliche Steuerlehre), Sprache: Deutsch, Abstract: Bei der Bestimmung von Verrechnungspreisen handelt es sich um einen der bedeutendsten Bereiche der Steuergestaltung und -politik international agierender Unternehmen. Die Ergebnisse einer Umfrage unter großen multinationalen Unternehmen zeigen, dass über 70% der Befragten die Gestaltung von Verrechnungspreisen für eine der größten steuerlichen Herausforderungen für ihre Organisation halten. Verrechnungspreise stellen Entgelte dar, die zwischen rechtlich selbständigen, aber miteinander verbundenen Unternehmen für Lieferungen und Leistungen berechnet werden. Nach aktuellen Schätzungen werden zwischen 60% und 70% des gesamten internationalen Handels durch Lieferungen und Leistungen zwischen solchen Unternehmen abgedeckt. Aus steuerlichen Gründen hat jedes einzelne Unternehmen seinen Gewinn separat zu ermitteln. Auf Grund der rechtlichen Selbstständigkeit umfasst dieser auch die Ergebnisse, die aus dem Leistungsaustausch der verbundenen Unternehmen resultieren. Dieser Gewinn entsteht allerdings nicht durch das Handeln auf einem tatsächlichen Markt, so dass als Entgelt für die Lieferungen und Leistungen interne Verrechnungspreise anzusetzen sind. Der Gestaltung von Verrechnungspreisen kommt somit eine hohe Bedeutung zu, zumal ihre systematische Festlegung Gewinne in verschiedenen Staaten beeinflusst. Verrechnungspreise haben einen unmittelbaren Einfluss auf Auf-wand und Ertrag und wirken sich folglich auch auf die steuerliche Bemessungsgrundlage aus. Geschäfte zwischen Mitgliedern einer wirtschaftlichen Einheit eröffnen so ein beträchtliches Potenzial, Spielräume zur steuerlichen Gewinnverlagerung und damit das internationale Steuergefälle auszunutzen. Die Konzernleitung kann dies erreichen, indem sie durch eine gezielte Festlegung von Verrechnungspreisen Gewinne in jene Gesellschaften im Konzern verlagert, die einer niedrigeren Steuerbelastung unterliegen. Insbesondere 'Hochsteuer-länder' sind von steuermotivierten Ergebnisverteilungen betroffen, indem Steuersubstrat ins niedriger besteuerte Ausland verlagert wird.

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Leseprobe

3 Die Wertschöpfungsbeitragsanalyse als Instrument der Verrechnungspreisbestimmung


 

3.1 Bestimmung von Gewinnerwartungen beim hypothetischen Fremdvergleich


 

3.1.1 Vorbemerkungen


 

Wie bereits in Kapitel 2.4.3 aufgezeigt wurde, hat der Steuerpflichtige im Anwendungsbereich des hypothetischen Fremdvergleichs Verrechnungspreise für konzerninterne Transaktionen mit Hilfe von innerbetrieblichen Planrechnungen und vorsichtigen Gewinnprognosen (Planrechnungen) festzulegen.[235] Zur Bewertung dieser Transaktionen sollen dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechend Preise oder Gewinnspannen bestimmt werden, wie sie voneinander unabhängige Geschäftspartner im Rahmen vergleichbarer Geschäfte vereinbart hätten. Um diesen Grundsatz zu operationalisieren, sieht der Gesetzgeber, wie schon erläutert, in § 1 Abs. 1 Satz 2 AStG einen ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter vor, der rational handelt und das Leitziel der Gewinnmaximierung verfolgt.[236] Zur Bestimmung des Einigungsbereichs im Rahmen des hypothetischen Fremdvergleichs müssen die Grenzpreise beider Unternehmen ermittelt werden, die sich aus ihren Gewinnerwartungen ableiten.[237] Um diese bestimmen zu können, ist zu klären, welche Merkmale die Höhe des Preises bzw. des Gewinns eines Unternehmens beeinflussen. Im Folgenden wird zunächst dargestellt, wie sich der Marktpreis im mikroökonomischen Modell durch Angebot und Nachfrage bildet. Es folgt die Vorstellung des Leitziels der Gewinnmaximierung und die Behandlung betriebswirtschaftlicher Einflussfaktoren auf Preise bzw. Gewinne. Anschließend wird das Konzept der Bestimmung von Gewinnerwartungen anhand von Wertschöpfungsbeiträgen behandelt, um die daraus resultierenden Erkenntnisse mit der allgemeinen betriebswirtschaftlichen Preisermittlung zu verknüpfen.

 

3.1.2 Determinanten der Gewinnerwartung von Unternehmen


 

3.1.2.1 Ermittlung des Marktpreises im mikroökonomischen Modell

 

Die Differenz zwischen den Erlösen eines Unternehmens und seinen Kosten stellt den Gewinn dar. Die Erlöse ergeben sich aus dem Produkt der abgesetzten Menge und des Preises, die Kosten entstehen durch die betriebliche Leistungserstellung. Auf einem Markt treffen Käufer und Verkäufer aufeinander und bestimmen durch ihre tatsächlichen oder potenziellen Interaktionen die Preise der Waren und Leistungen.[238] Während bei vollständigem Wettbewerb der Marktpreis als einziger Preis existiert, können Unternehmen auf unvollständigen Märkten unterschiedliche Preise fordern.[239] Die Interaktion zwischen Käufern und Verkäufern hat demnach direkten Einfluss auf die Höhe des Marktpreises. Dieses Grundmodell wird in der Mikroökonomie als Angebot und Nachfrage beschrieben, welche die Produktionsmenge eines Guts und den Marktpreis determinieren.[240] Die Preisbildung wird mit Hilfe einer Angebots- und einer Nachfragekurve dargestellt, die sich im Marktgleichgewicht schneiden. Der sog. Gleichgewichtspreis stellt den Preis dar, zu dem die angebotene und die nachgefragte Menge identisch sind.[241] Die Gleichgewichtsmenge hängt insbesondere vom Preis ab. Die Unternehmen werden mehr produzieren und verkaufen wollen, wenn der Preis hoch ist, d.h. es besteht eine positive Abhängigkeit der Angebotsmenge vom Preis (sog. Gesetz des Angebots).[242] Die Nachfrager hingegen kaufen umso mehr, je niedriger der Preis ist, d.h. es besteht eine negative Abhängigkeit der Nachfragemenge vom Preis (sog. Gesetz der Nach-

frage).[243] Die Höhe der Nachfrage hängt neben dem Preis vor allem auch vom Einkommen der Konsumenten ab.

 

Allerdings hängt die Menge, die Unternehmen verkaufen wollen, nicht nur vom Preis, sondern auch von den Kosten der Herstellung bzw. Leistung ab. Hier sind vor allem die Produktionskosten, Zinsbelastungen sowie Rohstoffkosten zu nennen. Die Kosten eines Unternehmens, die allgemein als durch die Leistungserstellung bedingter Verzehr von Gütern definiert werden können[244], haben demnach neben dem Preis einen entscheidenden Einfluss auf die Höhe der Erlöse und damit auch unmittelbar auf den Gewinn.

 

3.1.2.2 Gewinnmaximierung als oberste Maxime unternehmerischen Handelns und allgemeine betriebswirtschaftliche Einflussfaktoren von Gewinnerwartungen

 

Im Kontext von Verrechnungspreisen stehen sich sowohl auf Käufer- wie auch auf Verkäuferseite verbundene Unternehmen gegenüber. Die konzerninternen Transaktionen stellen für die beteiligten Konzernunternehmen jeweils Erlöse bzw. Kosten dar. Langfristig kann ein Unternehmen im Markt nur bestehen, wenn die Kosten durch die Erlöse gedeckt sind. Allerdings werden Unternehmen nicht nur eine Kostendeckung anstreben, sondern die Maximierung ihres Gewinns. Unternehmerische Entscheidungen folgen demnach dem erwerbswirtschaftlichen Prinzip der Gewinnmaximierung als oberster Maxime unternehmerischen Handelns.[245] Auch der BFH geht in seiner Rechtsprechung von einer Gewinnerzielungs- bzw. Gewinnmaximierungsabsicht als Leitziel eines Unternehmens aus. In seinem Urteil vom 16.4.1980[246] heißt es, dass es die Aufgabe des Geschäftsführers eines Erwerbsunternehmens sei, „Gewinn zu erzielen und diesen Gewinn nach Möglichkeit zu steigern.“. Neben den Kosten beeinflussen aber auch andere Faktoren den (Markt-)Preis und somit die Gewinne der Unternehmen unmittelbar oder zumindest mittelbar. Für Waren und Güter sind z.B. Art, Qualität und Beschaffenheit der Güter, die von den (verbundenen) Unternehmen wahrgenommenen Funktionen und Handelsstufen, Liefervereinbarungen und die Verhältnisse des Marktes[247] relevant für die Preisbestimmung.[248] Kurzewitz unterscheidet in diesem Zusammenhang unternehmensbezogene Faktoren (z.B. Geschäftsstrategie, Funktionen der Unternehmen und Übernahme von Risiken), absatzmarktbezogene Faktoren (z.B. Marktstufe, Angebots- und Nachfragesituation), gesamtvolkswirtschaftliche Faktoren (z.B. Konjunkturverlauf) sowie produktbezogene Faktoren (z.B. physische Eigenschaften, Vertrags- und Lieferbedingungen), die sich auf die Geschäftsbeziehung und somit auf den Marktpreis auswirken können.[249]

 

Im Anwendungsbereich des hypothetischen Fremdvergleichs ist daher insbesondere eine Analyse der Geschäftsbeziehung notwendig, um sämtliche preisbeeinflussende Faktoren und damit den Einigungsbereich bestimmen zu können. Zur Ermittlung der Grenzpreise der an der Transaktion beteiligten Unternehmen müssen insbesondere auch die alternativen Handlungsmöglichkeiten beider Unternehmen Berücksichtigung finden. Das rationale Handeln der Geschäftsleiter setzt einen Vergleich möglicher Alternativen sowie deren Vor- und Nachteile voraus.[250] Neben der zu beurteilenden Transaktion sind alle möglichen Handlungsalternativen für Leistungserbringer und -empfänger in die Beurteilung miteinzubeziehen.[251] Nachdem sämtliche Alternativen bestimmt und beurteilt wurden, erfolgt eine Prognose der Gewinne dieser Alternativen, wobei die Grenzpreise die maximale alternative Gewinnhöhe bei den Unternehmen sicherstellen sollen.[252] Der sich auf diese Weise ergebende Verhandlungsspielraum wird umso geringer sein, je besser die Handlungsalternativen sind. Ein Geschäft kommt zwischen den Verhandlungspartnern nur dann zustande, wenn das gemeinsame Geschäft im Gegensatz zur bestmöglichen Alternative zumindest einen Partner besser stellt, ohne den anderen schlechter zu stellen (sog. Pareto-Optimalität).[253] Die Bewertung der Alternativen bzw. der Gewinnerwartungen sollte auf der Grundlage von Zahlungsströmen erfolgen, wobei Unterschiede in der effektiven steuerlichen Belastung zu eliminieren sind.[254] Auf die konkrete Bewertung der Zahlungsströme soll in der vorliegenden Arbeit nicht weiter eingegangen werden.

 

3.1.2.3 Wertschöpfungsbeiträge als Determinanten von Gewinnerwartungen

 

Nachdem dargestellt wurde, wie die Gewinnerwartungen von Unternehmen durch allgemeine betriebswirtschaftliche und mikroökonomische Faktoren beeinflusst werden, wird im folgenden Abschnitt untersucht, welchen Einfluss Wertschöpfungsbeiträge auf die Gewinnerwartungen von Unternehmen haben.

 

Der Begriff der betrieblichen Wertschöpfung basiert auf dem Konzept der Wertschöpfung in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Demnach ergibt sich die Brutto-Wertschöpfung eines Unternehmens als Überschuss der Produk-tionswerte über die Vorleistungen, d.h. die von anderen Unternehmen bezogenen Güter.[255] Analog dazu wird Wertschöpfung betriebswirtschaftlich als der in einem Unternehmen erwirtschaftete Wertezuwachs bzw. der im Unternehmen durch dessen wirtschaftliche Tätigkeit geschaffene Mehrwert verstanden, der sich als Differenz zwischen den generierten, abgegebenen Leistungen eines Unternehmens (insbesondere seinen Umsatzerlösen) und den bezogenen Vorleistungen ergibt.[256] Dieser Differenzbetrag wird als Wertschöpfungsbeitrag bezeichnet. Er kann auch ausgehend von den Kosten der...

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