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Mythen des Blutes

VerlagCampus Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl369 Seiten
ISBN9783593403496
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis41,99 EUR
Blut ist seit den Anfängen der Kultur Symbol für Leben und Tod und für die körperliche Bedingtheit des Seins. Seine oft als bedrohlich erfahrene Macht ist in zahllosen Mythen und Erzählungen, Bildern und Riten festgehalten - und spielt selbst in den modernen Wissenschaften noch eine Rolle. In diesem Band werden die Metaphorik des Blutes in Judentum, Christentum und Islam sowie die Funktion des Opfers im Hinduismus und im Mittelmeerraum untersucht. Thematisiert wird darüber hinaus die Rolle des Blutes in der Geschichte der Rechtsprechung und der Medizin sowie in den modernen Sozial- und Medienwissenschaften. Mit Beiträgen unter anderem von Micha Brumlik, Walter Burkert, Ute Frevert,William K. Gilders, Brigitta Hauser-Schäublin, Eva Labouvie, Axel Michaels, Angelika Neuwirth, Philipp Sarasin, Gabriele Sorgo und Inge Stephan.

Christina von Braun ist Filmemacherin sowie Professorin für Kulturwissenschaft an der HU Berlin. Christoph Wulf ist Professor für Erziehungswissenschaft und Anthropologie an der FU Berlin.

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Leseprobe
Rituale, Mythen und Bilder des Bluts gehören zu den faszinierenden Themen der Humanwissenschaften. In den 'Mythen des Bluts' verschränken sich Natur und Kultur in unauflöslicher Verbindung. Wie die Gabe ist Blut 'eine totale soziale Tatsache', die in vielen Lebenssituationen wie Geburt, Eheschließung und Tod eine Rolle spielt. Früher wie heute beeindruckt die Bedeutungsvielfalt des Bluts. Blut gilt als der 'Saft des Lebens'; wird es vergossen, sind Schwächung oder sogar Tod die notwendige Folge. Blut dient zur Differenzierung zwischen Gott und Mensch, zwischen Geschlechtern, Generationen, sozialen Schichten. Es wird zur Inklusion und Exklusion von Individuen und Gruppen herangezogen und ist untrennbar mit Gewalt und ihrer Überwindung, mit sozialer Macht, Nahrung und Fortpflanzung verbunden. Blut ist Thema in den Religionen, Literaturen, Künsten und Wissenschaften aller Kulturen. Im Umgang mit Blut überlagern sich physiologische Aspekte mit denen des kulturellen Imaginären. In Ritualen und Mythen, in Erzählungen und Werken der Kunst entstehen imaginäre Bilder und Bedeutungen vom Blut, die sich von Kultur zur Kultur, von einer historischen Epoche zur nächsten unterscheiden. Einmal im Kontext von Religion und Mythen geschaffen, werden Bilder, Vorstellungen und Imaginationen des Blutes im Laufe der Zeit immer wieder aufgegriffen, variiert und neu bearbeitet. Je nach Kontext verändern sich in diesem Prozess auch die dem Blut zugeschriebenen Bedeutungen. Blut spielt in sehr unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen eine wichtige Rolle, unabhängig davon, ob es sich um die Geschichte der medizinischen Ideen und Entdeckungen zum Blut im Körper handelt (Säftelehre, Blutkreislauf, Genetik) oder um die politischen Auswirkungen von pseudo-biologistischen Theorien zum Blut (Rassenideologien, Eugenik, der Bedeutungswandel des Begriffs 'Blutschande'). Zu den ideologisch-medizinischen Gebieten gehören auch die Vorstellungen verschiedener Epochen zum Menstruationsblut. Blut hat auch eine metaphorische Bedeutung als Metapher für Geld und Kapital (zum Beispiel der Geldkreislauf in Thomas Hobbes' Leviathan), als Symbol für Leben und als Zeichen für die Unwiderruflichkeit eines Vertrags. Um die Bedeutung des Bluts zu begreifen, müssen Rituale und Geboten untersucht werden, in deren Zentrum das Blut steht (Blutsbrüderschaft, Blutrache, Blutschuld, Initiationsriten, Mensur), und die Gesetze, in denen Blut und Blutspuren als Beweis dienen (Verträge, Körperverletzungen, der genetische Fingerabdruck). Ferner sind auch die Mythen zu analysieren, in denen dem Blut eine heilsame oder unheilvolle Wirksamkeit zugewiesen wird: in der christlichen Passionsgeschichte, den Märtyrerdarstellungen, den Selbstgeißelungen oder den Schriften der Alchimisten. Zu erforschen sind auch die Dichotomisierungen von Blutsmythen ('gutes Blut'/'böses Blut'), die sich teilweise mit den dichotomen Geschlechterbildern der Wissenschaftsgeschichte bzw. mit den konträren Vorstellungen von 'sexueller' und 'geistiger' Fruchtbarkeit decken. Dieser Dichotomisierung entspricht die in einigen Kulturen verbreitete Angst vor dem Menstruationsblut bzw. der im Vergleich zu dem ?guten? Blut der Märtyrer abschätzigen Bewertung. Darüber hinaus soll die unterschiedliche Metaphorik des Bluts in Judentum, Christentum und Islam untersucht werden (in der jüdischen Religion das Verbot, Blut zu verzehren bzw. beim Beischlaf mit dem weiblichen Blut in Berührung zu kommen; im Christentum das Heilige Abendmahl/Transsubstantiationslehre; im Islam die Differenzen zwischen Sunniten und Schiiten). Die Unterschiede zwischen Judentum und Christentum wurden zum Beispiel im religiösen Antijudaismus und im rassistischen Antisemitismus (Ritualmordbeschuldigungen, Hostienschändung, Rassenschande) wirksam. Vergossenes Blut als Symbol für 'versiegendes Leben' und als Symbol für die überwundene Sterblichkeit spielt nicht nur in der Religion, sondern auch in den Darstellungen kriegerischer Handlung eine wichtige Rolle. Dasselbe gilt für die lange und wechselvolle Symbolik des Kreuzes, die im Christentum eng mit dem Blut des Erlösers verbunden ist. Der engen Verbindung zur Gestalt des ?Anti-Christ? verdankt sich wiederum der langlebige Mythos vom Menschenblut verzehrenden Vampir. Die Rolle des Bluts soll in den klassischen Medien (Bilderverehrung, blutende Ikonen) ebenso wie in den modernen Medien untersucht werden. In der Literatur erscheinen Tinte und Blut (vergleichbar der Analogie von Kapital und Blut) gelegentlich wie austauschbare ?Säfte?, während das Blut im Film (unter anderem im so genannten Splattermovie) eine Bedeutung annimmt, die sich als Versuch einer 'Vortäuschung von Wirklichkeit' umschreiben ließe. Hier, wie überhaupt im Zusammenhang mit den Bild- und den anderen Medien scheint das Blut die Aufgabe zu haben, die Simulationstechnik bzw. das Zeichensystem (Schrift, Filmtechnik, Geld) zu 'verdecken' und ihm den Anschein jener 'Materialität' zu verleihen, die den Zeichensystemen bzw. Simulationstechniken fehlt.
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