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Ohne lange nachzudenken

Meine Zeit in Afrika

AutorVolker Thräne
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl276 Seiten
ISBN9783749473922
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis6,99 EUR
In dieser autobiographischen Erzählung schildert der Autor die erste Begegnung eines DDR-Bürgers mit Afrika und der Mentalität seiner Menschen, die ihn tief beeindruckt. Der Leser erhält Einblick in die Gepflogenheiten der ehemaligen DDR und die Lebensumstände in Mosambik während des Bürgerkrieges, beschrieben von einem neugierigen und offenen jungen Mann, für den Afrika zunächst vor allem eines bedeutet: Abenteuer...

1949 geboren, diplomierter Ingenieur, Pädagoge und Unternehmer. Seit seinem Ruhestand, widmet er sich dem Schreiben und seiner Familie.

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Leseprobe

Zaghafte Schritte in eine andere Welt


Wir schrieben mittlerweile das Jahr 1983 und so einfach, wie ich mir den weiteren Verlauf der Geschichte vorgestellt hatte, so einfach lief das Ganze nun doch nicht. Ich merkte plötzlich, dass mich die Realität schlagartig einholte und die Situation, in der ich mich mit meiner Frau und meinem Sohn befand, in einem ganz anderen Licht erschien. Von nun an war es nicht nur mal so der Wunsch oder ein Traum, nach Afrika zu fliegen, nun stand es fest. Es ging wirklich los und so ohne weiteres gab es auch kein Zurück. Dazu hatte sich für uns alles zu weit entwickelt und ehe ich mich versah, befand ich mich mitten in den Vorbereitungen meiner Ausreise.

Von der „Reisestelle“ des Kombinates in Dresden erhielt ich umfangreiche Listen, in ihnen penibel aufgeführt, was unbedingt in mein Reisegepäck hineingehört. Dazu noch eine Reihe sinnvoller Empfehlungen und am Ende standen da fünf große Koffer, randvoll gefüllt mit Reiseutensilien.

Ich muss noch erwähnen, dass die Ausrüstungsgegenstände, die zur Pflichtausstattung gehörten, vom Kombinat finanziert wurden! Blieb die Herausforderung, vor allem die Kleidungsstücke in den Geschäften zu erstehen.

Unser damaliger volkseigener Handel tat sich schwer mit Leinenhemden und Leinenhosen, von den vielen Kleinigkeiten ganz zu schweigen. Irgendwann und irgendwie war es dann doch vollbracht und meine Koffer standen bereit zur Zollkontrolle.

Die Abnahme war nur eine Formsache. Der Zollbeamte interessierte sich mehr für das, was mir bevorstand und mich in Mosambik erwarten würde, als für den Inhalt meiner Koffer. Als ich von ihm die entsprechenden Unterlagen in den Händen hielt und die Koffer versiegelt waren, konnte ich sie endlich am Flughafen Schönefeld als recht umfangreiches Vorausgepäck aufgeben.

Nun wurde es von Tag zu Tag konkreter. Man teilte mir den Termin der Abreise mit und weihte mich kurz, ganz kurz, in die notwendigsten Formalitäten ein. Ich erfuhr auch, dass ich meinen Pass erst unmittelbar vor dem Abflug am Flughafen Berlin-Schönefeld ausgehändigt bekäme und das von einem Kollegen, der extra deshalb von Dresden aus anreisen würde. Mir war natürlich sofort klar, ein enormer organisatorischer und finanzieller Aufwand nur zu meiner Sicherheit, damit mir der besagte Pass bis zur Abreise nicht doch noch verloren geht!

Je näher der Tag der Abreise kam, desto öfter vermieden wir es, in der Familie darüber zu reden. Es war alles gesagt und der Rest blieb spannende Ungewissheit. Hatte sich doch auch alles schon viel zu lange hingezogen. Dem Kombinat gegenüber stellten sich immer wieder eine Reihe Fragen, die mir allerdings niemand beantworten konnte, wollte oder durfte, was mich oftmals sehr unzufrieden und auch ärgerlich machte. Schließlich war es für mich keine Kaffeefahrt. Ich wusste damals nicht einmal, wie lange der Einsatz genau dauern würde. „Das erfährst du alles von dem Kollegen in Beira.“ Beira war mein Zielort, also nach meiner Ankunft in Mosambik, so die ständige Antwort. Irgendwann gab ich auf, wusste ich doch eines, ein DDR-Bürger geht nirgends und niemals verloren, auch nicht im letzten Winkel der Erde. Wie recht ich damit hatte, sollte ich in den folgenden Jahren noch erfahren.

Sei es, wie es sei, der Tag der Abreise stand unwiderruflich fest. Freude und Spannung über das, was mich erwarten würde, Trauer über das, was ich zurücklassen würde. Genau dazwischen bewegten sich meine emotionalen Gefühlsschwankungen.

In diesem Zustand erreichte ich zusammen mit meiner Familie den Flugplatz Berlin-Schönefeld.

Zu diesem Zeitpunkt gehörten Themen wie Flugplatz, Fliegen, Abreise, Ankunft, Abfertigung, Ausreise- und Einreiseformalitäten, Fluggesellschaften, Flugrouten und Zwischenlandungen noch nicht zu meinem Sprachgebrauch und alles, was sich dahinter verbarg, war für mich eine noch fremde Welt, was sich im Laufe der kommenden Wochen und Monate recht schnell ändern sollte.

An diesem Tag allerdings geschah nach unserem Eintreffen in Schönefeld nicht mehr sehr viel. Nach stundenlangem Warten erhielten wir plötzlich die Nachricht, dass der Abflug der DC 10, der „LAM“ (Linhas Aéreas de Mosambik), aus ungeklärten Gründen auf den nächsten Tag verschoben sei. Ich verbrachte die Nacht also erneut im eigenen Bett und wir alle erschienen pünktlich am nächsten Morgen erneut auf dem Flugplatz, bereit zu einem weiteren Versuch. Auch mein Pass mit dem dazugehörigen Kollegen aus Dresden war pünktlich zur Stelle.

Erneut Wartezeit, Ungewissheit und dann überschlugen sich auf einmal die Ereignisse. Der Flug wurde aufgerufen, die Massen stürzten zum Abfertigungsschalter, Abschied von der Familie und da saß ich nun im sogenannten „Freiraum“, gedanklich vollkommen unter Wasser.

Eine kurze Überprüfung meiner Situation ergab, ich litt an allem Möglichen und recht spürbar an Flüssigkeitsmangel. Diese Wahrnehmung verdrängte erst einmal den Abschiedsschmerz und nach kurzer Überlegung war klar, ein Bier wäre jetzt genau das Richtige. So entschied ich und tat es den „erfahreneren“ Passagieren gleich. Zwei halbe Liter frisch Gezapftes taten mir sehr gut, auf jeden Fall für den Moment.

Was ich den „Erfahrenen“ nicht abschaute: Bevor es in den Flieger geht, immer noch einmal auf die Toilette. Einfach nur, um unnötigen Stress beim Start im Flugzeug zu vermeiden!

Genauso plötzlich, wie die Abfertigung an den Schaltern begonnen hatte, genauso plötzlich folgte vom Freiraum aus der Aufbruch zur Maschine.

Erst als ich den Flieger bestieg, stellte ich fest, ich besaß ein Ticket für die erste Klasse. Hatte ich ja auch zusammen mit dem Pass erst unmittelbar, bevor ich durch die Abfertigung musste, ausgehändigt bekommen. Der Kollege, der es mir übergab, durfte noch so lange auf dem Flugplatz ausharren, bis sich die Maschine in der Luft befand. Natürlich auch nur und immer wieder zu meiner Sicherheit. Eine Prozedur, die sich allerdings im Laufe der Zeit entspannte.

Endlich an Bord, wurde ich von einer sehr netten mosambikanischen Flugbegleiterin begrüßt. Die junge Frau sprach mich in einem sauberen Portugiesisch an und versuchte doch ernsthaft, mit mir ein Gespräch zu führen. Dazu blieb ausreichend Zeit, denn ich war im Abteil der ersten Klasse ihr einziger Passagier. Mein erster Versuch, in einer fremden Sprache mit einer Muttersprachlerin zu kommunizieren, wurde nicht der Renner. Die junge Frau behielt dennoch ihre Freundlichkeit, begleitete mich zu meinem Platz und nahm mir meine Anzugjacke ab, wobei ich genau darauf achtete, wo sie mit dem guten Stück hinging. Meine Sorge zeigte sich natürlich als unbegründet. Sie brachte die Jacke zu einem mit einer Schiebetür verdeckten Wandschrank. Also verschwand doch nicht alles, was man aus der Hand legte oder nicht unmittelbar im Blick behielt, wie es mir fürsorglicherweise einige meiner Kollegen als gut gemeinte Empfehlung mit auf den Weg gegeben hatten.

Ich möchte hier unbedingt anmerken, dass ich mich im Stillen bei der netten Dame für meine Gedankengänge entschuldigte. Nur im Stillen, denn mit Worten wäre es mir damals noch recht schwergefallen.

Der Sprach-Grundkurs, den ich mit guten Ergebnissen absolviert hatte, lag einige Wochen zurück und ich bemerkte auch den deutlichen Unterschied, mit Teilnehmern aus der Lerngruppe zu reden oder mit wirklichen Muttersprachlern. Auf jeden Fall übersah diese nette junge Frau, wenn auch mit einem leichten Schmunzeln, meine sprachlichen Unzulänglichkeiten, was sie mir noch sympathischer machte.

Die Turbinen der Maschine liefen schon und es dauerte nicht mehr lange, bis sich die DC 10 in Bewegung setzte. Da ich bis zu diesem Moment immer noch der einzige Passagier der ersten Klasse war, kam ich mir recht einsam in dem doch großen Abteil vor. Dafür hatte ich die Stewardess für mich allein.

Als wir dann endlich starteten, demonstrierte sie mir mit volkstanzähnlichen Bewegungen, was für den Start wichtig sei. Nachdem ich mich angeschnallt und die junge Frau auch im Abteil Platz genommen hatte, kamen mir zunehmend stärker meine zwei halben Liter in Erinnerung.

Der Pilot, wohl ein recht sportlicher Typ, zog die Maschine hoch, als sei der Teufel hinter uns her. Es handelte sich um meinen ersten Start und ich hoffte, es würden noch viele weitere folgen, und der letzte Flug, so mein Wunsch, sollte mit einer weichen Landung enden. Ich verfügte über keinerlei Flugerfahrung und deshalb empfand ich alles, was nun und überhaupt um mich herum geschah, als unheimlich interessant, wie gesagt, bis auf meine zwei Bier, die immer nachdrücklicher ihr Recht verlangten.

In dem Moment, in dem die Maschine eine entsprechende Flughöhe erreicht hatte und endlich der Gurt gelöst werden durfte, waren das Öffnen des Gurtverschlusses und das der Toilettentür, zeitlich gesehen, nahezu ein Vorgang.

Zurück vom Örtchen, ging es mir dann spürbar besser. Als ich an meinem Platz angekommen war, stellte mir die Stewardess eine Reihe von Fragen. Was ich deutlich verstand, waren die Worte Kaffee, Tee und Whisky. Das fand ich auch gar nicht so schlecht, einen...

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