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Netzwerkanalyse und Netzwerktheorie

Ein neues Paradigma in den Sozialwissenschaften

AutorChristian Stegbauer
VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl596 Seiten
ISBN9783531911076
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis36,99 EUR
In der Netzwerkanalyse und der Netzwerktheorie stehen Muster von Relationen im Mittelpunkt der Forschung. Die Netzwerkforschung knüpft zwar an Klassiker der Soziologie und an verschiedene theoretische Richtungen und bekannte Methoden an, durch das neue Paradigma der Netzwerkforschung ist aber in den letzten Jahren eine Vielfalt an theoretischen und empirischen Forschungsarbeiten angestoßen worden, die dieses Feld zum vielleicht dynamischsten Bereich in der Sozialforschung aufsteigen ließ. Dies liegt an der Tatsache, dass mit Hilfe der Netzwerkforschung Antworten auf zahlreiche noch nicht oder noch nicht ausreichend geklärte Fragen gegeben werden können.
Im Band werden wichtige Theoriestränge und methodische Zugänge, sowohl einführend als auch in Form neuester Forschungsergebnisse behandelt. Das Buch liefert einen Überblick über den 'State of the Art' in diesem Bereich.


Dr. Christian Stegbauer ist Privatdozent für Soziologie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main.

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Leseprobe
Netzwerkanalyse und Netzwerktheorie. Einige Anmerkungen zu einem neuen Paradigma (S. 11)

Christian Stegbauer

Netzwerkanalyse und Netzwerktheorie ist ein noch relativ junges Wissenschaftsfeld. Es werden zwar Anfänge bis in das vorletzte Jahrhundert konstruiert, und womit genau die Netzwerkforschung beginnt, lässt sich nicht unbedingt sagen. Es gibt eine Reihe von Strängen, die miteinander verwoben zur Netzwerkforschung wurden. Heute wird Netzwerkanalyse vor allem in den USA betrieben.

Im deutschsprachigen Bereich ist die Netzwerkforschung dagegen noch nicht weit entwickelt. Es gibt vor allem kaum eine Möglichkeit sich gemeinsam zu treffen, und die eigene Forschung zu reflektieren und die verwendeten Vorgehensweisen zu diskutieren und weiterzuentwickeln.

Das Buch ist der Versuch, diesbezüglich einen Anfang zu machen. Es ist der erste Versuch, bei dem das weite Feld der Netzwerkforschung in den Sozialwissenschaften so umfassend dokumentiert wird. Zwar liegen eine Reihe von Sammelbänden, Monographien und Lehrbücher in diesem Themengebiet vor, sie sind aber meist auf einen speziellen Schwerpunkt fokussiert oder aus der Perspektive eines eingegrenzteren Fachgebiets geschrieben.

Die Besonderheit der Netzwerkforschung ist es, dass der Beziehungskontext, die Beziehungsstruktur in die Analysen miteinbezogen wird. Meist werden in der klassischen Umfrageforschung die Menschen dekontextualisiert. Aus der Forschung zu Interviewereffekten wissen wir, dass sich Meinungen in der Interviewsituation bereits vollständig auflösen können (für ein drastisches Beispiel, siehe Steinert 1984), bzw. diese an sich neutral konstruierte Situation einen erheblichen Einfluss haben kann.

Ähnliches gilt sicherlich auch für Teile der traditionellen qualitativen Sozialforschung. Das bedeutet, dass wir noch mehr über die Wirkung des sozialen Kontextes, über die Bedeutung der Beziehungsstruktur erfahren müssen, um das Gebiet der sozialwissenschaftlichen Forschung voranzubringen.

Das bedeutet aber keineswegs, dass auf die hier kritisierten Forschungsdesigns, traditionelle quantitative und qualitative Forschung verzichtet werden kann: Die Netzwerkanalyse ist auf solche Daten angewiesen, damit die Strukturmuster interpretiert werden können.

Der hier vorliegende Band nun bietet zwar keinen vollständigen Überblick über die Forschungsaktivitäten in dem Feld, aber einen weitreichenden Blick. Ein näheres Betrachten zeigt, dass verschiedene verwandte Fachgebiete mit denselben Methoden arbeiten und auch weitestgehend auf dieselben Erklärungen zurückgreifen.

Er zeigt aber auch, dass die Methodenentwicklung genauso wie die Theorieentwicklung ungleichzeitig verläuft, bzw. nicht alle Fachwissenschaften(-ler) in den verschiedenen Gebieten über dieselbe Kompetenz verfügen.

Das bedeutet, dass Kongresse, wie die Frankfurter Netzwerktagung im September 2007, aus dem dieser Band hervorgegangen ist, sehr wichtig sind. Geplant wurde die Tagung, um das Spektrum der deutschsprachigen Netzwerkforschung aufzuzeigen und dieser Forschungsrichtung einen Schub zu geben. Ein Großteil der Forscher kannte sich bislang noch nicht oder nur von internationalen Zusammenhängen. Dies reicht aber nicht aus, um ein Forschungsgebiet in Schwung zu bekommen.

Wir benötigen solche Zusammentreffen, weil hier der für die Fachgebiete notwendige Austausch stattfindet und Kooperationen zum Auffüllen von „Schwachstellen" angebahnt werden können. Die Vielfalt der Themen und der Fachgebiete, auf denen Netzwerkforschung stattfindet, zeigt aber auch, dass das „neue", bzw. „wachsende" (Lothar Krempel in diesem Band) Paradigma bereits weit in die Fachgebiete diffundiert ist.

Das ist insofern gut, als durch die „Netzwerkbrille" neue Erkenntnisse möglich sind, besonders dort, wo sich in der Vergangenheit zeigte, dass die hergebrachten Methoden nur begrenzt Erfolge zeigten. Die im Titel des Buches genannten Begriffe Netzwerkanalyse und Netzwerktheorie spannen das Arbeitsfeld auf.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt6
Einführung10
Netzwerkanalyse und Netzwerktheorie. Einige Anmerkungen zu einem neuen Paradigma11
KorRelationen: Empirische Sozialforschung zwischen Königsweg und Kleiner Welt20
Netzwerkanalyse und Netzwerktheorie in Deutschland. Eine empirische Übersicht und theoretische Entwicklungspotentiale47
Theoretische Bezugspunkte61
Zur Verankerung der Netzwerkforschung in einem methodologischen Relationalismus62
Netzwerke und soziale Ungleichheit76
Strukturen, Akteure, Wechselwirkungen. Georg Simmels Beiträge zur Netzwerkforschung88
Weak und Strong Ties. Freundschaft aus netzwerktheoretischer Perspektive101
Netzwerkanalyse und Feldtheorie. Grundriss einer Integration im Rahmen von Bourdieus Sozialtheorie116
Institutionelle Muster der Wissensproduktion in den Optischen Technologien: Feldtheoretische Perspektiven zur Interpretation von Netzwerkstrukturen126
Methodologischer Individualismus und Netzwerkforschung. Ein Diskussionsbeitrag140
Netzwerke und Systeme. Zum Verhältnis von Vernetzung und Differenzierung149
Netzwerke und Kommunikation. Zum Verhältnis zweier sozialwissenschaftlicher Paradigmen159
Netzwerkanalytische Methoden zur Identifizierung von Kommunikationsrollen173
Die Bedeutung des Positionalen. Netzwerk und Beteiligung am Beispiel von Wikipedia185
Identitätsentwicklung und soziale Netzwerke194
Methoden der Netzwerkforschung205
Netzwerkanalyse. Ein wachsendes Paradigma206
Visualisierung sozialer Netzwerke218
Situated Organizational Mapping230
Missing Data in der Netzwerkanalyse241
Zentralitätsanomalien und Netzwerkstruktur. Ein Plädoyer für einen „engeren“ Netzwerkbegriff und ein community-orientiertes Zentralitätsmodell251
Die Beeinflussung von Zentralitätsmaßen der sozialen Netzwerkanalyse durch Gästeaccounts in Internet- Diskussionsforen263
Elemente der Netzwerkanalyse für prognostische Studien. Wie die Netzwerkanalyse deterministische und stochastische Prognosen ergänzen kann277
Mit welchem Ziel werden bestehende Netzwerke generiert?285
Die Bedeutung der Identifikation von Subgruppen für die Erklärung von Informationsflüssen298
Ansätze zur Untersuchung der Dynamik von Netzwerken310
Dynamische Analyse von Netzwerken elektronischer Kommunikation. Kann der Zentralität getraut werden?311
Analyse der Dynamik sozialer Netzwerke mit Social Badges323
Netzwerk und Sozialkapital. Dynamische Zusammenhänge im Licht von Paneldaten der Umfrageforschung334
Zur Evolution sozialer Netzwerke. Theoretische Implikationen einer akteursbasierten Methode346
Die Entwicklung von negativen Beziehungen in Schulklassen360
Netzwerkforschung in verschiedenen Fachgebieten und Feldern372
Metapher, Methode, Theorie. Netzwerkforschung in der Wirtschaftssoziologie373
Die Regionalforschung als Anwendungsgebiet der Netzwerkanalyse?387
Sprachliche Netzwerke399
Neue Institutionenökonomie und Netzwerkanalyse. Theoretische und methodische Anknüpfungspunkte am Beispiel des Spargelanbaus in Brandenburg414
Innovationsprozesse in Open-Source-Communities aus netzwerkanalytischer Sicht427
Transparentes Parlament. Informelle Netzwerke der Bundestagsabgeordneten439
Persönliche Beziehungsnetzwerke und ihre Bedeutung in der Verfestigung von rechtsextremistischen Orientierungen451
„…der Freundeskreis, der Bekanntenkreis hat sich total verändert“. Rekonstruktionen von sozialen Beziehungskontexten bei Arbeitslosengeld-II-EmpfängerInnen463
Netzwerkanalytische Untersuchungen in Organisationen474
Der Netzwerkansatz in der Führungsforschung475
Die Wirkung struktureller Löcher auf den Karriereerfolg im Management: eine kontingente Betrachtung485
Unternehmen als Akteure egozentrierter Netzwerke499
Analyse der Selbstorganisation in virtuellen Wiki-basierten Informationsräumen510
Die Steuerung virtueller Projektnetzwerke: e-mail und schlözen.521
Akteur-Netzwerk-Theorie534
Untersuchung von Risikokontroversen mittels netzwerkanalytischer Methoden535
Die experimentelle Überprüfung dynamischer Vernetzungsprozesse544
Von der Akteur-Netzwerk-Theorie zur prozeduralen Methodologie. Kleidung im Überfluss556
Verzeichnis der Autorinnen und Autoren566

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