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E-Book

Neuromodulation in der Schmerztherapie

Epidurale und subkutane Nervenstimulation - Intrathekale Medikamentengabe

AutorMichael Kugler
VerlagGeorg Thieme Verlag KG
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl128 Seiten
ISBN9783131753113
FormatPDF/ePUB
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
- verständlich: Wirkungsweise und technisches Vorgehen bei allen neuromodulierenden Verfahren in Ergänzung zur konservativen Schmerztherapie - praxisrelevant: klare Handlungsanweisungen, Hinweise auf Fallstricke sowie Tipps für die erfolgreiche Umsetzung und den Umgang mit Komplikationen im klinischen Alltag - strukturiert: Differenzialdiagnostik verschiedener Schmerzsyndrome und Darstellung der Indikationen bei verschiedenen Arten von Patienten

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Leseprobe

2 Differenzialdiagnose in der Schmerzmedizin


Grundlage der modernen Schmerzmedizin ist das biopsychosoziale Schmerzmodell (? Abb. 2.1). Danach werden chronische Schmerzen durch körperliche, psychische und soziale Faktoren beeinflusst, wobei die einzelnen Faktoren in unterschiedlicher Stärke wirken können.

Das biopsychosoziale Modell kann sowohl differenzialdiagnostisch als auch differenzialtherapeutisch eingesetzt werden.

Abb. 2.1 Nach dem biopsychosozialen Schmerzmodell werden chronische Schmerzen durch körperliche, psychische und soziale Faktoren beeinflusst.

2.1 Biopsychosoziale Differenzialdiagnostik


Unterschieden werden:

  • Somatische Schmerzerkrankungen mit reaktiver depressiver Anpassungsstörung. Die weitere Unterscheidung erfolgt nach der Pathophysiologie:

    1. Nozizeptorschmerz wie z.B. Arthroseschmerz

    2. neuropathischer Schmerz wie z.B. die Postzosterneuralgie

      Merke

      Definition des neuropathischen Schmerzes

      „Schmerz, der als direkte Konsequenz einer Läsion oder Erkrankung des somatosensorischen Systems auftritt.“ (International Association for the Study of Pain [IASP] 2008)

  • Dysfunktionelle Schmerzsyndrome mit überwiegend psychosozialer Komponente und/oder falscher Krankheitsbewältigungsstrategie, zusätzlich mit oder ohne Angststörung. Auch hier ist eine somatische Komponente vorhanden und dementsprechend erfolgt die weitere Unterscheidung nach der somatischen Pathophysiologie:

    1. Nozizeptorschmerz wie z.B. Facettgelenkarthrose durch muskuläre Insuffizienz

    2. Rückenschmerz als Mixed-Pain-Konzept bestehend aus Nozizeptorschmerz und neuropathischer Komponente

  • Somatisierungsstörung mit Leitsymptom Schmerz, z.B. Coenästhesie. Auch hier kann zusätzlich z.B. bei älteren Patienten eine entsprechend der Pathophysiologie indizierte somatische Schmerztherapie notwendig sein (z.B. bei Entwicklung/Vorhandensein einer Koxarthrose).

2.2 Somatische Schmerzen


2.2.1 Nozizeptorschmerz


Während der Nozizeptorschmerz meist leicht erkannt wird (typische Röntgenbefunde und typische Einlaufschmerzen bei Arthrose), erfordert der neuropathische Schmerz aufgrund der Komplexität des peripheren und zentralen Nervensystems einen erhöhten diagnostischen Aufwand.

2.2.2 Neuropathischer Schmerz


Die Identifikation erfolgt anhand der Ätiologie und durch die klinische Untersuchung bzw. Screening-Tools wie z.B. den Paindetect-Fragebogen. Die Spezifität und Sensitivität liegen dabei über 80 %, d.h., Kranke werden als krank erfasst und Gesunde als Gesunde erkannt. Im Fragebogen werden 7 Fragen zur Schmerzqualität gestellt. Anhand eines Punktesystems und typischer Schmerzmuster erfolgen entweder per Hand oder EDV-unterstützt eine Auswertung und Beurteilung, ob ein neuropathischer Schmerz wahrscheinlich ist. Bei 12 Punkten ist ein neuropathischer Schmerz mit < 15 % wahrscheinlich. Ab 18 Punkten ist ein neuropathischer Schmerz mit > 90 % wahrscheinlich. Der Test ist über den Außendienst der Firma Pfizer oder unter www.pain-detect.de erhältlich.

Eine Untersuchung auf Neuropathie ist auch über das QST-Modul (quantitative-sensorische Testung) möglich, das eine Testbatterie aus mehreren Untertests enthält. Der Test ist mit 60–90 Minuten Dauer sehr zeitaufwendig und in der Geräteanschaffung sehr kostenintensiv, zumal der Test von den Krankenkassen nicht honoriert wird. Er wird deshalb bislang meist auch nur an größeren Kliniken (z.B. Universitätsklinik Mannheim, Bochum) durchgeführt.

Die QST-Testbatterie überprüft folgende Parameter:

  • Eigenschaften des Temperaturempfindens

  • Schwelle für Berührungsempfinden

  • mechanische Schmerzschwelle

  • Wind-up-Phänomen

  • Wahrnehmungsschwelle für Vibration

  • Druckschmerzschwelle

  • mechanische Schmerzsensitivität

Eine Differenzierung in zentrale und periphere Nervenschädigung (wichtig z.B. für die Indikationsstellung Radiofrequenzablation und Hinterwurzelstimulation versus epidurale Nervenstimulation und intrathekale Therapie) könnte durch Testparameter/-befunde differenziert werden.
Bei peripherer Schädigung sind die Werte für Hitze- und Druckhyperalgesie vermindert. Bei zentraler Schädigung/Sensibilisierung sind die Werte für Kältehyperalgesie vermindert und für die mechanische Schmerzschwelle erhöht.

Die Diagnostik umfasst:

  • das Screening auf neuropathischen Schmerz und die Diagnosestellung zur Abgrenzung der nozizeptiven Schmerzen (evtl. Vorstellung beim Neurologen/Schmerztherapeuten)

  • die Diagnostik und Therapie relevanter Komorbiditäten (Niereninsuffizienz, kardiale Erkrankungen, Depression)

Führende Symptome sind einschießende und brennende Schmerzen. Der neuropathische Schmerz kann anhand zusätzlich vorhandener Plus- oder Minus-Symptomatik weiter differenziert werden. So sind z.B. einschießende Schmerzen mit Hyperästhesie als Plus-Symptomatik (erhöhte Schmerzempfindlichkeit auf schmerzhafte Reize) Zeichen einer zentralen Schädigung/Chronifizierung (Hyperalgesie etc.). Brennende Schmerzen mit zusätzlicher Minus-Symptomatik wie Lähmungen und Hypästhesie (primär nicht schmerzhaft) sind dagegen Zeichen einer peripheren Schädigung (siehe auch Leitlinie „Pharmakologisch nicht interventionelle Therapie chronisch neuropathischer Schmerzen“ der Dt. Gesellschaft für Neurologie).

Merke

Charakteristika des neuropathischen Schmerzes

  • Hauptsymptome:

    • brennende Schmerzen

    • einschießende Schmerzen

  • neurologische Begleitsymptome:

    • Hypo-/Hypästhesie

    • Parästhesie

    • Hyperalgesie

    • Allodynie

  • evtl. autonome Begleitsymptome

  • Lokalisation:

    • im Versorgungsgebiet der betroffenen nervalen Strukturen oder

    • generalisiert

Die Klassifikation erfolgt nach der Ätiologie bzw. Anatomie in:

...
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Michael Kugler: Neuromodulation in der Schmerztherapie1
Innentitel4
Anschrift5
Impressum5
Geleitwort6
Vorwort9
Abkürzungen10
Inhaltsverzeichnis11
1 Physiologie des akuten Schmerzes14
1.1 Aufsteigendes System14
1.2 Absteigendes System16
1.3 Schmerzmodulation16
1.4 Chronifizierung des Schmerzes18
2 Differenzialdiagnose in der Schmerzmedizin21
2.1 Biopsychosoziale Differenzialdiagnostik21
2.2 Somatische Schmerzen22
2.2.1 Nozizeptorschmerz22
2.2.2 Neuropathischer Schmerz22
3 Konventionelle Schmerztherapie unter biopsychosozialem Aspekt24
3.1 Therapieansatz24
3.2 Nozizeptorschmerz24
3.3 Neuropathischer Schmerz26
3.4 Tumorschmerz31
3.5 Weitere Schmerzsyndrome32
4 Elektrische Neuromodulation34
4.1 Definition der Neuromodulation34
4.2 Allgemeine Empfehlung zur Auswahl der Verfahren34
4.3 Epidurale Nervenstimulation (SCS)35
4.3.1 Wirkungsweise der SCS35
4.3.2 Indikationen und Patientenselektion für die SCS37
4.3.3 Psychologische Evaluation41
4.3.4 Nebenwirkungen und Komplikationen der SCS42
4.3.5 Checkliste42
4.3.6 Aufklärungsgespräch43
4.3.7 Strukturelle und organisatorische Voraussetzungen45
4.3.8 Praktische Durchführung45
4.4 Subkutane periphere Nervenfeldstimulation (sPNFS)66
4.4.1 Wirkungsweise der sPNFS66
4.4.2 Subkutane Platzierung der Elektrode66
4.4.3 Subkutanes Stimulationsmuster69
4.5 Fixierung und Untertunnelung der Elektroden für die SCS bzw. sPNFS70
4.5.1 Fixierung der Elektroden für die SCS70
4.5.2 Fixierung subkutaner Sonden71
4.6 Postoperative Programmierung72
4.7 Testphase72
4.8 Auswahl des Impulsgebers (IPG)74
4.9 Implantation des IPGs74
4.10 Nachbetreuung76
4.11 Abrechnung77
5 Intrathekale Therapie (pharmakologische Neuromodulation)85
5.1 Indikationen85
5.2 Kontraindikationen85
5.3 Pumpenkomplikationen86
5.4 Gebräuchliche und zugelassene Medikamente zur intrathekalen Schmerztherapie87
5.4.1 Opioide (Morphin)87
5.4.2 Ziconotid88
5.5 Morphintestung89
5.6 Ziconotidtestung90
5.7 Therapiealgorithmus und Medikamentenkombinationen91
5.7.1 Therapiealgorithmus91
5.7.2 Medikamentenkombinationen92
5.8 Baclofentestung bei Spastik93
5.8.1 Probleme der konventionellen oralen medikamentösen Behandlung der Spastik93
5.8.2 Patientenselektion für die Therapie mit intrathekalem Baclofen93
5.8.3 Durchführung der Baclofentestung93
5.9 Pumpenmodelle96
5.10 Lagerung, Punktion, Katheter-/Pumpenimplantation97
5.11 Abrechnung98
6 Gepulste Radiofrequenzablation (RFA)100
6.1 Wirkmechanismus100
6.2 Indikationen100
6.3 Sondenpositionierung101
6.4 Risiken102
6.5 Abrechnung102
7 Hinterwurzelstimulation (DRG-Stimulation)103
7.1 Wirkmechanismus103
7.2 Indikationen103
7.3 Sondenpositionierung103
7.4 Programmierung104
7.5 Risiken104
7.6 Vor- und Nachteile105
7.7 Abrechnung105
8 Stellenwert der konventionellen und interventionellen Schmerztherapie aus persönlicher Erfahrung106
9 Fazit107
10 Weiterführende Literatur108
Sachverzeichnis121

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