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E-Book

Mörderische Totengräber und andere wahre Fälle

Leipzig kriminell

AutorEthel Scheffler
VerlagMilitzke Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl160 Seiten
ISBN9783861899679
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis8,99 EUR
Wenn das Böse nebenan wirklich passiert Die Krimiautorin Ethel Scheffler wächst behütet in Leipzig auf. Sie ist knapp zehn Jahre alt, da verschwindet ein nur wenig jüngeres Mädchen aus ihrer Schule und es geschieht etwas Unfassbares. Das Gesicht des Mädchens vom Fahndungsfoto ist tief im Gedächtnis der Autorin eingegraben, die Nähe des Verbrechens lässt sie nicht los. Was ist damals wirklich geschehen? 2011 beginnt sie zu recherchieren, studiert Ermittlungsakten und spricht mit Zeitzeugen. Dabei macht sie schockierende Entdeckungen. Die Autorin findet heraus, dass es noch weitere schwere Verbrechen in ihrer Nähe gab, die die Menschen in Atem hielten. Die einfühlsamen, sorgfältig recherchierten Berichte räumen mit vielen Gerüchten auf und zeigen, dass die Wirklichkeit oft grausamer ist, als ein Krimiautor es sich ausdenken kann.

Ethel Scheffler, eine waschechte Leipzigerin, lebt in Großzschocher, einem der ältesten Stadtteile der Messestadt. Nach der Lehre zur Finanzkauffrau studierte sie Finanzwirtschaft. Sie arbeitete im Handel und führt seit 1998 eine Hausmeisterfirma. Als Autorin veröffentlichte sie zahlreiche Kurzkrimis beim Mitteldeutschen Verlag, Gmeiner Verlag, Sutton Verlag, und Buchvolkverlag. Vorsitzende des Vereins 'FürWort' - der Verein für Mitteldeutsche Literatur e. V., Mitglied der 'Mörderischen Schwestern', einer Vereinigung deutschsprachiger Krimiautorinnen.

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Leseprobe

Als dieser Bericht die Spezialkommission erreichte, schien jeder dort zu ahnen, dass sie den Mörder von Konstanze vor sich hatten. Das K. quasi der Mörder sein musste!

Es sprach einiges dafür: Rudi K. arbeitete zur Zeit des Verbrechens in einem Fellannahmegeschäft unweit von Konstanzes Wohnort. Und hatte man nicht Tierhaare an dem Mädchenschlüpfer gefunden?

An der ermordeten Konstanze waren Gewalteinwirkungen festgestellt worden, die auf einen linkshändigen Täter schließen ließen. Rudi K. war wegen der Lähmungserscheinungen seiner rechten Körperhälfte Linkshänder.

Alles nur Zufall? Doch war der invalide Rudi K. wirklich der Täter? Der alleinige Täter?

Die Ermittler intensivierten ihre Recherchen. Jetzt hatten sie Anhaltspunkte. Im nächsten Schritt galt abzuklären: Welche Aussagen stellten Täterwissen dar? Was war in der Presse veröffentlicht worden? Was wusste die Bevölkerung noch über den Mord an Konstanze? Was konnte Rudi K. erzählt worden sein?

All diese Überlegungen flossen in einen am 10. Mai 1972 neu aufgestellten Operationsplan ein.

In einer kurzen Zusammenfassung wurde festgehalten, dass der aus der Kartei und Überprüfung herausgefilterte Rudi K. gegenüber einem von der Volkspolizei eingesetzten IM konkrete Kenntnisse über das Verbrechen an Konstanze geäußert hatte. Bis Ende des Monats Mai 1972 sollten dazu eine Reihe von Fragestellungen beantwortet sein.

Das Dokument belegt, dass nicht nur die Befragung der Leute aus dem Wohnumfeld von Konstanze durch die Polizei veranlasst, sondern dass auch wieder IMs angesetzt werden sollten, und sei es auch nur, um die Ermittlungsergebnisse zu bestätigen.

Insbesondere wurde angeregt, den Tatverdächtigen Rudi K. einer „inoffiziellen Bearbeitung“ zu unterziehen. Das hieß: Im Strafvollzug musste ein geeigneter inoffizieller Mitarbeiter (oder auch mehrere) gefunden werden, der zwar selbst straffällig geworden, aber in dieser Hinsicht zuverlässig war, und der Interesse an einer Wiedergutmachung hatte. In Betracht kommende Kandidaten wurden daraufhin geprüft, ob sie den Anforderungen gerecht wurden. In den Akten findet sich für jeden einzelnen IM eine Beurteilung und Anforderungsbegründung.

Zu diesem Zweck wurde auch einer Verlegung des Strafgefangenen Rudi K. zugestimmt. Der Tatverdächtige sollte keinen Verdacht schöpfen, dass gegen ihn im Mordfall Konstanze ermittelt wurde.

In diese Zeit fiel auch eine weitere Personenüberprüfung, die mittels eines Telegramms vom 2. Mai 1972 vom Ministerium für Staatssicherheit abgefordert wurde. Darin standen nicht nur die Namen von Roland B. und Gerhard B., sondern auch von Ingrid M.

Schon bevor ich mit der Einsicht in den Aktenberg zum Fall Konstanze beginnen konnte, hatte ich im Gespräch mit Herrn B. erfahren, dass jene Ingrid M. mit Rudi K. Kontakt gehabt hatte. Es aber in den Akten schwarz auf weiß zu sehen, war dann doch etwas anderes.

Ich war schockiert – ich hatte sie gekannt. Ihr Bild von damals tauchte vor mir auf: Braune halblange Haare, die Stimme immer etwas zittrig, die Fingernägel mehr als nur kurz, aber oft lackiert. Mit ihren Miniröcken provozierte sie damals nicht nur die Lehrer. Sie machte sich nichts daraus, dass sie nicht zu den Besten in der Klasse zählte. Immer gut gelaunt, schien sie alles zu dürfen. Vielleicht wusste ihre Mutter nichts von ihren Kapriolen. Ingrid hatte in Kleinzschocher in einer Seitenstraße keine zwei Minuten von der besagten Fellannahmestelle gewohnt.

Ich erinnere mich, dass ich vielleicht ein oder zwei Mal nach der Schule, oder vielleicht waren auch Stunden ausgefallen, mit zu Ingrid nach Hause gegangen war. Sie hatte den Ranzen in den Korridor geworfen, anschließend hatten wir eine Gastfamilie aus Damaskus besucht, die um die Ecke wohnte. Die Kinder studierten hier.

Ingrid schien bei dieser Familie ein und aus zu gehen. Auf mich wirkte alles bunt und fremd. Daher also hatte Ingrid die perlenbesetzten blauen Korkschlappen, die ich damals so schick fand!

Und wie war sie eigentlich in Kontakt mit Rudi K. gekommen? Hätte sie mich auch mal zu der Fellannahmestelle geschleppt, in der er arbeitete? Nicht auszudenken …

Aber wie das so ist: Die Schule in Großzschocher war endlich fertig geworden und ich verließ jene in Kleinzschocher, in die Konstanze und Ingrid gegangen waren. Ich kann mich an keine weiteren Kontakte mit Ingrid erinnern.

Am 18. Mai 1972 wurden Bodenproben aus dem Lagerraum der ehemaligen Fellannahmestelle genommen und zum Kriminaltechnischen Institut in Berlin geschickt. Dort sollte untersucht werden, ob die Spuren an Konstanzes Leiche dem eingesandten Fußbodenstaub glichen oder sich gar eine Übereinstimmung feststellen ließe.

Wie enttäuschend muss da die Nachricht aus Berlin gewesen sein, die mitteilte, dass Spuren wie im Fall Konstanze nur zwei Jahre aufbewahrt würden!

Die Entscheidung nach Protokolllage, dass es keine Übereinstimmung zwischen der Spurenauswertung von damals und der eingesandten Bodenprobe geben könne, zerschlug die Hoffnung auf einen tatsicheren Beweis.

Am 31. August 1972 gab es einen ersten Ermittlungsbericht über die Person Rudi K.

Darin stand, dass Rudi K. mit Ehefrau, Sohn und Tochter von einem kleinen Ort aus dem Kreis Eilenburg 1965 nach Leipzig gezogen war. In der Windorfer Str. 62 hatte die Familie damals eine 3 ½-Zimmer-Wohnung bekommen. Die Hausbesitzerin Frau A. engagierte sich wegen der Kinder. Sie gab diesen öfter etwas zu essen. Rudi K., so vertraute sie den Ermittlern an, wäre zwar Invalidenrentner, aber durchaus in der Lage gewesen zu arbeiten. Er würde sich schlechter darstellen, als es ihm ihrer Ansicht nach in Wahrheit gegangen wäre.

Rudi K. arbeitete 1966 in der Fellannahmestelle. 1968 kündigten die Besitzer das Arbeitsverhältnis wegen „Arbeitsundiszipliniertheit“ (gemeint war Unterschlagung).

Danach arbeitete Rudi K. bei Herrn B. Der Bericht erwähnt, dass Rudi K. 1969 einen motorisierten Krankenfahrstuhl, einen sogenannten „Krause Piccolo Duo“, fuhr. Er war in seiner Umgebung nicht gut angesehen und wurde von vielen „Schlampi“ genannt. Er war ungepflegt und trug oft schmutzige Kleidung, auch die Wohnung war unsauber.

Nachbarn beobachteten mehrfach, dass in der Zeit vor seiner Verhaftung minderjährige Jungen und Mädchen vor seinem Wohnungsfenster standen und sich mit ihm unterhielten.

Ermittelt wurde, dass in Rudi K.s Gartengrundstück sexuelle Handlungen mit Minderjährigen stattgefunden hatten. Die in diesem Bericht Genannten waren fast 18 Jahre alt und wohnten damals alle in Großzschocher. Es stellte sich heraus, dass Rudi K. nur zu den Jugendlichen im Wohngebiet Kontakt pflegte, kaum zu anderen Erwachsenen.

Nach dem 1972 stattgefundenen Prozess und der Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs an einem Mädchen hatte sich die damalige Ehefrau scheiden lassen.

Rudi K. sei ein waschechter Zigeuner gewesen, nur vom Waschen habe er überhaupt nichts gehalten – so hatte mir Herr B., für den dieser zeitweilig gearbeitet hatte, den Tatverdächtigen beschrieben.

Er hatte ihn als lebenslustigen, leicht behinderten Mann kennengelernt. Von K.s Tochter war bekannt, dass sie in eine Behindertenschule ging. Der Sohn des Tatverdächtigen wurde der „Blaue“ genannt, weil er an einer schweren Herzkrankheit litt und dadurch blaue Lippen und Fingernägel hatte.

B. erzählte mir, dass Rudi K. nicht nur als „Schlampi“, sondern auch als der „Klebrige“ bezeichnet wurde. Mit einer umgebauten Nähmaschine fertigte er daheim kleine Eisenteile, Schrauben u. ä. an, die B. bei ihm abholte. Er hatte sich daran gewöhnt, dass bei Rudi K. wenig geputzt wurde. Auf den Ehebetten hätten nur Pferdedecken gelegen. Gleichzeitig hätte das Bett als Spielwiese für die Meerschweinchen gedient.

Als die Nähmaschine nicht mehr zu gebrauchen war, arbeitete Rudi K. ab und zu in der Werkstatt von B. in der Seumestraße. Unsauber und ungepflegt wie K. war, durfte er sich wegen seiner penetranten Ausdünstungen nur im hinteren Teil der Werkstatt aufhalten. Eine weiße Linie auf dem Boden trennte den übrigen Arbeitsbereich von ihm ab.

Über das Sexualleben seines Angestellten wusste mir B. zu berichten, dass dessen Frau schon vor der Arbeit für K. sexuell zur Verfügung stehen musste und danach wieder. Das hatte dieser ihm selbst berichtet.

Die Aussagen zu Rudi K. vermittelten den Ermittlern das Gefühl, dem Täter auf der Spur zu sein. Doch es mussten Beweise erbracht werden.

Von der Leipziger Haftanstalt war der Tatverdächtige nach Berlin-Rummelsburg verlegt worden. Im Oktober 1972 jedoch, zum 23. Jahrestag der Staatsgründung der DDR, beschlossen die Staatsorgane eine Amnestie für kriminelle und politische Gefangene.

Umsichtigerweise bat am 1. November 1972 der Leiter der Abteilung IX der Spezialkommission der...

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