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Mutter-Tochter-Beziehungen in der Migration

Biographische Erfahrungen im alevitischen und sunnitischen Kontext

AutorAsiye Kaya
VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl295 Seiten
ISBN9783531921501
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis46,99 EUR


Dr. Asiye Kaya ist Sozialwissenschaftlerin, Dipl.-Päd., und zurzeit als Vertretungsprofessorin für das Lehrgebiet 'Soziologie der Kindheit und Jugend', Fachbereich Sozialwesen an der Fachhochschule/ University of Applied Sciences Bielefeld tätig.

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Leseprobe
1 Einleitung (S. 9)

Im Mittelpunkt der vorliegenden Studie stehen Familien- und Lebensgeschichten von alevitischen und sunnitischen Müttern sowie deren Töchter in Deutschland. Die Sunniten machen in der Türkei die Mehrheitsgesellschaft aus, die Aleviten bilden die soziale Minderheitsgruppe.

Die Studie untersucht die geschlechtsspezifischen Tradierungsprozesse in der Migration im Zusammenhang mit der Zugehörigkeit zu einer Mehrheits- oder Minderheitskultur in der Herkunftsgesellschaft Türkei, daher ist die vorliegende Arbeit eine migrationsbiographische Vergleichsstudie.

In der Migrationsforschung in Deutschland herrscht über MigrantInnen, insbesondere über Frauen aus der Türkei, eine Fokussierung auf die Ankunftsgesellschaft bzw. eine ethnozentristische Perspektive der deutschen Mehrheitsgesellschaft vor. Dies verursacht eine Wissenslücke innerhalb dieser Forschungen, da Untersuchungen zu den Herkunftskontexten der Frauen ausgeblendet werden. Ihre Lebenserfahrungen werden als Defizit bzw. als Konfliktpotenzial zwischen ihnen und der Mehrheitsgesellschaft stigmatisiert.

Diese Tatsache verursacht m.E. eine Diskontinuitätserfahrung bei den Frauen, da sie – entsprechend den Erwartungen der Einwanderungsgesellschaft – ihre Lebenserfahrungen im Herkunftsland als etwas dort Zurückgelassenes betrachten müssen. Dies möchte die vorliegende Arbeit mit ihrem vergleichenden Ansatz, indem der Herkunftskontext und die Lebenserfahrungen der Frauengenerationen mit in die Studie einbezogen werden, ändern.

1.1 Der Entstehungsprozess des Forschungsthemas

Den Zugang zu diesem Forschungsthema fand ich durch meine pädagogische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, von denen mehrere türkischstämmige Eltern hatten. Diese praxisbezogene Arbeit begleitete mein Studium in den Sozial- und Erziehungswissenschaften. Während meiner mehrjährigen pädagogischen Tätigkeit beobachtete ich, dass mit Beginn der Adoleszenz4 vor allem Mädchen begannen, sich intensiv mit sich selbst auseinanderzusetzen.

Sie befanden sich in einem Lebensabschnitt, in dem sie mit allen sozialen und psychologischen Bedingungen der Weiblichkeit konfrontiert wurden (Chodorow 1985, Gilligan 1992). Ihr Aussehen, ihre Familiensituation, ihre Beziehungen zu ihren Müttern, zu Peergroups und zu ihren LehrerInnen standen im Mittelpunkt ihrer Auseinandersetzungen. Die Schule erhielt, als eine repräsentative Institution der deutschen Mehrheitsgesellschaft, immer mehr Bedeutung.

Die Frage nach der eigenen Zugehörigkeit wurde zunehmend in den Mittelpunkt gestellt, wobei den Fremdzuschreibungen eine große Bedeutung zukam (G.H. Mead 1934). Diese Konfrontation waren nicht nur ihrer Lebensphase geschuldet, sondern sie wurden durch ihr gesellschaftliches Umfeld, besonders aufgrund ihres Status‘ als ‚ausländische Mädchen‘ – und im Fall der vorliegenden Studie als ‚türkische Mädchen‘ – immer wieder dazu aufgefordert, sich innerhalb der deutschen Gesellschaft zu positionieren.

Die Etikettierung ‚türkisches Mädchen‘, die sie als identitätsstiftendes Merkmal in ihrem Alltag begleitete, diente den Institutionen zur Erklärung von Konflikt- oder Problemsituationen zwischen ihnen und den öffentlichen Einrichtungen. Hinzu kam ein aktuelles migrationspolitisches Thema: In der zweiten Hälfte der neunziger Jahre wurde in der Öffentlichkeit die Bedeutung der Migrantinnen (insbesondere mit türkischer Herkunft), die in ihrer Rolle als Mutter für die Erziehung ihrer Kinder verantwortlich gemacht wurden, stark thematisiert.

Die Anpassung der ‚türkischen Mütter‘ an die deutsche Gesellschaft wurde nicht nur als Maßstab für die Anpassungsleistungen ihrer in Deutschland aufwachsenden Kinder betrachtet, sondern vielmehr vorausgesetzt.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis6
Danksagung8
1 Einleitung10
1.1 Der Entstehungsprozess des Forschungsthemas11
1.2 Forschungen zur Mutter-Tochter-Beziehung in der Türkei14
1.3 Türkische Mutter-Tochter-Beziehung in der deutschen Migrationsforschung16
1.4 Fragestellungen der Untersuchung18
1.5 Aufbau der Arbeit20
2 Sunniten und Aleviten in der Türkei22
2.1 Vorbemerkungen22
2.2 Das türkische Sunnitentum25
2.3 Alevitentum37
3 Alevitinnen und Sunnitinnen in Deutschland51
3.1 Migration der Frauen aus der Türkei nach Deutschland51
3.2 Sunniten in Deutschland54
3.3 Aleviten in Deutschland59
3.4 Bilder über türkische Frauen und Mädchen in Deutschland63
4 Methodisches Vorgehen und Forschungsdesign70
4.1 Allgemeine Vorbemerkungen70
4.2 Biographische Forschung über Migrationsverläufe in Deutschland71
4.3 Anwendung der Methode74
5 Falldarstellungen96
5.1 Neziha Demiray96
5.2 Meral Demiray (Tochter von Neziha Demiray)124
5.3 Elif Toprak151
5.4 Ayla Toprak (Tochter von Elif Toprak)194
6 Typisierung und Zusammenfassung der Ergebnisse226
6.1 Vorbemerkungen: Bindung und Ablösung in der Adoleszenz227
6.2 Typisierungen231
6.3 Zusammenfassung der Ergebnisse: Soziale Vererbung bei Migrantinnen und ihren Töchtern: Alevitinnen und Sunnitinnen244
7 Fazit259
Literaturverzeichnis264
Anhang286

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