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Neue Wohnformen im Alter. Wünsche, Bedürfnisse und Möglichkeiten von Seniorinnen und Senioren

VerlagStudylab
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl119 Seiten
ISBN9783960953944
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis24,99 EUR
Unsere Gesellschaft wird immer älter. Aber die Ausprägungen des Alters können sehr verschieden sein. Seniorinnen und Senioren haben unterschiedliche Bedürfnisse und Ressourcen, die einen entscheidenden Faktor bei der Wahl des persönlichen Alterswohnsitzes darstellen. In der Vorstellung vieler älterer Menschen gibt es im Alter nur drei Wohnformen: Das Wohnen mit den eigenen Kindern, allein zuhause oder in einem Seniorenheim. Dabei gibt es bereits ein breites Spektrum an neuen, alternativen und altersgerechten Wohnformen. Diese Publikation stellt vor, welche Wohnformen Älteren generell zur Verfügung stehen und welche Teilhabechancen sich daraus ergeben. Eine empirische Erhebung, die zwischen der Stadt Neumarkt und der ländlichen Gemeinde Sengenthal vergleicht, zeigt zudem, welche Wohn- und Unterstützungsformen sich Seniorinnen und Senioren bei zunehmendem Hilfsbedarf vorstellen können. Aus dem Inhalt: - Wohnen im Alter; - Senioren; - Wohnen; - Wohnformen; - Pflegeheim

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Leseprobe

3 Alter(n) im Wandel - Definitionsansätze


 

Jede/r von uns altert. Es ist daher keine Überraschung, dass Älterwerden für uns ganz selbstverständlich ist. Versucht man „Alter“ allerdings zu definieren, stößt man schnell an seine Grenzen. Es gibt zahlreiche Ansätze, den Begriff „Alter“ zu umschreiben. Einige AutorInnen betrachten das Alter als ein soziales Ordnungskonzept, manche als soziale Leistung, wieder andere als Zeit der Verluste oder als soziale Konstitution. Macht man sich jedoch bewusst, dass das Leben der heute 65-Jährigen durchaus noch über ein viertel Jahrhundert umfassen kann, erscheint es nachvollziehbar, dass es „den“ alten Menschen nicht gibt (vgl. Wolter 2017, S.61). Aus diesem Grund versuchen zahlreiche AutorInnen den Begriff des Alters präzise zu fassen. Die verschiedenen Perspektiven, bestehen parallel zueinander und bedingen einander in gewisser Weise (vgl. Haefker & Tielking 2017, S.48).

 

3.1 Heterogenität des Alter(n)s


 

Wenn von einem älteren Menschen gesprochen wird, schießt den meisten von uns ein generalisiertes Altersbild in den Kopf, welches sich mit (zum Teil stereotypischen) negativ behafteten Attributen wie „gebrechlich“, „schwach“, „verwirrt“, „hilfsbedürftig“, „einsam“ oder „konservativ“ assoziieren lässt (vgl. Schenk, 2005, S.20). Ist ein älterer Mensch starrsinnig, so wird dies unmittelbar auf dessen Alter geschoben. Verhält sich hingegen ein jüngerer Mensch gleichermaßen, so wird das Verhalten anderen Gründen zugeschrieben (z.B. schlechter Tag, Stress) (vgl. Sittler 2017, S.3). Derartige Assoziationen, die aus dem Wechselspiel zwischen Individuum und Gesellschaft entstehen, sind allerdings nur selten gerechtfertigt.

 

Um das Alter in seiner ganzen Vielfalt darzustellen, muss eine Differenzierung des Altersbergriffs erfolgen. Durch die Pluralität der Lebensverläufe ist das Altern stets ein höchst individueller Prozess, der unaufhaltbar ist und dem sich keiner entziehen kann (vgl. Schenk 2005, S.32). Zentrale Faktoren ergeben sich dabei zwar immer höchstindividuell, nach der eigenen Biografie, sind zum Teil jedoch auch biologisch, kulturell, gesellschaftlich und politisch beeinflusst. Die Bedeutung des Alters ist folglich nicht nur physiologisch und psychologisch bestimmt, sondern auch sozial hergestellt, gesellschaftlich- und generationenabhängig (vgl. Eberle 2013, S.86).

 

Es bleibt festzuhalten, dass das Alter stets Ergebnis von individuell gesammelter Lebenserfahrung ist. Dementsprechend hat die Generation, die einen Krieg miterleben musste, deutlich andere Wert- und Lebensvorstellungen (z.B. Sparsamkeit, Fleiß) als die darauffolgende Generation, die Aufschwung und Wohlstand gewohnt ist (z.B. Freiheit, Selbstverwirklichung). Diese individuellen Wertesysteme beeinflussen auch die Vorstellung von der Lebensphase „Alter“.

 

Besonders deutlich wird der Heterogenitätsaspekt an folgender Aussage von Pincus: „Alte Menschen sind ja nicht alle gleich, wahrscheinlich sind sie das sogar noch weniger als irgendeine andere Altersgruppe: Denn ihr langes Leben hat sie zu Individualisten gemacht. Eines unserer augenblicklichen Probleme ist, dass die Gesellschaft sich weigert, das zu verstehen, und alle alten Leute ‚gleich‘ behandelt“ (Pincus 1992, S.56f.). Gewissermaßen impliziert die Aussage von Pincus auch, dass der individuelle Alterungsprozess von der Altersfreundlichkeit unserer Gesellschaft, beziehungsweise deren Akzeptanz gegenüber älteren Mitmenschen, abhängt. Diese Akzeptanz ist für SeniorInnen maßgebend, um zu entscheiden, ob sie ihre persönlichen Ressourcen aktivieren und einbringen können, bzw. wollen (vgl. Haefker & Tielking 2017, S.52). Das bedeutet, wenn die Gesellschaft ältere Personen als vollständigen Teil der Gesellschaft anerkennt und mit dementsprechenden Verhalten würdigt, können ebendiese ihre eigenen Kompetenzen optimaler einbringen und verwerten (z.B. Erfahrung, Werte).

 

3.2 Phasen des Alters


 

Mit der Heterogenität des Alters befassten sich auch die Autoren Schenk (2005, S.190ff.) und Eberle (2013, S.80ff.). Beide Autoren stellten fest, dass heute nicht mehr von einem pauschalen Altersbegriff gesprochen werden kann. Ihrer Ansicht nach definiert sich das Alter durch die Zuschreibung von bestimmten qualitativen Merkmalen, die sie zusätzlich nach weichen Altersgrenzen in drei Kategorien rubrizieren:

 

Gesundes Rentenalter (go-goes) oder Junge Alte umfassen die Lebensphase zwischen 60 und 65 Jahre. Bei der Mehrheit der Menschen liegen in diesen Lebensjahren noch keine wesentlichen körperlichen Einschränkungen vor. Im Gegenteil: Die betreffenden Personen sprühen meist vor Energie, Gesundheit und Aktivität. Da für diesen Lebensabschnitt insbesondere der Ausstieg aus dem Berufsleben kennzeichnend ist, können fast alle dieser sogenannten Jungen Alten eine solide wirtschaftliche Absicherung vorweisen (vgl. Schenk 2005, S.26f.). Das Ende des Berufslebens geht mit Freiheit von Erwerb und einem daraus resultierenden Rollenverlust einher. Dadurch kann es jedoch auch zu Problemen im Selbstbild kommen. Gerade in Deutschland definieren wir uns sehr durch unseren beruflichen Status. Sobald dieser wegfällt entsteht ein Gefühl der Leere, welche es neu zu besetzen gilt (vgl. ebd.). Durch diese „Entwurzelung“ kommt es zu Rollenunsicherheit und es entsteht, ähnlich wie in der Pubertät, die Chance zur Selbstverwirklichung auf. In Zusammenhang mit den, unter dem Abschnitt zur Lebenslaufperspektive bereits beschriebenen normativen Wertesystemen, müssen den Neu-RentnerInnen Optionen zur Verfügung gestellt werden, die ihnen kulturelle, soziale sowie politische Partizipation ermöglichen (vgl. Haefker & Tielking 2017, S.44). Um die entstandene Lücke zu füllen, arbeiten daher viele SeniorInnen bis über den Renteneintritt hinaus, obwohl dies aus finanzieller Sicht meist nicht nötig wäre. Einige der Jungen Alten widmen sich zudem einer ‘‘sinnhaften“ Tätigkeit, wie beispielsweise einem Ehrenamt (vgl. Schenk 2005, S.26ff.).

 

Hohes Alter mit verstärkter Fragilität (slow goes) oder Alte im Übergang kennzeichnen sich durch das Eintreten erster körperlicher Defizite. Sowohl Mängel in den Bereichen Sehen und Hören, als auch erste Mobilitätsproblematiken setzen häufig erst im hohen Lebensalter ein. Leichte, temporäre unterstützende Tätigkeiten von Angehörigen und Barrierefreiheit sind in dieser Phase oftmals entscheidend, um den Alltag in der eigenen Häuslichkeit weiterhin möglichst uneingeschränkt zu meistern. Die „Alten im Übergang“, wie Schenk sie bezeichnet, sind zwischen 80 und 85 Jahre alt (vgl. Schenk 2005, S.23). Aufgrund zunehmender physischer Einschränkungen kann gewohnten Aufgaben und Pflichten zum Teil, nicht mehr nachgegangen werden (vgl. Göckenjan 2010, S.408).

 

Abhängiges Alter und Lebensende (no-goes) oder Hochaltrige ist nach den AutorInnen die dritte und letzte Phase des Lebens. Nicht zwangsläufig geht Altern auch mit einem steigenden Pflegebedarf einher, jedoch steigt die Wahrscheinlichkeit dafür an. Besonders in dieser Altersphase, die nicht zu Unrecht auch als abhängiges Alter bezeichnet wird, treten neben körperlichen auch vermehrt kognitive Defizite auf. Im Durchschnitt sind die Lebensjahre über 80 gekennzeichnet von Krankheit, kognitiv zunehmender Einschränkung und Multimorbidität (vgl. Feddersen & Lüdtke 2011, S.13). Die Biografien der sogenannten Hochaltrigen sind jedoch individuell und hängen nicht zuletzt von genetischen, gesellschaftlichen sowie kulturellen Faktoren, dem sozialen Umfeld oder auch dem bisherigen Lebenslauf, samt etwaigen einschneidenden Ereignissen (z.B. Tod des Lebenspartners oder eigene schwere Krankheit) zusammen (vgl. Schenk 2005, S.32ff.). Durch die sich stark unterscheidenden Lebensläufe ergibt sich eine hohe Diversität des Alters. Damit einhergehend ergeben sich auch verschiedene Ansprüche an das Wohnen im Alter (vgl. Eberle 2013, S.88).

 

Die Einteilung von Schenk und Eberle zeigt lediglich die groben Phasen des Älterwerdens. Amerikanische GerontologInnen fanden jedoch heraus, dass nicht das tatsächliche Alter, sondern das „subjektiv empfundene“ Alter als Indikator zur Alterseinteilung gewählt werden sollte. Dementsprechend seien der subjektiv empfundene Altersstand, samt körperlichen und seelischen Zustand, zur Einteilung treffender als das tatsächliche Alter (vgl. Schenk 2005, S.18). Demzufolge sind Personen, die sich jünger fühlen, mit ihrem bisherigen Leben zufriedener und sehen die Zukunft allgemein positiver.

 

3.3 Kalendarisches Alter


 

Anders als die vorherige Definition orientiert sich beispielsweise die World Health Organization (WHO 2004) nicht am biologischen Alter, sondern definiert rein anhand kalendarischer Altersgrenzen:

 

Alternde Menschen: 50-60 Jahre

 

Ältere Menschen: 61-75 Jahre

 

Alte Menschen: 76-90 Jahre

 

Sehr alte Menschen: 91-100 Jahre

 

Langlebige Menschen: Über 100 Jahre

 

Jedoch kann die sozial konstituierte kalendarische Definition, die strikt nach Altersjahren unterteilt, der Heterogenität des Alters nicht gerecht werden, da qualitative...

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