Mit der Einführung des IAS 32 und 39 ergänzenden IFRS 7 (Finanzinstrumente: Angaben) im August 2005 ersetzte das IASB den bankspezifischen IAS 30.[59] Der Standard muss spätestens für Berichtsperioden angewandt werden, die nach dem 1. Januar 2007 beginnen. Er verpflichtet bisher alle Unternehmen,[60] im Anhang ausführliche Angaben über ihre Finanzinstrumente zu machen. IFRS 7 verfolgt im Wesentlichen zwei Ziele. Erstens soll dem Bilanzadressaten ein umfassendes Bild von der „Bedeutung von Finanzinstrumenten für die Finanzlage und Ertragskraft des Unternehmens“[61] gezeichnet werden. Zum anderen müssen Art und Umfang der Risiken ersichtlich werden, die sich für das Unternehmen aus diesen Finanzinstrumenten ergeben.[62]
Die Bedeutung der Angaben für einen aussagekräftigen Abschluss hängt von den individuellen Gegebenheiten ab – vor allem von der Wichtigkeit der Finanzinstrumente für die Risikoexposition des Unternehmens. Der Bilanzadressat einer kleinen Bäckereikette hat naturgemäß andere Interessen als ein Investor, der zur Unterstützung seiner Anlageentscheidung den Abschluss der Deutschen Bank liest. IFRS 7 verfolgt daher einen zweckorientierten Ansatz und stellt es ausdrücklich ins Ermessen des Bilanzierenden, wie detailliert und in welcher konkreten Darstellungsform die Angaben im Einzelnen erfolgen. Er weist aber zugleich auf einen Zielkonflikt zwischen Vollständigkeit und Wesentlichkeit („materiality“) hin: Die Auskünfte dürfen weder mit überflüssigen Details überfrachtet werden noch so knapp ausfallen, dass dem Leser wesentliche Informationen entgehen.[63]
Die – verglichen mit den Angabepflichten anderer Standards – hohe Flexibilität der Unternehmen bei der Art und Weise der Offenlegung ist Ausfluss des „through the eyes of management“-Grundgedanken, der gerade IFRS 7 zu Grunde liegt.[64] Alle Angaben sollen auf Basis der Daten erfolgen, die das Key Management[65] selbst zur Steuerung des Unternehmens heranzieht (management approach). Durch die Offenlegung in der Praxis relevanter Informationen sollen unerwünschte Informationsvorsprünge des Managements vor den Kapitalgebern abgebaut werden. Zudem reduziert dieser Ansatz die Kosten der Berichterstattung, da die erforderlichen Daten im Unternehmen bereits vorliegen. Dies kann sich auch auf die Akzeptanz der Angabepflichten nur positiv auswirken. Das IASB hielt es in diesem Zusammenhang für zielführender, statt einer Vorgabe streng verbindlicher Offenlegungsverfahren (rules based approach) viele einzelne, relativ allgemein gehaltene Grundprinzipien festzulegen. Die konkrete Ausgestaltung bleibt im Rahmen dieser Grundsätze dem Ermessen des Unternehmens überlassen (principles based approach). Dem damit einhergehenden Vorteil größerer Praxisrelevanz der Informationen stehen allerdings eine geringere Vergleichbarkeit der Unternehmen und die Gefahr subjektiv geprägter Einschätzungen gegenüber. Deshalb müssen den Bilanzierenden an vielen Stellen dennoch sehr konkrete Vorschriften gemacht werden.
Der Anwendungsbereich des IFRS 7 ist nicht deckungsgleich mit dem des IAS 39. Grundsätzlich haben die Angaben für alle Finanzinstrumente zu erfolgen; mit bestimmten Ausnahmen, für die jeweils spezifische Offenlegungsvorschriften gelten.[66] Die Vorschriften des IFRS 7 betreffen aber auch nicht in der Bilanz angesetzte Finanzinstrumente wie z. B. Kreditzusagen.[67] Für deutsche Unternehmen ist der IFRS 7 insofern von eingeschränkterer Bedeutung, als die IAS/IFRS bisher nur für Konzernabschlüsse kapitalmarktorientierter Unternehmen verpflichtend angewandt werden müssen.[68] Einzelabschlüsse sind also (noch) nicht von den Vorschriften betroffen.
Im Rahmen der abschlussbezogenen Angaben sollen quantitative und qualitative Erläuterungen des Abschlusses und der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden zu einem Gesamtbild verdichtet werden, das die Bedeutung der Finanzinstrumente für die Finanz- und Ertragslage des Unternehmens widerspiegelt.
In der Bilanz oder im Anhang sind die Buchwerte aller finanziellen Vermögenswerte und Schulden, getrennt nach den Kategorien des IAS 39, anzugeben.[69] Dabei müssen zu Handelszwecken gehaltene Finanzinstrumente von solchen unterschieden werden, für die die Fair-Value-Option gewählt wurde, da diese Einteilung z. T. im Ermessen des Bilanzierenden liegt. Die Angabe der Buchwerte lässt einen Rückschluss darauf zu, inwieweit Bilanzpolitik einen Einfluss auf die Zuordnung der Finanzinstrumente hat.[70] Die wertmäßige Relation der einzelnen Bilanzposten zueinander spiegeln Buchwerte nicht exakt wider, da manche Posten ja zum Zeitwert, andere zu (fortgeführten) Anschaffungskosten bewertet werden. Allerdings lassen die Differenzbeträge zwischen Buch- und Zeitwerten Aussagen über etwa vorhandene stille Reserven oder Lasten zu.[71] Daher soll auch eine Angabe der Zeitwerte erfolgen, und zwar in einer Weise, die einen Vergleich mit den Buchwerten ermöglicht.[72]
Wenn der Buchwert den Fair Value als „vernünftige Annäherung“[73] repräsentiert, entfällt die Angabe des Zeitwerts, da eine zusätzliche Angabe überflüssig wäre und dem Wesentlichkeitsprinzip widerspräche. Dies betrifft z. B. kurzfristige[74] Forderungen aus Lieferungen und Leistungen. Von der Pflicht zur Angabe der Zeitwerte ausgenommen sind auch Eigenkapitalinstrumente bzw. aus ihnen abgeleitete Derivate, die zu Anschaffungskosten bewertet werden, weil ihr Fair Value mangels Notierung auf einem aktiven Markt nicht ermittelbar ist.[75] Zur Vermeidung willkürlicher Ausnahmen schreibt der Standard hier eine Erläuterung der Umstände vor, die die verlässliche Schätzung des Zeitwerts ausschließen. Auch ist das betroffene Finanzinstrument eingehend zu beschreiben.[76]
Das IASB schreibt die Angabe der Zeitwerte vor allem auf Grund seiner Auffassung vor, der Fair Value sei für die meisten Bilanzadressaten von zentraler Bedeutung.[77] Wie oben erläutert, stellt dies jedoch eine umstrittene Auffassung dar. Mit Hilfe der Vorschriften des IFRS 7.27 soll eine größtmögliche Objektivierung erfolgen, indem die Methoden und Annahmen zur Ermittlung des Fair Value transparent gemacht werden. Da die Bewertung zum Zeitwert im Zusammenhang mit der Finanzmarktkrise eine große Rolle spielte, wurden diese Offenlegungspflichten nochmals deutlich ausgeweitet. Der IFRS 7.27 wird daher in Kapitel 4 (Änderungen an IFRS 7) untersucht.
Keine Änderung erfährt der Ausweis sog. day-1-profits. Der Transaktionspreis eines Finanzinstruments, das nicht auf einem aktiven Markt notiert ist, kann beim Erstansatz von dem über ein Bewertungsmodell geschätzten Zeitwert abweichen. In diesem Fall soll die Methode zur erforderlichen erfolgswirksamen Amortisation des Differenzbetrags (day-1-profit or loss) angegeben werden – einschließlich des in der Eröffnungs- und Schlussbilanz enthaltenen bisher nicht amortisierten Betrags und einer zugehörigen Überleitungsrechnung.[78] Es wird also die Behandlung des nach Auffassung des Unternehmens erzielten Gewinns (oder Verlusts) gezeigt, der auf Grund der Bewertungsregeln des IAS 39 noch nicht ausgewiesen werden darf.[79]
Für Kredite und Forderungen, bei denen von der Fair-Value-Option Gebrauch gemacht wurde, muss das mit ihnen verbundene maximale Kreditrisiko, repräsentiert durch den Bruttobuchwert,[80] und der Betrag der Änderung ihres Zeitwertes angegeben werden, der auf Änderungen dieses Kreditrisikos beruht.[81] Kreditrisiko besteht in der Gefahr, „dass eine Partei eines Finanzinstruments der anderen Partei einen finanziellen Verlust verursacht, indem sie einer Verpflichtung nicht nachkommt.“[82] Im Zweifel bestehen die anzugebenden Fair-Value-Änderungen in den Änderungen, die nicht auf einer Verschiebung des Marktrisikos basieren.[83] Für nicht-derivative finanzielle Verbindlichkeiten mit Fair-Value-Option erfolgen ähnliche Angaben, wobei auch die Differenz zwischen aktuellem Buchwert und vertraglichem Erfüllungsbetrag ausgewiesen wird.[84] Dieser Betrag kann bei einer Verschlechterung der Kreditwürdigkeit des Unternehmens beträchtliche Werte annehmen und interessiert vor allem die Gläubiger im Zusammenhang mit der Frage, inwieweit die Rückzahlung ihrer Kredite gesichert ist.[85]
Seit Oktober 2008 gelten die neuen Vorschriften des IAS 39, nach denen zu Handelszwecken gehaltene Finanzinstrumente unter außergewöhnlichen Umständen neu eingestuft werden dürfen. Damit dies kein Freifahrtschein für willkürliche Umklassifikationen wird, sind nach IFRS 7 seither zusätzliche Angaben zu machen. Neben einer verbalen Beschreibung der besonderen Situation (aktuell dürfte die Finanzmarktkrise als...