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Nutzung der Potenziale älterer ArbeitnehmerInnen in Pflegeberufen

AutorKatrin Möller
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl70 Seiten
ISBN9783640663736
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Gesundheit - Pflegewissenschaft - Sonstiges, Note: 1,5, Evangelische Hochschule Darmstadt, ehem. Evangelische Fachhochschule Darmstadt, Sprache: Deutsch, Abstract: Diese Arbeit stellt ausgehend von der Überalterung der Bevölkerung die Kompetenzen älterer Beschäftigter in den Mittelpunkt. Ziel ist mit Hilfe einer Literaturanalyse aufzuzeigen, wie die Fähigkeiten älterer ArbeitnehmerInnen genutzt und gefördert werden können. Die Literaturrecherche zeigt, dass die Problematik des steigenden Durchschnittsalters der Erwerbstätigen bislang unzureichend erkannt wird. Die Potenziale älterer Beschäftigter werden nicht ausgeschöpft. Stattdessen werden ArbeitnehmerInnen vorzeitig ausgegliedert oder verlassen infolge der schlechten Arbeitsbedingungen den Beruf. Während andere Branchen bereits Lösungsstrategien entwickelt haben, wird in der Pflege der Handlungsbedarf verkannt. Auch im europäischen Vergleich wurde deutlich, dass andere Länder höhere Beschäftigungsquoten älterer ArbeitnehmerInnen aufweisen. Unter Berücksichtigung des 'Hauses der Arbeitsfähigkeit' nach Ilmarinen wurden Strategien in den Kategorien Führung und Personalmanagement, Qualifikation, Gesundheitsförderung sowie Arbeitsorganisation zusammengetragen, die darauf ausgerichtet sind das ältere Pflegepersonal zu fördern und zu unterstützen. Bei der Ausrichtung personalpolitischer Maßnahmen sollten Unternehmen durch einen generationsübergreifenden Blick ihr Bestehen auch in Zukunft sichern.

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Leseprobe

2 Ältere AN - Ein unentdecktes Wirtschaftspotenzial


 

Im Hinblick auf die Fähigkeiten und Potenziale älterer AN möchte ich zuerst einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand zur Thematik Leistungsfähigkeit und Alter geben. Grundsätzlich ist zu sagen, dass im Laufe des Lebens eine Veränderung der menschlichen Leistungsstruktur stattfindet. Der jahrelang postulierte Abbau körperlicher und geistiger Fähigkeiten mit zunehmendem Lebensalter muss allerdings differenzierter betrachtet werden (siehe Tab. 1, Anhang)[32]. Zwar verringern sich einzelne Fähigkeiten wie Muskelkraft, Kurzzeitgedächtnis oder Reaktionsvermögen - meistens aber erst nach dem 60. Lebensjahr, im Gegensatz dazu kommt es aber auch zu einer Zunahme von Kompetenzen und Fertigkeiten32. Kistler et al. (2006) gehen davon aus, dass es durch äußere Einflussfaktoren wie private Lebensführung, Sozialisation oder bisherige Leistungsanforderungen zu einer Zunahme interindividueller Leistungsunterschiede mit steigendem Lebensalter kommt[33]. „Altersspezifische Leistungsdefizite sind somit das Ergebnis defizitärer Arbeits- und Lebensbedingungen. Auch Dequalifikation und Verlernen der Lernfähigkeit ist kein Ergebnis des Alterns, sondern ein

 

Fehlnutzungsergebnis"[34]. Die Förderung und der Erhalt von Potenzialen der AN ist demnach ein Prozess der bereits mit Beginn der Erwerbsbiografie einsetzt. Die Leistungs- und Arbeitsfähigkeit für die gesamte Lebensarbeitszeit zu bewahren, ist nicht nur Sache des Individuums, sondern Aufgabe des Unternehmens. Nur wer die Potenziale der Erwerbstätigen erkennt, kann diese auch langfristig nutzen. In Kapitel 2.1 sollen daher die Stärken älterer AN aufgezeigt und dargelegt werden, welche Wettbewerbsvorteile Arbeitgeber durch eine effiziente Nutzung haben. Anschließend werden das vorherrschende Defizit- und das angestrebte Kompetenzmodell als theoretischer Rahmen erörtert (Kapitel 2.2). Die Arbeitsbelastungen im Pflegeberuf mit zunehmendem Alter (Kapitel 2.3) und die Bedarfe älterer AN im Hinblick auf die Arbeitsgestaltung (Kapitel 2.4) bilden den Abschluss des Kapitels.

 

2.1 Potenziale und Wettbewerbsvorteile der Generation 50+


 

Als Potenzial wird gemeinhin das Leistungsvermögen eines Arbeitnehmers/ einer Arbeitnehmerin bezeichnet, das Kenntnisse, Fertigkeiten und die Handlungsbereitschaft unabhängig von deren Nutzung umfasst[35]. Erwerbstätige, die sich in der zweiten Hälfte des Berufslebens befinden, verfügen über „Kompetenzen, die für Kundenorientierung und Unternehmenserfolg von großer Bedeutung sind"[36]. Folgende Potenziale werden in Übereinstimmung der gängigen Fachliteratur älteren AN nachgesagt[37]:

 

 Expertise: Expertise beschreibt das Expertenwissen, welches im Rahmen von Qualifikationen erworben wurde. Ältere AN besitzen in der Regel ein höheres Qualifikationsniveau bzw. einen höheren Ausbildungsstand als ihre jüngeren Kollegen.

 

 Erfahrung und Erfahrungswissen: Erfahrungswissen meint im Gegensatz zu Erfahrung „das Ergebnis eines komplexen Bildungsprozesses. Es beinhaltet implizite und explizite Teile, ist subjektgebunden, schwer vermittel- und transferierbar und nötig für die Entwicklung von

 

Handlungskompetenz"[38]. Erfahrungswissen ist also durch Handeln erlebtes Wissen, das im Rahmen der jahrelangen Berufsausübung entsteht. So werden beispielsweise Arbeitstechniken durch die andauernde Verrichtung eingeübt und optimiert. Behrend (2000) unterscheidet drei Dimensionen von Erfahrungswissen: 1. das „Expertenwissen, im Sinne angeeigneter Alltagsroutinen", 2. die „Fähigkeit der Übersicht über komplexe Sachverhalte" und 3. die „Weisheit, als die auf Lebenserfahrung, Reife und Distanz gegenüber Dingen beruhende Klugheit"[39].

 

 Eine Zunahme extrafunktionaler Qualifikationen: Erfahrene AN erwerben neben den beruflichen Qualifikationen auch eine Reihe von Fähigkeiten, die nicht an eine Position gebunden sind. Diese werden als extrafunktionale Qualifikationen oder häufig auch als Schlüsselkompetenzen bezeichnet. Sie werden in verschiedene Kompetenzfelder unterteilt: personale, fachliche, methodische und soziale Kompetenz.

 

 Soziale Kompetenz: In der Regel weisen ältere Erwerbstätige eine erhöhte soziale Kompetenz auf. Eine verbesserte Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit wird durch den ständigen Umgang mit Vorgesetzten und Kollegen ausgebildet. Dabei erhöhen sich auch die Teamfähigkeit, die Toleranz gegenüber anderen Handlungsstilen und Konflikte werden durch ein vorausschauendes, besonnenes Verhalten meist im Vorfeld entschärft. Darüber hinaus besitzen ältere Pflegefachkräfte häufig ein größeres Einfühlungsvermögen gegenüber den zu Betreuenden und deren Angehörigen.

 

 Arbeitsdisziplin: Studien zufolge erhöht sich die Arbeitsmoral mit steigendem Erwerbsalter. Dazu gehören beispielsweise Pünktlichkeit, Genauigkeit und ein erhöhtes Sicherheitsbewusstsein.

 

 Loyalität und Betriebstreue: Gerade langjährig Beschäftigte weisen eine engere Bindung an das Unternehmen auf. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein älterer Arbeitnehmer/ eine ältere Arbeitnehmerin noch einmal das Unternehmen wechselt, ist deutlich geringer, damit die Fluktuationsneigung im höheren Erwerbsalter deutlich niedriger. Dies gilt auch im Bereich des „senior recruitment". Erwerbstätige, die zum Ende ihres

 

Erwerbslebens eine Chance in einem neuen Unternehmen erhalten, sind dankbarer, loyaler und weisen eine höhere Arbeitszufriedenheit auf.

 

 Bessere Einschätzung der Fähigkeiten und Grenzen: Ältere AN sind häufig sorgfältiger und umsichtiger. Sie teilen ihre Arbeit rationeller ein und haben ein verbessertes Urteilsvermögen. Bei der Entscheidungsfindung gehen sie meist bedächtiger und realistischer vor als ihre jüngeren Kollegen.

 

 Selbstständigkeit: Infolge der jahrelangen Erfahrung und Kenntnis betrieblicher Zusammenhänge sind ältere AN in der Lage selbstständiger zu arbeiten. Sie sind ausgeglichener, ihre Arbeitsleistung beständiger und sie zeichnen sich durch eine größere Zuverlässigkeit und ein höheres Verantwortungsbewusstsein aus.

 

All diese Potenziale können genutzt werden, wenn sie erhalten und gefördert werden. Erwerbstätige müssen gezielt durch Weiterbildungsangebote qualifiziert und Kompetenzen aufgebaut werden. Stärken der AN können nur dann ein Wettbewerbsvorteil sein, wenn Führungskräfte in der Lage sind diese zu erkennen und anzuerkennen. Die Vorteile für ein Unternehmen scheinen eindeutig. Durch die gezielte Beschäftigung älterer AN verfügen Einrichtungen über loyale, qualifizierte und sozial kompetente Mitarbeiter, die durch ihren Erfahrungsschatz eine Bereicherung für jedes Unternehmen sind. Die Altersvielfalt ermöglicht Kundenwünsche und Bedürfnisse besser zu erfassen und fördert damit den Erfolg. Außerdem werden im Rahmen eines positiven Lerneffektes die verschiedenen Kompetenzen gebündelt und können zwischen den AN wechselseitig transferiert werden[40].

 

2.2 Die Defizitorientierung blockt die Stärkenperspektive - Wandel vom Defizit- zum Kompetenzmodell


 

Ältere ArbeitnehmerInnen werden empirischen Untersuchungen zufolge häufig als „Problemgruppe" angesehen[41]. Folgende Vorurteile gegenüber älteren Erwerbstätigen gelten aus Sicht vieler Unternehmen[42]:

 

 Auftretende Leistungsdefizite und geringe Belastbarkeit: Ab dem 40. Lebensjahr können Fähigkeiten wie Muskelkraft, Beweglichkeit, Hör- und Sehvermögen und Kurzzeitgedächtnis einem Abbau unterliegen. Ältere AN gelten darüber hinaus als weniger belastbar.

 

 Höhere Kosten: Ältere AN werden oft einseitig als Kostenfaktor gesehen. Sie verursachen in der Regel überdurchschnittlich hohe Personalkosten und sind besser vor Kündigung geschützt.

 

 Häufigere Fehlzeiten durch höhere Krankheitsanfälligkeit: In der Altersgruppe ab 40 Jahren kommt es bei Krankheit zu längeren Ausfallzeiten. Ältere AN sind zwar im Durchschnitt nicht wesentlich häufiger, dafür aber länger arbeitsunfähig, wenn sie erkranken.

 

 Geringe Integrationsfähigkeit und Formbarkeit: Meist sind ältere AN selbstbewusster, gelassener und treten sicherer auf. Sie gelten auch als weniger kompromissbereit, kritischer und weniger formbar.

 

 Kumulierende Beschäftigungsrisiken: Mit zunehmendem Alter wachsen Arbeits- und Beschäftigungsrisiken. Dabei geht es vor allem um Gesundheitsrisiken wie die zunehmende Zahl chronischer Erkrankungen und Behinderungen im höheren Erwerbsalter (ab ca. 45 Jahren).

 

 Geringe Lernfähigkeit und verlangsamte Informationsaufnahme: Älteren AN wird eine verringerte Lernfähigkeit und -bereitschaft attestiert. Durch den Abbau geistiger Fähigkeiten kommt es zu einer verlangsamten Informationsaufnahme.

 

Gestützt wurden diese Vorstellungen vom so genannten Defizitmodell, welches davon ausgeht, dass „Älterwerden schicksalhaft und umfassend mit dem Verlust von geistiger und körperlicher Leistungsfähigkeit verbunden"[43]ist. Als Gegenbewegung dieser Theorie entstand Anfang der 70er Jahre das Kompetenzmodell[44]....

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