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Möglichkeiten und Grenzen der Thematisierung von Tod und Trauer im Sachunterricht der Grundschule

Dargestellt am Beispiel von Kinderliteratur

AutorJenny Mummelthey
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl58 Seiten
ISBN9783656312048
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Didaktik - Sachunterricht, Heimatkunde, Note: 1,7 , Humboldt-Universität zu Berlin (Institut für Erziehungswissenschaften ), Sprache: Deutsch, Abstract: Die Themen Tod und Trauer sind wesentliche Bestandteile unseres Lebens. Jeder Mensch wird innerhalb seines Lebens gezwungenermaßen mit diesen schwierigen Themen konfrontiert und muss sich persönlich damit auseinandersetzen. Auch Kinder werden nicht von Tod und Trauer verschont. Schon früh sammeln Kinder viele Erfahrungen in Hinblick auf Verluste, auf Todeserlebnisse und auf Trauer, und den damit verbundenen Gefühlen. Kinder stellen Fragen dazu. Sie wollen wissen, was sich hinter dem Tod verbirgt und was es bedeutet tot zu sein. Sie sind interessiert an den Themen. Und sie trauern.

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Leseprobe

2. Die Themen Tod und Trauer in unserer Gesellschaft und der kindlichen

 

    Lebenswelt

 

 Die Konfrontation mit den Themen Tod und Trauer ist im Leben eines Menschen in unserer Gesellschaft unausweichlich. Jeder Mensch, egal welchen Alters, egal in welcher Lebenssituation muss sich irgendwann gezwungenermaßen damit auseinandersetzen. Das heißt auch, dass Tod und Trauer keinen Halt vor Kindern machen, die ein wesentlicher Bestandteil unserer Gesellschaft sind.

 

Jeder ist sich der Präsenz von Tod und Trauer, der eigenen Sterblichkeit bewusst, doch werden diese Gedanken ängstlich, ablehnend, mit Schrecken aus dem Bewusstsein verdrängt, man kann sagen zum Tabu gemacht. (vgl. Daum 2003, S.25) Vor allem auch die Assoziation der Themen Tod und Trauer mit Kindern ist besonders negativ behaftet und wird in unserer Gesellschaft tabuisiert. „Mit Kindern werden Wachstum und Zukunft verbunden, der Tod hingegen steht für das Ende des Lebens.“ (Jennessen 2007, S.2)

 

Aus diesen Aspekten entwickeln sich verschieden Fragen: Wie und warum kommt es in unserer Gesellschaft überhaupt zu einer Verdrängung, zu dem Schweigen über die  Themen Tod und Trauer? Welchen Einfluss hat das in Bezug auf Kinder? 

 

In den folgenden Kapiteln sollen diese Fragen besprochen und erläutert werden. Außerdem soll eine genauere Untersuchung und Betrachtung der Themen Tod und Trauer hinsichtlich der kindlichen Erfahrungswelt vorgenommen werden. Dazu werden  Erfahrungen und Vorstellungen mit dem Tod, sowie die Trauer bei Kindern thematisiert.

 

2.1 Die Stellung des Todes in unserer Gesellschaft

 

In einer Gesellschaft in der Gesundheit, Vitalität, Leistungsfähigkeit und Spaß hoch ermessen werden, und in der man sich äußerliche „ewige Jugend“ durch Arztbesuche und durch Kosmetik erkaufen kann, sind Gedanken an Themen wie an Tod und an Trauer nicht  wirklich erwünscht. Diese „[…]so genannten  Schattenseiten des Lebens […]“(Specht-Tomann/ Tropper 2011, S.9), zu denen man auch Krankheiten, Behinderungen, Verluste und Misserfolge zählen kann, haben nur wenig Platz in dieser Gesellschaft. Die Vorstellung vom Tod eines nahe stehenden Menschen oder sogar des Eigenen, löst existenzielle Ängste und Panik aus, entwirft Gedanken über Schmerz, sowie Hilflosigkeit und führt dazu, das Thema zu vermeiden und zu verdrängen. (vgl. Daum 2003, S. 25)

 

Dass Tod und Trauer trotzdem ein wesentlicher Bestandteil des Alltags sind, ändert an dieser Einstellung wenig. Die regelrechte Gewöhnung an alltägliche Schreckensnachrichten, die Sensationslust an den massenhaften Medienberichten über Tote, die gewaltvollen Fernsehsendungen, das Interesse an dem anonymen Unfall in der Nähe des Wohnortes, verhindern nicht, dass es trotzdem eine Ausgrenzung „[…]der Todesproblematik aus dem persönlichen, familiären und gesellschaftlichen Leben […][gibt], die in unterschiedlicher Form in unterschiedlichen Bereichen in Erscheinung tritt.“ (Jennessen 2007, S.7) So entsteht durch das Wegschieben dieser zentralen, persönlichen Lebenserfahrungen  nicht selten eine Art Ohnmacht, eine Hilf- und Sprachlosigkeit im Umgang mit den Themen. (vgl. Specht-Tomann/ Tropper 2011, S.8)

 

Dass es Menschen gibt, die sich mit diesem Thema intensiv auseinandersetzen oder die sich indirekt, durch den Abschluss einer Lebensversicherung, oder der Formulierung eines Testaments mit dem Thema Tod auseinandersetzen, soll nicht außer Acht gelassen werden. Dass im Alltag der meisten Menschen aber die Beschäftigung mit dieser Problematik nicht selbstverständlich stattfindet, sondern eher schweigend hingenommen wird, ist festzustellen. (vgl. Jennessen 2007, S.9) Grundlegende gesellschaftliche Entwicklungen in den letzten Jahrzehnten haben auf diese Einstellung wesentlichen Einfluss genommen.

 

2.1.1 Gesellschaftliche Entwicklungen in Bezug auf die Themen Tod und Trauer

 

Die Tabuisierung und die Verdrängung der Themen Tod und Trauer in unserer Gesellschaft wurden und werden durch verschiedene Faktoren, wie zum Beispiel die Institutionalisierung des Todes, beeinflusst.  Das Sterben und der Tod eines Menschen finden heutzutage normalerweise nicht mehr in der eigenen Familie, im eigenen zu Hause statt. Diese Ereignisse und die Aufgaben die dadurch entstehen, werden an Institutionen abgegeben, die die Beschäftigung mit Kranken, Sterbenden und Toten und die Themen Tod und Trauer zu ihrem Beruf gemacht haben. (vgl. IGSL 1999, S.13) Durch die möglicheVerlagerung der Probleme und Aufgaben, die durch alte Menschen, Kranke, Sterbende und Tote entstehen, in Krankenhäuser, in Altersheime, in Seniorenresidenzen und an Bestattungsunternehmen, ist eine persönliche Auseinandersetzung nur noch sehr selten möglich und sicher auch nur noch selten gewollt. In unserer Gesellschaft wird hauptsächlich hinter verschlossenen Türen gestorben. Erwachsene und vor allem auch Kinder kommen so immer weniger in den Kontakt mit den Themen Tod und Trauer. Die Verlagerung des Todesortes und das Abgeben der Organisationsaufgaben in Hinsicht auf einen Verstorbenen haben viele Gründe. Der, im Sterbeprozess und Todesfall, große psychische, körperliche, zeitlich und räumliche, sowie organisatorische Aufwand kann heutzutage von den Verwandten oft nicht mehr getragen werden. Veränderte Sozialstrukturen, weg von der Mehrfamiliengeneration in einem Haus,  hin zur Kleinfamilie oder allein erziehende Eltern,  lassen die Pflege Sterbender ebenso nicht zu und verhindern somit eine natürliche Auseinandersetzung mit dem Tod. Auch nach dem Tod eines Menschen ist es in unserer Gesellschaft normal geworden, alle weiteren Prozesse und Aufgaben im Zusammenhang mit dem Tod an professionelle Bestattungshäuser abzugeben. Alle Vorbereitungen zur Beisetzung des Toten werden übernommen und müssen nicht mehr selber durchgeführt werden. „Die Bestattung wird zu einer Dienstleistung durch professionelle Helfer, die den Angehörigen jedoch die Möglichkeit nimmt, konkrete Erfahrungen im Umgang mit dem Leichnam zu sammeln.“ (ebd. 2007, S.13) Neben dem Aufwand und der Belastung ist aber auch definitiv die Verdrängung des Sterbens, des Todes, auch des Eigenen, die Angst vor Krankheiten und Trauer aus den Köpfen der Menschen, ein wesentlicher Grund für diese Institutionalisierung. (vgl. Jennessen 2007, S.12 /13)

 

 Durch die gestiegene Lebenserwartung, die modernen medizinischen Möglichkeiten und die umfassende Versorgung wird die Erfahrung des Todes, eines nahe stehenden, wichtigen Menschen, außerdem auch meist erst im Erwachsenenalter erlebt, was die Tendenz zur Verdrängung des Todes verstärkt. (vgl. Hörning/ Leppin 2005, S.5) Deutsche sehen heutzutage im Durchschnitt erst mit über vierzig Jahren zum ersten Mal einen richtigen Leichnam, und selbst dann ist die Auseinandersetzung mit dem Toten nur sehr passiv und distanziert. (vgl. Hinderer/ Kroth 2005, S.9) „Wenn eine Gesellschaft jeden persönlichen Kontakt zum Sterbenden und zum Toten allmählich verliert, braucht sich niemand mehr über die Ausbreitung von Unsicherheiten, Berührungsängsten und Neurosen zu wundern.“ (Daum 2003, S.25)

 

Ein weiterer Grund  für die Tabuisierung und auch Verdrängung der Themen Tod und Trauer in unserer Gesellschaft ist die zunehmende Säkularisierung und der damit verbundene Rückgang von Riten und Bräuchen im Umgang mit Tod und Trauer. Die Säkularisierung, die Ablösung der Menschen, der Gesellschaft aus der kirchlichen Bindung, hat zur Folge, dass es in Bezug auf die Themen Leben und Tod, sowie Trauer keine wirklich allgemein gültigen, gemeinschaftlichen  Orientierungen mehr gibt. Das bedeutet, dass ein gemeinschaftlicher Zusammenhalt und eine wegweisende Ausrichtung gegenüber der Thematik nicht mehr vorherrschend sind und jeder Mensch alleine einen Weg finden muss, um Tod und Trauer zu bewältigen. (vgl. Jenessen 2007, S.9) Dazu gehört auch das traditionelle Riten und Bräuche in Vergessenheit geraten und verloren gehen. Rituale und Bräuche in Bezug auf Tod und Trauer stellen eine Möglichkeit dar, dem Verstorbenen zu gedenken und gemeinschaftlich zu trauern. Man kann so den Abschied vorbereiten und gestalten. Rituale und Bräuche geben Stabilität und Halt. (vgl. Witt-Loers 2010, S.109) Heutzutage wird diese Chance der Auseinandersetzung mit Tod und Trauer kaum noch genutzt. Wurde früher der Leichnam des Toten gewaschen und aufgebahrt, gemeinschaftlich für den Toten gebetet und getrauert, findet heute davon nur noch selten etwas statt. Im Zuge der Säkularisierung wurden vor allem auch kirchliche Zeremonien abgeschafft und ersetzt. Der Prozess des Abschiednehmens vom Toten und des Trauerns hat sich dadurch mehr und mehr privatisiert und findet hinter verschlossenen Türen statt. (vgl. Jenessen 2007, S.9) Wenn jemand verstirbt, stellen die bestehenden Rituale, wie die Trauerfeier und die Beerdigung meist die einzigen Momente, Stunden dar, in denen die Trauer wirklich mit der Öffentlichkeit geteilt und gemeinschaftlich getrauert wird. (vgl. Singerhoff 2006, S.72). Auch schwarze Trauerbekleidung, die ein Zeichen für den schmerzlichen Verlust, den Todesfall, sein sollte, wird heute, wenn überhaupt, meist nicht länger als bis zum Tag der Bestattung getragen. Trauernde werden daher auch nicht mehr wie früher, direkt erkannt und erfahren daher...

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