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E-Book

Neugier

So schaffen Sie Lust auf Neues und Veränderung

AutorCarl Naughton
VerlagUllstein
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl296 Seiten
ISBN9783843712521
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Worum geht es? Neugier ist eine unserer wichtigsten Eigenschaften. Neugierige Menschen sind offener für neue Erfahrungen, lernen schneller, arbeiten gewissenhafter, haben mehr positive soziale Erlebnisse, sind erfolgreicher und leben länger. Carl Naughton beschreibt auch Neugierhemmnisse, u.a. den »Need for closure«. So nennt man den Wunsch, Unsicherheit möglichst schnell loszuwerden. Dieser führt dazu, die Suche nach neuen Informationen früh zu beenden und in Stereotypen zu denken. Aber die gute Nachricht lautet: Neugier ist erlernbar. Was ist besonders? Das erste populäre Buch zu einer entscheidenden menschlichen Eigenschaft. Mit dem wissenschaftlich erprobten WORCS-Neugier-Test.

Dr. Carl Naughton, geboren 1970, ist Wirtschaftspsychologe. Er ist Mitglied der American Psychological Association und der Gesellschaft für angewandte Wirtschaftspsychologie. Als Gründungsmitglied des Merck Curiosity Councils untersucht er, was uns antreibt, Neues in die Welt zu setzen und mit dem Neuen umzugehen, das auf uns zukommt. Seine Themen sind Neugier, Zukunftsmut und adaptive Intelligenz. Er veröffentlicht in der Frankfurter Rundschau, im Harvard Business Manager und ist Gast im Update Wirtschaft der ARD. Er ist Studienautor des Zukunftsinstitutes und Hochschuldozent für Wirtschafts- und Führungspsychologie an der FOM/Frankfurt. Dort wurde er  Anfang 2022 als bester Dozent des Jahres geehrt. Sein Ziel: Köpfe zu öffnen und den Wandel zu wandeln. Und er weiß, wovon er spricht: er hat bei Nonnen und Patres gelernt, in London bei Führerscheinprüfungen souffliert, in Los Angeles Autos verkauft, war Sketch-Partner von Harald Schmidt, Pilot eines Raumschiffs und ist Coach für Finanzvorstände.

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Leseprobe

Sinn aus Erfahrungen zu extrahieren und in unser Selbst zu integrieren, das gelingt nur mit Hilfe der Neugier. Und das ist dementsprechend auch ihr ultimatives Ziel: unser bestehendes Wissen und Können zu erweitern. Das Hinzugewonnene hilft uns wiederum, uns und die Welt um uns zu verstehen, die Alltagsherausforderungen besser zu meistern und unsere Fähigkeit zu verbessern, mit dem Durcheinander der Welt umzugehen.

Top-down und bottom-up


Der amerikanische Psychologe Todd Kashdan von der George-Mason-Universität in Virginia unterscheidet zwei Wege, wie Neugier in uns entsteht: entweder durch einen Top-down- oder durch einen Bottom-up-Prozess. Solche Prozessbeschreibungen finden sich in vielen Wissenschaftszweigen – von der Managementtheorie über die Informatik bis hin zur Nanotechnologie. Dabei gilt immer der Grundsatz, dass top-down vom Abstrakten, Allgemeinen oder Übergeordneten schrittweise hin zum Konkreten, Speziellen oder Untergeordneten geht – bottom-up dagegen bezeichnet die umgekehrte Richtung. Es handelt sich also um zwei grundsätzlich verschiedene Denkrichtungen, mit deren Hilfe sich komplexe Sachverhalte verstehen, beschreiben und darstellen lassen.

Wie Neugier durch einen Bottom-up-Prozess entstehen kann, illustriert folgende Geschichte: Stellen Sie sich vor, Sie stehen auf einer Party und jemand kommt mit einem Aye-Aye auf dem Arm herein. Womit? Mit einem Aye-Aye. Das ist ein Tier und stammt aus Madagaskar. Genauer gesagt ist das Fingertier (Aye-Aye oder Daubentonia madagascariensis) eine Primatenart aus der Gruppe der Lemuren. Charakteristisch und verantwortlich für seinen Namen sind seine Finger, die gruselig geformt sind und von denen der dritte besonders lang ist. Und auch sein Gebiss ist zum Fürchten mit den enorm großen Schneidezähnen, die man sonst nur bei Nagetieren sieht.1

Der stolze Haustierbesitzer mischt nun die Party auf, indem er sein Schoßtier auf ein frisches Stück Holz ansetzt: Die folgende Performance ist faszinierend und abstoßend zugleich: Das putzige Tierchen klopft mit seinem langen Mittelfinger auf den Stamm, um zu sehen, ob da eventuell Raupen oder andere Insekten drin sind, reißt die Rinde auf und isst alles, was es findet. Das ist hässlich, das ist seltsam, und das ist ungewöhnlich. Sie denken: Den will ich nicht mit der Haut meiner Unterarme herumspielen lassen!

In solch einer Situation muss Ihnen keiner zurufen: »Sei neugierig!« Wenn jemand so ein Tierchen mit sich herumträgt, werden Sie garantiert von selbst neugierig – konkreter und spezieller geht es ja kaum. Das ist also der Kern der Bottom-up-Neugier: Kleine oder überschaubare Dinge oder Zusammenhänge erhaschen unsere Aufmerksamkeit, weil sie hervorstechen und ungewöhnlich sind.

Richtig spannend allerdings wird es erst bei der Top-down-Neugier. Die ist wie ein Laser, mit dem Sie das Neue aus dem noch Unbekannten herausschneiden, also gewissermaßen die Spreu vom Weizen Ihrer Eindrücke trennen können. Und sie wird auch nicht durch einzelne Erlebnisse von außen getriggert, sondern ist in einem gewissen Maße in uns angelegt und versieht uns mit einer »Neugierbrille«, die bestimmt, wie wir an die Dinge herangehen, wie wir sie sehen und wie leicht wir Neues im Alten entdecken. Wenn Sie diese Brille per se schon tragen, dürfen Sie sich glücklich schätzen – und erfahren im Folgenden, welche Vorteile sie Ihnen bringt.

2.1 Mehr Freunde


Wir starten mit dem ersten Vorteil: Neugierige haben die intensiveren und erfüllenderen Sozialkontakte. Das liegt unter anderem daran, dass ihre Partner sie als interessierter und als zugänglicher beschreiben.2 Der Umgang mit Neugierigen ist also angenehm.

Neugierige berichten auch selbst von mehr und von befriedigenderen Beziehungen und tendieren viel eher dazu, neue und bleibende Kontakte mit Unbekannten zu entwickeln. Interessiert und zugänglich zu sein, wenn Partner zum Beispiel positive Erlebnisse und glückliche Begebenheiten aus dem eigenen Leben teilen – das verheißt außerdem größere Zufriedenheit in einer Beziehung, spiegelt größeres Engagement und verursacht weniger Konflikte.3

Und diese Beliebtheit entsteht sogar noch ruck, zuck im Kopf der beeindruckten Mitmenschen: Ein positives Urteil über Neugierige können Menschen oft bereits nach fünf Minuten fällen!4 Dabei spiegeln Aussagen wie: »Die Person ist enthusiastischer und energiereicher, ist gesprächiger und interessiert an dem, was ich sage und tue«, die weite Spanne der Interessensgebiete von Neugierigen sowie die positive Wahrnehmung des Gegenübers wider.

Das sind sie also, die Neugierigen! Ihre Interessen und die sich daraus ergebenden Fragen an den anderen lassen sie selbstsicher, zuversichtlich, humorvoll, ausdrucksstark und gesellschaftlich versiert erscheinen. Und das sind eben alles Eigenschaften, die ein positives Urteil der Menschen geradezu herausfordern.

Neugierige stellen genau die Fragen, die dazu beitragen, dass Menschen sich wichtig fühlen. Sie sind interessiert daran, Dinge über ihren Partner herauszufinden und halten Interaktionen auf diese Weise interessant und spielerisch. Das wiederum trägt dazu bei, Kontakte zufriedenstellend und bedeutungsvoll zu gestalten – und so entstehen Beziehungen! Wer möchte nicht mit einem solchen Mitmenschen plaudern oder gar befreundet sein? Beruhigend für ein Gegenüber ist zudem, dass neugierige Menschen oft den Eindruck vermitteln, ganz gut zu wissen, was sie tun. Befragungen belegen dabei einen beeindruckenden Grad an Deckungsgleichheit zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung, also zwischen den Eindrücken der Außenwelt und dem, wie neugierige Menschen sich selbst sehen. Neugierige Menschen sind anscheinend genuin und authentisch – und werden auch so wahrgenommen.5

Neugierig zu sein und zu bleiben, selbst in langen Beziehungen, ist eine echte Kunst. Aber sie lohnt sich! Schauen Sie sich viele langjährige Paare an, also Menschen, die seit Jahrzehnten zusammen sind. Was, so würden Sie schätzen, ist der wichtigste Faktor für den Verlust von Leidenschaft in Beziehungen? Überraschung! Es sind nicht die Konflikte, es sind nicht die Finanzen – es ist die Langeweile! Und langweilig wird es, wenn wir denken, dass wir alles über jemanden wissen. Wir haben dann das Gefühl, eine fünfhundertseitige Biographie über diese Person schreiben zu können. Wir alle neigen dazu, an rigiden Labels, an Kategorien und an Stereotypen festzuhalten. Die sind auch gut und nützlich – in manchen Situationen. Wenn wir aber immer an ihnen hängenbleiben, unterminieren wir die Komplexität anderer Menschen – und unsere eigene dazu. Wir verpassen die Vielseitigkeit der anderen und setzen uns auch immer wieder selbst aus diesen vorgefertigten Labels zusammen – wodurch wir uns unnötig kleinmachen.

Ein Beispiel: Es mag sein, dass Sie sich selbst übergreifend als neurotischen Menschen wahrnehmen, aber es gibt sicher Momente, in denen Sie stabil, normal und zentriert sind. Oder Sie definieren sich als extrovertiert, aber es gibt Momente, in denen Sie schüchtern sind, passiv und Dinge nur absorbieren, statt selbst zu agieren. Wenn Sie sich dadurch limitieren, sich nur bestimmte Persönlichkeitseigenschaften zuzuordnen und dann »den Sack zumachen«, entgehen Ihnen viele spannende Möglichkeiten und gute Erlebnisse. Das Gleiche gilt für den Umgang mit anderen Menschen: Man hält sie klein dadurch, dass man sie in eine Schublade steckt. Es gibt übrigens Untersuchungen für den beruflichen Kontext, die zeigen, dass Führungskräfte, die sich so verhalten, die Stärken und das Potential ihrer Mitarbeiter limitieren. Ein solches Verhalten gehört übrigens grundsätzlich zu den schlimmsten »Neugierkillern«, über die Sie mehr in Kapitel 5 erfahren.

2.2 Mehr Erfolg


Neugierige Menschen wollen die Dinge verstehen – klar, oder? Deswegen bleiben sie dran, bis sie etwas kapieren – und sind daher erfolgreicher. Das zeigt sich schon im Studium. So haben Studenten mit größerer Neugier generell mehr akademischen Erfolg als weniger neugierige Kommilitonen.6 Eine der Ursachen dafür ist naheliegend: Sie stellen bis zu dreimal so viele Fragen!

Für unsere Motivation beim Lernen spielt die angeborene Neugier eine sehr wichtige Rolle. Wenn Menschen neugierig sind, widmen sie einer Aktivität mehr Aufmerksamkeit, verarbeiten die Informationen tiefer, erinnern sich besser an alle Informationen, und es ist wahrscheinlicher, dass sie bei Aufgaben so lange bei der Stange bleiben, bis das Ziel erreicht ist.7 All das sind Faktoren, die uns beim Lernen erfolgreich machen und dabei zu einer besseren Performance in Prüfungen und im Leben überhaupt beitragen.

Der Nutzen der Neugier scheint also auf den ersten Blick vor allem im Lernen zu liegen. Und dabei besonders im Lernen in der Kindheit, weil unsere Kindheit natürlich die Lernphase überhaupt ist. Der Zusammenhang ist klar: Babys sind süß, aber ungebildet. Sie müssen also lernen. Schon eine Studie aus den 1960er Jahren fand heraus, dass Erkundungswillen, Spiel und diverse Erfahrungsstrukturen motorisches Lernen und Wahrnehmungslernen verbessern.8 Doch auch nach dem Säuglingsalter hilft die Neugier: Junge Erwachsene, also wieder Studenten, bleiben länger am Schreibtisch, verbringen mehr Zeit mit dem Studieren, lesen tiefer, erinnern mehr von dem, was sie gelesen haben – wenn sie interessiert sind. Und das resultiert in: besseren Noten!9

Dem Alter scheinen allerdings insgesamt keine Grenzen gesetzt zu sein – Neugier hilft eben! Auch in der Erwachsenenbildung und im Büro, wie eine andere Studie zeigt: Wenn sie Neugierigen eine langweilige Aufgabe zuteilen, so nutzen diese eigene Strategien, um die...

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