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E-Book

Öl und Gas aus frischen Quellen. Wirtschaftliche Folgen des Frackings

AutorFranziska Schüppel, Tim Wirth
VerlagScience Factory
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl311 Seiten
ISBN9783956871849
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis39,99 EUR
Hydraulic Fracturing, kurz Fracking, stellt nicht nur Umweltschützer vor neue Herausforderungen. Denn bisher kaum gewinnbringend erschließbare Öl- und Gasvorkommen spülen frische Ressourcen auf die Energiemärkte und sorgen dort für erhebliche Umwälzungen. Werden die USA auf lange Sicht zum Gasexporteur? Was bedeuten Ölfelder am Nordpol und in der Tiefsee für den Ölmarkt? Und wie wirken sich die Veränderungen auf die Energiepreise in Deutschland aus? Dieses Buch liefert Antworten auf solche und ähnliche Fragen zur Zukunft der Energiemärkte. Die enthaltenen Texte bieten dabei nicht nur eine wirtschaftliche Perspektive auf unkonventionelles Gas und Öl, sondern gehen auch auf die technologischen und politischen Aspekte des Frackings ein. Aus dem Inhalt: Schiefergasförderung per Fracking Der deutsche Gasmarkt und die potentiellen Auswirkungen des Frackings Unkonventionelle Erdöle aus Ölsand und Ölschiefer Das globale Erdölsystem und seine Bedeutung für die moderne Gesellschaft Warum die Rolle unkonventioneller Erdöle überschätzt wird

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Leseprobe

3. Der deutsche Erdgasmarkt im Überblick


In Deutschland wie auch weltweit zählt Erdgas zu den wichtigsten Energieträgern. Erdgas ist ein hauptsächlich aus Methan, Kohlen- und Schwefelstoffen zusammengesetztes Gemisch, welches über Bohrungen aus Erdgaslagerstätten gewonnen wird[89]. Diese Art von Gas wird als sogenanntes konventionelles Erdgas bezeichnet[90]. Hierbei können in Abhängigkeit von der Zusammensetzung verschiedene Erdgassorten unterschieden werden; in Deutschland werden mit dem aus der Nordsee oder Russland stammenden H-Gas und dem etwas weniger energiehaltigen L-Gas aus den Niederlanden und Norddeutschland zwei Erdgassorten angeboten[91]. Während der Einsatz anderer Primärenergieträger wie Kohle oder auch Öl auf Grund ihrer schlechten Klimabilanzen und staatlicher Reglementierungen in den vergangenen Jahren eher rückläufig war, gilt Erdgas, neben der erneuerbaren Energie, als Aufsteiger im Primärenergiemarkt[92]. Vorranging wird Erdgas zur Strom- und Wärmeerzeugung eingesetzt und gewinnt dabei auch in der Industrie immer mehr an Bedeutung[93]. Dabei kommt das Erdgas entweder als Flüssiggas, einem Gasgemisch, welches einen höheren Energiegehalt als reines Erdgas aufweist[94], oder regulär als Erdgas aus der Pipeline zum Einsatz[95]. Deutschland verfügt neben einem sehr gut ausgebauten Erdgasnetz über zahlreiche, groß angelegte Untertagespeicher, mit Hilfe derer die deutsche Erdgasversorgung bei eventuellen Ausfällen wochenlang aufrechterhalten werden könnte[96].

Um einen Überblick über die wichtigsten Grundzüge und Entwicklungen des deutschen Erdgasmarktes zu verschaffen, werden im Folgenden die Komponenten Erdgasverbrauch, deutsche Erdgasvorkommen und notwendige Gasimporte, sowie die Entwicklung des Erdgaspreises in den vergangenen Jahren beleuchtet.

3.1 Erdgasverbrauch


Ähnlich zu den Entwicklungen im Rest der Welt, stieg auch in Deutschland die Nachfrage nach Erdgas im Laufe der vergangenen Jahre mit wenigen Ausnahmen kontinuierlich an. Mit seinem Erdgasverbrauch lag Deutschland 2011 im weltweiten Vergleich als führender europäischer Nachfrager auf Rang acht und sortierte sich damit im vorderen Feld der größten Erdgasverbraucher ein[97].

Abbildung 4: Erdgasverbrauchs in Deutschland von 1990 bis 2013 in Milliarden Kilowattstunden[98]

Zurückblickend betrachtet entwickelte sich der deutsche Erdgasverbrauch seit Anfang der 1990er Jahre mit einzelnen Unterbrechungen stetig steigend[99]. Auch aktuell hält Deutschland an diesem Trend fest und verbrauchte 2013 mit vorläufigen Schätzungen zufolge rund 956 Mrd. Kilowattstunden im Vergleich zum Vorjahr abermals mehr Erdgas[100] (siehe Abbildung 4). Diese Entwicklung ist unter anderem auf Deutschlands Rolle als in der Vergangenheit wachsende Industrienation zurückzuführen[101]. Damit stellt dieser Rohstoff auch weiterhin den drittwichtigsten Primärenergieträger in Deutschland dar[102]. Um der Entwicklung des stetig steigenden Erdgasverbrauchs in Deutschland begegnen zu können, hat sich die Bundesregierung in Form der Energiewende ehrgeizige Ziele gesetzt, wonach der deutsche Erdgasverbrauch bereits bis 2030 geringfügig gesenkt werden soll[103]. Im Anschluss wird ein Herabsinken des Erdgasverbrauchs bis zum Jahr 2050 auf etwa die Hälfte des derzeitigen Niveaus angestrebt[104].

Ob eine solche Kehrtwende in Anbetracht der aufgezeigten Verbrauchsentwicklungen aus der Vergangenheit realisierbar sein wird, bleibt abzuwarten. Auf Grund der Tatsache, dass Deutschland im Verlauf der vergangenen Jahre zum größten europäischen Erdgasverbraucher avancierte und seinen Erdgasverbrauch damit auf den Vergangenheitswerten basierend wohl vorerst auf einem relativ hohen Level halten wird, wird die Beschaffung des benötigten Erdgases auch in Zukunft ein zentrales Thema sein. Woher Deutschland diese Mengen momentan bezieht und welcher Anteil dabei aus eigener Erdgasförderung gedeckt werden kann, wird im folgenden Kapitel kurz erörtert.

3.2 Deutsche Erdgasvorkommen und Importe


Gleichwohl Deutschland den höchsten europäischen Gasverbrauch aufweist, sind nur vergleichsweise wenige deutsche Erdgasressourcen vorhanden[105]. Aktuell können lediglich etwa 14% des Verbrauchs durch die heimische Förderung von Erdgas gedeckt werden, eine Steigerung ist dabei nicht in Sicht[106]. Die Tendenz ist hingegen eher rückläufig, da noch im Jahr 1996 etwa 21% des Bedarfs aus heimischer Förderung abgedeckt wurden; dies ist einerseits auf den damals noch niedrigeren Verbrauch zurückzuführen, andererseits aber auch auf die Tatsache, dass die deutschen Ressourcen erheblich kleiner sind als zuvor vermutet[107], wodurch diese nun durch die aktuell rückläufige Förderung eventuell geschont werden sollen.

Abbildung 5: Erdgasimporte in Deutschland von 1970 bis 2009 in Milliarden Kilowattstunden[108]

Infolge der knapp bemessenen eigenen Erdgasressourcen ist Deutschland auf Erdgasimporte angewiesen. Mit steigendem Verbrauch verzeichneten auch die importierten Mengen seit den 1960er Jahren einen starken Anstieg[109] (siehe Abbildung 5). Die größten Mengen erhält Deutschland dabei primär von Russland, gefolgt von Norwegen und den Niederlanden[110]. Da jedoch die europäische Erdgasförderung seit einigen Jahren bereits an ihre Kapazitätsgrenzen stößt, werden Erdgasimporte aus der GUS, sowie Afrika oder auch dem Nahen Osten perspektivisch immer bedeutender werden[111]. Damit werden sowohl Deutschland als auch Europa hinsichtlich ihrer Erdgasimporte von immer mehr Ländern weltweit abhängig.

Neben der energiebasierten Abhängigkeit bringen Erdgasimporte einen weiteren negativen Aspekt mit sich, nämlich den der Kosten. Wird Erdgas nach Deutschland importiert, gibt der sogenannte Grenzübergangspreis den Preis des Erdgases an der deutschen Grenze an, er beziffert somit den Wert des importierten Gases[112]. Obschon dieser Grenzübergangspreis im Verlauf des vergangenen Jahres leicht gesunken ist[113], lässt sich über den Zeitraum der letzten zehn Jahre ein klarer Anstieg des Preises feststellen, welcher lediglich durch die Weltwirtschaftskrise 2009 Rückgänge verzeichnete[114]. Somit spielt der Kostenfaktor bei Erdgasimporten eine entscheidende Rolle, da dieser die Preise auf dem inländischen Erdgasmarkt zusätzlich in die Höhe treibt.

Allein dieser kurze Abriss über das Verhältnis der deutschen Erdgasvorkommen einerseits und der Erdgasimporte andererseits verdeutlicht, wie essentiell Importe für den deutschen Erdgasmarkt sind. Sollten die heimischen Erdgasressourcen auf Grund des steigenden Verbrauchs in naher Zukunft weiterhin derart rasant abnehmen, muss zukünftig ein Szenario für Deutschland in Betracht gezogen werden, in welchem der deutsche Erdgasmarkt komplett durch Importe gestützt wird. Dies würde wohl nicht nur die Abhängigkeiten, sondern gleichzeitig auch die Preise für Erdgas in die Höhe treiben. Wie sich dabei der deutsche Erdgaspreis zusammensetzt und welche Entwicklung dieser in der Vergangenheit nahm, soll im Folgenden dargestellt werden.

3.3 Erdgaspreis


Im Zuge der Energiewende werden in der aktuellen Debatte häufig die in der Vergangenheit stark gestiegenen Energiekosten sowie die Preisdifferenzen zwischen der Industrie und den Haushalten bemängelt. Hinsichtlich der bereits angesprochenen großen Mengen Erdgases, welche Deutschland importieren muss um seinen Verbrauch zu decken, werden die dafür anzusetzenden Preise in langfristigen Verträgen zwischen den gasimportierenden und -exportierenden Gesellschaften festgehalten[115]. Bisher wurde der Erdgaspreis dabei nach der sogenannten Ölpreisbindung ermittelt, welcher die verzögerte Kopplung des Erdgaspreises an den Ölpreis oder auch andere Ölprodukte bezeichnet[116]. So konnte der Trend des Gaspreises bereits im Vorfeld mit Hilfe des Ölpreises interpretiert werden. Diese Bindung könnte jedoch in den kommenden Jahren durch eine verstärkte globale Integration des Gasmarktes gelockert werden[117], so dass die Erdgaspreise unabhängiger auf dem Markt verhandelt und gebildet werden könnten.

Abbildung 6: Vergleich Gaspreise weltweit 2012 in Cent / Kilowattstunde[118]

Neben der derzeit noch angewandten Ölpreisbindung, werden die Preise für die Endabnehmer zusätzlich durch Steuern und Abgaben beeinflusst. Die bereits angedeuteten Preisdifferenzen zwischen den Erdgaspreisen für die Industriezweige und die deutschen Haushalte ergeben sich aus unterschiedlicher Besteuerung bzw. der Möglichkeit für die Industrie, sich gewisse Steuern erstatten zu lassen[119]. Der deutsche Erdgaspreis für Haushalte setzt sich derzeit aus mehreren Komponenten zusammen, wie den Kosten für die Produktion bzw. den Import, die Mehrwertsteuer, Erdgassteuer sowie einzelner Abgaben; der so gesehene reine Energiepreis für Produktion, Transport und Verteilung macht hierbei rund 70% des Endpreises aus[120]. Dieser Anteil ist im Vergleich zu den letzten Jahren leicht rückläufig, da Steuern und Abgaben durch staatliche Erhöhungen einen nunmehr größeren Anteil am Erdgaspreis haben[121].

Tatsächlich sind die...

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