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E-Book

Mut zur Wahrheit

AutorJosef Mayerhofer
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl236 Seiten
ISBN9783749492336
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR
"Beppo" ermöglicht uns durch sein eigens verfasstes Manuskript Einblick in sein bewegtes, stets mit wachem Geiste kritisch hinterfragtes Leben zu erhalten. Sein wacher Geist ist unermüdlich bemüht sich nach der Schulzeit weiterzubilden, auch während seiner harten Lehrjahre als Fleischergeselle in Wien. Die Politik, die Psychologie von Freud, die Literatur, Glaube und Religion, der 2. WK unter Hitler, der mit einem KZ Aufenthalt endete und durch die darauf folgende Gefangenschaft in der Russenzone, ermöglichten ihm seine Sichtweise, sein Denken und Handeln stets zu erweitern und doch das Wesentliche nicht aus den Augen zu verlieren. Beppo war nie ein Mitläufer und mit seinem klaren Verstand machte er sich nicht immer Freunde. Er beschritt seinen Weg, einen Weg der Wahrheit und nicht der angepassten Verschleierung, Schönfärberei, endend in einer Selbstaufgabe des eigenen Verstandes. Heutzutage würde man sagen, er unterwarf sich nicht der "political correctness".

Josef (Beppo) Mayerhofer erblickte 1906 in Leoben, Stmk das Licht der Welt. Sein Vater, aufgewachsen in Friedental im Ort Harmanschlag im NÖ Waldviertel an der tschechischen Grenze, erlernte in einer Lehre die Fleischhauerei. Seine Mutter war die Tochter eines preußischen Webers. Sie musste schon früh selbständig werden, übersiedelte nach Wien und wurde Stubenmädchen in angesehenen Herrschaftshäusern. Als Zofe einer Baronin erhielt sie einblicke in Literarische Werke von Goethe und Heinrich Heine. Seine Eltern trafen einander in Grinzing Wien, heirateten und zogen durch das Angebot einer Stelle als Filialleiter einer Rohhäutefirma nach Leoben, wo Pepi zur Welt kam. Bei seinem Anblick sprach der Arzt: "Was wollen wir nur mit dem Erdenhascherl anfangen, hat es doch zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel!"

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Leseprobe

KINDHEITSJAHRE


In dieser Zeitspanne erblickte ich 1906 das Licht der Welt. Bedenkt man die harten Lebensbedingungen der Eltern, denen sie seit ihrer Kindheit ausgeliefert waren, wird es einen kaum wundern zu hören, daß der Arzt, den man bei der Entbindung holen musste, aussprach: „Was wollen wir nur mit diesem Erdenhascherl anfangen, hat es doch zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel“, als er mich zu sehen bekam.

Abgesehen von den üblichen Kinderkrankheiten entwickelte ich mich trotz allem ganz gut. In einem großen Zinshausbau, wo ich das Licht der Welt erblickte, tummelte ich mich in dessen Hof mit einer Schar anderer Kinder umher und kam ich mir schon allzu schmutzig vor, lief ich zu Mutti, um zu fragen: „Mutti, hab ich Dich lieb?“ Nach Jahren erzählte mir dies oft Mutti und meinte, es war allzu lieb, wie ich, statt zu fragen:“ Mutti, hast Du mich lieb?“, dies mit – hab ich Dich lieb – verwechselte.

Heute nehme ich an, daß diese Fehlleistung sogar etwas sehr Richtiges aufzeigte, kann man doch darin narzisstische Selbstliebe eines Kleinkindes auf die Spur kommen. Die Worte: „Mutti, hab ich Dich lieb“, wollen doch besagen: Wenn Du mich trotzdem noch lieb hast, obwohl ich schmutzig bin und lang im Hof spielte, dann hab auch ich dich lieb.

Den tiefsten Kindheitseindruck bescherte mir ein Erdbeben, als ich vier Jahre alt war. An das Beben selbst kann ich mich nicht erinnern, wohl aber sehe ich heute noch Mutti in der kleinen Speisekammer kniend, wie sie einzelne Glassplitter aus den zu Boden herabgestürzten vollen Marmeladengläser herauszog und dabei bitterlich weinte. Welch große seelische Erschütterung muss dieser Anblick in mir ausgelöst haben, wenn ich es heute noch so klar vor mir sehe? Ja, als Kleinkind ist uns Mutti das, was später Gott uns wird, ein Bild des absoluten Schutzes.

Bedrängt uns fühlend, erhoffen wir sogleich völlige Geborgenheit zu finden, wenn unsere Kinderhändchen nur schnell den Saum von Mutters Kittel erhaschen können. Dieses sichere Glücksempfinden schien jedoch einen argen Klaps in mir ausgelöst zu haben, als ich meine, mir göttlich scheinende Mutti, nun selbst wie ein kleines Kind weinend am Erdboden kniend sah. Nur so erklärt sich der im Innersten zutiefst eingravierte Kindheitseindruck, „der meiner Mutti“.

Mein nächst tiefster Kindheitseindruck verblieb mir, als ich mit 8 Jahren die erste heilige Kommunion empfangen durfte. Dieses Beispiel aufzuzeigen ist schon deshalb interessant, da es zeigt, wie es bereits einem achtjährigen Kind gelingt, sich völlig aus Eigenem in eine berauschend schöne Selbstsuggestion hineinzusteigern. Als ich die heilige Hostie kniend in mich aufnehmen durfte und sodann aufstand, um zurückzugehen, in den Mittelteil der Kirche, wurde mir das Gehen zu einem Schweben, was ich besonders empfand, als ich dabei die zwei Stufen hinunterstieg, welche vom Altarteil herabführten. So leicht, so wunderbar befreit von allen meinen Sünden, kam ich mir vor wie ein kleines Englein, fast schwebend im Kirchenschiff. Bei den nachfolgenden Kommunionen in den nächsten Jahren konnte ich einer tiefen Enttäuschung nicht Herr werden, da ich das befreiend schöne Gefühl, das ich erstmals nach der Lossprechung der Sünden und bei der Einkehr Gottes empfand, nicht mehr gewahr werden konnte.

Sicherlich dürfte ich darüber sehr viel nachgedacht haben, denn eines Tages entschloss ich mich meinem Katecheten, der ein Pater unseres Klosters war, beim Religionsunterricht zu erklären, nicht mehr zur Beichte gehen zu können. Überrascht, als ob er eine Falle witterte, sah mich der Pater an, welcher mir als ziemlich weltfremder Mann erschien, denn wir Buben konnten keinen richtigen Kontakt zu ihm finden, zum Unterschied mit unserem sonstigen Lehrer. Mit lauernd verhaltener Stimme frug er mich nach meinem Grund. Meine Erklärung war logisch und einfach. Ich begann: Es wurde uns gelehrt, nach Beendigung der Sündenaufsage im Beichtstuhl folgend zu enden: „Dies und all sind meine Sünden der Welt, ich verspreche mein Leben zu bessern und nicht mehr zu sündigen.“ Aus innerster Überzeugung sprach ich weiter:

„Sehen Sie, Herr Katechet, wenn ich bei Abschluss der Beichte verspreche nicht mehr zu sündigen, begehe ich bewusst eine Sünde, da mir klar ist, daß ich als Bub keinen so starken Willen aufbringen kann, dies auch wirklich einhalten zu können und so dies wissend, bereits wieder eine Sünde begangen zu haben, empfange ich trotzdem am nächsten Morgen die heilige Kommunion. Da kann mich ja der liebe Gott nicht mehr lieb haben.

Die letzten Worte waren kaum mehr verständlich, da ich bitterlich zu weinen begann. Für mich lag doch darin die Erklärung, weshalb ich das Hochgefühl des seelischen Einswerdens mit Gott, das ich bei meiner ersten Kommunion so wunderbar empfand, nicht mehr erleben kann.

Der Katechet muss selbst erschüttert gewesen sein, denn er beruhigte mich mit Worten, die er nicht hätte aussprechen sollen: „Aber so wortklauberisch genau brauchst du es wieder nicht zu nehmen“.

Unbewusst aufsteigende Zweifel den Wunderlegenden gegenüber, von denen wir in der Religionsstunde lernten, bekamen gerade dadurch eine Bestätigung, daß diese Zweifel nicht ganz unbegründet seien.

Wenige Wochen darauf kam es zu einer ernsten Kontroverse zwischen meinem Religionslehrer und mir. Er erklärte uns die Sünden des Wuchers, welcher wir Menschen allzu gerne unterliegen und als Beispiel führte er die Fleischer an, die zum Lebendpreis der Schlachttiere mehr als nochmals so viel dazu schlagen, wenn sie das Fleisch sodann verkaufen. Aufs tiefste fühlte ich mich persönlich verletzt, da es meinen fleißigen Eltern in der Zwischenzeit gelang, dank ihres Sparens, eine selbständige Fleischhauerei zu eröffnen, obwohl mein Vater mit weiter steigendem Erfolg auch die Häuteverwertungsstelle führte. Dieser neue Geschäftsbetrieb war vor allem nur durch den restlosen Einsatz von Mutti möglich. Nun sollte ich zuhören, wie unser Religionslehrer vor allen Buben den Beruf meiner Eltern herabsetzt! Leider konnte ich schnell jähzornig sein, sprang auf und brüllte mit tränenerstickter Stimme: „Sie werden was erleben, wenn ich das meiner Mutti erzähle!“ „Was willst du damit sagen?“, frug mich betroffen der Pater. „Daß es nicht wahr ist, daß meine Eltern Wucherer sind und zu überhöhtem Preis Fleisch verkaufen!“ Der Pater versuchte sich damit auszureden, daß er sagte: „Ja, aber Lungenbraten (Rost Beaf) kostet doch wirklich mehr als das Doppelte vom Lebendeinkaufspreis“. Trotzig antwortete ich: „Das aber haben sie überhaupt nicht erwähnt.“ Da die Stunde ohnehin schon zu Ende ging, schleuderte er mir ins Gesicht: „Ich glaube, du bist ein Kommunistenbub und Querulant, der nur provozieren will, jetzt verstehe ich, warum du nicht mehr beichten gehen willst“, und draußen war er bei der Tür.

Nun frug ich meine Schulkameraden, wer sich als Zeuge bereit erkläre zu bestätigen, daß der Katechet das vom Lungenbraten erst nachträglich brachte. Erschüttert musste ich schon als Bub feststellen, daß keiner die Courage aufbrachte, für eine Zeugenaussage zu meinen Gunsten einzustehen und zwar aus Angst dabei gegen die Autorität zu verstoßen.

Am Nachhauseweg wollten mich die Buben darüber sogar noch hänseln und so kam es zu einer wüsten Schlägerei, denn ich war nicht nur schnell, sondern in meinem Jähzorn ein rücksichtsloser Draufgänger.

Die Rauferei endete damit, daß ich einem Jungen, der fast um einen Kopf größer war als ich, das Hemd in Stücken vom Körper riss.

Weinend erzählte ich zu Hause den ganzen Vorfall meiner Mutti, hoffte ich vor allem dadurch, einer neuerlichen Züchtigung, ausgehend von meiner Mutter, entgehen zu können, denn meinem äußeren Aussehen nach musste ich damit rechnen. Schläge bekam ich zwar nicht oft von Mutti, aber wenn, dann mit einem spanischen Rohr und das gab aus. Bei Vater dagegen genügte schon der strafende Blick seiner Autorität, sodaß ich niemals auch nur eine Ohrfeige von ihm bekam.

Da inzwischen der Weltkrieg 1914/18 ausgebrochen war und Mutti unseren Vater als gute Monarchistin, welche sie durch die tiefe Verehrung der Kaiserin Elisabeth war, gerade überredet hatte, dem Wunsche des Herrn Pfarrers Folge zu leisten und alles ersparte Geld, welches im Geschäft nicht benötigt wird, zur Kriegsanleihezeichnung zur Verfügung zu stellen, fühlte sich Mutti am Sonntag nach der Messe besonders stark, als sie den Herrn Pfarrer im Pfarrhof zu sprechen wünschte. Leider durfte ich dieser Unterredung nicht beiwohnen, sondern musste im Gang heraußen sitzen bleiben und Mutti sagte mir nachher viel zu wenig über das Resultat der Unterredung, sodaß ich eigentlich wiederum enttäuscht war.

Bei der nächsten Religionsstunde kam der Katechet freudig auf mich zu und sagte: „Das freut mich aber, daß du so brav religiöse Eltern hast, ich dachte wirklich schon, du seiest kommunistisch verhetzt.“ Mit diesem Vergleich konnte ich kaum etwas anfangen, aber er...

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