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Neue Wege in der psychosozialen Betreuung von demenzerkrankten Senioren im stationären Bereich

AutorPetra Woelk
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl81 Seiten
ISBN9783638722711
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis24,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Soziale Arbeit / Sozialarbeit, Note: Sehr gut, Fachhochschule Dortmund, 37 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Immer wieder sind in den Medien Berichte zu verfolgen, in denen von defizitären Zuständen bezüglich der Pflege und Betreuung von Senioren in Altenpflegeheimen berichtet wird. Häufig wird dies auf den allgemeinen Pflegenotstand und der daraus resultierenden Überforderung des Pflegepersonals zurückgeführt. Problematisch zeigt sich auch die pflegerische Ebene mit Demenzkranken. Nicht selten werden diese Menschen entmündigt, was zum Abbau ihrer noch vorhandenen selbständigen Fähigkeiten führt. Als zusätzlich erschwerender Faktor tritt eine häufig auftretende nihilistische Einstellung ('Da ist nichts mehr zu machen') der Pflegenden auf. Noch Mitte der 80er Jahre gab es für Menschen, die an der Alzheimer-Krankheit erkrankten sowie für ihre Angehörigen, so gut wie keine Hilfsangebote oder Informationsmaterial. Heute sind eine bessere Information, eine zunehmende Professionalisierung und eine Verbesserung der Behandlung und Versorgung Demenzerkrankter zu verzeichnen. Jedoch sind hinsichtlich der Diagnose und Therapie, der Unterstützung von Angehörigen und der Versorgung in vielen Heimen Defizite sichtbar (vgl. ALZHEIMER INFO 2004, S. 1) Über die Lebensqualität von Demenzkranken wurden kaum Untersuchungen erstellt. Die Behandlung der Erkrankten wird teilweise immer noch als Therapie von unerwünschtem Verhalten und nicht so sehr zur Erhaltung oder Steigerung der Lebensqualität betrachtet. Auch wenn das Leiden bis zum Tode fortschreitet und die Verwirrtheit unabänderlich ist, sollte doch zur Lebensqualität jedes Verwirrten beigetragen werden. Ich möchte in dieser Arbeit die Möglichkeiten einer erlebnis- und bedürfnisorientierten Betreuung von Demenzerkrankten im stationären Bereich aufzeigen, die über die grundlegenden Versorgungsmaßnahmen hinausgehen. In dieser Arbeit wird verdeutlicht, wie die Pflege von Personen mit Demenz zu verbessern und zu professionalisieren ist.

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Leseprobe

2. Demographische Veränderungen aus der Perspektive des Strukturwandels des Alters


 

2.1. Demographischer Wandel und Lebenserwartung


 

Der Anteil der alten Menschen in der Bundesrepublik Deutschland  wird immer größer und der Anteil der Berufstätigen wird geringer, da sich aufgrund der geringen Geburtenrate die Bevölkerung Deutschlands  drastisch reduziert.

 

Die Menschen erreichen ein immer höheres Lebensalter. Parallel dazu stagniert die Geburtenrate. Ungefähr seit Mitte der Siebziger Jahre werden in Deutschland weniger Kinder geboren als zur zahlenabhängigen Bestandserhaltung der Bevölkerung erforderlich wäre.

 

Dieser demographische Wandel wird sich auf viele menschliche Lebensbereiche auswirken, wie z.B. die Arbeits- und Familienstruktur. Die einzelnen Konsequenzen sind noch nicht absehbar.

 

Der demographische Wandel hinsichtlich des erhöhten Lebensalters resultiert aus den verbesserten Lebensbedingungen und einer zunehmenden gesundheitsbewussteren Lebensführung. Die altersbedingten Probleme dieser Altersgeneration gilt es aufzuzeigen und durch politische Handlungsvorschläge einer Lösung zuzuführen (vgl. ZWEITER ZWISCHENBERICHT DER ENQUETE-KOMMISSION, 2002).

 

Im Jahr 2050 wird die statistische Lebenserwartung der Frauen bei etwa 85 Jahren liegen und die der Männer bei ca. 80 Jahren.

 

Die Lebenserwartung eines neugeborenen Jungen liegt nach der Sterbetafel 1997/99 des Statistischen Bundesamtes bei 74,4 Jahren, für ein neugeborenes Mädchen bei 80,6 Jahren. Nach der Sterbetafel 1991/93 lag sie für die Jungen bei 72,5 Jahren und für Mädchen bei 79,0 Jahren.

 

Die allgemeinen Sterbetafeln des Statistischen Bundesamtes sind  Periodensterbetafeln, die auf den aktuellen einjährigen Sterbe- bzw. Überlebenswahrscheinlichkeiten aufbauen.

 

Diese Tafeln geben an, ausgehend von 100 000 weiblichen bzw. männlichen Neugeborenen, wie viele von diesen das Alter von 1, 2, 3,... Jahren, bei Konstanz der Sterbewahrscheinlichkeiten, erreichen. Aus dem daraus resultierenden Ergebnis der Sterbefälle, errechnet sich die Lebenserwartung bei der Geburt bzw. die fernere Lebenserwartung für jedes Alter. Die Periodentafeln stellen  somit einen Einblick auf die  Momentaufnahme der Sterblichkeitsverhältnisse eines Landes dar (vgl. ZWEITER ZWISCHENBERICHT DER ENQUETE-KOMMISSION, 2002).

 

Auch die fernere Lebenserwartung in höheren Altersgruppen steigt an. So ergibt sich z.B. nach der Sterbetafel 1997/99 für einen 60- jährigen Mann noch eine fernere Lebenserwartung von rund 19 Jahren, für eine gleichaltrige Frau von über 23 Jahren (vgl. ZWEITER ZWISCHENBERICHT DER ENQUETE-KOMMISSION, 2002).

 

Die Verlängerung der Lebenserwartung hat zu einer überproportionalen Anzahl Hochaltriger geführt (vgl. BECHTLER  1999, S. 21).

 

Das durchschnittliche Alter der deutschen Bevölkerung erhöhte sich zwischen 1950 und 1990 von 34,7 auf 39,7 Jahre, um fünf Jahre. Konkret heißt das, bei Männern erhöht es sich mit vier Jahren, von 33,6 auf 37,6 Jahren, weniger stark als bei den Frauen mit sechs Jahren, von 35,7 auf 41,3 Jahren (vgl. ZWEITER ZWISCHENBERICHT DER ENQUETE-KOMMISSION, 2002).

 

Zusammenfassend ist festzustellen, dass  die Bevölkerung Deutschlands dabei ist, sich enorm zu verringern. Aufgrund der  prognostizierten höheren Lebenserwartung des Einzelnen, befindet sich Deutschland auf dem Weg zu einer alternden Gesellschaft.

 

Die beiden folgenden Absätze befassen sich aufgrund dessen mit den zu erwartenden Folgen der höheren Lebenserwartung, bedingt durch Veränderungen im Pflegebereich und durch die zukünftigen, im Wandel befindlichen Haushaltsstrukturen.

 

2.2. Auswirkungen der höheren Lebenserwartung


 

2.2.1. Veränderungen im Pflegebereich


 

Vor allem im hohen Alter steigt das Risiko der Pflegebedürftigkeit. Während die Prävalenz in der Bevölkerung unter 64 Jahren weniger als 1% beträgt, sind unter den über 90- jährigen Männern 44% und unter den über 90- jährigen Frauen 60% pflegebedürftig (vgl. ZWEITER ZWISCHENBERICHT DER ENQUETE-KOMMISSION, 2002).

 

Der Anteil der pflegebedürftigen Menschen in der Gruppe der 65- bis 69- jährigen liegt bei 2-3%, während er in der Gruppe der 75- bis 79- jährigen 8-9% beträgt (vgl. 3. ALTENBERICHT  2001).

 

 Es ist davon auszugehen, dass mit der steigenden Anzahl der Älteren auch die Zahl der Pflegebedürftigen steigt.

 

Die Pflege von Pflegebedürftigen in Privathaushalten wird von engen Verwandten wie Ehepartner und Ehepartnerinnen, den Kindern und Schwiegerkindern erbracht. Meistens sind es die Frauen, etwa 80%, welche die Pflege der Kranken übernehmen. Es ist fraglich, ob zukünftig die Pflege in Privathaushalten weiterhin gewährleistet werden kann, da ein Strukturwandel in den Familien sichtbar ist (vgl. ZWEITER ZWISCHENBERICHT DER ENQUETE-KOMMISSION, 2002).

 

Zwar stellte die Familie über einen langen Zeitraum hinweg eine zentrale Versorgungsinstitution für die älteren Menschen dar, doch die veränderten Familien- und Partnerschaftsstrukturen, eine vermehrtes Vorhandensein von  Erwerbstätigkeit  bei Frauen sowie höhere Mobilitätsanforderungen deuten auf eine Reduzierung des familialen Pflegepotentials (vgl. MOTEL-KLINGEBIEL / KONDRATOWITZ / TESCH-RÖMER  2002, S. 202).

 

Durch Scheidungen und Wiederverheiratungen kommt es zu familiären Mischungen, aufgrund derer es nicht absehbar ist, ob dies Auswirkungen hinsichtlich auf die familiäre Pflegebereitschaft hat (vgl. ZWEITER ZWISCHENBERICHT DER ENQUETE-KOMMISSION, 2002).

 

2.2.2. Veränderungen der Haushaltsstrukturen

 

In Zukunft wird die Pflegesituation auch von der Entwicklung der Haushaltsstrukturen beeinflusst. Konkret heißt das, eine zunehmende Singularisierung der Älteren ist tendenziell sichtbar. So sind die häufigsten Haushaltsformen bei den Älteren die Einpersonenhaushalte oder die Zweipersonenhaushalte von Ehepaaren. Vor allem Frauen leben häufiger in Einpersonenhaushalten, so lebten im Jahr 2000 44% der über 60- jährigen Frauen alleine, während es bei den gleichaltrigen Männern nur 15% sind.

 

Gerade in den höchsten Altersgruppen sind viele alleinstehende Personen zu verzeichnen. So leben 41,3% der 70 bis 85- jährigen in einem Einpersonenhaushalt. Diese Daten lassen darauf schließen, dass die höhere Lebenserwartung und die sinkenden Geburtenraten dafür verantwortlich sind, dass sich die Mehrgenerationshaushalte reduzieren. Längerfristig wird erwartet, dass durch sinkende Heirats- und steigende Scheidungsneigung die Anzahl der Menschen, die ohne Partner oder Partnerin alt werden, zunimmt. So ist nach Modellrechnungen des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung mit einer Zunahme der allein lebenden Männer im Alter von 65 bis 79 Jahren, von etwa  17 auf 35% zu rechnen. Bei den Frauen wiederum wird unter Berücksichtigung von Nichtverheiratung und Scheidung mit einem Ausgleich gerechnet, der durch die stark sinkende Anzahl der Witwen entsteht, so dass in der Zukunft damit zu rechnen ist, dass eine recht große Anzahl der über 80-jährigen noch mit einem Partner zusammenlebt. Dies ist  auf eine Überlagerung der Singularisierung durch die Pluralisierung der Lebensformen zurückzuführen (vgl. ZWEITER ZWISCHENBERICHT DER ENQUETE-KOMMISSION,  2002).

 

Insgesamt lässt sich aussagen, dass sich durch die Erhöhung der Anzahl der Pflegebedürftigen, die Singularisierung der Älteren und durch die Abnahme der familiären Pflege, die Wahrscheinlichkeit erhöht, immer mehr ältere Pflegebedürftige institutionell pflegen zu müssen. Im Folgenden wird nun auf den Hauptgrund für die Inanspruchnahme von Pflegeleistung eingegangen.

 

2.3. Demenz als Hauptursache für Pflegebedürftigkeit


 

Die Inzidenz und Prävalenz von Demenzen nehmen mit dem zunehmenden Alter stark zu.  Die dementiellen Erkrankungen nehmen bei der Entstehung von Pflegebedürftigkeit einen hohen Stellenwert ein. Demenzerkrankungen  sind bei fast der Hälfte der Pflegebedürftigen in Privathaushalten festzustellen. Jährlich wird bis zu einem Viertel dieser Personen in Pflegeheimen untergebracht. Somit ist die Demenz zu der wichtigsten Einzelursache für die Institutionalisierung von Pflegebedürftigen geworden (vgl. ZWEITER ZWISCHENBERICHT DER ENQUETE-KOMMISSION, 2002).

 

Es gibt  Berechnungen, nach denen sich die Anzahl der Demenzerkrankungen, solange es keine wesentlichen Fortschritte in der Prävention und in der Therapie gibt, in den kommenden fünfzig Jahren verdoppeln soll. Die folgende Tabelle soll dies veranschaulichen:

 

 

(vgl. FRETER 2003, S. 21).

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