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Naturwissenschaften vermitteln: Von der frühen Kindheit bis zum Lehrerberuf

VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl232 Seiten
ISBN9783741214691
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,99 EUR
Der fünfte Band der Schriftenreihe 'Braunschweiger Beiträge zu Lehrerbildung und Fachdidaktik' beinhaltet schwerpunktmäßig Aufsätze zu Professionalisierungsprozessen in der Lehrerbildung und Beiträge, die sich unter dem Oberthema Diagnose einordnen lassen. Die Reihe richtet sich an alle, die sich um die Qualitätsentwicklung des naturwissenschaftlichen Unterrichts bemühen.

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Leseprobe

Auf alle Fälle Experimente?


– Vorstellungen von Lehramtsstudierenden zum naturwissenschaftlichen Unterricht und zum Einsatz von Experimenten –


 

ALEXANDER STRAHL, KERSTIN HÖNER, RAINER MÜLLER, AXEL EGHTESSAD, VERENA PIETZNER, MAIKE LOOß, KONSTANTIN KLINGENBERG, DAGMAR HILFERT-RÜPPELL


Kurzfassung

Welche Aspekte des naturwissenschaftlichen Unterrichts erachten Lehramtsstudierende für wichtig? Wie beurteilen sie den Einsatz von Experimenten? Zur Beantwortung dieser Frage wurde ein Fragebogen entwickelt, der vorgegebene Aussagen und offene Fragen enthielt.

Die Ergebnisse wurden nach Studienfächern und Studiendauer differenziert und teilweise Expertenmeinungen gegenübergestellt. Es ergibt sich, dass die befragten Lehramtsstudierenden in den betrachteten Dimensionen eine adäquate Vorstellung zum naturwissenschaftlichen Unterricht haben, die sich im Laufe des Studiums verfeinert.

Der Inhalt wurde bereits teilveröffentlicht STRAHL ET AL. 2013.

1.Einleitung

Der Erfolg des naturwissenschaftlichen Unterrichts in Deutschland gilt nach den Ergebnissen internationaler Vergleichsstudien als eher unbefriedigend (PISA, 2000, 2003, 2006). Eine bildungspolitische Folge daraus war und ist, dass in vielen Bundesländern inzwischen bereits im Sachunterricht der Grundschulen und dann in den Klassenstufen 5 und 6 mit dem naturwissenschaftlichen Unterricht begonnen wird, bevor der Unterricht in den getrennten Fächern (Biologie, Chemie, Physik) stattfindet. Der frühe naturwissenschaftliche Unterricht knüpft in der Regel an Themen aus der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler an und soll Freude an der Beobachtung von Naturphänomenen wecken. Der weiterführende Unterricht soll hingegen systematisch in das Verständnis von Naturgesetzen und deren Anwendung in verschiedenen Bereichen einführen. Dazu ist es notwendig, die naturwissenschaftlichen Basiskonzepte zu verstehen und spezifische naturwissenschaftliche Kompetenzen zu erwerben, die der jeweiligen Fachlogik folgen. Dieses ist Teil der angestrebten „Naturwissenschaftlichen Grundbildung (Scientific Literacy)“, die bereits im Unterricht der Sekundarstufe I erworben werden soll, bevor im Unterricht der Sekundarstufe II die Fachspezifik zunehmend mehr betont wird.

Von verschiedenen Verbänden (DPG, 2005) wird dabei für den frühen naturwissenschaftlichen Unterricht gefordert, dass die Erfahrungswelt und die Interessenlage der Schüler und Schülerinnen berücksichtigt wird. Dabei steht die Entwicklung von Kompetenzen der naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung im Vordergrund. Einen besonderen Stellenwert nimmt dabei das Durchführen von Experimenten ein. Die Schülerinnen und Schüler sollen die Bedeutung des Experiments für die Erkenntnisgewinnung erfahren und grundlegende Methoden des Experimentierens kennenlernen (Beobachten, Messen, Protokollieren, …) (DPG, 2005).

Es gilt als unumstritten, dass Experimente zum naturwissenschaftlichen Unterricht gehören. Unter Experimenten verstehen wir dabei Anordnungen, die ein wiederholtes Beobachten möglich machen mit dem Ziel, Hypothesen über naturwissenschaftliche Theorien zu prüfen. Durch die experimentelle Methode im Unterricht sollen Schülerinnen und Schüler in die naturwissenschaftlichen Denk- und Arbeitsweisen eingeführt werden, sowie Wege der Erkenntnisgewinnung und neue Einsichten vermittelt bekommen.

Neben dem Erkenntnisgewinn haben Experimente im Unterricht häufig noch eine Reihe anderer Funktionen. Sie dienen z. B. der Veranschaulichung und der Motivation. Schulexperimente sind in der Regel vorgeplant und so aufgebaut, dass gerade das herauskommt, was gezeigt werden soll, d. h., sie werden eher selten für den eigenen Erkenntnisgewinn eingesetzt, sondern illustrieren Theorien und Modelle. Damit sind Schulexperimente keine Forschungsexperimente im eigentlichen Sinne, was sie nicht zwingend oberflächlich oder ungenau macht. Dass das Experiment in weiten Teilen den naturwissenschaftlichen Unterricht prägt, zeigten z. B. TESCH & DUIT, 2004, VON AUFSCHNAITER, 2006 und BRÜCKMANN ET AL., 2007 in Videostudien.

Da bei der Planung und Durchführung von Unterricht Auffassungen der Lehrperson eine wichtige Rolle spielen (TESCH & DUIT, 2004 ), stellt sich die Frage, welche Vorstellungen angehende Lehrkräfte zu verschiedenen Aspekten des naturwissenschaftlichen Unterrichts und zum Einsatz von Experimenten haben. Dieser Frage wird in dieser Untersuchung nachgegangen. Obwohl bei vielen Aspekten die „Nature of Science“-Debatte berührt wird, steht sie hier nicht im Mittelpunkt der Untersuchung (HÖNER ET AL., 2010).

2.Forschungsstand

Das Verständnis von Wissenschaft, welches den Schülerinnen und Schülern vermittelt wird, hängt entscheidend von der Vorstellung und dem Wissen der Lehrenden ab. TESCH & DUIT, 2004 zeigten, dass bei der Planung von Unterricht die Auffassungen und Einstellungen der Lehrkräfte über die Natur der Naturwissenschaften eine wichtige Rolle spielen.

Der naturwissenschaftliche Unterricht enthält immer auch wissenschaftstheoretische Aspekte, die im Unterricht meist nicht genannt, geschweige denn erläutert werden. Dennoch erhalten Schülerinnen und Schüler durch die Unterrichtsgestaltung zumindest implizit eine Vorstellung von naturwissenschaftlichen Arbeitsweisen. Dieses liegt u. a. daran, dass sich auch die Lehrkräfte ihrer eigenen wissenschaftstheoretischen Auffassung zu Experimenten nicht bewusst sind, und sie deshalb explizit bei der Unterrichtsgestaltung kaum eine Rolle spielen (TIMMER, 1999).

BLEICHROTH ET AL. 1991 schlagen vor, Experimente in der Schule grundsätzlich nur als „Versuche“ zu bezeichnen, um diese von den wissenschaftlichen Experimenten eindeutig zu trennen. Da im heutigen Sprachgebrauch aber Lehrkräfte eher von „Experimenten“ sprechen, schließen wir uns in dieser Arbeit der Formulierung von REINHOLD 1996 an, dass das Experimentieren als „ein bestimmtes Vorgehen gesehen wird, um die Grenze zwischen Wissen und Nichtwissen zu verschieben….In diesem Rahmen bezeichnet der Begriff ‚Experiment’ den Objekt- oder Naturprozess.“ Die Bedeutung des Experiments im naturwissenschaftlichen Unterricht wurde und wird in den Fachdidaktiken intensiv diskutiert. Der Einsatz von Experimenten wurde hinsichtlich der Zielsetzungen aus wissenschaftstheoretischer, lernpsychologischer und unterrichtspraktischer Sicht vielfach untersucht (LAZAROWITZ & TAMIR, 1994, HOFSTEIN & LUNETTA, (2004), HOFSTEIN, 2004). Häufig sind die genannten Ziele dabei aber nicht einheitlich (WOOLNOUGH & ALLSOP, 1985, HODSON 1993, LUNETTA ET AL., 2007, HOFSTEIN & MAMLOK- NAAMAN, 2007). Unter dem Aspekt des kognitiven Wissenszuwachses gibt es bisher kaum fundierte empirische Untersuchungen zur Bedeutung von Experimenten im naturwissenschaftlichen Unterricht, wie die Ergebnisse der GDCP-Tagung aus dem Jahre 1992 gezeigt haben (BEHRENDT, 1992). Im englischsprachigen Raum liegen dazu kritische Publikationen vor (HODSON, 1990, CLOUGH & CLARK, 1994, LUNETTA, 1998, ROTH, 1995, ROTH & DUIT, 1997, LUNETTA ET AL., 2007). Dort wird u. a. festgestellt, dass Experimente zwar nützlich sein können, aber für das Verstehen naturwissenschaftlicher Prinzipien nicht entscheidend sind. Erheblich für den Lernerfolg ist die Verknüpfung von Experimenten mit anderen kognitiven Lernerfahrungen (HODSON, 1993, TOBIN, 1990).

Aus einer umfangreichen internationalen Studie, die in den 90er Jahren durchgeführt wurde (NIEDDERER ET AL., 1992, WELZEL ET AL., 1998), war das Hauptziel die Verknüpfung von Theorie und Praxis. Die Motivation der Schülerinnen und Schüler spielte dagegen nur eine untergeordnete Rolle. Insgesamt wurden von den Lehrkräften aber fast ausschließlich schülerbezogene Aspekte für den Einsatz von Experimenten genannt und kaum Aspekte für die eigene Arbeit. Hinsichtlich der Wirksamkeit für den Lernzuwachs der Schülerinnen und Schüler durch Experimente gibt es widersprüchliche Aussagen (BRUHN, 1973, NÜMANN, 1985, HOFSTEIN & LUNETTA, 1982, RUTHERFORD, 1993, GALLAGHER 1987). In den meisten Fällen wurde kein Zuwachs im kognitiven Bereich festgestellt (BRUHN, 1973, NÜMANN, 1985), wohl aber im motivationalen Bereich (z. B. BRUHN, 1973).

In den verschiedenen Lehrplänen bzw. Curricula der Bundesländer wird dem Experimentieren ein hoher Stellenwert in allen drei naturwissenschaftlichen Fächern zugeschrieben. Aspekte, die dort genannt werden, sind z. B.: selbstständiges Experimentieren, Motivation, geistige und manuelle Tätigkeiten verknüpfen, erschließen von Sachverhalten (vgl. z. B. NK 2007, MFAUWDN-W, 2008).

Fragt man Schülerinnen und Schüler nach ihrer Meinung zu Experimenten, so zeigt sich, dass sie damit handwerkliche Ziele verstehen, aber auch das Entdecken neuer Phänomene und Zusammenhänge (DENNY, 1986). Schülerexperimente mit Laborgeräten werden dabei deutlich bevorzugt (BEHRENDT, 1990).

Die Untersuchung von JONAS-AHREND (2004) erfasst Lehrervorstellungen zum Schwerpunkt Experimente im Physikunterricht. Die Daten wurden mithilfe eines Fragebogens, eines Interviews und einer Videostudie gewonnen. Dabei ergaben sich folgende Hauptgründe für den Einsatz von Experimenten: Anschauung und unerlässlich für das Verstehen physikalischer...

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