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E-Book

Nonkonformisten

Warum Originalität die Welt bewegt

AutorAdam Grant
VerlagVerlagsgruppe Droemer Knaur
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl384 Seiten
ISBN9783426436172
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
In vielen stark strukturierten Unternehmen wird Kreativität nicht sehr geschätzt. Dabei sind es gerade die originellen Nonkonformisten, die mit innovativen Veränderungen der Wirtschaft neue Impulse geben. Der führende amerikanische Organisationspsychologe Adam Grant zeigt in seinem Coaching-Ratgeber, wie man sein kreatives Potenzial besser ins Spiel bringt, Verbün­dete gewinnt und den richtigen Zeitpunkt zum Handeln wählt. »Dies ist eines der wichtigsten und faszinierendsten Bücher, die ich je gelesen habe - ein Buch voller überraschender und kraftvoller Ideen.« Sheryl Sandberg, Geschäftsführerin von Facebook »Adam Grant ist der herausragende Analyst unserer Arbeitswelt.« New York Times Anhand von prägnanten Beispielen aus Wirtschaft, Politik, Sport und Entertainment zeigt Adam Grant, dass es sich lohnt, alte Muster über Bord zu werfen, der eigenen Originalität freien Lauf zu lassen und für erfolgversprechende Ideen zu kämpfen. Und er liefert praktische Anleitungen, wie man sein kreatives Potenzial am besten einbringt, wie man etabliertes Gruppendenken überwindet, sich Gehör verschafft und eine Neuausrichtung in Gang setzt - zum Vorteil aller. Eine inspirierende Perspektive für alle, die ihre Visionen umsetzen und Großes leisten wollen.

Adam Grant, geboren 1981, ist Professor für Organisationspsychologie an der berühmten Wharton Business School (University of Pennsylvania). Seine Forschungsbeiträge im Bereich Motivation und Produktivität wurden vielfach ausgezeichnet. Als Berater war er unter anderem für die Vereinten Nationen, das Weltwirtschaftsforum, Google, IBM, Goldman Sachs und die Citigroup tätig.

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Leseprobe

1
Schöpferische Zerstörung:
Wie gefährlich es ist, gegen den Strom zu schwimmen


»Der vernünftige Mensch passt sich der Welt an;

der unvernünftige versucht hartnäckig,

die Welt sich anzupassen.

Darum hängt jeder Fortschritt

vom unvernünftigen Menschen ab.«

George Bernard Shaw[1]

An einem kühlen Abend im Herbst 2008 zogen vier Studenten aus, eine ganze Branche zu revolutionieren. Sie hatten einen Berg Schulden und ärgerten sich, dass es so teuer war, eine neue Brille zu kaufen, wenn die alte kaputt- oder verlorengegangen war. Einer hatte das ramponierte Gestell mit einer Büroklammer repariert und die Brille trotzig noch fünf Jahre lang weiter getragen. Er war nicht bereit, so viel Geld für neue Gläser auszugeben, obwohl sich seine Glasstärke zweimal änderte.[2]

Der Branchenführer Luxottica beherrschte mehr als 80 Prozent des Marktes. Um Brillen billiger zu machen, mussten die Studenten also einen Riesen vom Sockel stürzen. Sie hatten verfolgt, wie kurz zuvor die Firma Zappos mit dem Online-Verkauf von Schuhen den Schuhmarkt total umgekrempelt hatte, und spielten mit dem Gedanken, dasselbe mit Brillen zu versuchen.

Ihre Freunde reagierten ausgesprochen skeptisch. Kein Mensch würde jemals eine Brille übers Internet kaufen, sagten sie, denn eine Brille müsse man anprobieren. Zappos hatte dieses Konzept zwar mit Schuhen durchgezogen, aber es musste ja einen Grund dafür geben, dass dasselbe mit Brillen bisher noch nie versucht worden war. »Wenn es eine gute Idee wäre«, so der allgemeine Tenor, »hätte es längst jemand gemacht.«

Die Studenten hatten keine Ahnung vom Internethandel und der dafür notwendigen Technologie, und noch weniger verstanden sie von Einzelhandel, Mode oder Bekleidung. Doch obwohl manche die Idee für verrückt erklärten, schlugen die Freunde lukrative Jobangebote aus und gründeten ein eigenes Unternehmen. Sie wollten Brillen, die im Laden 500 Dollar kosteten, online für 95 Dollar verkaufen und für jede verkaufte Brille einem Entwicklungsland eine Brille spenden.

Das A und O ihres Geschäftsmodells war eine funktionierende Website, auf der potenzielle Kunden die Produkte anschauen und kaufen konnten. Nach langem Hin und Her hatten sie es endlich geschafft, eine solche Website einzurichten. Und erst um vier Uhr morgens, einen Tag vor dem Start des Internethandels im Februar 2010, konnten sie online gehen. Sie nannten ihre Firma Warby Parker, eine Kombination aus zwei Namen von Figuren des Schriftstellers Jack Kerouac. Von ihm holten sie sich die Inspiration, die Fesseln der sozialen Zwänge abzustreifen und sich in dieses Abenteuer zu stürzen. Sie bewunderten Kerouacs rebellischen Geist und wollten ihn in die Verkaufskultur herüberholen. Und das zahlte sich aus.

Die Studenten hatten sich zum Ziel gesetzt, eine Brille pro Tag zu verkaufen. Doch als das Männermagazin GQ sie zum »Netflix der Brillenmode« erklärte, erreichten sie ihre Zielvorgabe für das gesamte erste Geschäftsjahr in weniger als einem Monat und verkauften so viele Brillen, dass sie 20000 Kunden auf eine Warteliste setzen mussten. Erst nach neun Monaten hatten sie einen Lagerbestand aufgebaut, der die Nachfrage befriedigen konnte.

Als dann im Jahr 2015 Fast Company seine Rangliste mit den fünfzig innovativsten Unternehmen aus aller Welt veröffentlichte, war Warby Parker nicht nur dabei, es belegte den ersten Platz. Die drei Sieger der Vorjahre waren die Kreativ-Giganten Google, Nike und Apple gewesen, alles Firmen mit mehr als 50000 Mitarbeitern. Das mutige kleine Start-up-Unternehmen, ein Newcomer, beschäftigte hingegen nur 500 Mitarbeiter. Innerhalb von fünf Jahren hatten die vier Freunde eine weltweit angesagte Marke etabliert und über eine Million Brillen für Bedürftige gespendet. Die Firma erwirtschaftete einen Jahresertrag von 100 Millionen Dollar und wurde mit mehr als einer Milliarde Dollar bewertet.

Im Jahr 2009 hatte mir einer der Gründer das Unternehmen vorgestellt und mich eingeladen, in Warby Parker zu investieren. Ich schlug das Angebot aus.

Es war eine der größten Fehlentscheidungen meines Lebens. Und ich wollte verstehen, worin mein Irrtum bestand.

Psychologen haben nachgewiesen, dass es zwei Wege zum Erfolg gibt: Konformismus und Originalität.[3] Konformisten folgen eingefahrenen Gleisen und halten am Status quo fest. Originelle Menschen beschreiten bevorzugt neue Wege. Sie folgen innovativen Ideen oder Werten, die dem Gewohnten widersprechen, letztlich aber Verbesserungen bewirken.

Freilich gibt es nichts komplett Neues, denn alle unsere Ideen sind beeinflusst von dem, was wir von der Welt um uns herum lernen. Wir übernehmen ständig irgendetwas, sei es bewusst oder unbewusst. Wir alle neigen zur Kleptomnesie, zum Ideenklau, geben wir doch oft Einfälle anderer als unsere eigenen aus: Wir glauben, sie seien neuartig, und haben vergessen, dass sie in Wirklichkeit von jemand anderem stammen.[4] Nach meiner Definition bedeutet Originalität die Einführung und Propagierung einer in einem bestimmten Bereich relativ ungewöhnlichen Idee, die das Potenzial besitzt, diesen Bereich zu verbessern.

Originalität beginnt mit Kreativität – mit der Schaffung eines Konzepts, das neuartig und nützlich zugleich ist. Aber das ist noch nicht alles. Originelle Menschen ergreifen die Initiative, um ihre Visionen zu realisieren. Die Gründer von Warby Parker besaßen die Originalität, sich eine unkonventionelle Art und Weise auszudenken, Brillen zu verkaufen, nämlich über das Internet, und sie ergriffen konkrete Maßnahmen, sie leichter zugänglich und erschwinglicher zu machen.

Großer Erfolg erfordert große Risikobereitschaft. Diese Überzeugung ist in unserer kulturellen Psyche so fest verankert, dass wir kaum jemals darüber nachdenken. Wir bewundern Astronauten wie Neil Armstrong und Sally Ride dafür, dass sie »das Zeug dazu« hatten: den Mut, den einzigen von Menschen bewohnten Planeten zu verlassen und sich in den Weltraum hinauszuwagen. Wir feiern Helden wie Mahatma Gandhi und Martin Luther King, die bereit waren, für ihre Überzeugungen auch mit dem Leben zu bezahlen. Steve Jobs und Bill Gates wurden zu Idolen, weil sie den Mut besaßen, alles auf eine Karte zu setzen – ihr Studium abzubrechen und sich in einer Garage zu verschanzen, um ihre technologischen Visionen Wirklichkeit werden zu lassen.

Wenn wir die originellen Individuen bewundern, die Kreativität vorantreiben und den Wandel in der Welt fördern, neigen wir zu der Annahme, dass sie eben einfach aus einem anderen Holz geschnitzt sind. Manche Leute haben das Glück, mit genetischen Mutationen geboren zu werden, die sie gegen Krankheiten wie Krebs, Fettleibigkeit oder HIV immun machen; in ähnlicher Weise, so glauben wir, seien Menschen, die etwas Großes geschaffen haben, biologisch immun gegen das Risiko. Wir glauben, sie seien so gepolt, dass sie das Risiko aus ganzem Herzen bejahen, auf soziale Anerkennung verzichten können und sich über den Preis des Nonkonformismus nicht so den Kopf zerbrechen wie wir anderen. Wir halten sie gleichsam für programmiert dafür, Bilderstürmer, Rebellen, Revolutionäre, Unruhestifter, Eigenbrötler und Unangepasste zu werden – gefeit gegen Angst, Ablehnung und Lächerlichkeit.

Der Ökonom Richard Cantillon (16801734), Ahnherr der Unternehmensforschung, definierte den Unternehmer als »Risikoträger«.[5] Die Geschichte des kometenhaften Aufstiegs von Warby Parker führt uns das Problem in aller Deutlichkeit vor Augen. Wie alle großen Schöpfer, Innovatoren und Weltveränderer waren auch sie bereit, den großen Sprung in die Ungewissheit zu wagen. Wer nicht nach den Sternen greift, wird das Glück nie zu fassen bekommen.

Stimmt doch, oder?

Sechs Monate bevor Warby Parker an den Start ging, saß einer der Gründer des Unternehmens in meinem Seminar an der Wharton School. Der großgewachsene junge Mann mit den schwarzen Locken wirkte aufgeschlossen, ruhig und dynamisch. Neil Blumenthal war in einer gemeinnützigen Organisation tätig und hatte den aufrichtigen Wunsch, einen positiven Beitrag für die Welt zu leisten. Als er mich für sein Unternehmen erwärmen wollte, reihte ich mich unter die vielen Zweifler ein und sagte, die Idee klinge zwar interessant, es sei aber schwer vorstellbar, dass die Leute Brillen online kaufen.

Wenn die Konsumenten skeptisch sind, ist es nahezu unmöglich, ein Unternehmen zum Laufen zu bringen, das wusste ich. Ich hatte kein gutes Gefühl, als ich erfuhr, dass Neil und seine Freunde sich tatsächlich auf den Start vorbereiteten.

Das Erste, was gegen sie sprach, sei, dass sie alle noch studierten, sagte ich zu Neil. Wenn sie wirklich von ihrer Idee überzeugt seien, sollten sie ihr Studium an den Nagel hängen und sich ganz auf die Umsetzung ihres Plans konzentrieren.

»Wir möchten uns absichern«, antwortete er. »Wir wissen nicht genau, ob es wirklich eine so gute Idee ist, und haben keine Ahnung, ob wir es schaffen. Deshalb arbeiten wir nur in unserer Freizeit daran, neben dem Studium. Wir sind vier Freunde, und wir sind der Meinung, dass Fairness im Umgang miteinander wichtiger ist als Erfolg. Jeff allerdings hat für den Sommer ein Stipendium bekommen, so dass er sich voll und ganz unserer Geschäftsidee widmen kann.«

Und was ist mit den anderen...

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