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E-Book

New Public Management und Demokratie in Lateinamerika: Fallbeispiel Mexiko

AutorPeter Peetz
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl74 Seiten
ISBN9783956847363
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Seit den späten 1970er Jahren hat eine Welle von Reformen die öffentliche Verwaltung in Ländern aller Erdteile tiefgreifend verändert. Unter dem Schlagwort New Public Management (NPM) führen staatliche Organisationen unternehmerische und marktwirtschaftliche Elemente in ihre Planungs-, Steuerungs-, Leistungs- und Kontrollabläufe ein. In Lateinamerika setzte die Reformwelle Ende der 1980er Jahre ein. Es drängt sich jedoch die Frage auf, ob NPM in Lateinamerika, wo eine Bürokratie im Sinne Max Webers nie real existiert hat, überhaupt sinnvoll und erfolgreich sein kann. Der Autor untersucht dies sowohl überblicksartig für Lateinamerika, als auch detailliert anhand des Länderfalls Mexiko. Bei der Beurteilung der Sinnhaftigkeit und des Erfolgs von NPM-Reformen in lateinamerikanischen Ländern berücksichtigt er, dass dort neben Effizienz- und Leistungssteigerungen immer auch die Vertiefung der Demokratie zu den Zielen von NPM gehört. Die Resultate der Reformen müssen sich folglich auch an dieser demokratiebezogenen Zielsetzung messen lassen. Das Hauptaugenmerk des Buches liegt daher auf der gegenseitigen Beeinflussung von NPM und (defekter) Demokratie in Lateinamerika.

Peter Peetz ist promovierter Politikwissenschaftler und Kaufmännischer Geschäftsführer am GIGA German Institute of Global and Area Studies, Hamburg. Seine Doktorarbeit über die gesellschaftliche und politische Reaktion auf das Phänomen der Jungendbanden (

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 3.1, Demokratie, defekte Demokratie, Neopatrimonialismus, Klientelismus Demokratie: Der Begriff Demokratie ist in der vorliegenden Arbeit zentral und soll nun operationalisiert werden, da sich die gesamte Analyse an der Demokratie als normativ gesetzter Zielrichtung orientiert. In der westlichen/nördlichen Zivilisation besteht grundsätzlich kaum Dissens dar-über, dass Demokratie erstrebenswert ist, aber was jeweils unter Demokratie verstanden wird, kann mitunter deutlich variieren. In der politikwissenschaftlichen Demokratieforschung - insbesondere in der Forschung zum Übergang von nicht-demokratischen zu demokrati-sche(re)n Systemen, der so genannten Transitionsforschung, ist heute die Theorie der 'em-bedded democracy' einer der einflussreichsten Versuche, Demokratie konzeptionell zu fassen. Sie ist auch für das Demokratieverständnis in der vorliegenden Arbeit ausschlaggebend. Eine Forschergruppe um Wolfgang Merkel formulierte die embedded-democracy-Theorie (Merkel et al. 2003, 48-56 und Merkel 2004, 36-48) teilweise in Fortentwicklung, teilweise in Abgrenzung des auf Robert A. Dahl (1971) zurückgehenden Grundverständnisses von De-mokratie als 'Polyarchie'. Mit Blick auf die empirische Realität in Ländern, in denen die Demokratisierung erst im Laufe der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eingesetzt hatte (so-genannte 'dritte Welle der Demokratisierung') fordert Merkel (2004, 44-48) erstens, die Rahmenbedingungen von Demokratie in Hinsicht auf Staatlichkeit und auf gesellschaftliche und sozioökonomische Strukturen bei der Analyse miteinzubeziehen. Zweitens sieht er die bei Dahl im Vordergrund stehende elektorale Dimension von Demokratie (staatliche Macht ist jeweils auf begrenzte Zeit in der Hand gewählter Personen; Wahlen sind frei und fair, etc.) nur als ein - allerdings zentrales - Teilregime, das in vier weitere Teilregime ('political liberties', 'civil rights', 'horizontal accountability' und 'effectice power to govern') eingebettet ist (ebd., 36-43). Dieses Merkel'sche Demokratiekonzept ist unter anderem in die Entwicklung sehr anwen-dungsorientierter Analyse- und Bewertungsformate wie etwa den Bertelsmann-Transformation-Index (BTI) eingeflossen. Das Verständnis von Demokratie als embedded democracy ist für die vorliegende Arbeit auch deshalb so gut geeignet, weil in der weiteren Analyse, etwa bei Aussagen zum Stand der Demokratie in Lateinamerika, stark auf damit arbeitende 'Demokratie-Messinstrumente', wie eben den BTI, zurückgegriffen werden wird. Defekte Demokratie: Bezugnehmend auf die erläuterte embedded-democracy-Theorie definieren Merkel et al. (Merkel et al. 2003, 66) den Begriff der defekten Demokratie als 'Herrschaftssysteme, die sich durch das Vorhandensein eines weitgehend funktionierenden demokratischen Wahlregimes zur Regelung des Herrschaftszugangs auszeichnen, aber durch Störungen in der Funktionslogik eines oder mehrerer der übrigen Teilregime die komplementären Stützen verlieren, die in einer funktionierenden Demokratie zur Sicherung von Freiheit, Gleichheit und Kontrolle unabdingbar sind.' Diese Definition ist auch für die vorliegende Arbeit maßgebend. Hervorzuheben ist, dass ein politisches System, um überhaupt als Demokratie bezeichnet werden zu können, eine Grund-voraussetzung erfüllen muss, und zwar muss die auch in Dahls Polyarchie-Konzept zentrale Funktion hinreichend freier und fairer Wahlen gegeben sein. Wenn dies in einem Land nicht der Fall ist, handelt es sich nicht mehr um eine defekte Demokratie, sondern um gar keine Demokratie; das Herrschaftssystem ist dann vielmehr als Autokratie oder autoritäres System zu bezeichnen. Ausschließlich Fälle, in denen einerseits diese Grundvoraussetzung für Demo-kratie erfüllt ist, aber andererseits weitere Merkmale demokratischer Rechtsstaatlichkeit (poli-tische Teilhaberechte, effektive Regierungsgewalt, horizontale Gewaltenkontrolle und bürger-liche Freiheitsrechte) nicht in ausreichender Weise verwirklicht sind, sind als defekte Demo-kratien zu verstehen. Je nach Fragestellung ergeben sich hieraus zwei verschiedene Sichtweisen auf defekte Demo-kratien. Geht es darum, das politische System eines Landes in das binäre Schema 'Demokratie vs. Autokratie' einzuordnen, dann trifft die Kategorie 'Demokratie' zu. Versteht man Demokratie und Autokratie aber (wie ebd., 65) als Pole auf einem Kontinuum, dann liegen defekte Demokratien in der Grauzone zwischen diesen beiden Polen. In der Anwendung dienen Messversuche wie der oben erwähnte BTI mit ihren ausdifferenzierten Kriterienkata-logen dazu, die Position mehrerer defekter Demokratien (sowohl synchron zwischen ver-schiedenen Ländern zu einem gegebenen Zeitpunkt, als auch diachron für ein einzelnes Lan-des im Zeitverlauf) auf diesem Kontinuum zu bestimmen. In der Forschung zu den verschie-denen Defekten, die eine Demokratie einschränken können, widmet sich vor allem ein For-schungsstrang auch der Rolle der öffentlichen Verwaltung innerhalb defekter Demokratien: Gemeint ist die Forschung zum sogenannten Neopatrimonialismus. Neopatrimonialismus: Der Begriff Neopatrimonialismus verweist zurück auf einen von Max Weber (1980, 580ff) als Patrimonialismus bezeichneten Typus vormoderner Herrschaft und kann wie folgt definiert werden: 'Neopatrimonialism is a mixture of two, partly interwoven, types of domination that co-exist: namely, patrimonial and legal-rational bureaucratic domination. Under patrimonialism, all power relations between ruler and ruled, political as well as administrative relations, are personal relations; there is no differentiation between the private and the public realm. However, under neopatrimonialism the distinction between the private and the public, at least formally, exists and is accepted, and public reference can be made to this distinction [...]. Neopatrimonial rule takes place within the framework of, and with the claim to, legal-rational bureaucracy or 'modern' stateness. Formal structures and rules do exist, although in practice, the separation of the private and public sphere is not always observed. [...] [T]he patrimonial penetrates the legal-rational system and twists ist logic, functions, and effects. That is, informal politics invade formal institutions. Informality and formali-ty are intimately linked to each other in various ways and by varying degrees; and this particular mix becomes institutionalised [...]' (Erdmann/Engel 2006, 18). Die meisten konzeptionellen Überlegungen und empirischen Anwendungsbeispiele zum Phä-nomen des Neopatrimonialismus beziehen sich auf den afrikanischen Kontext (z.B. Pitcher et al. 2009; Bach 2011; Walle 2012); in jüngerer Zeit findet das Konzept jedoch zunehmend auch auf Lateinamerika Anwendung (z.B. Bechle 2010; Fauré 2012; Durazo Herrmann 2010). Bechle (2010, 19) benennt drei informelle Institutionen, die in neopatrimonialen Regimen das legal-rationale System durchdringen: 'a concentration of personalist power; systematic clien-telism; and particularistic use of state resources.' Machtkonzentration in den Händen der obersten Führungspersönlichkeit, in der Regel des Staatspräsidenten, ist eher ein politisches Phänomen im engeren Sinne; aber Klientelismus und die Verwendung öffentlicher Ressourcen für private Zwecke (kurz: Korruption) betreffen auch den administrativen Teil des politisch-administrativen Systems. Für den Zusammenhang zwischen Demokratie und öffentlicher Verwaltung, der in der vorliegenden Arbeit im Mittelpunkt steht, sind Klientelismus und Korruption also von besonderer Bedeutung. Die beiden Begriffe und ihre Abgrenzung vonei-nander sollen daher im Folgenden erläutert werden.
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