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Möglichkeiten und Grenzen historischen Lernens am Beispiel einer handlungsorientierten Auseinandersetzung mit dem Thema Indianer im vierten Grundschuljahr

AutorUlrike Wachtendorf
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2003
Seitenanzahl97 Seiten
ISBN9783638175524
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis20,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Didaktik - Sachunterricht, Heimatkunde, Note: 2, Studienseminar Cuxhaven für das Lehramt für Grund-, Haupt- und Realschulen (FB Sachunterricht), Sprache: Deutsch, Abstract: Mit der vorliegenden Hausarbeit und der durchgeführten Unterrichtseinheit sollen folgende drei Leitfragen ihre Beantwortung finden: 1) Wo liegen die Möglichkeiten des historischen Lernens für SchülerInnen eines vierten Schuljahre? 2) An welchen Stellen stoßen die Kinder bezüglich des historischen Lernens an ihre Grenzen? 3) Inwiefern spielt das Konzept der Handlungsorientierung bei der Umsetzung geschichtlicher Themen im Sachunterricht eine Rolle?

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Leseprobe

3. Handlungsorientierter Unterricht


 

 Erzähle mir und ich vergesse.

 Zeige mir und ich erinnere.

Lass es mich tun und ich verstehe.

(Konfuzius, 551 – 479 v.Chr.)

 

Doch was ist eigentlich unter dem Begriff des handlungsorientierten Unterrichts zu verstehen? Was für Merkmale weist dieser auf? Und inwiefern lassen sich Elemente dieses Konzepts im Sachunterricht in Hinblick auf historisches Lernen verwirklichen?

 

Da die Unterrichtseinheit „Indianer“ verstärkt handlungsorientierte Methoden nutzt, ist es von Notwendigkeit, dass diese Fragen im Folgenden eine Antwort finden.

 

3.1 Bestimmungsmomente von handlungsorientiertem Unterricht


 

Gegenwärtig ist von handlungsorientiertem Unterricht viel die Rede. Doch die Vorstellungen verwischen dabei häufig. Und da wie so oft in der Geschichte der Pädagogik und der Schulreform auch beim handlungsorientierten Sachunterricht die Praxis der Theorie um Längen voraus ist, erscheint es mir sinnvoll, sich schrittweise dem Begriff „handlungsorientierter Unterricht“ und seinen Merkmalen zu nähern (vgl. GUDJONS 1997, S.7). Zunächst einmal wird die Definition von „Handlung“ betrachtet:

 

Nach BÖNSCH ist die Handlung „eine sinnbestimmte, für die Beteiligten relevante Bearbeitung einer Thematik, die in Idee, Planung, Durchführung, Ergebnis und Auswertung von einer Gruppe getragen wird, die immer kognitive Elemente enthält, mit der man sich identifizieren kann, die Gebrauchswert hat und die häufig praktische Tätigkeiten und Ergebnisse beinhaltet“ (1986, S.278).

 

Auch wenn es mittlerweile zahlreiche Arbeiten gibt, die sich um die Klärung und Entwicklung eines Konzeptes des handlungsorientierten Unterrichts bemühen, spricht GUDJONS zunächst von einem Sammelnamen, der für recht unterschiedliche methodische Praktiken steht. Zum Teil lassen sich diese Praktiken bis in die Reformpädagogik zurückverfolgen – der Kern ist ihnen jedoch gemeinsam: Die viele Sinne umfassende Auseinandersetzung und aktive Aneignung eines Lerngegenstandes (vgl. 1997, S.7).

 

Die Enzyklopädie der Erziehungswissenschaften scheint sich hier genauer festzulegen. Sie besagt, dass mit dem Begriff „handlungsorientierter Unterricht“ ein Unterrichtskonzept bezeichnet wird, dass den SchülerInnen einen handelnden Umgang mit den Lerngegenständen und –inhalten des Unterrichts ermöglichen soll. Den Ausgangspunkt für diesen Lernprozess bilden die materiellen Tätigkeiten der Kinder.

 

Weiterhin wird es hier als Ziel dieses speziellen Unterrichts verstanden, sowohl durch eine aktive Auseinandersetzung als auch durch den handelnden Umgang der SchülerInnen mit der sie umgebenden gesellschaftlichen Wirklichkeit, Erfahrungs- und Handlungsspielräume zu schaffen, um dadurch die Trennung zwischen Schule und Leben ein Stück weit aufzuheben (vgl. ebd. S.8).

 

Wer nun also handlungsorientierten Unterricht realisieren will, begibt sich in einen offenen Prozess der Auseinandersetzung mit der Lerngruppe. Daher gibt es Merkmale, die eine Richtung weisen sollen, in die der herkömmliche Unterricht weiterentwickelt werden sollte. In diesem Zusammenhang nennen JANK/MEYER sieben Merkmale, die für die Umstellung des Unterrichts, und in meinem Fall für die Umsetzung meiner Unterrichtseinheit „Indianer“, beachtet werden sollten:

 

1. Es soll kognitiv, emotional und praktisch gelernt werden. Inhaltlich bedeutet dies, dass eine Fragestellung bzw. ein Problem den Ausgangspunkt des weiteren Unterrichtsverlaufes darstellt. Somit ist eine Zieltransparenz während der Auseinandersetzung mit der Sache gewährleistet.

2. Es herrscht ein Dialekt von Führung und Selbsttätigkeit vor, wobei die Schüleraktivität in den Mittelpunkt rückt. Dieser Aspekt ist davon abhängig, wie viel Handlungskompetenzen die Lehrperson seinen SchülerInnen bereits vermittelt hat.

3. Im Mittelpunkt des handlungsorientierten Unterrichts steht die Herstellung von Handlungsprodukten – unter Einbezug möglichst vieler Sinne - , mit denen weitergearbeitet, gespielt und gelernt werden kann. Somit hat das Ergebnis einen Gebrauchswert – es kann der Umwelt damit etwas mitgeteilt werden.

4. Diese Art des Unterrichts sollte sich bemühen, die subjektiven Interessen der SchülerInnen zum Ausgangspunkt der Arbeit zu machen, auch wenn die Kinder sich manchmal erst im Umgang mit neuen Themen ihrer Interessen bewusst werden.

5. Im handlungsorientierten Unterricht entwickeln Lehrer und SchülerInnen zusammen eine Planung, die dann durchgeführt wird. Abschließend steht eine gemeinsame Auswertung des Ergebnisses an.

6. Es wird eine Öffnung der Schule angestrebt, die zum einen intern verläuft, indem Lehrer und SchülerInnen aufeinander zu gehen und ein fächerübergreifendes Lernen realisiert wird, und extern, indem das Lernort-Netz aufgebaut wird. Das bedeutet, dass die Kinder zum Zwecke der Recherche selber das Gelände verlassen dürfen, aber es ist ebenso wichtig, dass auch ‚Experten’ den Unterricht innerhalb des Klassenraumes bereichern.

7. Es sollte versucht werden, Kopf- und Handarbeit in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen, damit eine dynamische Wechselwirkung beider Komponenten erzeugt werden kann (vgl. 2000, S. 355f).

 

Wenn das Lernen der SchülerInnnen also in diesem idealen Falle verlaufen würde, könnte dies im konsequentesten Fall – so GUDJONS – das Ende des traditionellen Unterrichts im Sinne einer „Lehr“-Veranstaltung sein und der Lehrer würde somit eine Art Lernbehinderung darstellen. Die verschiedensten Fachdidaktiker und Erziehungswissenschaftler stellen seit jeher den Projektunterricht als eine Hochform des Konzeptes der Handlungsorientierung dar. Da die Realisierung dieses Konzeptes in seiner Reinform und mit all seinen Merkmalen jedoch sehr schwer fällt, werden oftmals nur Elemente des handlungsorientierten Unterrichts umgesetzt. Doch auf welche Weise kann dieses im Falle des historischen Lernens im Sachunterricht geschehen?

 

 

Abb. 2 Kopf- und Handarbeit der SchülerInnen stehen im Lernprozess in dynamischer Wechselwirkung zueinander (JANK/ MEYER 2000, S.159).

 

3.2 Handlungsorientiertes Lernen im Sachunterricht


 

Wohl kein anderes Fach wie der Sachunterricht kann diesen Ansprüchen so weitgehend entsprechen, kann leicht an außerschulische Erfahrungen der Kinder anknüpfen und neue Erfahrungs- und Handlungsmöglichkeiten arrangieren. Das alles als Grundlage für ein denkendes Verarbeiten oder allgemein: für ein handlungsorientiertes Lernen.

 

Mittlerweile wird das Konzept der Handlungsorientierung häufig im Sachunterricht umgesetzt. Der Grundgedanke des handlungsorientierten Lernens, wie er bereits genannt wurde, ist es, Kinder zum Handeln zu befähigen. Handeln meint in seiner eigentlichen Bedeutung soviel wie „greifen, ergreifen, befühlen“, aber im übertragenen Sinne auch „behandeln“ (vgl. NUDING 2000, S.23).

 

Zudem ist es für KAISER bedeutend, dass handelnder Sachunterricht nicht nur einseitig und als spielerische Informationsvermittlung verstanden wird (vgl. 2000, S.187). Denn das Ziel, nämlich das gestörte Verhältnis von Schule und Leben zu verbessern, indem der gesellschaftliche Zusammenhang des Schulwissens für die SchülerInnen erfahrbar gemacht wird, kann auf diese Art und Weise nicht erreicht werden.

 

Nachstehend sollen weitere Begründungen für handlungsorientiertes Lernen im Sachunterricht aufgezeigt werden

 

Anthropologische Begründung

 

LANGVELD versteht das Kind als Subjekt seiner Entwicklung, dass der sächlichen und personalen Welt begegnet. Aus diesem Grund besteht die Hauptaufgabe der Erziehung darin, dem Kind die notwendige Sicherheit und den Mut zu geben, sich in die Welt hinein zu begeben, ihr zu begegnen und sich mit ihr auseinander zu setzen.  „Das biologische Moment als eine anthropologische Grundbegebenheit verweist auf die Leiblichkeit des Menschen und die Bedeutung von Sinnlichkeit und Organerfahrung für die Entwicklung des Kindes und seines Lernens. Hier bedarf es primärer Erfahrung durch handelnden Umgang sowie auch rein rationaler, objektivierender und generalisierender Erkenntnisprozesse als gleichwertiger Komponenten, die sich durchdringen und wechselseitig stützen“ (POPP zit. n. NUDING 2000, S. 27).

 

Somit wird die enge Kopplung von Hand und Verstand, die bedeutend für ein handlungsorientiertes Lernen ist, deutlich aufgezeigt und muss für das schulische Lernen, insbesondere für die Didaktik des Sachunterrichts, eingefordert werden.

 

Sozialisationstheoretische Begründung

 

Betrachtet man die Geschichte der Kindheit, erkennt man...

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