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E-Book

Neonatologie beim Hund

Von der Geburt bis zum Absetzen

VerlagSchlütersche
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl208 Seiten
ISBN9783842685178
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis79,99 EUR
Komplett aktualisiert und erweitert präsentiert dieses Buch das aktuelle klinische Wissen rund um die Betreuung des neugeborenen Hundewelpen. Praxisnah zeigt es alle wichtigen Bereiche der Neugeborenenmedizin: von der embryonalen Entwicklung über die Geburt bis hin zum Alter von acht Wochen. Die Autoren beschreiben alle wichtigen Untersuchungen, Erkrankungen und Therapiemaßnahmen. Farbfotos und übersichtliche Tabellen veranschaulichen die ungestörte Welpenentwicklung sowie Krankheiten und deren Diagnostik und Therapie. Ein eigenes Kapitel beschäftigt sich mit der Organisation der Hundezucht in Deutschland. Ein konkurrenzloses Werk auf dem deutschsprachigen Markt!

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Leseprobe

1 | Gravidität und Geburt
Sabine Kölle, Axel Wehrend


1.1 Embryonale und fetale Entwicklung


Sabine Kölle

1.1.1 Entwicklung des frühen Embryos


Der Hund zeigt im Vergleich zu den anderen Haussäugetieren zahlreiche Besonderheiten bei der Fertilisation und der frühen Embryonalentwicklung. Während die Eizelle bei den meisten Haussäugetieren unmittelbar nach dem Eisprung befruchtungsfähig ist, wird die MeioseI beim Hund erst nach der Ovulation fortgeführt. Dies hat zur Folge, dass die Eizelle erst 2–3 Tage im Eileiter verbleiben muss, um befruchtungsfähig zu werden. Da zudem die Hündin bereits vor der Ovulation deckbereit ist und die Spermien im weiblichen Genitale etwa eine Woche lebensfähig bleiben, ist die exakte Bestimmung der Graviditätsdauer anhand des Decktermins nicht möglich.

Eizelle und Embryo halten sich beim Hund verhältnismäßig lange – nämlich 7–9 Tage – im Eileiter auf. Während sich die Cumuluszellen bei den meisten Haussäugetieren kurz vor oder nach der Befruchtung von der Eizelle lösen, bleiben diese beim Hund während des gesamten Aufenthaltes im Eileiter erhalten – sie umgeben also nicht nur die Eizelle während der Reifung, sondern umhüllen auch den frühen Embryo. Daher ist anzunehmen, dass sie für die frühe Entwicklung beim Hund eine wichtige Rolle spielen. Am 4. Tag post conceptionem (p. c.) entwickeln sich im Eileiter Zweizeller, am 6. Tag p. c. Achtzeller, am 7. Tag p. c. Vielzeller (Morulae). Am 8.-9. Tag entstehen durch Hohlraumbildung Blastozysten mit inner cell mass und Trophektodermzellen. Die Blastozysten werden durch die Kontraktion der glatten Muskulatur des Eileiters und durch den gerichteten Schlag der Kinozilien des Eileiterepithels in den Uterus transportiert. Die Embryonen bewegen sich zunächst frei innerhalb eines Horns und zwischen den beiden Uterushörnern. Am 12.-15. Tag p. c. entstehen an den Gebärmutterhörnern lokale Anschwellungen (Ampullen), die den Beginn der Bildung der Implantationskammern darstellen. Die Blastozyste in der Ampulle weist ab dem 10. Tag p. c. eine charakteristische Zitronenform auf (Abb. 1.1). Am 13.-15. Tag p. c. schlüpft die Blastozyste aus der Zona pellucida. Dies ist die essenzielle Voraussetzung für das weitere Größenwachstum und die Kontaktaufnahme des Embryos mit der Mutter (Implantation).

 

Abb. 1.1
Entwicklung des frühen Embryos. Tag 10: zitronenförmiger Konzeptus im Stadium der Neurulation. Tag 16: schuhsohlenförmiger Embryo mit Gehirnanlage und Somiten. Tag 20: Schwanzknospenembryo mit Augenbläschen, Kiemenbögen und Herzwulst. 1: Neuralrinne, 2: Gehirnanlage, 3: Somiten, 4: Kiemenbögen, 5: Herzwulst.

 

Abb. 1.2:
30 Tage alter Embryo. Die Augenlider sind noch nicht voll entwickelt, die Ohrmuschel bedeckt den Meatus acusticus teilweise, die Finger beginnen sich zu separieren und 5 Zitzenpaare sind erkennbar.

1.1.2 Implantation


Die Implantation findet beim Hund zwischen dem 14. und 15. Tag p. c. statt. Sie läuft in drei Phasen ab:

Vorkontaktstadium: Es bestehen noch keine morphologisch sichtbaren Verbindungen zwischen Blastozyste und Endometrium.

Appositionsstadium: Die Blastozyste nimmt an punktförmigen Kontaktstellen Verbindung zum mütterlichen Epithel auf.

Adhäsionsstadium: Die Verbindung zwischen Embryo und Mutter ist so stark ausgeprägt, dass eine Trennung ohne Schädigungen nicht mehr möglich ist.

Der Hund weist eine zentrale Implantation auf, d. h. der Embryo liegt im Uteruslumen und nimmt so Kontakt zu dem maternalen Epithel auf.

1.1.3 Weitere Embryonal- und Fetalentwicklung


Nach der Implantation wird die Embryonalentwicklung fortgesetzt, indem sich durch Zellproliferation und Zelldifferenzierung die drei Keimblätter entwickeln. Zunächst entsteht das Ektoderm, dann das Entoderm und als Letztes das Mesoderm. Dieses Keimblatt spielt für die Entwicklung eine entscheidende Rolle, insbesondere bei der der Vaskularisation und der Ausbildung der Körperwände. Aus den Keimblättern entwickeln sich die Organanlagen. Als Erstes entsteht aus dem Ektoderm bereits am 16. Tag p. c. das Neuralrohr (Vorläufer von Gehirn und Rückenmark). Aus dem Mesoderm haben sich zu diesem Zeitpunkt die Somiten (Urwirbel) gebildet (Abb. 1.1). Am 20. Tag entsteht der C-förmige Schwanzknospenembryo, mit Augenbläschen, Kiemenbögen und prominentem Herzwulst. Am 22. Tag p. c. sind die Extremitätenknospen sichtbar. Am Ende der Embryonalperiode – d. h. um den 30. Tag p. c. – sind beim Hund alle wichtigen Organsysteme angelegt, die endgültige Körperform wird in ihren Grundzügen erkennbar (Abb. 1.2).

 

Abb. 1.3
35 Tage alter Fetus. Die Augenlider sind ausgebildet, die Ohrmuschel bedeckt den Gehörgang vollständig, die Finger sind separiert.

Die anschließende Fetalperiode ist durch die Ausdifferenzierung der Organe und das schnelle Wachstum der Welpen gekennzeichnet (Abb. 1.3). Am 31.-32. Tag p. c. kommt es zum physiologischen Nabelbruch, d. h. der Darm wird aufgrund seines schnellen Wachstums kurzfristig aus der Körperhöhle heraus verlagert. Ab dem 35. Tag p. c. sind Augenlider ausgebildet, die Ohrmuscheln bedecken den Gehörgang und die Finger sind distal separiert (Abb. 1.3). Am 40. Tag wird der Darm wieder in die Körperhöhle zurückverlagert, die einzelnen Zehen sind sichtbar und die Krallen sind ausgebildet. Die vollständige Körperbehaarung des Welpen ist ab dem 52. Tag p. c. ausgeprägt. Hundewelpen werden als »Nesthocker« geboren, d. h. die Ausdifferenzierung einzelner Organe, wie z. B. der Lunge, ist bei der Geburt noch nicht beendet, die Augenlider und Gehörgänge sind geschlossen.

 

Abb. 1.4
Fruchthüllen des Hundes.
1: Amnion, 2: Allantois, 3: Dottersack, 4: Chorion, 5: Gürtelplazenta: Plazentarlabyrinth, 6: Paraplazenta: Randhämatom, 7: Paraplazenta: Extravasatzone.

1.1.4 Entwicklung der Hüllen und Anhänge


Fruchthüllen schützen den Embryo vor Austrocknung, bieten mechanischen Schutz und übernehmen Ernährungs- und Atmungsfunktion. Die äußerste embryonale Hülle ist die Zottenhaut (Chorion), die beim Hund in einem gürtelförmigen Bereich lamellenförmige Oberflächenvergrößerungen zum Kontakt mit dem mütterlichen Gewebe ausbildet (Abb. 1.4, 1.6). Innen am Chorion befindet sich die Allantois. Sie ist essenziell für die Vaskularisation des Chorions und sammelt den fetalen Harn. Beim Fleischfresser umwächst die Allantois die innerste Fruchthülle, das Amnion, vollständig, so dass der Hundeembryo von zwei flüssigkeitsgefüllten Hohlräumen umgeben ist. Deshalb steht das Amnion des Hundes – im Gegensatz zu dem vieler anderer Haussäugetiere – nicht in unmittelbarer Verbindung mit dem Chorion, so dass der Welpe mit intakter Amnionhülle geboren werden kann. Das Amnion muss dann umgehend entfernt werden, um ein Ersticken des Welpen zu verhindern. Die auf den Welpen befindliche Amnionflüssigkeit ist essenziell, damit die Mutter sich nach der Geburt um die Welpen kümmert. Der Dottersack übernimmt frühembryonal die Blutbildung und besitzt beim Hund Ernährungsfunktion durch Ausbildung einer Dottersackplazenta (Abb. 1.4). Der Nabelstrang des Hundes besitzt eine Amnion- und eine Allantoisscheide und beeinhaltet (a) die Aa. umbilicales, (b) die Vv. umbilicales, und (c) den Dottersackstiel mit Gefäßen. Die rechte Nabelvene wird intraembryonal zurückgebildet. Die Länge des Nabelstranges beträgt ca. die Hälfte der Körperlänge des Fetus.

 

Abb. 1.5
Schnitt durch die Ampulle eines graviden Uterus in der 4. Woche der Trächtigkeit. Hämatoxilin-Eosin, 3x.
1: Plazentarlabyrinth, 2: oberflächliche Drüsenkammern, 3: tiefe Drüsen, 4: Myometrium.

1.1.5 Plazentation


Der Hund besitzt eine Vollplazenta (Placenta deciduata). Dies bedeutet, dass unter teilweisem Gewebsabbau eine sehr enge Verbindung zwischen äußerster embryonaler Hülle (Chorion) und Endometrium ausgebildet wird. Bei der Geburt werden dann Teile der Uterusschleimhaut als Decidua (»hinfällige Haut«) abgestoßen. In der Folge entstehen Wundflächen und Blutungen. Die enge Verbindung zwischen Embryo und Uterus entsteht, indem das Uterusepithel abgebaut wird, so dass die Zotten des Chorions sich direkt an das Endothel der mütterlichen Gefäße anlegen können (Abb. 1.5). Dies wird als Placenta...

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