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Neue Wege der Elternbildung bei Migrantenkindern in der Grundschule. Konzeption einer webbasierten Lernumgebung zum Projekt 'Rucksack in der Grundschule'

AutorUrsula Klein
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl65 Seiten
ISBN9783656988465
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2013 im Fachbereich Pädagogik - Interkulturelle Pädagogik, Note: 2,7, FernUniversität Hagen, Sprache: Deutsch, Abstract: In der folgenden Arbeit wird nach der Differenzierung der unterschiedlichen Ansätze, Ausländerpädagogik, Interkulturalität und Transkulturalität, nach denen sich Migrantenarbeit in den letzten 60 Jahren in Deutschland ausrichtet, die Beziehung zwischen Eltern und Schule dargestellt. Nach der Vorstellung von Forschungsergebnissen zur Elternarbeit und der Betrachtung der Bedürfnisse von Migrantenfamilien werden Handlungsmöglichkeiten zur Förderung der Elternarbeit beschrieben und das Projekt Rucksack in der Grundschule vorgestellt. Durch die nationalstaatliche Orientierung des Bildungswesens mit Deutsch als Unterrichtssprache, der Ausrichtung am demokratischen Leitbild und der sozialen Mitteleschicht, kommt es bei Schülern mit davon abweichenden Vorausset-zungen zu Schwierigkeiten. So zeigen aktuelle Studien wie Pisa immer wieder die Abhängigkeit des Schulerfolgs von der Herkunftsgeschichte der Schülerschaft. Kinder mit Migrationshintergrund oder auch aus sozial schlechter gestellten Familien (Arbeitslosigkeit, Sozialhilfeempfänger) belegen bei diesen Erhebungen die unteren Ränge. Gleichzeitig belegen diverse Studien auch eine geringere Bereitschaft zur Elternmitwirkung dieser Familien in der Schule. Dies hat unterschiedliche Ursachen, unter anderem mangelnde Deutschkenntnisse oder abweichende Vorstellungen zwischen Elternhaus und Schule über Elternaufgaben, die mit dem Schulbesuch ihres Kindes zusammenhängen. Um diesen Ursachen entgegen zu steuern, gibt es diverse Konzepte im Bildungswesen, die bereits evaluiert sind und Erfolg versprechend wirken. Diese Konzepte erfordern eine Kooperation zwischen Eltern, Schülern, Schule und anderen lokalen Partnern, wie Institutionen und Verbänden. Es werden speziell die Mütter mit ins Boot genommen, da ihnen in traditioneller Sichtweise die Haupterziehungsarbeit zugesprochen wird und ihre Bedeutung für den Herkunftsspracherwerb ihrer Kinder immens ist und der Erwerb der Bilingualität eine wertvolle Ressource für die Gesellschaft darstellt.

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Leseprobe

3. Eltern und Schule


 

Eltern stellen für ihre Kinder die wichtigste Erziehungs- und Bildungsinstanz dar, trotz steigender Nachfrage außerschulischer Betreuungs- und Bildungseinrichtungen. Die Bezeichnung „Eltern“ bezieht sich hier in Anlehnung an das Sozialgesetzbuches nicht nur auf die biologischen Mütter und Väter sondern auch auf alle sorgeberechtigten Personen, die aufgrund einer Vereinbarung mit dem Personensorgeberechtigten nicht nur für einzelne Verrichtungen längerfristig Aufgaben der Personensorge wahrnehmen (vgl. § 7 Sozialgesetzbuch VIII). Dementsprechend ist auch der Begriff „Familie“ in dieser Arbeit weitergefasst und umfasst neben der klassischen Vorstellung (miteinander verheiratete, heterogene Eltern und mind. ein leiblichen Kind) auch Ein-Eltern-Familien, Patchwork-Familien, Stieffamilien und Familien, die aus unverheirateten Eltern und ihren Kindern bestehen (vgl. Sacher 2012, S. 9). Die Feststellung der Abhängigkeit zwischen Schulerfolg und sozialem Status der Eltern im deutschen Bildungswesen (vgl. Deutsches PISA Konsortium 2001, S. 351- 401) und die Ausführungen zur Transkulturalität im letzten Kapitel geben Anlass, die Verbindung zwischen Eltern, Kind und Schule genauer zu betrachten um Ansatzpunkte für neue Wege bei der Elternarbeit für Migrantenkinder zu finden. Daher wird anhand einiger theoretischer Grundlagen zunächst die Bedeutung der Eltern für die Sozialisation ihrer Kinder betrachtet, bevor die Elternarbeit in Bezug auf Definition, gesetzliche Grundlagen, Aufgabenbereiche, Forschungsstand und die Berücksichtigung von Besonderheiten, die sich bei Migrantenfamilien ergeben, vorgestellt wird.

 

3.1 Theoretische Grundlagen


 

Es gibt zahlreiche wissenschaftlich fundierte Theorien aus den Fachbereichen der Soziologie, Psychologie und Erziehungswissenschaft, die die Bedeutung der Eltern für die Entwicklung ihrer Kinder im sozialen und kognitiven Bereich und für die Entstehung der sozialen Ungleichheit, bezogen auf den Schulerfolg, erklären. Das Modelllernen von Bandura und der kulturtheoretische Erklärungsansatz von Bourdieu werden kurz dargestellt und stellen Zusammenhänge in der Eltern-Kind Beziehung beispielhaft vor.

 

3.1.1 Modellernen


 

Albert Bandura führte die Bezeichnung „Modelllernen“ für einen kognitiven Lernprozess ein. Durch die Beobachtung des Verhaltens eines Modells und der daraus entstehenden Konsequenzen eignet sich der Betrachter neue Verhaltensweisen an (modellierender Effekt), verändert bestehende Verhaltensmuster (enthemmender/hemmender Effekt abhängig von beobachteter Strafe oder Belohnung des Modellverhaltens) oder ein bereits bekanntes Verhalten wird in einer anderen Situation ausgelöst (auslösender Effekt). Mit einer Erweiterung dieses Ansatzes zur sozial-kognitiven Theorie erklärt Bandura auch die Übernahme evaluativer Standards, Gedanken und Gefühle durch Beobachtung der Modelle (vgl. Stangl, 2013). Eltern stellen durch ihre starke emotionale Beziehung zu ihren Kindern ein machtvolles Modell für ihre Kinder dar. Sie besitzen durch ihre Vorbildfunktion eine herausragende Stellung für die Entwicklung „leistungsbezogener Einstellungen (z. B. Fähigkeitsselbstkonzept) Erklärungsvorstellungen (z.B. Attribuierung guter und schlechter Schulleistungen), Strategien der Bewältigung von Misserfolgen und Leistungsängstlichkeit bis hin zu Arbeitshaltungen und Lernstrategien“. Auch der Spracherwerb geschieht durch Modelllernen (vgl. Helmke/ Weinert, 1997, S. 122).

 

3.1.2 Kulturtheoretischer Erklärungsansatz von Bourdieu


 

Pierre Bourdieu beschreibt die Differenzierung innerhalb einer Gesellschaft hinsichtlich Herkunft, Bildungsniveau und Kapitalbesitz mit sozialen Klassen und Milieus, die durch verschiedene Sorten von Kapital strukturiert sind (vgl. Popp/ Tillmann/ Winnerling, 2005, S. 50). Er nennt drei Kapitalformen:

 

1. Ökonomisches Kapital: zeigt sich in der Menge des Besitzes in Form von Geld und anderen Eigentumsrechten

2. Kulturelles Kapital: existiert in drei Formen:

 

a) in inkorporiertem Zustand (Bildung),

b) in objektiviertem Zustand (Bücher, Bilder, Instrumente und Maschinen),

c) in institutionalisiertem Zustand (Abschlüsse, Titel)

 

3. Soziales Kapital: zeigt sich in sozialen Verpflichtungen und Beziehungen

 

Die Ungleichheit der schulischen Leistungen von Kindern aus verschiedenen sozialen Klassen ist nach Bourdieu durch die unterschiedliche Verteilung des hauptsächlich kulturellen Kapitals zwischen den Klassen begründet (vgl. Bourdieu, 1983, S. 186). Das ökonomische Kapital ist in kulturelles Kapital umwandelbar, indem z.B. in Bücher oder Nachhilfe investiert wird und trägt somit indirekt zur differenzierten Ausstattung des kulturellen Kapitals bei. Die Grundausstattung mit Kapital erfolgt dabei hauptsächlich durch die Eltern, die dadurch einen Einfluss auf die Lebens- und Bildungschancen ihrer Kinder haben. Diesem können sich die Kinder durch eigene Anstrengung kaum entziehen. Die differenzierte Ausprägung der Kapitalsformen bei den Menschen unterschiedlicher sozialer Lagen und Klassen zeigt sich im Habitus, einer konkreten Form des Lebensstils. Dieser kann zur Ausgrenzung und Benachteiligung führen, wenn er von der Mehrheitsgesellschaft stark abweicht.

 

3.2 Elternarbeit


 

3.2.1 Zum Begriff Elternarbeit


 

Die Terminologie zum Verständnis „Elternarbeit“ wird keineswegs einheitlich in wissenschaftlichen Untersuchungen genutzt. Es gibt teilweise keine scharfen Trennungen zu Begrifflichkeiten, wie „Elternbeteiligung“ oder „Elternmitwirkung“. Unter Elternarbeit wird im Kern die Kooperation und Kommunikation der Bildungseinrichtungen mit den Eltern verstanden, die jedoch unterschiedliche Ausprägungen besitzen. In den letzten 50 Jahren hat sich die Sichtweise zur Elternarbeit von einem „Eltern belehrenden“ Charakter („Elternarbeit beinhaltet die Verbesserung des elterlichen Erziehungsverhaltens und eine Abstimmung der Erziehung in der Einrichtung und der Familie“) hin zu einem partnerschaftlichen Verständnis entwickelt („Elternarbeit als elementarer Bestandteil der pädagogischen Arbeit beruht auf einer partnerschaftlichen, dialogischen Kooperation zwischen den Eltern und der Einrichtung“) (vgl. Bernitzke/Schlegel, 2004, S.11). Es handelt sich um einen wechselseitigen Kommunikationsprozess, in dem Informationen über das Kind und sein jeweiliges Umfeld ausgetauscht werden (vgl. Dusolt, 2001, S. 16). Der Begriff erfasst „alle Formen der organisierten Kommunikation und Kooperation zwischen pädagogischen Einrichtungen und Eltern - einschließlich aller Problemzonen aber auch Potentiale“ (Stange, 2012, S.13). Sacher (2008, S. 41) definiert die Kooperationspartner und -ebenen genauer, indem er schreibt: Elternarbeit „ist die Kultivierung aller zwei- und mehrpoligen schulischen Beziehungs-, Kommunikations- und Interaktionsformen innerhalb des Subsystems „Elternschaft“ sowie zwischen diesem und den Subsystemen „Lehrkräfte“ und „Schüler.“

 

3.2.2 Gesetzliche Grundlagen


 

Die Elternarbeit in Deutschland begründet sich durch die Gesetzgebung. Die scheinbare Unvereinbarkeit zwischen den Grundgesetzartikeln 6, 2 („Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft“) und Artikel 7, 1: („Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.“) wurde durch das Förderstufenurteil vom 06.12.1972 aufgehoben und sieht daher eine gemeinsame gleichberechtige Erziehungsaufgabe von Eltern und Schule vor, welche die Persönlichkeitsbildung des Kindes als Ziel hat. Dies ist in einem sinnvoll aufeinander bezogenen Zusammenwirken zu erfüllen (BVerfG, 34, 165: „Die gemeinsame Erziehungsaufgabe von Eltern und Schule, welche die Bildung der einen Persönlichkeit des Kindes zum Ziele hat, verlangt ein sinnvolles Zusammenwirken der beiden Erziehungsträger“) Im Schulgesetz NRW (Schulministerium NRW, 2013) findet sich dieser Aspekt in §2, 3 wieder: „Die Schule achtet das Erziehungsrecht der Eltern. Schule und Eltern wirken bei der Verwirklichung der Bildungs- und Erziehungsziele partnerschaftlich zusammen“. Wie dies zu verwirklichen ist, ist gesetzlich nicht genau umrissen und ist abhängig von der Bereitschaft der Eltern und vielmehr noch vom Wohlwollen der Schulleitung. Elternarbeit hat jedoch nicht nur aufgrund gesetzlicher Bestimmungen, die dem Demokratieverständnis entsprechen, eine Daseinsberechtigung. Die folgende Darstellung der Aufgabenbereiche der Elternarbeit zeigt die weiten Wirkungsmöglichkeiten. Diverse Forschungsergebnisse belegen die positiven Auswirkungen der Elternarbeit für den Lernerfolg der Kinder und werden daher ebenfalls vorgestellt.

 

3.2.3 Aufgabenbereiche der Elternarbeit


 

Die Elternarbeit hat zum Ziel, „letztendlich bei den Schülerinnen und Schülern

 

anzukommen und sich für...

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