Das Selbstkonzept beschreibt die Gesamtheit der Einstellungen, welche eine Person über sich selbst hat (vgl. Mummendey 2006, S. 38). Es ist die naive Theorie eines Menschen über sich selbst und veränderbar innerhalb des Lebensverlaufs (vgl. Zimmer 1999, S. 56). Darüber hinaus beschreibt das Konzept die Summe der Annahmen über die eigenen Fähigkeiten, Rollen und Bilder eines Menschen (vgl. Mummendey 2006, S. 38).
Shavelson et al. (1976) entwickelten ein Strukturmodell des Selbstkonzepts, welches immer noch führend in der gegenwärtigen Selbstkonzeptforschung ist.
Das allgemeine Selbstkonzept wird in ein „akademisches“ und ein „nicht - akademisches Selbstkonzept“ unterschieden (vgl. Shavelson et al. 1976, S. 413). Der „nicht - akademische Teil“ lässt sich wiederum in ein soziales (z.B.: „Ich bin beliebt“), emotionales (z.B.: „Ich habe kaum Angst“) und physisches Selbstkonzept (z.B.: „Ich bin sportlich“) gliedern (vgl. ebd. 1976, S. 413).
Shavelson et al. gehen von einer multidimensionalen und hierarchischen Struktur des Selbstkonzepts aus (vgl. Shavelson et al. 1976, S. 413). Darüber hinaus ist das generelle Selbstkonzept global, wobei es auf seinen unteren Ebenen beeinflussbar und veränderbar ist (vgl. ebd. 1976, S. 413).
Laut Shavelson et al.(1976) werden dem Selbstkonzept sieben Eigenschaften zugeordnet, welche noch teilweise empirisch überprüft werden müssen:
1. Das Selbstkonzept weist eine Struktur auf. Das heißt Menschen kategorisieren eingehende Informationen und setzen diese in Beziehung zueinander.
2. Das Selbstkonzept ist multidimensional organisiert, denn die einzelnen Facetten des Selbstkonzepts lassen sich voneinander unterscheiden.
Abbildung 1: Multidimensionales hierarchisches Selbstkonzeptmodell nach Shavelson et al. (1976, S. 413)
3. Es lässt sich eine Hierarchie erkennen. Die unteren Ebenen sind spezifischer ausdifferenziert. Sprich: Das Selbstkonzept gestaltet sich vom Allgemeinen zum Speziellen.
4. Das Selbstkonzept ist stabil. Das generelle Selbstkonzept ist relativ unveränderbar, wogegen es auf seinen unteren Ebenen leichter zu beeinflussen ist.
5. Es entwickelt sich im Leben eines Individuums. Die Dimensionen nehmen mit der Zeit zu und besonders in der Adoleszenz findet eine Ausdifferenzierung statt.
6. Neben der beschreibenden Komponente der eigenen Persönlichkeit existiert auch eine Bewertung. Es wird sich entweder mit anderen Individuen oder seinen eigenen Ansprüchen verglichen.
7. Das Selbstkonzept differenziert sich von ähnlichen Konstrukten und Leistungen werden auf verschiedene Bereiche des Selbstkonzepts bezogen, wie z.B. Ergebnisse in der Schule auf das akademische Selbstkonzept.
Die drei wichtigsten Theorien werden nun beschrieben:
Die Sozialisationshypothese besagt, dass Sport als unabhängige Variable bestimmte Persönlichkeitsmerkmale beeinflusst (vgl. Conzelmann 2001, S. 27, 28). Hierbei geht es besonders um die Beeinflussung des physischen Selbstkonzepts, aber die Wirkung kann sich auch auf die anderen Teilbereiche beziehen (vgl. ebd. 2001, S. 27, 28).
Die Selektionshypothese besagt, dass bestimmte Charaktereigenschaften erst zur Aufnahme von sportlicher Aktivität beitragen, das heißt bestimmte Persönlichkeitsmerkmale beeinflussen erst das Sporttreiben (vgl. ebd. 2001, S. 27, 28).
Die Interaktionshypothese verbindet beide Theorien, indem davon ausgegangen wird, Sport und Persönlichkeit beeinflussen sich gegenseitig (vgl. Conzelmann 2001, S. 28). Hierbei wird vordergründig das physische Selbstkonzept betrachtet, aber es wird darauf hingewiesen, dass auch gegenseitige Einflüsse z.B. vom sozialen Selbstkonzept und sportlicher Aktivität bestehen können (vgl. ebd. 2001, S. 29).
Eine kurze Beschreibung soll wichtige Fachtermini für das weitere Verständnis klären.
Die subjektiven Interpretationen beschreiben die Bewertung der eigenen Handlungen und Leistungen. Alle Informationen, die eine Person über sich selbst enthält, werden subjektiv bewertet, interpretiert und verarbeitet (vgl. Zimmer 1999, S. 57).
Das globale Selbstkonzept besagt, dass negative oder positive Einstellungen in allen Bereichen des Lebens eines Individuums vorherrschen (vgl. ebd. 1999, S. 59). Das Selbstwertgefühl misst sich durch die Spiegelung des eigenen Selbstkonzepts am anderen in der sozialen Interaktion (vgl. Zimmer 1999, S. 59).
Die Selbstwirksamkeit ist die Überzeugung des Menschen, in unterschiedlichen Lebenssituationen subjektive Kontrolle zu erleben und sich dadurch kompetent zu fühlen (vgl. ebd. 1999, S. 65).
Die Selbstwirksamkeitsüberzeugungen beschreiben das Erfahren vom Einfluss auf ein Ergebnis durch eigene Handlungen (vgl. ebd. 1999. S. 67).
Die Selbstregulation ist die Fähigkeit, durch Selbstreflexion eigene Gedanken, Gefühle, Motive und Handlungen zielgerichtet zu beeinflussen (vgl. ebd. 1999, S. 69).
Bezugsnormen beschreiben die Selbsteinschätzung von Leistungen (vgl. ebd. 1999, S. 73). Die individuelle Bezugsnorm kann zum Aufbau eines positiven Selbstkonzeptes beitragen, da hier das Handlungsergebnis von sportlichen Leistung mit denen aus selbst vorher erbrachten Leistungen verglichen wird (vgl. ebd. S. 74).
Es wird davon ausgegangen, dass Kinder mit Eintritt in die Grundschule eine sehr positive Einschätzung ihres Selbstkonzepts haben und diese dann im Verlaufe der Grundschulzeit langsam abflacht (vgl. Thiele & Seyda 2011, S. 83).
Ab einem Alter von ungefähr acht Jahren, in welches auch die Probanden fallen, beginnt das Kind zwischen seinem Selbst zu differenzieren (vgl. Prücher 2002, S. 16). Das heißt, es weiß, dass es sich von anderen Kindern durch sein Aussehen, aber auch durch seine Gedanken unterscheidet (vgl. ebd. 2002, S. 16). Das Kind lernt zwischen seinen inneren Wahrnehmungen und seiner äußeren Erlebniswelt zu differenzieren, denn es merkt, dass sich diese beiden Komponenten konträr zueinander verhalten können (vgl. ebd. 2002, S. 17, 18). Mit dem Eintritt in die Schule werden dem Kind neue Quellen der selbstbezogenen Informationen durch seine Mitschüler gegeben (vgl. Conzelmann et al. 2011, S. 50). Nun ist das Kind auch ersten sozialen Leistungsvergleichen ausgesetzt (vgl. ebd. S. 50).
Besonders wichtig erscheint die Erkenntnis, dass Kinder durch zunehmende soziale Vergleiche auch besser lernen, ihre Stärken und Schwächen einzuschätzen (vgl. Marsh 1990). Somit lernen sie eine realistischere Selbsteinschätzung ihrer Fähigkeiten und die Überschätzung dieser nimmt langsam ab (vgl. ebd. 1990).
Diese Erkenntnis ist besonders wichtig im Hinblick auf die Probanden im Alter von acht bis zehn Jahren, welche sich theoretisch in genau dieser Übergangsphase befinden. Außerdem ist die Persönlichkeit von Kindern noch nicht so stabil, wie im Jugendalter und lässt sich somit auch leichter beeinflussen (vgl. Brettschneider & Gerlach 2008, S. 198)
Für einige Kinder können die Vergleichsprozesse untereinander fördernd und bestätigend, aber für andere auch abschreckend und beängstigend sein (vgl. Conzelmann et. al. 2011, S. 52). Bei der Konzeption des Sportunterrichts in der Interventionsphase sollte dieser Aspekt berücksichtigt werden.
Das zu untersuchende soziale Selbstkonzept beschreibt, wie das Individuum innerhalb seiner Peer - Group, Familie, bei Freunden und Bekannten zurechtkommt; es wird die Qualität der Beziehungen zu den genannten Gruppen betrachtet. Ist die Person beliebt und hat viele Freunde oder ist sie ein Außenseiter?
„Das soziale Selbstkonzept enthält die Kognitionen, die ein Individuum in Bezug auf sich und seine Wirkung auf seine Umwelt hat; es sind die Rollenvorstellungen in der Familie, der Schule, der Peer – Group oder ähnlichen Gemeinschaften“ (Ruf 2006, S.18).
Es wird verstanden als „die Summe aller selbstbezogenen Informationen in sozialen Situationen“ (Conzelmann et al. 2011, S. 85).
Die Voraussetzungen zur Bildung eines stabilen...