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MRSA-Resistenz als Folge eines übermäßigen Antibiotikaeinsatzes

Zusammenhänge und Relevanz

AutorMarlena Groschen
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl62 Seiten
ISBN9783656971764
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2014 im Fachbereich Gesundheit - Sonstiges, Note: 1,7, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Veranstaltung: Gesundheitsmanagement, Sprache: Deutsch, Abstract: Im Text werden die Auswirkungen der multiresistenten Bakterienart Staphylococcus aureus für Deutschland betrachtet. Es wird erläutert, wie Resistenzen entstehen, wodurch sie begünstigt werden und welche ökonomischen und gesundheitlichen Auswirkungen sie mit sich bringen. Außerdem werden verschiedene Lösungsansätze für das Problem der Antibiotikaresistenzen erläutert.

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Leseprobe

2. Biologische Grundlagen


 

2.1. Staphylokokken


 

Bei MRSA handelt es sich um Methicillin-resistente-Staphylococcus aureus. Dieser Begriff wird auch heute noch verwendet, ist allerdings als Überbegriff für generell antibiotikaresistente Staphylococcus aureus zu verstehen, da Methicillin heute nicht mehr zur antibiotischen Therapie verwendet wird. [9] Häufig ist auch von multiresistenten Staphylococcus aureus die Rede, was bedeutet, dass eine Resistenz gegen mehr als ein Antibiotikum vorliegt.[10]

 

Sta­phylokokken wurden das erste Mal 1874 von dem Chirurg Billroth beschrieben.[11] Es handelt sich hierbei um kugelförmige Bakterien, auch bekannt als Haufenkokken, da sich die Bakterien meistens traubenförmig in Haufen zusammenlagern. Abgeleitet vom griechischen Wort „staphyle“, also „Traube“, folgt daraus die Bezeichnung der „Staphylokokken“. Allerdings können sie sich auch in Tetraden oder Paaren lagern.[12] Insgesamt gibt es über 40 verschiedene Staphylokokken-Spezies, unter anderem Staphylococcus epidermis, der nicht pigmentiert ist und meistens Haut und Schleimhäute kolonisiert.[13] Der wichtigste Erreger unter den Kokken ist jedoch der in dieser Arbeit behandelte Staphylococcus aureus, dem eine große Bedeutung bei nosokomial erworbenen Entzündungen sowie bei Wundinfektionen zukommt.[14]

 

Staphylococcus aureus ist ein grampositives Bakterium,[15] folglich nimmt es bei einer Einfärbung mit Färbemittel aufgrund der Zellwandstruktur eine blauviolette Färbung an.[16] Ein weiteres Kriterium zur Identifizierung von Staphylokokken ist ein Koagulasenachweis. Das Protein Koagulase bringt durch die Aktivierung von Prothrombin Blutplasma zur Gerinnung. So kann durch, die daraus entstehende Fibrinausfällung, aktivierende Koagulase nachgewiesen werden. Daher werden Staphylokokken als koagulasepositive Kokken bezeichnet.[17] Eine weitere Besonderheit von Staphylococcus aureus ist, dass es ein fakultativ aerobes Bakterium mit einem typischen Atmungsstoffwechsel ist. Das heißt, dass es sowohl unter aeroben als auch unter anaeroben Bedingungen aus Glucose Säure erzeugt.[18] In Abgrenzung zu anderen grampositiven Kokken ist Staphylococcus aureus katalysepositiv.[19] Das bedeutet, dass sie das Wasserstoffperoxid spaltende Enzym Katalase produzieren. [20]

 

Staphylokokken besiedeln meist Haut und Schleimhäute des Nasen-Rachen-Raumes bei Menschen. Die ideale Wachstumstemperatur liegt zwischen 30 und 37° C. Allerdings ist der Erreger widerstandsfähig gegenüber Trockenheit und Wärme und kann so Monate auf unbelebten Flächen überleben.[21] Mögliche, durch den gelb pigmentierten Staphylococcus aureus hervorgerufene pathologische Zustände sind u. a. Haut- und Weichteilinfektionen wie Pickel, Furunkel und andere eiternde Infektionen, aber auch Atemwegsinfektionen wie Pneumonien oder Osteomyelitis, Arthritis, Lebensmittelvergiftungen sowie der häufige Befall von Blut und die dadurch ausgelöste Sepsis. Außerdem sind durch spezifische Toxine auch das „toxic shock syndrome“ (TSS) bzw. das „staphylococcal-scalded skin syndrome“ (SSSS), Grindschädelsyndrom oder Schälblasensyndrom genannt, möglich.[22]

 

Als Gegenstück zu den antibiotikaresistenten Staphylococcus aureus, gibt es ebenso Staphylococcus aureus, die noch keine Antibiotikaresistenzen gebildet haben. Diese nennt man auch Methicillin-sensible-Staphylococcus aureus, kurz MSSA genannt. MSSA werden in manchen Studien über die ökonomischen Auswirkungen von MRSA, die im Rahmen dieser Arbeit betrachtet werden, zum Vergleich herangezogen.[23] Des Weiteren kommt es in dieser Arbeit mehrmals zu dem Vergleich zwischen der Kolonisation und der Infektion mit MRSA. Oftmals sind Menschen von Staphylococcus aureus besiedelt, ohne jedoch Krankheitssymptome aufzuweisen. Bei 15‑20% der Normalbevölkerung liegt eine vorübergehende Besiedelung der Haut vor, in 50-70% eine vorübergehende Besiedelung der Nase mit Staphylococcus aureus. Von dieser Kolonisation kann es sehr schnell zu einer Infektion kommen, besonders wenn das Bakterium die Haut- und Schleimhautbarrieren überwindet.[24]

 

2.2. Antibiotika


 

Nachdem in der Einführung die Wichtigkeit von Antibiotika erläutert wurde, soll nun in einem groben Überblick die Wirkungsweise derselben erklärt werden. Zur kausalen Therapie, also der gezielten Ursachenbeseitigung von bakteriellen Infektionskrankheiten wie z. B. MRSA sind Antibiotika notwendig.[25] Obwohl Antibiotika kausal wirken, kann man nicht von einer antiinfektiven Therapie sprechen, da die selektive Beseitigung des bakteriellen Erregers nicht ohne die ungewollte Schädigung anderer körpereigener Bakterien möglich ist.[26]

 

Im Jahr 1928 entdeckte Alexander Fleming (1881-1955) durch Zufall die Wirkung von Penicillin. Dies geschah, als er nach einen Urlaub in sein Labor zurückkehrte. Dort hatte ein blau-grüner Schimmel eine Petrischale mit Bakterien befallen und somit nicht nur ihre Ausbreitung vermieden, sondern diese sogar abgetötet. 1941 wird schließlich der erste Mensch mit Penicillin behandelt. 35 Jahre nach der Penicillin Entdeckung, also 1963, kam es zu einem ersten Auftreten von MRSA-Infektionen.[27]

 

Antibiotika sind „natürliche Stoffwechselprodukte von Pilzen und Bakterien“[28]. Diese werden als Arznei eingesetzt, da sie schon in geringen Mengen andere Mikroorganismen abtöten (Mikrobizidie) oder zumindest deren Wachstum hemmen können (Bakterio- oder Fungistatika). Die Wirkungsweise des Antibiotikums ist primär davon abhängig, ob der Erreger, also der krankheitsauslösende Mikroorganismus, überhaupt sensitiv für das Antibiotikum ist.[29] Durch eine „ausreichende Wirkspiegelkonzentration am Infektionsort“[30] kann eine Schädigung von Bakterien ermöglicht werden. Hierfür greift das Antibiotikum in den Stoffwechselprozess der Bakterienzellen ein.[31] So ist beispielsweise die Zellwand ein geeigneter Angriffspunkt für β-Lactam-Antibiotika wie Penicillin oder Peptid-Antibiotika wie Vancomycin.[32] In Abbildung 3 werden die verschiedenen Angriffspunkte der Antibiotika im Bakterium dargestellt.

 

Dass zwischen der ersten Anwendung von Penicillin 1941 und der ersten MRSA-Infektion 1963 nur 22 Jahre liegen, lässt darauf schließen, dass mit der Entdeckung und klinischen Anwendung von Antibiotika Resistenzen einhergehen,[33] die im folgenden Kapitel erörtert werden.

 

2.3. Resistenz


 

„Ein Bakterienstamm ist resistent gegen ein Chemotherapeutikum, wenn seine minimale Hemmkonzentration so hoch ist, dass auch bei Verwendung der zugelassenen Höchstdosierung ein therapeutischer Erfolg nicht zu erwarten ist.“[34] Insgesamt können drei mögliche Ursachen für eine Resistenz ausgemacht werden. Einige Bakterienarten besitzen seit Milliarden von Jahren von Natur aus „Antibiotika-inaktivierende bzw. -neutralisierende Eigenschaften“ [35], um sich selbst vor Giftstoffen, in diesem Fall Antibiotika, zu schützen. So kommt es zu einer natürlicherweise vorhandenen und genetisch bedingten Wirkungslosigkeit von Antibiotika bei bestimmten Bakterien.[36] Eine Ursache hierfür ist die fehlende Zielstruktur des Bakteriums, sodass das Antibiotikum nicht am Bakterium ansetzen kann. Eine weitere mögliche Ursache kann durch den strukturellen Aufbau der Bakterienart bedingt sein. Z. B. durch eine undurchdringliche Außenhülle kann das Bakterium für das Antibiotikum unzugänglich sein. So besteht beispielsweise die Hülle des Staphylococcus aureus aus einer dicken, mehrlagigen Peptidoglykanschicht und dem damit verbundenen Protein A. Diese Art der Resistenz wird als natürliche oder auch primäre Resistenz bezeichnet.[37] Natürliche Resistenzen von Staphylococcus aureus liegen z. B. gegen Ampicillin und Amoxicillin vor.[38]

 

Sofern keine natürliche Resistenz vorhanden ist, können auf unterschiedliche Art und Weise auch neue Resistenzen entstehen. Diese Art der Resistenz nennt man sekundäre Resistenz. Ursache dieser Resistenzen kann zum einen die Selektionsfunktion eines Antibiotikums sein. Wenn ein Antibiotikum alle nicht-resistenten Bakterien einer Bakterienpopulation abtötet, kommt es zu einer Selektion der resistenten Bakterien. Diese sind in jeder großen Bakterienpopulation geringfügig vorhanden.[39]

 

Eine weitere Ursache von Resistenzen können Mutationen innerhalb der Zelle sein. In normalen Bakterienpopulationen liegt die Mutationsfrequenz bei 10‑6‑10‑8 pro Gen, allerdings müsste für die Entwicklung eines völlig neuen, klinisch relevanten Resistenztyps die Mutationsfrequenz stark erhöht sein. Daher können ebendiese neuen Resistenztypen nur durch...

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