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Mutter Teresa und Lady Diana - Moderner Personenkult mit religiösem Hintergrund

AutorMarcel Lange
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl76 Seiten
ISBN9783640798926
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis23,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Theologie - Historische Theologie, Kirchengeschichte, Note: 1,0, Universität Duisburg-Essen, Sprache: Deutsch, Abstract: Wenn man heutzutage Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen die Frage stellen würde, welche Person sie mit dem Wort 'heilig' verbinden, so würden sicher die Personen Nikolaus von Myra oder auch der heilige Apostel Petrus weit oben auf der Liste der Antworten stehen. Aber es könnte durchaus sein, dass ganz andere Personen in diesem Zusammenhang genannt werden, mit denen man wohl nicht gerechnet hätte. Einige begeisterte Fußballfans würden wahrscheinlich den deutschen Fußballer Andreas 'Andi' Brehme, nach seinem verwandelten Foul Elfmeter im WM Finale 1990 nennen. Es könnten ebenso Popstars oder andere Berühmtheiten wie z.B. Elvis Presley, James Dean, Marilyn Monroe oder auch Elisabeth von Österreich ('Sissi') genannt werden, obwohl sie aus christlicher Sicht wohl kaum in den Stand eines heiligen erhoben werden könnten, aber von ihren Anhängern, Fans oder 'Groupies' wie eine heilige Person verehrt werden. Mit genau diesem Phänomen möchte ich mich in der folgenden Arbeit beschäftigen und aufzeigen, wie schnell die Grenze von der Verehrung eines Popstars zur Heiligenverehrung überschritten werden kann und welche Rolle die modernen Medien dabei spielen. Im Zentrum der Arbeit stehen zwei bekannte Personen des 20. Jahrhunderts, deren Lebensläufe ich miteinander vergleichen möchte. Bei der ersten Person handelt es sich um Mutter Teresa, die als 'Vorzeigekatholikin' bekannt geworden ist und in christlichen Kreisen direkt nach ihrem Tod schon wie eine Heilige verehrt wurde und wird. Bei der zweiten Person handelt es sich um die wohl bekannteste Prinzessin der Welt, Lady Diana, die bei einem tragischen Autounfall ihr Leben verlor und von ihren Anhängern seit ihrem Tod wie eine Heilige verehrt zu werden scheint. Meine Beobachtungen und Nachforschungen diesbezüglich stützen sich hauptsächlich auf Zeitungsartikel, die kurz nach dem Tod der beiden Frauen erschienen sind.

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Leseprobe

6. Nächstenliebe oder Eigennutzen?

 


Lob und Kritik an Mutter Teresas Lebenseinstellung

 

„Mutter Teresa ganz vorn“[45] lautet die Überschrift in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ). Diese Zeile findet sich jedoch weder im Sportteil und weist auf eine hervorragende sportliche Leistung hin, noch ziert sie eine Tabelle, welche die „schönsten“ oder wohlhabendsten Menschen der Welt präsentiert.

 

Nein, diese Überschrift macht auf eine Umfrage der Zeitschrift „Eltern“ aufmerksam, welche ergeben hat, dass Mutter Teresa für Kinder und Jugendliche eine der bedeutendsten Menschen des letzten Jahrhunderts war. Eine 15jährige Schülerin begründet ihre Wahl und sagt: „Sie hatte alle feinen Eigenschaften eines guten Menschen: helfen, helfen, helfen!“[46]

 

Mutter Teresa ist nicht nur für die meisten Kinder und Jugendlichen ein Symbol für Frieden und der Inbegriff gelebter und gezeigter Nächstenliebe[47], sondern für alle Altersklassen eine Frau mit Vorbildfunktion, die ein Leben verändern kann, wie eine Frau nach einem Treffen mit Mutter Teresa in Indien berichtet: „Was als Urlaubsreise begann, wurde durch die Begegnung mit Mutter Teresa zu einer lebenslangen Sehnsucht.[...]Sie verbreitete ein Kraftfeld um sich wie ein ganzes Gebirge,[...].Ich war plötzlich ganz ruhig, hatte keine Angst mehr, nicht vorm Rückweg ins Hotel, nicht vor der Zukunft in Deutschland, ich dachte nur: Es ist wie es ist, finde deinen eigenen Weg, mach was daraus.“[48]

 

Der bedingungslose Einsatz Teresas für Kranke, die aufopfernde Hingabe für die Ärmsten der Welt und ihr Engagement für den Frieden waren die Markenzeichen dieser außergewöhnlichen Frau. In einem Brief von 1991 an Präsident Bush und Saddam Hussein bittet sie für die Unschuldigen und die Armen und für diejenigen, die durch den Krieg arm werden um Liebe und Frieden: „Bitte, bitte, machen Sie ihren Verstand und Willen zum Verstand und Willen Gottes. Sie haben die Macht, Krieg in die Welt zu bringen oder Frieden zu stiften. Bitte wählen Sie den Weg des Friedens.“[49]

 

Neben ihrem Einsatz für Frieden und der Armenhilfe in Kalkutta war auch der ungebrochene Glaube, das Vertrauen in Gott ein besonderes Markenzeichen Teresas. „Ihr Leben war eine ständige Konfrontation mit dem Übel dieser Welt – und es mag einem erstaunlich vorkommen, dass sie darüber ihren Glauben nicht verloren hat. Die Frage, wie man „nach Kalkutta noch glauben könne, hat sie nicht verstört.“[50]

 

Nicht selten wurde Mutter Teresa schon zu Lebzeiten als „Heldin unserer Zeit“[51] gerühmt, gerade weil sie selbst auf ein normales Leben im Luxus verzichtet hat, um es den Menschen zu widmen, welche von einem normalen und sicheren Leben ohne Ängste und Sorgen am meisten träumten, den Armen und Sterbenskranken. „Armut ist nicht von Gott geschaffen worden, sie ist Menschenwerk. Wir können die Armut nur beseitigen, wenn wir bereit sind zu teilen“, sagte Mutter Teresa einst.[52]

 

Es waren aber nicht nur materielle Dinge, an denen es den Armen und Kranken fehlte. Teresa sah ihre Berufung nicht nur in der Verteilung von Lebensmitteln oder der Versorgung der Kranken, sondern im Spenden von Liebe. Sie sah es als wichtig an, den Menschen, welche allein und mittellos waren, das Gefühl zu geben, gebraucht zu werden. Es war also nicht nur ein Kampf gegen die materielle Armut, sondern auch gegen die innere Armut, die sich ihrer Meinung nach in den westlichen Metropolen in Form von Einsamkeit, Hass und Hoffnungslosigkeit widerspiegelt.[53]

 

„Die schlimmste Krankheit ist nicht die Lepra oder Tuberkulose, sondern das Gefühl, von niemanden angesehen zu werden, ungeliebt zu sein, verlassen von jedermann“, sagte Mutter Teresa einmal.[54]

 

Die Grundlage für ihr, von ganzem Herzen gewolltes Engagement und ihre vom Glauben erfüllte Überzeugung war der Satz: „ Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr für mich getan“ (Mt 25,40).

 

Jede Berührung der gebrochenen Körper der Armen war die Berührung des Leibes Christi. Mutter Teresa wollte Jesus dienen, der sich unter der leidvollen Maske der Armen verbirgt. Sie wollte zusätzlich auf die Gegenwart Gottes, die Barmherzigkeit Gottes und die Liebe Gottes aufmerksam machen und daran erinnern, dass jeder ein Kind Gottes ist, das geschaffen ist, zu lieben und geliebt zu werden.[55]

 

Ihr endloser Glaube an Gott und ihr daraus resultierendes Handeln brachte Mutter Teresa jedoch nicht nur Lob und Anerkennung, sondern in den 90er Jahren auch Wellen der Kritik ein.

 

Ihre Einstellung und Haltung zu Moralfragen wurden häufig kritisiert.[56]

 

Dazu gehörte vor allem ihr Kampf gegen den Gebrauch und die Verbreitung von Verhütungsmitteln sowie die strikte Ablehnung des Schwangerschaftsabbruchs.

 

Schon während ihrer Rede 1979, als sie den Friedensnobelpreis entgegennahm, bezeichnete sie den Schwangerschaftsabbruch als „die größte Bedrohung des Weltfriedens“ und erntete dafür, in einer Zeit in der Aids und Überbevölkerung viel diskutierte Themen waren, alles andere als positive Zustimmung.[57] Im gleichen Atemzug sprach sich die streng katholische Ordensschwester auch gegen den Gebrauch von Verhütungsmitteln aus und machte in dieser Hinsicht keinen Unterschied zu einer Abtreibung. Während viele, gerade in einem Land wie Indien, in dem Überbevölkerung einer der Auslöser für die große Armut ist, in der Geburtenkontrolle oder in der Verteilung von Verhütungsmitteln eine Lösung aus der kritischen Situation erhofften, sah Teresa die Rettung in geistiger Umkehr: „Ich glaube, dass wir diese Welt ändern können, wenn wir das Gebet zurück in die Familie bringen.“[58]

 

In diesem Zusammenhang wurde ihr ebenfalls vorgeworfen, dass sie sich bei innerkirchlichen Debatten um die „Befreiungstheologie“ und andere „moderne Häresien“ stets auf die Seite Johannes Paul II. gestellt hat, der in vielen Kreisen trotz seiner Beliebtheit als sehr konservativ galt.[59]

 

Ihre konservative Einstellung wird häufig als eine schlichte Form des christlichen Fundamentalismus bezeichnet. Auch das aus einer stoisch-resignativen Grundhaltung heraus gesehene Leid der Armen, welches von Gott gegeben ist, soll ein Zeichen dafür sein, dass Mutter Teresa stets mit den strikt konservativen Katholiken Lateinamerikas und Europas sympathisiert und jedes politische Projekt zur Bekämpfung sozialer Ungerechtigkeit ablehnt.[60]

 

Die Äußerungen, „Es ist etwas sehr Schönes, wenn man sieht, wie die Armen ihr Kreuz tragen. Wie die Passion Christi, ist ihr Leid ein großes Geschenk für die Welt“[61], sollen ein Indiz dafür sein, dass Mutter Teresa sich die Armut der Menschen zu Nutzen macht, indem sie die Armen, an denen es in Zukunft nicht mangeln wird, ohne weiteres zur Ausschmückung erbaulicher Reden in Anspruch nimmt, um zahlreiche Spendengelder zu sammeln.[62]

 

„Gewiß besaß die so naiv wirkende Frau ein Gespür für Symbolik – und für Macht, die sie für ihre wohltätigen Zwecke zu nutzen verstand“, berichtet der Spiegel.[63]

 

Dies wäre ja auch bis dahin nichts Schlechtes, wenn mit den vielen Spendengeldern die Armen der Welt unterstützt worden wären. Doch die Kritiker sehen das anders. Sie werfen Mutter Teresa vor, nur die Symptome der Armut zu bekämpfen, nicht aber die Ursachen.[64] Sie nutzte ihren guten Ruf aus, um Spenden zu sammeln und „wenn die Kasse stimmte“, so der Spiegel, traf sie sich auch mit Diktatoren wie Jean-Claude Duvalier auf Haiti oder Nicolae Ceauşescu in Rumänien, ohne aber politische Forderungen zu stellen und auf Missstände aufmerksam zu machen.[65]

 

Auch ihr Lebenswerk, der Aufbau von zahlreichen Krankenhäusern, Hospizen und Klöstern in aller Welt wird von den Kritikern hinterfragt. Die medizinische Versorgung der Kranken und Verletzten soll auf einem sehr dürftigen Niveau stattfinden, obwohl es an Geld zur Beschaffung nötiger Utensilien nicht gefehlt hat. Es wird des öfteren berichtet, dass die hygienischen Vorraussetzungen nicht denen üblicher Hospize und Krankenhäuser entsprechen. Eine Aussteigerin erzählt: “Schwestern, die man nach Haiti geschickt hatte, lernten schnell, Injektionen zu verabreichen. Eine der freiwilligen Laienschwestern äußerte ihre Sorge darüber, dass die Nadeln mit der Zeit stumpf werden und den Patienten Schmerzen verursachen. Man teilte ihr mit, dass zwar genug Nadeln vorhanden seien, eine Missionarin der Nächstenliebe sollte aber mit den einfachsten Mitteln arbeiten.“[66]

 

Außerdem sollten Tuberkulosekranke nicht isoliert gebettet sein und...

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